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Folio |
N. (-s; -s und Folien), Mitte 15. Jh. verselbständigt aus
bereits Ende 14. Jh. bezeugtem gelehrtenlat. Syntagma in folio bzw.
lehnübersetztem in Folio ‘in einem Blatt, in Blattgröße’ (zu lat.
folio, Ablativ Sing. von folium ‘Blatt’; → Folie, → Foliant),
früher selten in der lat. Form Folium (vgl. a).
a In der
kaufmännischen Buchführung zunächst in der festen Verbindung in folio
‘auf dem Blatt, auf Blatt . .’, z. B. in folio 177 steht geschrieben,
dann als Simplex in der veralteten Bed. ‘Blatt, Doppelseite in Geschäftsbüchern;
numerierte Seite, Seitenzahl’ (s. Belege 1452, 1544, 1709), z. B. in den
Büchern der Bank ein eigenes Folio haben; Bank-Folio.
b Seit
Ende 16. Jh. im Buchwesen ebenfalls zuerst im Syntagma in folio ‘in
Blattgröße, in der Größe eines ganzen Blattes oder halben Bogens’ (s. Belege
1609, 1610, 1700), z. B. Bücher in folio drucken, bis Ende 19. Jh. häufig
übertragen und scherzhaft verwendet für ‘sehr groß, in großem Maß’ (Ggs. in
duodecimo, → Duodez; s. Belege 1593, 1613, 1655, 1684, 1749, 1797, 1890),
z. B. ein Narr, Stutzer, Lügner, Monarch in folio, eine Flasche in folio, in
folio lügen, seit früherem 18. Jh. als Simplex (ohne Pl.) in der Bed.
‘größtes Buchformat, Buchformat in der Größe eines halben Bogens’ (Abk.:
fol., Fol.) (s. Belege 1740, 1766, 1771; vgl. Oktav und
Quart, Ggs. → Duodez), z. B. ein Buch, ein Band in Folio, als
Grund- und Bestimmungswort in Zss. wie Groß-, Hoch-, Querfolio; Folioausgabe,
-band, -format.
Belege
1395 Städtechronik I
82
als in folio stet 87;
1452 MGNürnberg II 74
als in dem register
folio 114 geschriben (beide SCHIRMER, Kaufmannssprache);
Tucher 1464–75
Baumeisterbuch 317
als in eim artickel dan stet voren in dem puch a folio
183;
Stolle um 1485 Chronik 176
als geschriben steed folio;
1544
Grammateus J7b
ziehe vff ein iedes folium etlich linien (SCHIRMER,
Kaufmannssprache);
Schurtz 1695 Kaufmannschaft 14
das Folio, worauf die
Rechnung in Banco steht, wird allemal oben bey Anfang einer Seiten gesetzt;
Wächtler 1709 Manual 138
Folium, Blat/ z. E. fol. 124 ist es zu finden;
Marperger 1716 Beschr. d. Banken 124
die Numero seiner Folio;
ebd.
127
seine Banco-Folio;
1795 Engel 66
wenn er in seinem Buche mein
Folium aufschlägt (SCHIRMER, Kaufmannssprache);
Campe 1813 Fremdwb. 324
Folio, in der Sprache der Kaufleute, eine Seite im Rechnungsbuche;
1833
Schiebe 45
folio, Blattseite in den Handlungsbüchern (SCHIRMER,
Kaufmannssprache);
vor 1871 Enc. f. Kaufl. 77b
Folien in den Büchern der
Hamburger Bank (SANDERS 1871);
1883 Brockhaus VI 941
ein Folio (oder
Folium) in einer Bank haben, heißt: in derselben Geld und in ihrem Hauptbuch
eine Rechnung . . darüber haben.
1593 Sätze
v. d. Löffelei (Scheibles Schaltjahr III 653)
Löffler in folio;
Theobald
1609 Hussitenkrieg 38
Bücher . . die zu Nürnberg in folio durch Petrum
Montanum . . Anno 1558 seind gedruckt worden;
Hainhofer 1610 Corr. 20
ain
buch mit schönen sauberen holtzschnitt in folio;
Rinckhart 1613 Eisleb.
Ritter 80
Erst war ich Stutzer in folio;
Hornschuch 1634 Orthotypographia
o. S.
in folio (KLENZ);
Weidner 1644 Zinkgrefs Apophthegmata III 243
wie man sagt, ein Narr in Folio;
Duez 1652 Nomencl. 149
En grand volume,
in folio;
Harsdörffer 1655 Ars apophth. 264
Etliche lügen in folio;
1683 Leiermann 100
in einem Wirthshause, wo der Wirth ein Fantaste in
Folio war;
Veroander 1684 Lasterprob 22
ein Narr in Folio;
1700
Monatl. Auszug Sept. 612
Im Jahr 1690 kam es zuerst zu London in folio
herauß;
Wächtler 1709 Manual 138
in folio, in groß Pappier/ . . er ist
ein Narr in folio;
Stranitzky 1711 Ollapatrida 15
Narr in Folio;
Sperander 1727 A la mod Sprach 265
in Folio heist, wann ein Buch auf groß
Papier/ oder so groß als ein Bogen Papier austrägt, gedruckt ist. Ein Narr in
folio heist Sprüchwortsweise, ein grosser Hauptnarr;
Stoppe 1729 Gedichte II
42
Deine Gunst in Folio, Macht uns aus der massen froh;
Geßner-Hager 1740
Buchdruckerkunst o. S.
Folio (KLENZ);
1741 Belustigungen d. Verstandes II
233
Poet in Folio;
1749 Vergnügte Abendstunden II 147
Eine einzige
grosse uralte Flasche in folio;
Wieland 1757 Gesch. d. Gelehrtheit 42
Gentius . . edierte dasselbe [Werk] mit einer lateinischen Uebersetzung . . zu
Amsterdam in folio;
Bülau 1766 Nationalgeist 138
aus Folio und
Quartbänden;
Sonnenfels 1771 Vaterland 70
in dicke Foliobände;
Beckmann 1783–86 Erfindungen I 71
fünf starke Bände in Großfolio;
Blumauer 1784–94 Virgils Aeneis (Ges. W. I 181)
Wir arme Narr’n in Folio;
Erdt 1786 Anl. 132
folio, quart, duodez;
Bretzner 1787 Leben I 66
Folioausgaben;
Waldau 1789 Beytr. IV 479
auf einem einzigen Foliobogen;
Sulzer 1792 Theorie II 174
Das Format ist Folio;
Böttiger 1795 Reise
n. Hamburg (Literar. Zustände II 16)
Royalfolio;
Laukhard 1797 Leben u.
Schicksale IV 2,358
Monarchen in Folio;
Börne 1822 Schilderungen a. Paris
(Ges. Schr. II 87)
auf einem Folioblatte gedruckt;
1824 Eos 203
Narr
in Folio;
Nestroy 1835 Geist 61
Du bist ein Lump in Folio;
Thümmel
1852 S. W. II 99
Folioband;
Hansjakob 1879–1909 Jugendzeit I 188
Schläge in Folio;
Bucher 1881 Parlamentarismus 202
tausend Folioseiten
durchzulesen;
Gottschall 1885 Totenkl. 308
Auffenberg’s Foliodichtungen;
Wachenhusen 1890 Leben II 169
Spieler, Gauner, Lump in Folio;
Th. Mann
1901 Buddenbrooks (W. I 160)
wo auf einem rauhen Foliobogen die ganze
Genealogie der Buddenbrooks . . resümiert worden war;
1920 ZfBücherfreunde XI
227
in Folioformat mit gelbweißem Kartonumschlag gedruckt;
Th. Mann 1949
Reden u. Aufs. (W. XI 177)
beschrieb ich ein schönes Pergament-Folioblatt;
Haas 1962 Gestalten 30
Folioausgabe;
Foertsch 1970 Inquisition
o. S.
eine große Anzahl Pergamente und Foliobogen;
Zeit 27. 9. 1985
ein Wörterstrom von fünfzig, sechzig Schreibmaschinenseiten, Folio, kompreß;
taz 7. 11. 1990
Saugpapier im Folioformat;
Frankf. Rundsch.
2. 4. 1998
in neun dicken Foliobänden;
MM 13. 5. 2000
Die
Folioausgabe der Werke Shakespeares;
St. Galler Tagbl. 28. 7. 2001
Jenes
maschinengeschriebene Original auf 590 Folioblättern ist verschollen. HK