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Gewand, das

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GrammatikSubstantiv (Neutrum) · Genitiv Singular: Gewand(e)s · Nominativ Plural: Gewänder
Aussprache  [gəˈvant]
Worttrennung Ge-wand
eWDG und ZDL

Bedeutungen

1.
langes, weites, umhangartiges und festliches, historisches, rituelles oder in manchen Kulturen traditionelles Kleidungsstück
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: ein besticktes, (farben)prächtiges, festliches, kostbares, prunkvolles Gewand; ein bodenlanges, knöchellanges, flatterndes, wallendes, wehendes Gewand; ein härenes Gewand (= aus Ziegenhaar und daher kratzig auf der Haut); ein historisches, liturgisches, mittelalterliches, orientalisches, traditionelles Gewand
in Präpositionalgruppe/-objekt: in ein Gewand gehüllt, gekleidet
in Koordination: Gewand und Kopftuch, Schleier, Turban
Beispiele:
Auf dem Krippenplatz vor der Geburtskirche in Bethlehem wurde der in ein purpurfarbenes Gewand gekleidete Erzbischof von christlichen Würdenträgern feierlich in Empfang genommen. [Der Spiegel, 25.12.2017 (online)]
Der in traditionelles weißes Gewand mit Turban gekleidete Exherrscher [des Tschad, Hissène Habré] musste in den Gerichtssaal getragen werden […]. [Der Standard, 30.05.2016]
Ein Buchhändler verkauft an seinem Stand indische und tibetische Literatur, mehrere budhistische Mönche in bordeaux‑orange‑farbenen Gewändern und kurzgeschorenen Haaren laufen umher. [Die Welt, 18.06.1999]
Mit ihrem von güldenen Strahlen umkränzten Haupt und einem wallenden, aufgebauschten Gewand ist sie [die Erdenmutter Erda] eine gravitätische Erscheinung. [Neue Zürcher Zeitung, 31.01.2022]
Die Patienten, die vor der Praxis von Dr. J[…] in Alexandria warten, wirken besonders fromm: Frauen in langen schwarzen Kleidern, viele mit Kopftuch, andere voll verschleiert. Auch die Männer sind in lange, zumeist braune Gewänder gekleidet […]. [Die Welt, 11.02.2021]
Richter schreiten in schwarzen Gewändern durch die »Halle der verlorenen Schritte«, Rechtsanwälte flüstern ihren Mandanten über schwere Holztische letzte Anweisungen zu. [die tageszeitung, 13.08.1988]
bildlich (verändertes oder irreführendes) Erscheinungsbild
Kollokationen:
in Präpositionalgruppe/-objekt: in einem [neuen usw.] Gewand daherkommen, erscheinen, präsentiert werden
Beispiele:
Das Irrationale kleidet sich ins Gewand der Rationalität. [Neue Zürcher Zeitung, 15.01.2022]
Das könnte erklären, warum ältere Menschen deutlich seltener als junge an Schweinegrippe erkranken – für ihr Immunsystem ist das neue Virus nur ein alter Bekannter in neuem Gewand. [Der Spiegel, 26.10.2009]
Jeder rechnet aus, wieviel seine D‑Mark, sein Franc, sein Pfund im neuen Gewande des Euro wert bleibt, und bestimmt danach seine Einstellung zu Europa. [Die Zeit, 30.05.1997]
Deutschland tut bisweilen so, als habe sich die Sache mit dem Judenhass erledigt. Dabei hat der sich nur ein lieblich‑progressives Gewand übergezogen: postkolonial und antirassistisch. [Die Welt, 19.05.2021]
Neue Formate wie »25 – das Magazin«, die »Newsflashes« oder das »Weltjournal« wurden eingeführt, altbewährte Sendungen erhielten neue Gewänder. [Der Standard, 18.12.2002]
[…] Erklärungen, die er um ihretwillen in ein kindlich volkstümliches Gewand kleidete […] [ WerfelVeruntreuter Himmel172]WDG
2.
besonders mundartlich, meist D-Südost , A , gelegentlich CH , sonst veraltet Kleidung, Kleidungsstück
Synonym zu Klamotte (1)
In der Schweiz ist der Gebrauch im Unterschied zu Bayern und Österreich nicht umgangssprachlich.
Beispiele:
Nicht jedes Kind sei für einen Naturkindergarten geeignet – allerdings: »Kinder sind nicht aus Watte. Es gibt nur falsches Gewand, aber kein falsches Wetter.« [Münchner Merkur, 17.02.2022]
Zu dieser Entwicklung [dem Vormarsch muslimischer Kleiderregeln] passt, dass Jeans, enge Gewänder und unbedeckte Haut [in Indonesien] zunehmend verpönt sind. [Neue Zürcher Zeitung, 31.03.2021]
Mein Gewand kaufe ich im Geschäft, aber auch online ein, weil ich den Trubel nicht so gern habe und manche Dinge bei uns einfach nicht erhältlich sind, zum Beispiel meine olivegrüne Bomberjacke von Epoque. [Der Standard, 23.03.2016]
Mit kriminalistischem Spürsinn gingen die Fachpersonen der Biografie der Toten nach und rekonstruierten Gesicht und Gewand der Toten. [Basler Zeitung, 29.10.2021]
Die Frauen des Heimatkreises präsentierten sich in Gewändern der 50‑er Jahre. [Fränkischer Tag, 04.04.2006]
Die Frau wurde […] gegen das Auto geschleudert und verfing sich mit der Kleidung in der Karosserie. Anstatt stehen zu bleiben und zu helfen, stieg M[…] aufs Gas. Er schleifte die Frau rund 600 Meter weit mit, bevor ihr Gewand riß und sie schwer verletzt liegenblieb. [APA-Meldungen digital, 29.11.1986]
Da ihr Mann das Gehalt, auf das er Anspruch hatte, fast niemals erhielt, fehlte es immer an Geld, und es kam vor, daß sie die Wäsche und die Gewänder, die sie für sich und die Kinder brauchte, nicht anschaffen konnte. [Huch, Ricarda: Der Dreißigjährige Krieg. Wiesbaden: Insel-Verl. 1958 [1914], S. 130]
Im einfachsten Gewande, sage ihr, sei sie schöner als in der Ball‑ und Gesellschaftsrobe. [Gerling, Reinhold: Was muß man vor der Ehe von der Ehe wissen? In: [ders.]: Das große Aufklärungswerk für Braut- und Eheleute. Dresden: Buchversand Gutenberg 1933 [1901], S. 271]
Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich / Damon, den Dolch im Gewande […] [ SchillerBürgschaft]WDG

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Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Gewand · Gewandhaus
Gewand n. ‘anspruchsvolles Festkleid, Ornat’, ahd. giwant ‘Kleid’ (um 1000), mhd. gewant ‘Kleidung, Rüstung, Gewandstoff, Zeug’, mnd. (ge)want ‘Gewand, Tuch, Zeug’ ist zu dem unter wenden (s. d.) behandelten Verb gebildet und bedeutet eigentlich ‘das Gewendete’, z. B. auch ‘das in Falten gelegte und in Rollen oder Ballen aufbewahrte Tuch’. Danach in der Geschäftssprache des 14./15. Jhs. ‘Tuch, gewebter Stoff, Zeug’ (vgl. Gewandschneider ‘Tuchschneider, Tuchhändler’, mhd. gewantsnīder), dagegen in der Dichtung ‘Kleid, Rüstung’ (wie mhd. wāt, gewæte; zu dessen Herkunft s. Leinwand). In dieser Bedeutung wird Gewand (meist historisierend) noch im 19. Jh. verwendet, sonst seit dem 16. Jh. durch md. Einfluß (Luther) von Kleid verdrängt. – Gewandhaus n. ‘Haus, in dem Tuche geprüft, aufbewahrt und verkauft werden, Tuchhalle’, spätmhd. gewanthūs (14. Jh.). Werden diese Häuser vorübergehend nicht benutzt, finden in ihnen öffentliche Veranstaltungen (Bälle, Konzerte) statt, vgl. das Leipziger Gewandhaus, ehemals eine Tuchhalle, dann Name für die neuerbaute Konzerthalle mit den Zusammensetzungen Gewandhausorchester (1781), -kapellmeister.

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Bekleidung · Garderobe · Gewand · Kleider · Kleidung · Kluft · Mode · Outfit · Textilie(n)  ●  Anziehsachen ugs. · Gewandung geh. · Klamotten ugs. · Kledage ugs., salopp, regional · Konfektion geh. · Plünnen ugs., norddeutsch · Sachen ugs. · Zeug ugs.
Oberbegriffe
  • Textilien · Textilware  ●  Wirkwaren geh., veraltet
Unterbegriffe
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Gewand‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Gewand‹.

Zitationshilfe
„Gewand“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Gewand>.

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selten häufig

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