Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

beugen

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GrammatikVerb · beugt, beugte, hat gebeugt
Aussprache  [ˈbɔɪ̯gn̩]
Worttrennung beu-gen
Wortbildung  mit ›beugen‹ als Erstglied: beugbar · Beugefall · Beugehaft · Beugemuskel · Beuger · Beugestrafe · Beugestütz · beugsam · Beugung
 ·  mit ›beugen‹ als Letztglied: anbeugen · ausbeugen · entgegenbeugen · herabbeugen · herausbeugen · herunterbeugen · hinabbeugen · hinausbeugen · hintüberbeugen · hinunterbeugen · hinüberbeugen · niederbeugen · verbeugen · vorbeugen · vornüberbeugen · zurückbeugen
 ·  mit ›beugen‹ als Grundform: Beuge

Bedeutungsübersicht

  1. 1. etw., sich nach unten biegen, krumm machen
    1. ⟨sich beugen⟩ sich biegen, neigen
    2. [bildlich] ...
  2. 2. [übertragen] jmdn. zwingen, in etw. nachzugeben, etw. brechen
    1. ⟨sich beugen⟩ nachgeben, sich fügen
  3. 3. [Jura] ⟨das Recht beugen⟩ das Recht willkürlich verdrehen
  4. 4. [Physik] etw. ablenken
  5. 5. [Sprachwissenschaft] ein Wort abwandeln, flektieren
eWDG

Bedeutungen

1.
etw., sich nach unten biegen, krumm machen
Beispiele:
die Knie beugen
den Oberkörper, Rumpf beugen
Arme strecken und beugen!
gebeugt sitzen
sie hatte den Kopf über das Buch gebeugt
das Alter hatte seine hohe Gestalt gebeugt
Was rechte Leute sind, die machen lieber / Den langen Umweg … / Eh' sie den Rücken beugten vor dem Hut [ SchillerTellIII 3]
sich beugensich biegen, neigen
Beispiele:
sich aus dem Fenster, über den Tisch beugen
der Arzt beugte sich über den Kranken
Sie beugten sich zum Kuß über die Hand ihrer Mutter [ Th. MannTod in Venedig9,483]
bildlich
Beispiele:
er musste sein Haupt unter das Urteil eines strengen Richters beugen
er schien von Kummer gebeugt
das Unglück, die Niederlage hat das Volk gebeugt
So wollen Sie sich lieber besiegt geben und den Nacken unter meinen Fuß beugen [ BrechtDreigroschenroman359]
2.
übertragen jmdn. zwingen, in etw. nachzugeben, etw. brechen
Beispiele:
jmds. Starrsinn, Stolz beugen
dieses Ereignis beugte seinen Hochmut, Willen
sich beugennachgeben, sich fügen
Beispiele:
er beugte sich der besseren Einsicht
sein Sinn beugte sich nicht
sie beugten sich vor ihm, seinem Willen, seiner Autorität, Kritik
sich unter jmds. Beschluss beugen
unter dem immer stärker werdenden Drucke musste er sich beugen
Allen Gewalten / Zum Trutz sich erhalten, / Nimmer sich beugen [ GoetheFeiger Gedanken]
3.
Jura das Recht beugendas Recht willkürlich verdrehen
Beispiele:
das Gesetz beugen
daß die Richter das Recht zugunsten ihrer Klasse beugen [ RennAdel235]
4.
Physik etw. ablenken
Beispiele:
Lichtstrahlen mit Hilfe eines Spaltes, eines dünnen Drahtes, eines Gitters beugen
Ultrakurzwellen lassen sich ähnlich wie Lichtwellen reflektieren, brechen und beugen
5.
Sprachwissenschaft ein Wort abwandeln, flektieren
Beispiele:
es gibt Verben, die stark und andere, die schwach gebeugt werden
Substantive, Adjektive beugen
ein schwach beugendes Verb
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
beugen · Beugung · Beuge · verbeugen · Verbeugung · vorbeugen
beugen Vb. ‘nach unten biegen, krumm machen, neigen’, ahd. bougen ‘beugen, biegen, krümmen, neigen’ (10./11. Jh.), mhd. böugen, asächs. bōgian, aengl. bīegan, anord. beygja, schwed. böja. Das Kausativum germ. *baugjan (eigentlich ‘biegen machen’) ist gebildet zu dem unter biegen (s. d.) behandelten starken Verb, das in den germ. Sprachen weitgehend intransitive Bedeutung hat. Da im Hd. biegen aber überwiegend transitiv gebraucht wird, haben sich beugen und biegen einander so weit genähert, daß sie semantisch nicht immer klar zu scheiden sind. beugen ist vor allem ‘niederbeugen’, übertragener Gebrauch ist häufiger als bei biegen: seinen Stolz beugen (‘brechen’); sich beugen ‘nachgeben, sich fügen’; fachsprachlich das Recht beugen ‘willkürlich verdrehen’; Lichtstrahlen, Ultrakurzwellen beugen (‘brechen, ablenken’). Bei den Grammatikern steht beugen seit etwa 1400 (in dt. Donat-Ausgaben) für ‘deklinieren’ (lat. dēclīnāre), seit etwa 1700 für ‘flektieren’, vgl. noch heute Substantive beugen, schwach, stark gebeugte Verben. – Beugung f. entsprechend den Bedeutungen von beugen seit Anfang des 15. Jhs. belegt; als Fachwort der Grammatik vereinzelt (um 1400, Donat) für lat. dēclīnātio, doch im Sinne von ‘Konjugation’; danach erst wieder im 17. Jh. für ‘Flexion’. Beuge f. ‘gebeugte Stellung, innere Seite des gebeugten Armes, Beines’, mhd. biuge ‘Krümmung, Biegung’. In allgemeiner Verwendung meist durch Beugung ersetzt, geläufig dagegen in Rumpf- und Kniebeuge. verbeugen Vb. in frühnhd. Zeit gleichbed. mit verbiegen ‘durch Herunterdrücken krümmen’; heute reflexiv (beim Grüßen oder als Zeichen der Ehrerbietung) ‘Kopf und Oberkörper nach vorn neigen’ (seit 18. Jh.); dazu Verbeugung f. (18. Jh.). vorbeugen Vb. ‘durch rechtzeitige Vorsorge etw. zu verhüten suchen’ (16. Jh.), ‘nach vorn, vorwärts beugen’ (18. Jh.).

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

(einen) Rückzieher machen · (es mit/bei etwas) bewenden lassen · (es) aufgeben · (es) aufstecken · (etwas) auf sich beruhen lassen · (sich dem) Schicksal ergeben · (sich dem) Schicksal fügen · (sich mit etwas) abfinden · (sich) beugen · (sich) geschlagen geben · aufgeben · aufhören zu kämpfen · kapitulieren · klein beigeben · nicht weiter versuchen · nicht weiterverfolgen · nicht weiterversuchen · passen · passen müssen · resignieren  ●  (das) Feld räumen (müssen) fig. · (die) Waffen strecken fig. · (das) Handtuch schmeißen ugs., fig. · (das) Handtuch werfen ugs., fig. · (den) (ganzen) Bettel hinschmeißen ugs. · (den) (ganzen) Bettel hinwerfen ugs. · (den) (ganzen) Kram hinschmeißen ugs. · (den) (ganzen) Krempel hinschmeißen ugs. · (die) Brocken hinschmeißen ugs. · (die) Brocken hinwerfen ugs. · (die) Flinte ins Korn werfen ugs., fig. · (die) Segel streichen ugs. · (etwas) stecken ugs. · (sich) einmotten (lassen) ugs. · (sich) ins Bockshorn jagen lassen ugs. · (sich) schicken (in) geh., veraltet · abbrechen ugs. · aufstecken ugs. · die weiße Fahne hissen ugs., fig. · einpacken (können) ugs., fig. · hinschmeißen ugs. · in den Sack hauen ugs. · schmeißen ugs., fig. · zurückrudern ugs., fig.
Assoziationen

(sich) beugen · (sich) biegen · (sich) krümmen
Assoziationen

(den Anordnungen) Folge leisten · (sich) Weisungen fügen · (sich) beugen · (sich) unterordnen · (sich) unterwerfen · gehorchen · tun, was man gesagt bekommt  ●  (nach jemandes) Pfeife tanzen fig. · springen ugs., fig. · spuren ugs. · subordinieren geh.
Assoziationen

(sich) beugen · erliegen

Linguistik/Sprache
(Nomen/Adjektiv) beugen · (Nomen/Adjektiv) flektieren · deklinieren
Oberbegriffe
Assoziationen

Linguistik/Sprache
beugen  ●  flektieren fachspr., lat.
Oberbegriffe
Unterbegriffe
Assoziationen

(ein) Einsehen haben · (sich) beugen · (sich) einsichtig zeigen · (sich) fügen · (sich) zurückziehen · einlenken · klein beigeben · nachgeben · weichen · zurückweichen  ●  (den) Kopf einziehen fig. · (sich) ducken fig. · das Handtuch werfen fig. · die Stellung räumen fig. · kein Rückgrat haben fig. · kleine Brötchen backen (müssen) fig. · zurückrudern fig. · (einen) Rückzieher machen ugs. · Früh krümmt sich, was ein Häkchen werden will. ugs., Sprichwort · auf allen Vieren angekrochen kommen derb · den Schwanz einziehen ugs., fig. · die Platte putzen ugs. · einknicken ugs., fig. · kuschen ugs. · zu Kreuze kriechen geh., fig., abwertend
Assoziationen
  • (sich) klammern (an) · feig · feige · kleinmütig · mutlos · schüchtern · ängstlich  ●  (sich) nichts trauen ugs., regional · duckmäuserisch ugs. · hasenfüßig ugs. · hasenherzig ugs. · keine Eier in der Hose haben derb · keinen Arsch in der Hose haben ugs. · memmenhaft ugs.
  • (sich) überzeugen lassen · akzeptieren · annehmen · einsehen · erkennen · verstehen  ●  kapieren ugs.
  • gegen seine (eigene) Überzeugung handeln  ●  (sich) verbiegen ugs.
  • (klaglos) über sich ergehen lassen · ertragen · hinnehmen · sich (notgedrungen) arrangieren mit · sich abfinden (mit) · sich bescheiden (mit) · sich fügen (in) · sich in sein Schicksal ergeben · sich zufriedengeben (mit)  ●  sich schicken (in) veraltet · keinen Aufstand machen ugs. · schlucken ugs. · sich d(a)reinfinden geh., veraltet · sich dreinschicken (in) geh., veraltend
  • (einen) Rückzieher machen · (es mit/bei etwas) bewenden lassen · (es) aufgeben · (es) aufstecken · (etwas) auf sich beruhen lassen · (sich dem) Schicksal ergeben · (sich dem) Schicksal fügen · (sich mit etwas) abfinden · (sich) beugen · (sich) geschlagen geben · aufgeben · aufhören zu kämpfen · kapitulieren · klein beigeben · nicht weiter versuchen · nicht weiterverfolgen · nicht weiterversuchen · passen · passen müssen · resignieren  ●  (das) Feld räumen (müssen) fig. · (die) Waffen strecken fig. · (das) Handtuch schmeißen ugs., fig. · (das) Handtuch werfen ugs., fig. · (den) (ganzen) Bettel hinschmeißen ugs. · (den) (ganzen) Bettel hinwerfen ugs. · (den) (ganzen) Kram hinschmeißen ugs. · (den) (ganzen) Krempel hinschmeißen ugs. · (die) Brocken hinschmeißen ugs. · (die) Brocken hinwerfen ugs. · (die) Flinte ins Korn werfen ugs., fig. · (die) Segel streichen ugs. · (etwas) stecken ugs. · (sich) einmotten (lassen) ugs. · (sich) ins Bockshorn jagen lassen ugs. · (sich) schicken (in) geh., veraltet · abbrechen ugs. · aufstecken ugs. · die weiße Fahne hissen ugs., fig. · einpacken (können) ugs., fig. · hinschmeißen ugs. · in den Sack hauen ugs. · schmeißen ugs., fig. · zurückrudern ugs., fig.
  • (sich) einer Sache ergeben · (sich) unterwerfen · jemandem willfährig sein  ●  die Kröte schlucken fig. · die bittere Pille schlucken (müssen) fig. · zu Kreuze kriechen fig.
  • (seinen) Widerstand aufgeben · (sich) abfinden · keine (weiteren) Einwände erheben  ●  (zu allem) Ja und Amen sagen ugs.
  • (seine) Gesinnung wechseln · (seine) Prinzipien verraten · (seine) Überzeugungen über Bord werfen · (zur anderen Seite) überlaufen · umfallen · umkippen · umschwenken  ●  die Seite(n) wechseln fig. · hinzugelernt haben euphemistisch, ironisch
  • sich entschuldigen · um Entschuldigung bitten · um Vergebung bitten · um Verzeihung bitten  ●  Abbitte leisten geh. · Abbitte tun geh. · in den Beichtstuhl gehen geh., fig. · sagen, dass es einem leid tut ugs.
  • ich übernehme die volle Verantwortung formell · meine Schuld variabel · (war) mein Fehler ugs. · Asche auf mein Haupt ugs. · mea culpa geh., lat.
  • (sich) alles gefallen lassen · (sich) nicht trauen, etwas zu sagen  ●  (den) Schwanz einziehen ugs., fig. · kuschen (vor) ugs. · nicht aufmucken ugs. · nichts sagen ugs.

(Verb) beugen · (Verb) flektieren · konjugieren
Oberbegriffe
Assoziationen
  • Beugung der Verben  ●  Flexion der Verben fachspr., wissenschaftlich · Konjugation fachspr., wissenschaftlich · Verbflexion fachspr., wissenschaftlich

Antonyme

Typische Verbindungen zu ›beugen‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›beugen‹.

Verwendungsbeispiele für ›beugen‹

maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora

Als ich ins Zimmer zurückkam, stand er mit dem Rücken zu mir über den Tisch gebeugt. [Franck, Julia: Lagerfeuer, Köln: DuMont Literatur und Kunst Verlag 2003, S. 225]
Ein kleines Fenster, im dritten Stock, jemand beugt sich heraus, vor langer Zeit. [Kuckart, Judith: Lenas Liebe, Köln: DuMont Literatur und Kunst Verlag 2002, S. 101]
Hinter ihm steht zuschauend eine Frau, eine andere beugt sich über einen Altar. [Meyer, Eduard: Geschichte des Altertums, Bd. II,1. In: Geschichte des Altertums, Berlin: Directmedia Publ. 2001 [1893], S. 25396]
Dabei beugen wir uns über Listen, auf denen 700 Filme registriert sind. [Die Zeit, 10.02.2000, Nr. 7]
Unwillkürlich beugen wir uns den sozialen Symbolen, sie sind stärker als wir. [Die Zeit, 03.01.1997, Nr. 2]
Zitationshilfe
„beugen“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/beugen>.

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