Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Schmus, der

Lesezeichen zitieren/teilen ausklappen
GrammatikSubstantiv (Maskulinum) · Genitiv Singular: Schmuses · wird nur im Singular verwendet
Aussprache  [ʃmuːs]
Herkunft aus schmueswestjidd (שמועס‎) ‘Erzählung, Unterhaltung’ < šemū‛othebr (שמועות) ‘Erzählungen, Neuigkeiten, Gerüchte (Plural)’
eWDG und ZDL

Bedeutung

umgangssprachlich rhetorisch gewandtes Vorgehen, Agieren; viel, dabei meist leeres, unnützes Gerede, schöne Worte
Beispiele:
pathetischer, schöner SchmusWDG
(nicht viel) Schmus machenWDG
jmdm. Schmus vormachenWDG
Macht nicht so viel Schmus, hatte Margarete S[…] immer gesagt. [Thüringer Allgemeine, 16.04.2005]
Wenn ich das Wort Seele höre, wittere ich allemal Schmus. [Die Zeit, 28.09.1973]
Das mußte ein ganz Dummer sein, der auf solchen Schmus hereinfällt[…]. [Neues Deutschland, 22.07.1953]
Nun zu dem innenpolitischen Programm der neuen Regierung und insbesondere zu den sozialpolitischen Fragen. Aus all dem Schmus, aus all den verschleierten Redewendungen der Regierungsvertreter sowohl wie der Regierungsparteien geht das eine klar und deutlich hervor, daß diese Regierung ein Programm der Sozialreaktion durchführen wird, wie wir es noch nicht gesehen haben. [[o. A.]: Verhandlungen des Reichstages. Berlin 1927]
Alle Hagel, hat der uns heute einen feinen Schmus gehalten. Wir waren alle ganz begeistert. Denke dir, Hilda, eine Klasse begeisterter Primaner! [Die Grenzboten, Jg. 68 (1909), Erstes Vierteljahr]
übertragen etw. von Kitsch, (inszeniertem) Sentiment o. Ä. Durchdrungenes, Gefühlsbetontes
Beispiele:
Die Spanierin [Christina Ortiz, eine Modeschöpferin], die einst bei Lanvin in Diensten stand, setzt auf eine moderne Klarheit und kühne Strenge, frei von dekorativem Schmus. Aus hochwertigen Männerstoffen schuf Ortiz skulpturale Kleider, deren lose drapierte Volumen stets mit präzis auf den Körper gelegten Linien kontrastierten. [Neue Zürcher Zeitung, 23.02.2006]
Wer immer ihn [Johannes Heesters] umwarb, dem brachte er singend und spielend den Schmus, ohne sich zu viele Gedanken zu machen. 1941 trat er, wie Dokumente belegen, wohl auch vor einer SS‑Wachmannschaft im Konzentrationslager Dachau auf. [Basler Zeitung, 27.12.2011]
Als »neuer Botschafter der Herzen« wird uns in einem Werbebrief ein Tierchen angekündigt, das die Weihnachtsgeschäfte […] ankurbeln soll. […] Mit dem Verschenken der süssen Botschafter in der Gestalt von Bärchen könne man »seinen Liebsten zeigen, wie wichtig sie sind«, heisst es im Communiqué. Es folgt ein Schmus sondergleichen rund um das Kuscheltier, das der Bär an sich sei, ein treuer Freund nicht nur für Kinder. […] So viel Marketingblabla geht auf keine Bärenhaut. [Neue Zürcher Zeitung, 20.10.2011]
Robert De Niro ist auch in solchem Schmus cool. [Kommentar im TV-Programmheft zur Ausstrahlung eines Spielfilms] [Der Standard, 28.08.2008]
Während die Synthies schmalzen und die Glöckchen klingeln, muss sich eine unbekannte Schöne zwischen George Michael und Andrew Ridgeley entscheiden. […] Mehr Schmus (= Melodramatik, Kitsch) in vier Minuten unterzubringen, war mit der damaligen Analogtechnik unmöglich. »Last Christmas« ist seit 1996 eine verlässliche Konstante. Jedes Jahr zur selben Zeit ist der Song wieder da. [Der Tagesspiegel, 23.12.2005]

letzte Änderung:

Zum Originalartikel des WDG gelangen Sie hier.

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Schmu · Schmus · schmusen
Schmu m. ‘Vorteil, unredlicher Gewinn’, auch ‘Schwindel, Gerede’ (18. Jh.), vorwiegend in der Wendung Schmu machen ‘auf unlauteren Gewinn bedacht sein, betrügen’, in der Studentensprache ‘schöne Worte machen’ (ebenfalls 18. Jh.), landschaftlich ‘Unwahres sprechen oder tun’, vgl. rotw. Schmuh ‘Profit, Gewinn niederer, unreeller Art’ (erworben durch Gerede und Geschwätz). Aus dem Jüd.-Dt. in der Umgangssprache allgemein verbreitet. Zugrunde liegt hebr. šemū‛ah ‘Erzählung, Kunde, Gerücht’, auf dessen Plur. šemū‛ot ‘Erzählungen, Neuigkeiten’ ebenfalls verbreitetes Schmus m. ‘umständliches Gerede, Geschwätz, Schmeichelei’, auch ‘Gewinn, Vorteil beim Handel’ beruht (18. Jh.); vgl. rotw. Schmus ‘Erzählung, Unterhaltung, Geschwätz’. schmusen Vb. ‘erzählen, schwatzen, herumreden, sich anbiedern, schönreden, schöntun, zärtlich sein’ (18. Jh.).

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Geschwafel · Gesäusel · leere Worte · leeres Gerede  ●  warme Worte ironisch · Blabla ugs. · Geblubber ugs. · Gefasel ugs., abwertend · Gelaber ugs. · Gemunkel ugs. · Geplänkel ugs. · Gerede ugs. · Geschwalle ugs. · Geschwurbel ugs. · Geschwätz ugs. · Geseire ugs. · Gesülze ugs. · Gewäsch ugs., abwertend · Luftblasen ugs., fig. · Schein-Tiefsinn fachspr., psychologisch · Schmus ugs. · Sermon ugs. · hohle Phrasen ugs.
Assoziationen

Beweihräucherung · Schmeichelei · Schmus · Schöntuerei · schöne Worte  ●  Lobestirade(n) abwertend · Süßholzraspelei fig. · Gesülze ugs. · Lobhudelei ugs. · Lobtirade(n) geh., abwertend
Assoziationen
Zitationshilfe
„Schmus“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Schmus>.

Weitere Informationen …

Diesen Artikel teilen:

alphabetisch vorangehend alphabetisch nachfolgend
Schmugglerschiff
Schmul
schmulen
schmunzeln
schmurgeln
Schmusebär
Schmusedecke
Schmusekatze
Schmusekissen
Schmusekurs

Worthäufigkeit

selten häufig

Wortverlaufskurve

Wortverlaufskurve 1600−1999
Wortverlaufskurve ab 1946

Geografische Verteilung

Bitte beachten Sie, dass diese Karten nicht redaktionell, sondern automatisch erstellt sind. Klicken Sie auf die Karte, um in der vergrößerten Ansicht mehr Details zu sehen.

Verteilung über Areale

Bitte beachten Sie, dass diese Karten nicht redaktionell, sondern automatisch erstellt sind. Klicken Sie auf die Karte, um in der vergrößerten Ansicht mehr Details zu sehen.

Weitere Wörterbücher

Belege in Korpora

Metakorpora

Referenzkorpora

Zeitungskorpora

Webkorpora

Spezialkorpora