Recht Urteil eines oberen oder obersten Gerichts, das eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung erstmals klärt oder eine grundsätzliche Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung enthält
siehe auch Grundsatzentscheidung
Kollokationen:
als Akkusativobjekt: ein Grundsatzurteil fällen, verkünden, veröffentlichen, erstreiten
in Präpositionalgruppe/-objekt: etw. in einem Grundsatzurteil entscheiden, erklären, feststellen, bestätigen, festhalten, klarstellen; etw. geht aus einem Grundsatzurteil hervor
mit Genitivattribut: ein Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesgerichtshofes, des Bundesverwaltungsgerichts
Beispiele:
Das Bundessozialgericht (BSG) hat in einem Grundsatzurteil die Rechte für Beschäftigte, die zu Hause arbeiten, gestärkt. Das Gericht hat entschieden, dass bei einem Sturz auf den Weg zum Arbeitsplatz in der eigenen Wohnung die Bestimmungen der gesetzlichen Unfallversicherung unter bestimmten Umständen greifen. [Frankfurter Rundschau, 09.12.2021]
Grundlage für die bundesweite Vergabe [von Studienplätzen] sind Grundsatzurteile des Bundesverfassungsgerichts aus den 70er Jahren, in denen das Teilhaberecht von Bewerbern an Studienplätzen und das Prinzip gleicher und sachgerechter Kriterien festgeschrieben worden waren. [Mittelbayerische, 20.12.2017]
Das in Erfurt tagende Bundesarbeitsgericht fällte bereits Grundsatzurteile zur Anrechnung von Sonderzahlungen wie Urlaubs‑ und Weihnachtsgeld auf den Mindestlohn sowie zu seiner Anwendung bei Krankheit und für Bereitschaftszeiten. Aktenzeichen: 10 AZR 171/16 [Döbelner Allgemeine Zeitung, 21.09.2017]
Die in Deutschland aktiven Funktionäre der kurdischen Arbeiterpartei PKK machen sich als Mitglieder einer ausländischen kriminellen Vereinigung strafbar. Sie werden nicht mehr als Teil einer kriminellen Inlandsorganisation verfolgt. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat in einem Grundsatzurteil seine bisherige Rechtsprechung geändert. [Saarbrücker Zeitung, 21.01.2011]
Auch wenn sich ein Vergewaltigungsopfer zum Schein zum Geschlechtsverkehr bereit erklärt, kann der Täter nicht auf Straffreiheit hoffen. Das hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) in einem am Dienstag veröffentlichten Grundsatzurteil entschieden. Das höchste Gericht präzisierte damit seine bisherige Rechtsprechung, nach der ein Täter mit gesetzlicher Milde rechnen konnte, wenn es nach einem Scheineinverständnis der Frau nicht zur beabsichtigten Vergewaltigung gekommen war […]. [Saarbrücker Zeitung, 21.07.1993]
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat in einem Grundsatzurteil am Montag klargestellt, daß zwischen der letzten Mieterhöhung und dem Schreiben für eine neue Mieterhöhung ein Jahr verstrichen sein muß. Die gesetzliche Sperrfrist von einem Jahr sei nicht so zu verstehen, daß die nächste Mieterhöhung bereits zwölf Monate später in Kraft treten könne. [Süddeutsche Zeitung, 13.07.1993]
