Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (WDG)

WDG, 6. Band, 1977

wollen, Adj.

WDG, 6. Band, 1977
1wollen /Adj./
aus Wolle: eine w. Decke, Jacke, Mütze; ein w. Kissenbezug; w. Strümpfe, Handschuhe;

WDG, 6. Band, 1977

wollen

WDG, 6. Band, 1977
2wollen(er will), wollte, hat gewollt
/vgl. gewillt / /w. + Akk.obj., Inf. oder durch daß eingeleiteter Gliedsatz; bei vorangehendem Inf. steht in 1 b. 3. 5 der Inf. von w. statt des Part. Prät.; steht w. ohne folgenden Inf. oder durch daß eingeleiteten Gliedsatz, so ergibt sich aus Zusammenhang und Situation der zu ergänzende Inf. oder der durch daß eingeleitete Gliedsatz /
1. /w. + Akk.obj., Inf. oder durch daß eingeleiteter Gliedsatz; drückt aus, daß der Wille, Wunsch oder die Absicht des Subj. darauf gerichtet ist, daß mit dem Akk.obj. etw. geschieht, daß der Inhalt des Akk.obj., des Inf., des daß -Satzes realisiert wird/
a) /w. + Akk.obj. /
α) /es kann haben ergänzt werden; drückt aus, daß der Wille, der Wunsch des Subj. darauf gerichtet ist, etw., jmdn. zu haben/ willst du einen Apfel, noch eine Tasse Kaffee?; ich will eine Schnitte, jetzt mein Essen; der liebt dich nicht, der will nur die Ochsen Baierl Flinz 11; er will sie zur Frau; sie haben keine Kinder gewollt; sein Recht, seine Ruhe w.; man darf nicht alles, zuviel auf einmal w.;
β) jmd. will etw. jmd. erstrebt etw.: ich habe doch nur dein Bestes, Glück gewollt; [er] will in seinem Herzen nur Gutes P. Weiss Marat 4; wir w. Freundschaft mit allen Völkern;
b) /w. + Inf. oder durch daß eingeleiteter Gliedsatz; der zu ergänzende Inf. kann durch es, das, der zu ergänzende durch daß eingeleitete Gliedsatz durch es, das, was, etwas ersetzt werden / jmd. will etw. tun, jmd. will, daß jmd. etw. tut jmds. Wille, Wunsch, Absicht ist darauf gerichtet, daß er oder ein anderer etw. tut
α) /w. + Inf. oder durch daß eingeleiteter Gliedsatz / ich will Medizin studieren; ich will nach N fahren, morgen abreisen, in diesem Jahr die Prüfung machen; wolltest du nicht ins Kino gehen?; er sagte, daß er schon längst habe kommen w.; sie hatte nicht lange bleiben w.; ich will dich nicht stören; ich vergaß, was ich sagen wollte; was ich (noch) sagen wollte …; ich will mich rasch noch umziehen; ich wollte gerade gehen, als sie hereinkam; ich wollte dich deshalb schon anrufen, da fiel mir ein, daß …; etw. haben, sehen w.; er hat Geld von mir haben w.; ich will etwas vom Leben haben; umg. ich will meine Ruhe haben; willst du nicht hierbleiben?; ich will nicht, daß er mitkommt; er wollte nicht daran erinnert werden; er will um Erlaubnis gefragt werden, immer recht haben; ich will wissen, was geschehen ist; /ich wollte, wir wollten + Inf.; drückt in höflicher Rede einen bescheidenen Wunsch aus/ ich wollte Sie fragen, ob …; wir wollten dich bitten, daß …; /drückt im Konjunktiv Prät. einen irrealen Wunsch aus/ ich wollte, er käme endlich, ich hätte mehr Zeit, es wäre schon alles vorbei; der Arzt will, daß ich zur Kur fahre; wenn du willst, kannst du mitkommen; Sie können kommen, wann Sie w.; er hat erreicht, was er wollte; kommst du mit? Ich will nicht; was willst du damit?; du kannst tun und lassen, was du willst; ob du willst oder nicht, du mußt mit; er war redselig, wenn du (so) willst, geschwätzig; umg. irgendwohin w.: ich will ins Grüne; er hat nicht ins Bett gewollt; er wollte nach Hause; sie will zum Theater (Schauspielerin werden) wohin willst du?; zu wem w. Sie?; du mußt nur w., dann geht es auch; Wär's möglich? Könnt' ich nicht mehr, wie ich wollte? Schiller Wallenst. Tod I 4; nun gut, wie du willst; das Wollen: daß die Bürger … mit der Autorität ihrer gesellschaftlichen Organisationen ihrem Wollen und ihren Forderungen Ausdruck geben Verfassung DDR 22; sein ehrliches, künstlerisches Wollen; warum hast du es ihm nicht gegeben? Meine Mutter hat es nicht gewollt; du hast es selbst so gewollt, ja nicht anders gewollt; ohne es zu w., …; das habe ich nicht gewollt; das wollte er um gar keinen Preis; etw., nichts von jmdm. w.: Er wollte etwas von mir, soviel begriff ich; aber was konnte er wollen? Goes Aber im Winde 243; Was will man von mir? – Ich bin unschuldig Frisch Biedermann 3; was willst du (von mir)?; hier wird gemacht, was ich will; (nicht) wissen, was man will; umg. mit jmdm., etw. nichts zu tun haben w. (jmdn., etw. ablehnen) das will ich nicht gesehen haben; wenn es sich so verhält, dann will ich nichts gesagt haben (nehme ich meine Behauptung zurück) etw. nicht wahrhaben w.; jmdn. etw. glauben machen w. (jmdm. etw. einzureden versuchen) umg. das will, wollte ich dir auch geraten haben /drückt eine Drohung aus/; umg. scherzh. borgst du mir deinen Koffer? Nun gut, ich will mal nicht so sein (ich gebe meinem Herzen einen Stoß und tue es) umg. was will man da machen (da kann man nichts machen), das ist eben so du kannst schimpfen, wie du willst (du kannst noch so sehr schimpfen), du mußt es machen ich kann machen, was ich will (was ich auch immer mache), ich schaffe es nicht salopp möchtest du noch ein Stück Kuchen? Nein, danke. Wer nicht will, der hat (schon) (dann eben nicht) umg. hier ist nichts mehr zu w. (hier kann man nichts mehr machen, daran ist nichts mehr zu ändern) von ihm ist nichts mehr zu w. (von ihm kann man nichts mehr verlangen, erwarten) du hast hier gar nichts zu w. (zu bestimmen) was willst du (eigentlich, noch mehr) (was verlangst du noch, gib dich doch mit dem Erreichten zufrieden), es ist doch alles gut gegangen der General, der Oberst … die waren weit weg, die konnten ihnen nichts wollen (anhaben) Böll Adam 13; Gar nichts können sie dir wollen Fallada Wolf 1,395; /w. + Inf. mit sächlichem Subj. / etw. will etw. tun /drückt aus, daß etw. eine bestimmte Funktion haben soll/ dieser Aufsatz will nur einen kurzen Überblick geben; diese Studie will dazu beitragen …; Die Kybernetik … will eine Theorie der Verhaltensweisen von möglichen Maschinen sein Klaus Kybernetik 12
β) /w. + Inf. oder durch daß eingeleiteter Gliedsatz; von Menschen gebraucht, die an ein Schicksal, an Gott glauben und diesem einen Willen zusprechen/ Wenn es das Schicksal will, daß gesühnt werden muß L. Frank 2,276; da es das Unglück gewollt hatte, daß … Musil Mann 210
γ) /w. + Inf.; abgeblaßt; drückt aus, daß das Subj. den Inhalt des Inf. bestimmt realisieren wird; kann in Versprechen, Einräumungen, Drohungen stehen/ er sagte, er wolle (werde) ihr schreiben er versprach, sie abholen zu w.; nun gut, dann will ich es dir doch zeigen; sagen will ich es ihm schon, aber …; umg. dem will ich's aber zeigen!; wir w. sehen (es wird sich zeigen), wer hier zu bestimmen hat umg. w. sehen, was sich machen läßt; Wir wollen aber jedenfalls feststellen (wir stellen aber jedenfalls fest), daß … Klaus Logik 156; du wirst doch nicht im Ernst behaupten w., daß …; das will ich dir gern glauben; ich will (nicht) hoffen, daß …; das will ich meinen (davon bin ich überzeugt)! umg. er wollte sich totlachen, ausschütten vor Lachen (er lachte sehr) /im Konjunktiv Prät. in Bedingungssätzen/ es führte zu weit, wollten wir auf alle Fragen näher eingehen (gingen wir auf alle Fragen näher ein, würden wir auf alle Fragen näher eingehen) es wäre falsch, wollte man leugnen, wenn man leugnen wollte, daß …; ich würde mich freuen, wenn du mich am Sonntag besuchen wolltest
δ) /im Part. Prät./ gewollt unnatürlich, gekünstelt, weil zu sehr beabsichtigt: mit gewollter Heiterkeit; ein gewollt gleichgültiges Gesicht machen; das sagte sie gewollt lustig; die Darstellung von N wirkt etwas gewollt; Freilich, immer wird in der Kunst das Neue gewollt und künstlich erscheinen Erh. Kästner Zeltbuch 159; der Schluß des Romans hat etwas Gewolltes;
2. /w. + Inf.; drückt die Aufforderung zur Realisation des Inhaltes des Inf. aus/
a) /wir w., w. wir + Inf.; drückt aus, daß sich der Sprecher an den Angesprochenen mit der Aufforderung, dem Vorschlag wendet, den Inhalt des Inf. gemeinsam zu realisieren/
α) /als Aussage; der Sprecher entscheidet nicht nur für sich, sondern auch für den Angesprochenen, dessen Zustimmung voraussetzend, über die gemeinsame Realisation/ wir w. gehen (laß, laßt uns gehen)! komm, kommt, wir w. es noch einmal versuchen!; darauf w. wir unser Glas erheben!; umg. wir w. uns doch nichts vormachen; na, dann w. wir mal!
β) /als Frage; der Sprecher überläßt die Entscheidung über die gemeinsame Realisation dem Angesprochenen/ w. wir gehen?; w. wir Freunde sein?; w. wir uns nicht setzen?
b)
α) w. Sie (bitte) + Inf.; drückt entweder eine höfliche, aber bestimmte oder auch eine sehr bestimmte Aufforderung aus/ w. Sie bitte Platz nehmen; bitte, w. Sie Platz nehmen; w. Sie (bitte) einmal herschauen, einen Augenblick warten; w. Sie bitte so freundlich sein und mir den Weg zeigen; w. Sie mir erlauben, das Fenster zu schließen; Wollen Sie jetzt auf der Stelle, in aller Form darüber Rechenschaft geben?! Götz Hokuspokus I; papierdt. /Sie w., ihr wollt, man wolle + Inf. / Sie w. sich bitte um 8 Uhr einfinden (finden Sie sich bitte um 8 Uhr ein) ; bei eventuell auftretenden Mängeln an Ihrem Gerät w. Sie sich bitte mit dem für Sie zuständigen Kundendienst in Verbindung setzen; gespreizt Sie w. mir gestatten, das näher zu begründen
β) umg. /willst du, wollt ihr wohl (endlich) + Inf.; drückt eine sehr bestimmte, leicht drohende Aufforderung aus/ willst du wohl (endlich) still sein!; wollt ihr wohl eure Suppe essen!
3. /w. + Inf.; drückt aus, daß der Sprecher den Inhalt des Inf. als eine Behauptung des Subj. hinstellt, deren Richtigkeit er bezweifelt/ er will dich gestern gesehen haben (er behauptet, dich gestern gesehen zu haben) er will selbst dabeigewesen sein; Er sagte ganz gewiß: Dreißigtausend. Nachher wollte er dreitausend gesagt haben Strittmatter Wundertäter 300; man hat später wissen w., daß …; der junge Mann, der da Maler sein will R. Bartsch Tür zu 24; umg. und du willst krank sein?; niemand wollte, keiner will es gewesen sein
4. /w. + Akk.obj. oder Inf.; im Präs., auch im Prät.; meist mit sächlichem Subj.; drückt eine Notwendigkeit aus/
a) /w. + Part. Prät. + sein; drückt aus, daß die Realisation der dem Partizip zugrundeliegenden Handlung (als Voraussetzung für etw.) notwendig ist und meist Schwierigkeiten bereitet, Aufwand kostet/ umg. das will gelernt sein; So ein Trick will gekonnt sein Noll Holt 1,20; diese Summe will erst mal verdient sein; auf meinem Schreibtisch liegen viele Bücher, die w. gelesen sein; vier hungrige Kindermäuler wollten gestopft sein M. W. Schulz Staub im Wind 16; ein Hund will täglich ausgeführt sein;
b) /w. + Akk.obj. oder Inf. / umg. diese Pflanze will (braucht, verlangt) viel Pflege, Feuchtigkeit, Wasser die Kartoffeln wollen auch dringend in die Erde Frau v. heute 1954; /sprichw./ gut Ding will Weile haben
5. /w. + Inf. /
a) etw. will etw. tun etw. ist im Begriff, nahe daran, etw. zu tun: ihr wollten wieder die Tränen kommen; ständig wollte das Angstgefühl siegen Schnurre Rechnung 20; Indes sie einander ansehen … will ihr die Serviette entfallen Th. Mann 2,204 (Zauberb.) ; es scheint ein schöner Tag werden zu w.; es will Abend werden; jmd. will etw. tun: ich habe es doch noch erreicht, selbst wenn ich oft verzagen wollte; draußen liegt eener und will verbluten G. Hauptm. Pippa I
b) etw. will etw. nicht tun etw. Erwünschtes, Erwartetes tritt nicht in befriedigendem Maße oder gar nicht ein: die Wunde wollte nicht heilen; der Wagen will und will nicht anspringen; der Koffer wollte nicht zugehen; der Frost hatte nicht weichen w.; es will noch immer nicht regnen; nur ein dumpfer Druck wollte nicht von der Stirn weichen Noll Holt 1,6; die uns zur Verfügung stehende Zeit wollte nicht ausreichen; umg. die Arbeit will mir heute nicht schmecken; es wollte und wollte nicht gelingen; umg. Na, manchmal steht er schon wieder auf … aber es will noch nicht so recht Wiechert Erzählungen 10; der Zug wollte kein Ende nehmen; nicht enden wollender Beifall; jmd. will etw. nicht tun: er wollte (und wollte) nicht zunehmen;
c) /abgeblaßt/ das will nichts besagen (besagt, bedeutet nichts) das will viel, (schon) etw., wenig, nichts heißen; es will mir, mir will es scheinen, daß …; das will mir nicht gefallen; umg. du willst mir gar nicht gefallen (machst auf mich den Eindruck, als wärst du krank)
6. /in festen Wendungen/ umg. etw. will nicht mehr etw. versagt den Dienst: meine Beine w. nicht mehr; die alten Knochen wollen halt doch manchmal nicht mehr G. Hauptm. Einsame Menschen III; der Motor will nicht mehr /in festen konzessiven Wendungen, die eine Verallgemeinerung ausdrücken/ komme, was da wolle was auch immer komme, ungeachtet dessen, was kommt: mag kommen, was (da) will, ich bleibe; mochte kommen, was da wollte; ich werde kommen, koste es, was es wolle (ich werde unter allen Umständen, unbedingt kommen) es mag sein, wie es will, ich fahre morgen; dem sei, wie ihm wolle (wie dem auch sei), ich gehe er sei, wer er wolle (wer er auch sei), …

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„wollen“, in: Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (1964–1977), kuratiert und bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/wdg/wollen>.

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