Deutsches Fremdwörterbuch
Floskel
F. (-; -n), Ende 17. Jh. entlehnt aus lat. flosculus ‘Blümchen; Zierde’, eigentlich ‘Redeblume’ (Diminutivum zu flos ‘Blume, Blüte’; → Flor1), bis ins 18. Jh. in der lat. (flekt.) Form und in lat. Syntagmen wie flosculus orationis, erst seit späterem 18. Jh. (aus dem häufig verwendeten eingedeutschten Pl. Floskeln) in der fem. Sing.-Form.
In der Studentensprache aufgekommen, neben dtsch. Entsprechungen wie Blümlein, Wortblume in der meist abwertend gebrauchten Bed. ‘formelhafte, erstarrte, inhaltslose Redewendung, -schnörkel, nichtssagende Redensart, konventionelle Redeformel; den Stil ausschmückender, blumiger, gezierter Ausdruck; Redeschmuck’ (→ Formel, → Phrase), z. B. poetische, rhetorische Floskel, Floskeln machen, es ist nur eine banale, leere, hohle, diplomatische, völlig belanglose, abgedroschene, inhaltsleere, beiläufige Floskel, mit der üblichen Floskel, die passende Floskel parat haben; Abschieds-, Allerwelts-, Anstands-, Begrüßungs-, Dankes-, Diplomaten-, Einleitungs-, Höflichkeits-, Leer-, Lieblings-, Mode-, Politiker-, Rede-, Schluss-, Standard-, Verlegenheitsfloskel; in jüngster Zeit auch ‘musikalische Wendung, Melodie’ (s. Belege 1990, 1998), z. B. melodische, musikalische Floskel.

Belege

zu Floskel (36)
Tentzel 1689 Unterredungen 1244
wenn ich ihm einige Flosculos aus den Discursen selbst vorlegen werde;
Schamel 1717 Formular-Büchlein 49
solche Flosculi der lauen Christen;
Podagra 1721 Apothekertod 45
eine Sache mit so viel erlogenen Flosculis vorstellen;
Rohr 1728 Zeremoniellwiss. I 327
wenn er bey seinem Teutschen Patron in einem Lateinischen Schreiben, und ob es schon mit den schönsten Flosculis ausgeziert wäre, um eine Pfarre anhalten will;
Boltz 1731 Redensarten 15
schöne Epitheta und Flosculos;
Wieland 1757 Gesch. d. Gelehrtheit 67
die Briefe des Angelus Politianus . ., in welchen außer dem schönen Stylus, den artigen Wendungen . . und allerlei anderen Flosculis aus den alten Scribenten nichts enthalten ist, das der Rede werth wäre;
Kinderling 1765 Br. 163
so hat er sich durch die Liebe zu poetischen Floskeln, die er oft anbringt, verleiten lassen, dieß hinzuschreiben;
1766 Allg. dtsch. Bibl. III 1,278
Floskel . . das gekünstelte . . blumenreiche;
Schubart 1774 Chronik (Beilagen 39)
von rhetorischen Floskeln und witzigen Luftsprüngen;
Kindleben 1781 Studentenlex. 82
floskeln, rednerblumen, schönklingende redensarten, die man sich angewöhnt hat;
Schiller 1786 Br. I 316
die Floskeln im Style;
Archenholtz 1787 England I 59
Er würzte diese Vorwürfe mit allen Floskeln;
Knigge 1788 Umgang 126
nachgebetete voltairische Floskeln;
1790 Origines Backel I 219
diesen und ähnlichen sinnlosen Floskeln, womit die Menschen aus lauter Höflichkeit einander Nasen drehen;
1797 Journal d. Moden XII 384
mit dem con amore der Italiener, das eine Zeitlang Lieblingsausdruck und Modefloskel unsrer Damen und Herren . . war;
Benzel- Sternau 1806 Gespr. II 227
Dich stelle ich der stolzen Renomistinn gegenüber, sie ergießt sich in Floskeln und Schwulst;
Raumer 1812 Briefw. (Leben I 265)
weil die bessere Klasse sich mit todten Floskeln der Schule anfüllt und unserm Herrgott die Welt bilden hilft;
Grabbe 1827 Shakespearo-Manie (III 387)
so ist ihm nichts leichter als mit seinem Finger auf den grossen Shakespeare hinzudeuten und ihn mit einigen leeren Floskeln als Muster zu nennen;
Lewald 1836 Aquarelle I 136
voll der schönsten Floskeln;
Marx 1842 MEGA I 1,134
Um so denkwürdiger ist diese elegische Floskel von der „inneren Ueberzeugung“ gegenüber dem rauhen, äusserlichen, unberechtigten Nordwind der „öffentlichen Ueberzeugung“;
Raumer 1849 Frankf.-Paris 99
und verlangte mit groben, aufgebauschten Floskeln;
Arbeiter-Ztg. 3. 12. 1865
In diesem Zusammenhange und unter solcher Constellation darf auch der todtgejagte Gedanke eines Parlaments wieder aufathmen, hört es auf, Floskel und Phrase zu sein, wenn man von Berufung einer deutschen Volksvertretung redet;
Walloth 1887 Praxis 1883
und dass ihm vorher durch seine Frau mühsam allerlei Floskeln über Kunst und Wissenschaft beigebracht worden waren, die er dann pflichtschuldigst fallen liess;
Schlaf 1905 Nonne 91
poetische Floskel;
Th. Mann 1918 Reden u. Aufs. (W. XII 290)
So meint er mit dieser erheiternd rhetorischen Floskel ohne Zweifel die äußere Politik;
Wätzold 1921 Kunsthistoriker I 34
die schwülstige, ungelenke, mit dem Fett barocker Floskeln und mit französischen und lateinischen Fremdwörtern durchsetzte Sprache;
Gebauer 1932 Kulturgesch. 403
französische Floskeln;
Th. Mann 1933–44 Joseph (W. IV/V 919)
machte sich selbst und den Vorleser auf den Kunstwert einer rhetorischen Floskel aufmerksam;
Dtsch. AZ.  5. 1. 1935
Noch ein paar einleitende Floskeln;
Süddtsch. Ztg. 11. 9. 1958
Seither wurden nicht einmal mehr die Höflichkeitsfloskeln gewechselt;
FAZ 5. 2. 1966
Die in dem ungewöhnlich ausführlichen Abschlußkommunique gepriesene Annäherung, ja teilweise völlige Übereinstimmung in wichtigen Fragen ist tatsächlich keine leere Floskel;
Welt 14. 1. 1969
Die königliche Thronrede endete – wie ihr Anfang – mit einer an die Adresse der beiden Kammern gerichteten, zum Ritual erstarrten Floskel;
taz 21. 4. 1989
Zur von der Bundesanwaltschaft am Dienstag geforderten „abschreckenden Wirkung“ der Strafen sagte er, Prävention sei hier zur „bloßen Floskel“ verkommen;
ebd. 20. 11. 1990
In diesem Hin und Her klang plötzlich eine melodische Floskel auf, kurz setzte ein Begleitrhythmus ein, doch nach zwei, drei Takten verwischten sich die Konturen;
MM 14. 3. 1998
in der kurzen Puccini-Floskel, die Glanert in vier Teilen variationsartig beleuchtet;
Berl. Ztg. 29. 11. 2000
Schrempp selbst war es, der dieser Tage die lautstark gelobte „Fusion unter Gleichen“ als leere Floskel demaskierte. IN