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Apokalypse |
F. (-; selten
-n), im früheren 14. Jh. entlehnt aus gleichbed. kirchenlat. apocalypsis
(< gleichbed. griech. ἀποκάλυψις, eigentlich ‘Enthüllung,
Offenbarung’, zu ἀποκαλύπτειν, aus ἀπό- ‘von-weg, ab’ und
καλύπτειν ‘um-, verhüllen, bedecken’), bis Ende 17. Jh. meist in der
lat./griech. (flekt.) Form.
a Zunächst als religiöser Terminus zur
Bezeichnung einer Schrift des Neuen Testaments (der sogenannten „Offenbarung
Johannis“), die in prophetisch-symbolischer Form (Visionen, Träume,
Abschiedsreden und Weissagungen) den Lauf der Welt (tausendjähriges Reich,
Auferstehung der Toten, Gericht) und das kommende Weltende schildert (s. Belege
1334–39, 1410, 1530), dann auch als Bezeichnung für nachfolgende dunkle,
geheimnisvolle, prophetische Schriften über das Weltende (s. Belege 1791,
1931).
b Seit Ende 18. Jh. auch übertragen gebraucht in der Bed.
‘schreckliches Unheil, grauenvolles Ende, schrecklicher Untergang’, gelegentlich
in Wendungen wie Apokalypse des Krieges, atomare, ökologische
Apokalypse.
Dazu seit früherem 16. Jh. die adj. Ableitung
apokalyptisch (ohne Steigerung) (< griech. ἀποκαλυπτικός
‘aufdeckend, enthüllend’), zunächst in der Bed. ‘in der Apokalypse gegründet,
nach Weise dieser Schrift, sich auf die Apokalypse beziehend’ (s. Belege
1537–38, 1623, 1873), auch ‘figürlich, dunkel, geheimnisvoll, rätselhaft;
schwärmerisch, träumerisch; offenbarend, weissagend’ (s. Belege 1703, 1787),
bes. im Eigennamen Apokalyptische Reiter als Bezeichnung für die im
Kapitel 6,1 der Offenbarung Johannes erscheinenden vier Reiter als Sinnbilder
für Pest, Krieg, Hunger und Tod und in der festen Wendung apokalyptische
Zahl als Bezeichnung für die in Kapitel 13,18 als Zahl des antichristlichen
Tieres genannte geheimnisvolle, noch nicht bestimmt gedeutete Zahl 666 (zu a);
seit Ende 18. Jh. meist in der Bed. ‘auf das Weltende hinweisend, grauenvoll,
schrecklich, unheimlich, unheilbringend’ (s. Belege 1845, 1927, 1944), häufig in
Wendungen wie apokalyptisches Grauen, Unheil, apokalyptische
Visionen (zu b).
Dazu seit Anfang 19. Jh. die zunächst nur gebuchte
(CAMPE) Personenbezeichnung Apokalyptiker M. (-s; -) in der Bed.
‘Offenbarungsforscher, Verehrer oder Deuter der Offenbarung Johannes’, auch
‘Offenbarungsgläubiger, einer, der selbst Offenbarungen zu haben glaubt; Seher,
Schwärmer, Träumer’ (zu a), und seit frühem 20. Jh. in der Bed. ‘einer, der
Unheil voraussagt, den Weltuntergang ankündigt’, selten auch in der Bed. ‘(oft
pseudonymer) Verfasser von „Enthüllungen“ kosmischer Geheimnisse, der Zukunft
und des Weltendes’ (zu b).
Dazu seit früherem 19. Jh. selten die subst.
Ableitung Apokalyptik F. (-; ohne Pl.) als Bezeichnung für die Gesamtheit
der apokalyptischen Schriften, die in symbolischen Bildern und wunderbaren
Visionen die Zukunft des Gottesreiches und das Erscheinen des Messias
beschreiben (zu a) und seit frühem 20. Jh. in der Bed. ‘Deutung von Ereignissen
im Hinblick auf ein nahendes Weltende’ (zu b).
Belege
1334–39 Oberrhein. Chronik 15
alse sant Johannes sprichet in dem
apocalipsi;
1394 Marienb. Ämterb. 124
Dy duczschen bucher: item
apocalypsze und dy cronike von Lyeflande in eym buche (FRNHD. WB);
um 1410
Schwabenspiegel 150a
an apokalipsi, daz ist in deme buche, daz Sente
Johannes ewangelista schrip (FRNHD. WB);
1437 Gr. Ämterb. 667
dryczen
dewtsche bucher: das eyne heisset vitas patrum, das andir appokalipse dewtsch
(FRNHD. WB);
Folz um 1460 Meisterlieder 92
Allso das feür die zeyt thun
muß,/ Do von Johannes clerlich hat geseyt:/ ‘Ich sach hymel und erd vernewt’,/
Stet in Apocalipsi, wer es weist;
1466 Dtsch. Bibel VI 254
von den ist
geschriben apokalipsis quarto (FRNHD. WB);
1521 Dürer I 171
Herr, gib vns
darnach das new gezirt Jerusalem, das vom himmel herab steigt, davon Apocalypsis
schreibt (FRNHD. WB);
Paracelsus 1530 S. W. I 8,138
Johannes in
apocalypsi hat seltsamer und ungeschaffner tier nie gesehen, dan ihr seid;
ebd. 8,247
apocalypsis was ist es als allein ein astronomei? dan sie
tractirt allein von disen zeichen, so Christus gemelt hat und uns warnet, so die
zeit kompt;
ders. um 1530–34 S. W. II 7,291
Was ist apocalypsis anders,
dann daß uns gott dadurch praefigurirt unsern geistlichen stand dieser welt und
die sünder der ewigen verdambung?;
Hedio 1545 Chronica 63c
Apocalypsin,
das ist die Offenbarung;
Böhme 1623 Theosophia 860
In diesem Bilde stehet
klar die Figur, welche in Apocalypsi vorgemahlet wird, von dem grossen
sieben-köpfigen Drachen;
Abr. a S. Clara 1685 Gack 100
in . .
Apocalypsi;
Sperander 1727 A la mod Sprach 39
Apocalypsis, Offenbahrung
der Geheimnisse;
Nicolai 1773 Nothanker I 6
Diese tröstliche Hofnung
hatte er aus einem fleißigen Studium der prophetischen Bücher der Schrift,
besonders der Apokalypse geschöpft;
Herder 1791 S. W. XIV 295
entstanden
Jüdisch-christliche Apokalypsen, voll von mancherlei Weißagungen;
ders. 1794
S. W. XIX 96
Freudig also wurden dem großen Weltvereiniger, dem Stifter
einer neuen Theokratie auf Erden Dank- und Lobgesänge gebracht, die sich in
allen Schriften der Apostel, am reichsten aber in der Apokalypse finden;
Gervinus 1853 Gesch. d. dtsch. Dichtung II 23
Auf diesem Grunde ruhen
jene geheimnisvollen und wunderbaren Räthsel und Aufgaben dieser Art, die oft
ihre Sprache und Form aus der Apocalypse entnehmen und leider die Apocalypse
noch an Tiefsinn und Dunkel überbieten;
Stolz 1870 Honig VI 8
Es kommt
mir vor, daß die Apokyalyps ein Thema ist, das nicht mit einem Male abgespielt
ist, sondern das in zahllos vielen Variationen in der Weltgeschichte wiederholt
und abgespielt wird;
Nietzsche 1887 W. VIII 335
aber es genügt, sich
einmal wieder die Johanneische Apokalypse zu Gemüthe zu führen, jenem wüstesten
aller geschriebenen Ausbrüche;
Friedell 1931 Kulturgesch. III 400
Dieses
Neue aber, das sein [Dostojewskis] Prophetenauge erblickt, ist der Antichrist,
und der Antichrist ist die Revolution. Seine Bücher sind Apokalypsen und fünfte
Evangelien;
Th. Mann 1944 Nachtr. (W. XIII 201)
noch weniger . . hat der
Verfasser der Apokalypse mit jenem Jünger, oder wiederum mit dem Evangelisten
Johannes zu tun;
MM 9. 9. 1985
Dürers Holzschnittfolge der Apokalypse
etwa kann studiert . . werden;
ebd. 1. 2. 1986
seit mehr als 550 Jahren
beruht die bannende Wirkung dieses mehrteiligen Altarbildes auf der mystischen
Kraft mittelalterlicher Religiosität und ihrer bildhaften Vorstellung von Himmel
und Hölle in der Apokalypse des Johannes;
ebd. 2. 10. 1987
Schmidt hat
diesen gewaltigen Versuch, die Apokalypse aus der biblischen Offenbarung des
Johannes erstmals im ganzen zu vertonen, . .
unternommen.
1843 Brockhaus I 760
Apokalyptik
ist die Bezeichnung für einen eigentümlichen Zweig der spätern jüd. Litteratur,
welcher die Zukunft des Gotttesreichs und die Erscheinung des Messias . . in der
Form von symbolischen Bildern und wunderbaren Visionen zu schildern versucht;
Vögtle 1970 Kosmos o. S.
Käsemann erblickt in der Apokalyptik „die Mutter
der christlichen Theologie“.
Kurz 1843
Schillers Heimatjahre III 59
die Epochen derselben [der Universalhistorie]
waren ihm durch den Apokalyptiker wie durch einen Brennspiegel auf einen Punkt
gezogen worden;
Brachvogel 1858 Fr. Bach II 189
Letztere hatten
allerdings nicht übel Lust, dem Apokalyptiker ihres verdorbenen Jahrhunderts
einige Liebesbeweise zu verabreichen;
Weiss 1882 Leben Jesu I 101
Ja, das
[vierte] Evangelium ist die vergeistigte Apokalypse, aber nicht weil ein
Geistesheros des zweiten Jahrhunderts dem Apokalyptiker gefolgt ist;
Wernle
1901 Anfänge 2
wie bietet die Phantasie des Apokalyptikers in den Visionen
der 7 Siegel und der 7 Posaunen und der 7 Schalen alles Mögliche und Unmögliche
auf!;
Harnack 1923 Erforschtes 61
Der Apokalyptiker hat also einfach das
Tierkreiszeichen „die Wage“ und einen zu ihr gehörigen Kalenderspruch benutzt,
um den Hunger, den er in einem seiner Reiter darstellen wollte, zu
charakterisieren;
Lietzmann 1932 Kirche I 54
sie wußten sich auch als die
„Heiligen“, als der treue und gottgeliebte, für die Endzeit ausgesonderte Rest
des Volkes, von dem die Propheten und Apokalyptiker kündeten.
Paracelsus 1537–38 S. W. I 12,83
es werden
zeichen in sonn, mon und stern . ., also seind auch die magi ausleger aller
propheten und der apocalypsischen offenbarung;
ebd. 12,495
als man weiß,
das ein gestirn ist, das uber al gestirn ist, das ist das apocalypsische
gestirn;
Böhme 1623 Theosophia 324
Aus diesen vierzehen Zahlen der
vierzehen Namen Japhets kommen die Prophetische und Apocalyptische Zahlen;
Abr. a S. Clara 1685 Gack 255
Johannes, apokalyptischer Engel;
Serpilius 1703 Gedancken 17
durch seine Apocalyptische Grillen ein
wunderlicher Heiliger worden;
Bengel 1751 Brüdergemeine (Zinzendorf,
Materialien II 10,434)
Die apocalyptische Theologie mache ich nicht zum
gänzlichen Subject meiner Schriften;
Hase 1779 Aldermann I 115
ein Bild
aus dem apokalyptischen Catechismus;
Musäus 1781 Physiognom. Reisen III
11
in der apokalyptischen Epoque meines Vaterlandes;
Nicolai 1787 Beschr.
VIII 116
ein abermaliger Beweis, bis wohin unbestimmte Begriffe, dunkele
Gefühle, schwärmerische apokalyptische Träumereyen leiten können;
Jean Paul
1794 S. W. I 3,228
ein solcher irdischer Engel, wie der apokalyptische vom
Jünger Johannes;
Kurz 1843 Schillers Heimatjahre III 61
Der Gefangene
vertraute ihm . . das Schicksal seiner apokalyptischen Studien;
Raabe 1858 S.
W. II 2,199
Der Austausch der Ideen war riesenhaft – kolossal, gigantisch,
apokalyptisch!;
C. F. Meyer 1873 S. W. III 13
ein Blick in das vor ihm
aufgeschlagene Buch belehrte mich, daß er nicht von meinem Falben, sondern von
einem der vier apokalyptischen Reiter sprach;
Th. Mann 1922 Reden u. Aufs.
(W. XII 604)
jenes apokalyptische Bewußtsein von einer Weltwende;
Baumgarten 1929 Lebensgesch. 349
Sprung ins Eschatologische,
Apokalyptische, Chiliastische;
Th. Mann 1949 Reden u. Aufs. (W. XI 248)
er war nicht sehr eingenommen von dem Gedanken, . . das Oratorium auf Dürers
apokalyptische Blätter zu gründen;
Anders 1952 Reporter 157
die drei
Apokalyptischen Reiter: Pest, Hunger und Krieg;
FAZ 1. 12. 1965
die
Vernichtungswelle des letzten Krieges ist . . seit 1914 mehrere Male über die
polnischen Lande hinweggebraust, und zwar hin und zurück, wie apokalyptische
Reiter, und hat jedesmal Schutt und Trümmer, Armut, Krankheit, Seuchen und
Tränen und Tod und wachsende Vergeltungs- und Haßkomplexe hinterlassen;
Dülmen 1977 Reformation 20
Die Idee der Reformation war zunächst weit
gespannt: Wiederherstellung alter Rechte und Sitten, moralisch-religiöse Reform
der Klöster und der Geistlichkeit, . . schließlich nach
apokalyptisch-schwärmerischen Vorstellungen eine grundlegende Erneuerung der
Gesellschaft nach dem Kommen des Antichristen;
Schipperges 1985 Garten 52
Im Herbst des Mittelalters erst tritt der Tod mit seinem vollen Pathos auf: der
Ritter Tod, der Schnitter Tod, . . der apokalyptische Reiter, das Skelett mit
Sense und Sanduhr;
MM 9. 9. 1985
im Gefolge der apokalyptischen Reiter,
die laut Neuem Testament die sündige Menschheit peinigen;
Altner 1991
Naturvergessenheit 83 f.
diese Perspektive [kommt] nicht erst am Ende der
Bibel in der apokalyptischen Vision von der Überwindung des Todes . . zum
Ausdruck.
Laukhard 1796 Leben III 233
sein
Aufsatz . . beweißt, daß der Hauptmann . . ein unpartheiischer Richter ist, ganz
von einem andern Karakter, als . . alle andern Skribler und Sudler von der
politischen Apokalypse;
Görres 1821 Ges. Schr. XIII 185
der Mund [ist]
geöffnet zu jenem gewaltigen Chorale, in dem sie in schweren, dunkeln . . Tönen
. . die Apocalypse des Alls und der Geschichte singt;
Th. Mann 1924
Zauberberg (W. III 719)
ein Europa, das sein Ewigkeitsgut zu wahren wisse,
werde über proletarische Apokalypsen, die man da und dort zu erträumen beliebe,
in Gemütsruhe zur Tagesordnung klassischer Vernunft übergehen;
ders. 1939
Lotte (W. II 535)
das ganze Volk dichtete, es schwelgte und schwamm in
Apokalypsen, Prophetengesichten, in blutigen Schwärmereien des Hasses und der
Rache;
Macdonell 1940 Gentleman 164
die Überlebenden der Apokalypse
[Weltkrieg];
V. B. 15./16. 7. 1944
er versucht uns in seinem
Vernichtungshaß durch den Bombenkrieg eine wahre Apokalypse zu bereiten;
Th.
Mann 1946 Reden u. Aufs. (W. IX 661)
gewiß ist, daß, so sehr die Krankheit
Dostojewski’s Geisteskräfte bedrohte, sein Genie aufs engste mit ihr verbunden
und von ihr gefärbt ist, daß seine psychologische Initiiertheit, sein Wissen um
das Verbrechen und um das, was die Apokalypse „satanische Tiefen“ nennt, . .
untrennbar mit ihr zusammenhängen;
Süddtsch. Ztg. 7. 9. 1950
in einer . .
Folge von Tuschzeichnungen „Apokalypse der Zeit“ gelingen ihm dann auch wahrhaft
erschreckende Aussagen über die im Massenwahn oder mit mechanischer Exaktheit
sich zerfleischende Menschheit;
K. Mann 1952 Wendepunkt 326
in dieser . .
der Apokalypse verfallenen Welt (DUDEN);
Lynen 1963 Kentaurenfährte 282
zerbrochene Dinge und Scherben, die an eine Apokalypse gemahnten (DUDEN);
Offenburger Tagebl. 20. 4. 1964
genau ein Viertel der nördlich der
Mainlinie lebenden Menschen bangt vor dem Weltuntergang, während die Bayern
z. B. der Apokalypse mit unverkennbarem Gleichmut begegnen;
Zeit
1. 2. 1985
in einer Zeit, die mit der Apokalypse kokettiert, ist der Selbst-
und der Ritualmord im Stück nur noch pornographische Grimasse;
MM
23. 4. 1985
die Leistungen auf dem Gebiet des Umweltschutzes erhellte Grimm
an einer Reihe von Beispielen, auftretenden Problemen gelte es nicht als
Prediger der Apokalypse, sondern mit mutiger Rationalität zu begegnen;
Zeit
2. 8. 1985
die Vorstellung einer atomaren Apokalypse verängstigt nicht nur
Menschen, die zur Hysterie neigen;
ebd. 21. 2. 1986
unter allen hoch
entwickelten Industriegesellschaften hat die Verbindung von Nationalismus,
Rassismus und bürgerlicher Respektabilität nur in Deutschland in die Apokalypse
des Holocaust geführt;
MM 3. 11. 1986
mit dem Ostwind aus der Ukraine
wurde Cäsium, Jod und Strontium auch in die Bundesrepublik geweht, und plötzlich
schien diese dunkle Apokalypse, an die vorher keiner so recht glauben wollte,
nur zu gegenwartsnah;
ebd. 3. 2. 1987
in Salzburg wird dieser Dichter der
Nacht am 3. Februar 1887 als viertes Kind von Maria und Tobias Trakl mitten in
die „fröhliche Apokalypse“ hineingeboren, wie Hermann Broch diesen Zeitabschnitt
der österreichischen, k.-u.-k.-Monarchie hellsichtig nannte;
ebd.
14. 4. 1988
die ökologische Apokalypse;
Süddtsch. Ztg.
27./28. 3. 1993
Bilder vom Golfkrieg und aus Kuwait . . die reale Apokalypse
der brennenden Ölfelder;
Spiegel 13. 9. 1993
Diese naive, uramerikanische
Mischung aus Goldfund und Apokalypse-Furcht, aus Western-Mythologie und
alttestamentlicher Offenbarung fand in den dreißiger Jahren des vorigen
Jahrhunderts schnell Zulauf;
Süddtsch. Ztg. 23./24. 10. 1993
[schwingender Weihrauchofen] es war gemeinsames Zeichen der zum Himmel sich
schwingenden Heiligkeit und der aus der Höhe niederstoßenden Apokalypse,
steigender und stürzender Engel.
Th. Mann 1921
Reden u. Aufs. (W. IX 93)
wirklich ist das, was wir Expressionismus nennen,
nur eine späte und stark mit russischer Apokalyptik durchsetzte Form des
sentimantalen Idealismus;
Böhmer 1928 Erbe d. Enterbten 220
Aufsatz über
den Zusammenbruch der modernen Apokalyptik;
Benjamin 1929 Br. I 511
damit
. . wir uns nicht gegenseitig mit einer Privat-Apokalyptik um die Divergenzen
unserer Lebensläufe betrügen;
Lietzmann 1932 Kirche I 20
Darum wollen sie
von individueller Unsterblichkeit der Seele . ., von all den Engeln, Teufeln und
Zwischenwesen der jüngeren Apokalyptik nichts wissen;
Th. Mann 1949 Reden u.
Aufs. (W. XI 249)
die Vorbereitungen zu dem so entscheidenden Abschnitt
hatten, unter Dante-Lektüre, dem Studium der Apokryphen und allerlei sich
gutwillig einfindender Schriften über antikchristliche Jenseitsvorstellungen und
Apokalyptik, lange gedauert;
Eppelsheimer 1955 Schild 43
[der Roman]
schaut „visionär“, d. h. er stürzt sich in eine abgründige, gestaltlose
Apokalyptik;
Hocke 1976 Tagebücher 99
Immer, so könnte man meinen, steht
das Buch der Bücher, offen aufgeschlagen, irgendwo in der Nähe des Diaristen,
wenn er, in todesgewisser Ich-Apokalyptik, schreibt: . .;
Dülmen 1977
Reformation 11
Die steigende Anfälligkeit der Gesellschaft, der die feudale
Kirche als Orientierungshilfe nicht mehr genügte, für Apokalyptik und Prophetie
sowie das wachsende Bedürfnis nach Gnade, Rechtfertigung und Erlösung . .
dokumentieren das.
Th. Mann 1925 Nachtr. (W.
XIII 414)
ein bedeutendes neues Buch über den russischen Apokalyptiker liegt
vor: die Weltanschauung Dostojewskis von Dr. Hans Prager;
Zeit 21. 6.
1985
was kann es Gemeinsames geben zwischen Bahro-inspirierten
Fundamentalapokalyptikern und Börner-strapazierten hessischen
Reformapologeten?;
ebd. 12. 6. 1987
so könnten sich am Ende die
Apokalyptiker beider Lager mit ihrem Hang zu totalitären Visionen durchaus die
Hände reichen;
Süddtsch. Ztg. 3. 11. 1993
Ein solcher Skandal aber
bedeutet eine hohe Zeit für Apokalyptiker, die von den Worten Blut und Aids auch
schnell auf den Plan gerufen wurden;
ebd. 12. 1. 1994
ein Beleg für die
self fulfilling prophecy der Musik-Apokalyptiker – wer dauernd den Verfall
beschwört, der feiert eben die im Schneewittchensarg erstarrten Untoten des
Geschäfts.
Matthisson 1794 Besuche (III
195)
ich . . [muß] an Dich die Frage richten . ., ob Du nicht prophetisches
Fingerdeuten oder apokalyptische Salbung darin findest;
Kurz 1843 Schillers
Heimatjahre III 61
mit dieser Katastrophe hatte er die apokalyptische
Entwickelungskrankheit seiner Zeit durchgemacht;
Fallmerayer 1845 Fragmente I
344
Viele und edle Gemüther verzagen gänzlich, sehen schon die Anfänge des
Antichrists und erwarten in naher Erfüllung der Zeiten das apokalyptische Ende
des irdischen Wohnplatzes;
Harden 1927 Versailles 193
dass die Angst mit
apokalyptischen Farben malt;
Busse 1934 Leute 157
die apokalyptischen
Gespenster des Krieges;
Picht 1940 Soldat. Mensch 63
apokalyptische
Stimmung germanischen Kriegertums;
Münch. N. N. 26. 7. 1944
Die
Schornsteine eines verfallenen und zerschossenen Werkes stehen als Wächter am
Rande der apokalyptischen Landschaft;
Süddtsch. Ztg. 13. 11. 1945
Als
berufener Sprecher der Zeit ließ er noch einmal in erschütternder
Anschaulichkeit die apokalyptischen Jahre seit 1933 und darüber hinaus vor uns
abrollen;
Bamm 1956 Ex ovo 10
in einer apokalyptischen Vision sah der
Kardinal die fromme Welt des Mittelalters zerfallen;
Welt 18. 1. 1964
das
apokalyptische Erlebnis des Atombombenabwurfs;
Zwerenz 1971 Kopf 171
Chaotische Zeiten und allerniedlichste apokalyptische Zustände (DUDEN);
Zeit
28. 12. 1984
berufen sich diejenigen, die apokalyptische Visionen aufgrund
der allgegenwärtigen Technik beschwören, zu Recht auf George Orwell?;
ebd.
30. 8. 1985
mit der apokalyptischen Vorstellung eines dritten Weltkrieges
gelingt es heute offenbar, neue gigantische Forschungsanstrengungen und Dutzende
von SDI-Kommissionen in Gang zu setzen;
MM 3. 6. 1986
Günter Grass hatte
. . sein . . neues Buch „Die Rättin“ mit der apokalyptischen Vision eines Sieges
der Ratten über die Menschen vorgelegt;
Zeit 5. 12. 1986
da zieht es [das
Ozonloch] durch die Biosphäre, breitet sich aus und vertieft sich und strahlt
Schäden aus: eine apokalyptische Vision;
MM 15. 7. 1987
Angst und dumpfes
Unbehagen kommt dagegen in den apokalyptischen Visionen zum Ausdruck, die
Wolfgang Pivius mit Leuchtfarbe . . malt;
Süddtsch. Ztg. 17. 12. 1992
Apokalyptische Visionen, daß der Weltuntergang eher aus dem All kommt als
hausgemacht ist, haben sich jahrtausende lang hartnäckig gehalten;
ebd.
20. 3. 1993
[das Buch] entwertet seine Vorgänger und seine neueren Thesen
durch die geradezu apokalyptischen Visionen, ja Prognosen eines bevorstehenden
Untergangs der ganzen moralischen und tatsächlichen Ordnung;
Spiegel
14. 6. 1993
Die Seuche [Aids] . . ist für das Jahrtausendende auf
apokalyptische Ausmaße programmiert.