bieten Vb. ‘darreichen, anbieten, gewähren’.
Ahd. biotan ‘bekanntmachen, entgegenstrecken, anbieten’ (8./9. Jh.),
mhd. bieten ‘anbieten, darreichen, gebieten’ erweist sich durch Entsprechungen wie
asächs. biodan ‘bieten’,
mnd. bēden,
mnl. nl. bieden,
afries. biāda ‘bieten’,
aengl. bēodan ‘gebieten, anbieten, ankündigen, zeigen’,
engl. to bid (verschmolzen mit dem unter
bitten behandelten Verb, s. d.) ‘bieten, ankündigen, gebieten’,
anord. bjōða ‘bieten’,
schwed. bjuda ‘gebieten, anbieten, zeigen’ und
got. anabiudan ‘entbieten, befehlen’,
faúrbiudan ‘verbieten’ als
gemeingerm. Verb (
germ. *beudan); dieses stellt sich lautlich zu
außergerm. Verwandten wie
griech. pé͞uthesthai (
πεύθεσθαι),
pynthánesthai (
πυνθάνεσθαι) ‘erfragen, erfahren, merken’,
aind. bṓdhati ‘wacht, beachtet, versteht’ (wozu das Kausativum
aind. bōdháyati ‘erweckt, macht aufmerksam’ und das Part. Perf.
buddháḥ ‘erweckt, erleuchtet’, vgl.
Buddha),
aslaw. bъděti ‘wachen’,
bl’usti ‘wahren, achtgeben’,
russ. budít’ (
будить) ‘wecken’,
bljustí (
блюсти) ‘behüten, bewahren’,
lit. budė́ti ‘wachen’. Gemeinsamer Ausgangspunkt ist
ie. *bheudh- mit differenzierter Bedeutungsentfaltung: ‘wach, geistig rege sein, beobachten, erkennen’, auch (so in den germ. Sprachen) ‘zur Aufmerksamkeit veranlassen, kundtun, gebieten, darbieten’. Im
Dt. gehen bestimmte Bedeutungen des einfachen Verbs in den älteren Sprachstufen (‘bekanntmachen’, ‘gebieten’) zunehmend auf Präfixbildungen über (s. unten). – Zu
bieten im Sinne von ‘befehlen’ das ablautende Verbalabstraktum
Bot(t) n. (heute nur landschaftlich) ‘Gebot, Befehl, Angebot, Aufgebot, Versammlung’,
ahd. bot ‘Meinung, Beschluß’ (um 1000),
mhd. mnd. mnl. bot,
afries. aengl. bod,
anord. boð (
germ. *-buda-). Dazu
botmäßig Adj. ‘untertan, tributpflichtig’,
spätmhd. botmæzec (14. Jh.),
Botmäßigkeit f. ‘Herrschaft’ (16. Jh.). Dazu im 19. Jh.
unbotmäßig Adj. ‘widersetzlich’,
Unbotmäßigkeit f. anbieten Vb. ‘darreichen, zur Verfügung stellen, vorschlagen’,
mhd. an(e)bieten ‘anbieten, vor Gericht laden’,
mnd. anbēden ‘anbieten, entbieten’, vgl.
nl. aanbieden ‘anbieten, darreichen’ (hingegen
got. anabiudan ‘entbieten, befehlen’,
asächs. anbiodan ‘entbieten, melden’). Dazu
Angebot n. ‘Vorschlag, Bereitschaftserklärung’, auch ‘Gesamtheit der zum Verkauf stehenden Waren’; als Ableitung vom präfigierten Verb zunächst in der Form
mnd. anbot,
nhd. Anbot (15. bis 19. Jh., danach noch
öst.), seit Ende des 18. Jhs., wohl durch Einwirkung von
gebieten (s. unten) und
Gebot (s. d.), in der heutigen Lautgestalt; in der Sprache der Wirtschaft von der 1. Hälfte des 19. Jhs. an oft in dem terminologischen Wortpaar
Angebot und Nachfrage.
aufbieten Vb. ‘aufrufen, aufwenden’ und ‘öffentlich verkünden’ (jetzt eingeschränkt auf die Bekanntgabe einer beabsichtigten Eheschließung),
mhd. ūfbieten ‘in die Höhe strecken, darreichen, bekanntmachen, aufrufen’,
mnd. upbēden ‘bekanntmachen, zur Einlösung eines Pfandes auffordern’; die im älteren
Nhd. vorherrschende Bedeutung ‘zum Heeresdienst aufrufen’ lebt heute in Übertragungen wie
alle Kräfte,
seinen ganzen Einfluß,
Willen aufbieten. Substantivische Ableitungen sind
Aufbietung f. ‘das Aufbieten’ (
mnd. upbēdinge,
nhd. seit 15. Jh.), anfangs zu verschiedenen Bedeutungen des Verbs, nach Ende 18. Jh. nur ‘Aufwendung’ (
Aufbietung aller Kräfte,
Mittel u. ä.), und
Aufgebot n. ‘Bekanntmachung’ (namentlich einer beabsichtigten Eheschließung), früher vor allem ‘Aufforderung’ (zu Heeresdienst, Fron usw.) sowie ‘was aufgeboten wird’ (z. B. die Gesamtheit der Wehrpflichtigen); zunächst häufiger in der Form
Aufbot (15. bis 18. Jh.), doch gewinnt das vereinzelt schon im 14./15. Jh. nachzuweisende (und mit einer im 15. bis 17. Jh. neben
aufbieten bezeugten Variante
aufgebieten korrespondierende)
Aufgebot seit dem 17. Jh. den Vorrang.
darbieten Vb. ‘anbieten, darreichen’ und übertragen ‘zeigen, vorführen’ (reflexiv ‘sich zeigen’),
ahd. thara biotan (9. Jh.),
mhd. dar bieten ‘dahin reichen’ sind wohl schon als Einheit von Adverb und Verb aufzufassen; fest verbunden
mnd. dārbēden und im
Frühnhd.; dazu
Darbietung f. ‘das Darbieten’; seit Anfang 16. Jh. als Nomen actionis ‘das Anbieten’, so verbreitet im 17. Jh. und gelegentlich bis ins 20. Jh.; vom Beginn des 20. Jhs. an meist ‘künstlerisches Gestalten vor einem Publikum, Vorführen’ sowie ‘Vorführung, Vortrag’.
entbieten Vb. ‘wissen lassen, mitteilen’, auch ‘zu sich beordern’,
ahd. inbiotan ‘zur Kenntnis bringen, gebieten, darreichen’ (um 800),
mhd. enbieten ‘durch jmdn. sagen oder gebieten lassen, darreichen’,
mnd. en(t)bēden ‘sagen lassen, gebieten’,
frühnhd. enbieten,
embieten und
entbieten, letzteres setzt sich im 17. Jh. durch; in älterer Zeit vorwiegend ‘eine Botschaft, einen Gruß übermitteln’, dann ‘durch Botschaft herrufen’ (17. Jh.); seit dem 19. Jh. nur noch selten.
erbieten Vb. reflexiv ‘seine Bereitschaft erklären’,
ahd. irbiotan ‘zur Kenntnis bringen, darreichen, erweisen’, reflexiv ‘sich zeigen, erweisen’ (8. Jh.),
mhd. erbieten ‘darreichen, erweisen’, reflexiv ‘sich erweisen, darbieten’ (vgl.
aengl. ābēodan ‘mitteilen, anbieten, gebieten’); vom
Mhd. an bis ins 18. Jh. auch der substantivierte Infinitiv
Erbieten n. ‘Angebot’; aus der häufig vorkommenden Fügung
Ehre erbieten,
ahd. ēra irbiotan,
mhd. ēre (er)bieten entwickeln sich auf der Grundlage der postverbalen Ableitungen
spätmhd. erbietunge,
mnd. erbēdinge f. und
frühnhd. erbietig,
erbütig Adj. die Zusammensetzungen
Ehrerbietung f. ‘Hochachtung’ (
mnd. ērerbēdinge,
frühnhd. 15. Jh.) und
ehrerbietig Adj. ‘achtungsvoll’ (16. Jh.), denen zunächst
Ehrbietung (15. Jh.; auch
mnd. ērbēdinge) und
ehrbietig (Anfang 16. Jh.) als Zusammenbildungen mit dem einfachen Verb
bieten vorausgehen. Neben
frühnhd. erbietig,
erbütig steht ablautend
erbötig Adj. ‘bereit, willig’,
mnd. erbȫdich,
erbōdich,
frühnhd. seit dem 16. Jh.
gebieten Vb. ‘befehlen, über etw. Befehls-, Verfügungsgewalt haben’,
ahd. gibiotan ‘zur Kenntnis bringen, befehlen, herrschen’ (um 800),
mhd. gebieten ‘ausstrecken, darreichen, entbieten, befehlen’; dem
Westgerm. gemeinsame Präfixbildung (
aengl. gebēodan ‘befehlen, bekanntmachen, anbieten’,
asächs. gibiodan ‘gebieten, befehlen’,
mnd. gebēden ‘gebieten, befehlen’, reflexiv ‘sich erbieten’,
mnl. gebieden ‘bekanntmachen, befehlen, anbieten’), im
Dt. anfangs mit perfektivem Sinn neben dem einfachen Verb, das ebenfalls ‘befehlen’ bedeutet, doch trennen sich die Verben hinsichtlich ihrer Bedeutungen seit dem
Mhd. Als Ableitungen gehören hierzu
Gebiet,
Gebot (s. d.) sowie
Gebieter m. ‘wer Befehlsgewalt hat’,
ahd. gibiotāri (Hs. 13. Jh.),
mhd. gebietære,
gebieter,
mnd. gebēder mit gleicher Bedeutung, dem sich
Gebieterin f. ‘Herrin’ (
mhd. gebietærinne,
gebieterīn) und
gebieterisch Adj. ‘herrisch, keinen Widerspruch duldend’ (Anfang 17. Jh.) anschließen.
Gebot n. ‘Befehl, Anordnung, Vorschrift’,
ahd. gibot ‘Befehl, Erlaß’ (um 800),
mhd. gebot ‘Auftrag, Ladung zum Erscheinen, Verbot, Herrschaft’,
asächs. gibod,
mnd. gebot,
gebode,
mnl. ghebot,
nl. gebod,
aengl. (ge)bod.
verbieten Vb. ‘untersagen, nicht erlauben’,
ahd. firbiotan ‘zur Kenntnis bringen, gebieten, untersagen, verhindern’ (8. Jh.),
mhd. verbieten ‘vorladen, verhindern, untersagen, mit Beschlag belegen’; vgl. dazu (teilweise mit einem
nhd. vor,
für entsprechenden Präfix)
aengl. forbēodan,
engl. to forbid,
anord. fyrirbjōða ‘verbieten, verhindern’,
got. faúrbiudan ‘verbieten’,
mnd. vorbēden ‘gebieten, vorladen, anbieten, verbieten’; im
Dt. drückt das präfigierte Verb anfangs (bis ins ältere
Nhd.) sowohl das nachdrückliche Anordnen wie auch das Untersagen einer Handlung aus, jetzt gilt nur noch die letztere Verwendung. Abgeleitet ist
Verbot n. ‘Anordnung, etw. zu unterlassen’,
ahd. firbot ‘Verbot’ (9. Jh.?),
mhd. verbot ‘Verbot, Beschlagnahme, Vorladung’,
mnd. vorbot ‘Angebot, Verbot, Beschlagnahme’ (vgl.
aengl. forbod ‘Verbot, Widerrufung’).