Tag m. ‘Zeit zwischen Morgen- und Abenddämmerung, Zeitraum von 24 Stunden (von Mitternacht bis Mitternacht)’,
ahd. tag (8. Jh.),
mhd. tac,
tag (Genitiv
tages) ‘Tag, Tageszeit, Zeit, Gerichtstag, Gericht, Jüngstes Gericht, Frist, Termin, Aufschub, Waffenstillstand, höheres Alter, Mannbarkeit, Volljährigkeit, Lebensalter, Leben’,
asächs. nl. dag,
mnd. mnl. dach,
aengl. dæg,
engl. day,
anord. dagr,
schwed. dag,
got. dags, dazu ablautend
aengl. dōgor ‘Tag’,
anord. dœgr ‘Halbtag von 12 Stunden’,
got. fidurdōgs ‘viertägig’. Die Herkunft des Substantivs
germ. *daga- ist nicht gesichert. Wahrscheinlich ist anzuschließen an
aind. áhar-,
áhan-,
áhas- ‘Tag’, dessen unterschiedliche Stammbildungen auch im
Germ. auftreten, vgl. den r-Stamm
anord. dœgr, den n-Stamm
anord. dœgn und den s-Stamm in
got.-griech. (Eigenname)
Dagis-theos (
Δαγισ-θεος,
got. *Dagis-þius). Sie führen auf
ie. *ā̌g̑her-,
*ā̌g̑hen-,
*ā̌g̑hes- ‘Tag’. Anlautender Dental im
Germ. könnte durch Einfluß eines
germ. *ðā̌gwaz (
ie. *dhō̌gu̯ho-) ‘warme Tageszeit’ entstanden sein, das sich mit
lit. dãgas ‘(Sommer)hitze’ vergleichen und zu einer Wurzel
ie. *dhegu̯h- ‘brennen’ stellen läßt, wozu auch
aind. dáhati ‘brennt, verbrennt’,
dāhaḥ ‘Brennen, Hitze’,
ni-dāgháḥ ‘Hitze, Sommer’,
lat. fovēre ‘wärmen, warm halten, hegen und pflegen’,
favilla (aus
*dhog‐ͧhlolā) ‘(glühende) Asche, Flugasche’,
mir. daig ‘Feuer, Schmerz’,
lit. dègti ‘brennen, anzünden’. An den früher (seit mhd. Zeit) in der Rechtssprache üblichen Gebrauch von
Tag in der Bedeutung ‘festgesetzter Tag, Termin, Versammlung, Verhandlung’ erinnern Zusammensetzungen wie
Landtag,
Reichstag (s. d.), ferner
Gerichts-,
Ratstag sowie
tagen,
vertagen (s. unten). Vgl. die Fügung
Tag und Nacht ‘immer, ununterbrochen, beständig’,
ahd. tages inti nahtes (8. Jh.),
mhd. naht unde tac. –
tagen Vb. ‘Tag werden, an einem bestimmten Tag zur Beratung zusammentreten, auf einer Tagung verhandeln’,
ahd. tagēn ‘Tag werden’ (10. Jh.),
mhd. tagen,
tegen ‘Tag werden, leuchten (wenn es Tag wird), sich zeigen, die Tage hinbringen, verbleiben, auf einen bestimmten Tag anberaumen’,
spätmhd. frühnhd. ‘Gericht halten, vor Gericht bringen, verteidigen, verhandeln, vorladen’. Die Verwendung im Sinne von ‘eine Beratung, Sitzung (in Rechtssachen) abhalten’ kommt im 14. Jh. in der
westobd. Rechtssprache auf, hält sich in der Schweiz, wird von
Schiller („Tell“, 1804) übernommen und gelangt in die Literatursprache. Dazu
Tagung f. ‘das Tagwerden, Dämmern’ (heute veraltet), ‘Versammlung, Sitzung, Verhandlung, Beratung’ (15. Jh.).
vertagen Vb. ‘verschieben, aufschieben’,
mhd. vertagen ‘einen Gerichtstag ansetzen, zu einer Verhandlung vorladen, versäumen, aufschieben, verschieben’, intransitiv ‘Jahr und Tag bleiben, wohnen’, reflexiv ‘ablaufen (von der Zeit)’.
betagt Part.adj. ‘alt, hoch an Jahren’,
mhd. betaget ‘ein gewisses Alter habend’, Part. Prät. von
mhd. betagen reflexiv ‘alt werden’.
täglich Adj. ‘jeden Tag sich wiederholend, vor sich gehend, an jedem Tag’,
ahd. tagalīh (8. Jh.),
mhd. tagelich,
tegelich; dazu verstärkendes
tagtäglich Adj. ‘jeden Tag, immer wiederkehrend’,
mhd. tactaglich Adv.
tags Adv. ‘am Tage’,
ahd. (8. Jh.),
mhd. tages, adverbiell erstarrter Genitiv Sing.
Tagebau m. ‘Bergbau an der Erdoberfläche’ (19. Jh.)
Tageblatt n. ‘Tageszeitung’, eigentlich ‘täglich erscheinendes Blatt’ (Anfang 19. Jh.), für gleichbed.
Journal (s. d.)
Tagebuch n. ‘Buch für tägliche Eintragungen persönlicher Erlebnisse, Gedanken, dienstlicher Vorkommnisse’, von
Kepler (1613) als Übersetzung von
spätlat. diurnum (commentāriolum) ‘Tagebuch, Journal’ (das ein Sklave über die häuslichen Angelegenheiten führt) geprägt; vgl.
mlat. diurnale,
jurnale,
jornale ‘Tagewerk, Rechnungs-, Tagebuch’ (s.
Journal); anfangs vor allem in kaufmännischem Sinne ‘Buch, worin die laufenden Geschäfte der Zeit nach geordnet eingetragen werden’.
Tagedieb m. ‘Faulenzer, wer die Zeit unnütz verbringt’, eigentlich ‘wer die Zeit stiehlt’ (Ende 17. Jh.), vgl.
mnd. dachdēf.
Tagegeld n. meist Plur.
Tagegelder ‘Vergütung für die Arbeit, die Unkosten eines Tages’, zuerst (Ende 18. Jh.) von
Wieland für
Diäten.
Tagelohn m. (besonders in der Landwirtschaft) ‘nach Arbeitstagen berechneter und meist auch täglich ausgezahlter Lohn’,
ahd. tagalōn (9. Jh.),
mhd. tag(e)lōn; dazu
Tagelöhner m. ‘(Land)arbeiter im Tagelohn’ (15. Jh.).
Tagewerk n. ‘die Arbeit eines Tages, Arbeit, Aufgabe’,
ahd. tagawerc (11. Jh.),
mhd. tagewerc ‘Arbeit um einen Tagelohn, Fronarbeit von einem Tage’, auch ein Flächenmaß; vgl.
asächs. dagwerk,
mnd. dachwerk,
dāgewerk,
aengl. dægweork.
Tagesordnung f. ‘Reihenfolge der Themen, die bei einer Sitzung, Versammlung behandelt werden sollen’ (Ende 18. Jh.), nach
frz. ordre du jour, das selbst als parlamentarischer Ausdruck nach
engl. order of the day gebildet ist.
Tageszeit f. ‘eine bestimmte Zeit am Tage’ (18. Jh.); vgl.
ahd. tagozīt ‘Tageszeit, Stunde’ (9. Jh.),
mhd. tag(e)zīt ‘Zeitdauer eines Tages, Tageszeit, bestimmter Tag, Termin’.