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Etymologisches Wörterbuch des Deutschen

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Staat, …

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Staat m. ‘politische Herrschaftsform, die das Zusammenleben einer Gesellschaftsformation innerhalb festgelegter territorialer Grenzen regelt, Pracht, Aufwand’. Nur spärlich und unsicher ist belegt mhd. stat ‘Rechtszustand, Ausstattung’, häufiger dagegen in hansischen Urkunden (seit 14. Jh.) mnd. stāt ‘äußere und innere Verfassung, Lage, Umstände, Stand, Klasse, Stellung, Ansehen, Gesamtheit der Vertreter eines Standes, Aufwand’, verbreitet dann (vom 15. Jh. an) frühnhd. Stat ‘(sozialer) Stand, (gesellschaftliche) Stellung, Rang, Lebensweise, Zustand(auch des Vermögens), standesgemäßer Aufwand, Pracht, Prunk’. Der Ausdruck wird im 14. Jh. (ein zweifelhafter mhd. Beleg stammt aus dem 13. Jh.) aus lat. status ‘das Stehen, Stand, Wuchs, Zustand, Umstände, Lage, (durch die Geburt bedingte) soziale Stellung, fester Bestand, Wohlstand’, mlat. auch ‘Hofhaltung, Haushalt, Einkünfte, Rechnungslegung’ (s. Status), einer Bildung zu lat. stāre (statum) ‘stehen’ (verwandt mit stehen, s. d.), entlehnt. Der Übergang in den politischen Bereich beginnt sich bereits im Lat. anzubahnen, vgl. bei Cicero Fügungen wie status cīvitātis, status reī pūblicae, bei Tertullian Rōmānus status, status Iūdaeōrum (wo status statt sonst üblichem imperium, cīvitās, rēs pūblica steht). Doch Verwendungen dieser Art bleiben ohne nachhaltige Wirkung. Bis ins 16. Jh. entsprechen die dt. Bedeutungen des Wortes im wesentlichen dem allgemeinen lat. und mlat. Gebrauch. Erst vom 17. Jh. an erweitert sich der Bedeutungsumfang in Verbindung mit der staatlich-politischen Entwicklung in Europa (verschiedentlich beeinflußt von ital. Stato und frz. État); er erfaßt das Territorium, den Verwaltungsapparat, das fiskalische System, die fürstlichen Hoheitsrechte und die Rechte und Pflichten der Stände- oder Klassengesellschaft, die Vertretung der Macht nach außen und nach innen. Im einzelnen vgl. dazu Weinacht Staat (1968). Die bereits früh ausgebildete Bedeutung ‘Ausstattung, Aufwand, Pracht’ bleibt daneben unverändert lebendig und geht in der Umgangssprache auch in ‘Prunk, Putz, kostbare Kleidung, prächtiges Hausgerät’ über, vgl. redensartlich sich in Staat werfen (18. Jh.), Staat machen ‘sich herausputzen’ (19. Jh.), älter Staat (‘Eindruck, viel Aufhebens’) von etw. machen (um 1700). – staatlich Adj. ‘den Staat (im politischen Sinne) betreffend, von ihm ausgehend’ (Anfang 19. Jh.); älter in der Übersetzung für lat. polīticus (16. Jh.), dann im Sinne von ‘prächtig’ (18. Jh.). verstaatlichen Vb. ‘in Staatseigentum überführen, staatlicher Verwaltung unterstellen’ (2. Hälfte 19. Jh.). Staatsangehörigkeit f. (19. Jh.). Staatsbürger m. ‘Mitglied der Staat genannten Gemeinschaft’ (18. Jh.). Staatsmann m. ‘bedeutender Politiker eines Staates’ (2. Hälfte 17. Jh.), Übersetzung von frz. homme d’État; geläufig seit dem 18. Jh. (Schiller). Staatsstreich m. ‘auf einen plötzlichen Regierungswechsel abzielende Unternehmung, Putsch’ (19. Jh.), zuvor ‘staatskluge Unternehmung’ (17. Jh.); in beiden Fällen nach frz. coup d’ État. Hofstaat m. ‘Aufwand, Lebensführung, Haushaltung eines fürstlichen Hofes, Gesamtheit der zu einem Hof gehörenden Personen, schriftlich festgelegte Ordnung einer fürstlichen Hofhaltung’ (Ende 15. Jh.).
Zitationshilfe
„Staat“, in: Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/etymwb/Staat>.

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