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notgedrungen

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GrammatikAdverb
Aussprache 
Worttrennung not-ge-drun-gen
Wortzerlegung Not gedrungen
eWDG

Bedeutung

weil es nicht anders geht
Beispiele:
notgedrungen habe ich ihr die Tasche zum Geschenk machen müssen
er gehorchte notgedrungen
Der Zeuge mußte notgedrungen / der Tötung beiwohnen [ P. WeissErmittlung11]
aus dringender Notwendigkeit gezwungen
Beispiele:
er hat sich notgedrungen zur Sparsamkeit erzogen
wo mir eine Mark dreißig lebenswichtig waren, / ja, notgedrungen, ich sie zählte [ BennDestillationen23]
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Not · nötig · nötigen · Nötigung · Notbehelf · Notdurft · notdürftig · Notdürftigkeit · notgedrungen · Notlüge · Notnagel · Notpfennig · Notstand · Notwehr · notwendig · Notwendigkeit · Notzucht · notzüchtigen
Not f. ‘Armut, Elend, Mangel, schwierige Lage, Bedrängnis, Mühe, Schwierigkeit, Zwang’, ahd. (8. Jh.), mhd. mnd. nōt, asächs. nōd, mnl. noot, nl. nood, afries. nēd, aengl. níed, nēd, engl. need (Plur. needs ‘Bedürfnisse’), anord. nauð, nauðr, schwed. nöd, got. nauþs (germ. *naudi- f.) führt als Abstraktbildung mit ti-Suffix wie apreuß. nautin (Akkusativ) ‘Not’, vielleicht im Anschluß an Verben wie lit. nõvyti ‘bedrücken, vernichten, quälen’, aslaw. unyti ‘verzagen, nachlässig werden’, russ. nyt’ (ныть) ‘anhaltend dumpf schmerzen’, mit aslaw. nǫžda, nužda ‘Zwang, Gewalt, Notwendigkeit’, russ. (älter) nudá (нуда) ‘Zwang, Nötigung, Not’, russ. nuždá (нужда) ‘Not Armut, Elend’ auf eine Wurzel ie. *nāu-, *nəu-, *nū- ‘Tod, Leiche’, verbal ‘bis zur Erschöpfung abquälen, ermattet zusammensinken’. – nötig Adj. ‘dringend erforderlich, unentbehrlich, notwendig’, ahd. nōtag, nōtīg ‘in Not, bedrängt’ (9. Jh.), mhd. nōtec, nōtic, nœtic ‘Not habend, bedrängt, dürftig, notwendig, dringend, eilig’. nötigen Vb. ‘jmdn. auffordern, dringend bitten, etw. zu tun’, in der Rechtssprache ‘jmdn. mit Gewalt oder Drohung dazu bringen, etw. zu tun, zu dulden oder zu unterlassen’, ahd. nōtagōn (um 1000), mhd. nōtegen, nōtigen, auch ‘notzüchtigen’, neben gleichbed. frühnhd. nöten, ahd. nōten ‘Gewalt, Zwang antun, drängen’ (8. Jh.); vgl. asächs. nōdian, aengl. nīedan, anord. neyða, got. nauþjan ‘zwingen’. Nötigung f. ‘das Genötigtwerden, Zwang’, ahd. nōtigunga (um 1000), frühnhd. notigung (15. Jh.). Notbehelf m. ‘notdürftiger Behelf, unzureichendes Ersatzmittel’ (Anfang 18. Jh.). Notdurft f. ‘Ausscheidung aus Darm und Blase’, älter ‘zum Leben Nötiges’, heute nur noch in der Wendung seine Notdurft verrichten ‘Darm und Blase entleeren’ (17. Jh.), vgl. mhd. sīne nōtdurft tuon. Ahd. nōtthurft (8. Jh.), mhd. nōtdurft ‘Notwendigkeit, Not, (natürliches) Bedürfnis, Bedarf an notwendigen Dingen (zum Lebensunterhalt)’, asächs. nōdthurft ‘Notwendigkeit, Bedarf an notwendigen Dingen, zwingendes Bedürfnis’, mnl. nootdorft, nl. nooddruft, afries. nēdthreft, got. naudiþaúrfts, zusammengesetzt mit dem schwundstufigen ti-Abstraktum ahd. thurft, mhd. durft, got. þaúrfts ‘Bedürfnis’ (germ. *þurfti-, s. dürftig); notdürftig Adj. ‘nicht befriedigend, behelfsmäßig, nur knapp ausreichend’, mhd. nōtdürftic ‘nötig, notwendig, bedürftig’; Notdürftigkeit f. mhd. nōtdürfticheit ‘Notwendigkeit, Bedürfnis, Erfordernis’, eigentlich ‘was man notwendig braucht’. notgedrungen Adj. ‘aus dringender Notwendigkeit gezwungen, weil es nicht anders geht’ (18. Jh.), eigentlich Part. Prät. von veraltetem notdringen ‘mit Not drängen, nötigen, zwingen’. Notlüge f. ‘durch Not erzwungene Lüge mit dem Ziel, Schaden zu verhindern oder einer Verlegenheit zu entgehen’ (Ende 16. Jh.). Notnagel m. ‘Ersatz, Aushilfe, Lückenbüßer’ (Anfang 18. Jh.). Notpfennig m. ‘für Zeiten der Not aufgespartes Geld’ (17. Jh.). Notstand m. ‘Zustand der Not, der Bedrängnis, gefahrdrohender Zustand’ (17. Jh.). Notwehr f. ‘von einem akuten Notfall erzwungene Verteidigung’ (gegen körperlichen Angriff), mhd. nōtwer. notwendig Adj. ‘nötig, unbedingt erforderlich’, eigentlich ‘geeignet, die Not zu wenden’ (1. Hälfte 16. Jh.), und (nur in älterer Sprache) ‘notgedrungen, sehr dringend, unaufschiebbar’, eigentlich ‘durch Not hervorgebracht’ (ebenfalls 1. Hälfte 16. Jh.); daraus ‘in der Natur der Sache liegend, unvermeidbar’ (18. Jh.), vgl. notwendige Konsequenz; dazu Notwendigkeit f. (16. Jh.). Notzucht f. ‘Vergewaltigung’ (16. Jh.), Rückbildung aus mhd. (rhein.) nōtzühten, das eigentlich wie ahd. nōtzogōn (10. Jh.), mhd. nōtzogen ‘mit Zwang (Not) eine Frau fortziehen, eine Frau rauben’ bedeutet; notzüchtigen Vb. ‘eine Frau vergewaltigen’, mhd. nōtzühtigen.

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

gezwungenermaßen · notgedrungen · ob jemand will oder nicht · unfreiwillig · wider Willen · widerwillig  ●  (auch) gegen ihren Willen weibl. · (auch) gegen seinen Willen männl. · schweren Herzens fig. · wohl oder übel Redensart · (eine / diese) Kröte schlucken (müssen) ugs., fig. · (eine / diese) bittere Pille schlucken (müssen) ugs., fig. · der Not gehorchend (, nicht dem eigenen Triebe) geh., Zitat · in den sauren Apfel beißen (müssen und ...) ugs., fig. · nolens volens geh., lat. · zähneknirschend ugs., fig.
Assoziationen
  • trotzig · unfreiwillig · ungern · widerwillig  ●  schweren Herzens ugs.
  • (klaglos) über sich ergehen lassen · ertragen · hinnehmen · sich (notgedrungen) arrangieren mit · sich abfinden (mit) · sich bescheiden (mit) · sich fügen (in) · sich in sein Schicksal ergeben · sich zufriedengeben (mit)  ●  sich schicken (in) veraltet · keinen Aufstand machen ugs. · schlucken ugs. · sich d(a)reinfinden geh., veraltet · sich dreinschicken (in) geh., veraltend
  • Akt der Verzweiflung · Verzweiflungstat · aus der Not geboren (sein) · verzweifelter Versuch
  • (etwas) zu tun haben · (sich) genötigt sehen · (sich) gezwungen sehen · (sich) veranlasst sehen · genötigt sein · gezwungen sein · müssen · nicht anders können, als... · nicht umhinkommen (zu) · nicht umhinkönnen (zu) · tun müssen  ●  (sich) bemüßigt fühlen (zu) geh. · (sich) bemüßigt sehen (zu) geh. · etwas aufs Auge gedrückt bekommen ugs.
  • (es gibt) keine andere Möglichkeit · (es gibt) keinen anderen Ausweg · (etwas) geht nicht anders · (sich) nicht vermeiden lassen · als einzige Möglichkeit (bleiben) · alternativlos (sein) · das Einzige sein, was geht · die einzige Möglichkeit sein · es gibt keine Alternative (zu) · es muss sein · keine andere Möglichkeit sehen · keine andere Wahl haben · keinen (anderen) Ausweg finden · nicht anders können (und) · nicht umhinkommen (zu) · nicht umhinkönnen (um) · nichts anderes tun können (als) · unvermeidbar sein  ●  (an etwas) führt kein Weg vorbei fig. · (an etwas) geht kein Weg vorbei. fig. · In der Not frisst der Teufel Fliegen. Sprichwort · es sich nicht (immer) aussuchen können Spruch · Es muss (einfach). ugs., Spruch · Wat mutt, dat mutt. ugs., Sprichwort, norddeutsch · anders geht's (nun mal) nicht ugs. · nicht d(a)rum herumkommen ugs.
  • begleitet von Protestrufen · laut (über einen Anlass) schimpfend · laut protestierend · unter Protest  ●  nicht ohne Missfallensbekundungen geh.
  • halbherzig · nicht ernsthaft (betrieben) · nicht mit Nachdruck (verfolgt / geführt ...) · ohne rechte Überzeugung
  • (seinen) Widerstand aufgeben · (sich) abfinden · keine (weiteren) Einwände erheben  ●  (zu allem) Ja und Amen sagen ugs.
  • notwendigerweise · unbedingt · unvermeidlich · unweigerlich · wohl oder übel · zwangsläufig · zwingend  ●  nolens volens geh., lat. · ob man will oder nicht ugs.
  • Beugemann · Bückling · Ergebenheitsbekundung · Kniefall · Kotau · Kratzfuß · Selbsterniedrigung · Unterwerfung · Unterwerfungsgeste  ●  Proskynese geh., veraltet, historisch
  • aufgrund bestimmter Umstände · wegen besonderer Umstände  ●  umstandshalber Papierdeutsch · umständehalber Papierdeutsch
  • aus der Not heraus (handeln) · in Ermangelung (+ Genitiv / von)  ●  Not macht erfinderisch. Sprichwort · In der Not frisst der Teufel Fliegen. ugs., sprichwörtlich, kommentierend
  • (sich) einer Sache ergeben · (sich) unterwerfen · jemandem willfährig sein  ●  die Kröte schlucken fig. · die bittere Pille schlucken (müssen) fig. · zu Kreuze kriechen fig.
  • (jemanden) nötigen (zu) · (jemanden) zwingen (zu)  ●  (jemandem) ein Angebot machen, das er nicht ablehnen kann ugs., scherzhaft, ironisch
  • gegen innere Widerstände · gegen jemandes Willen  ●  mit zusammengebissenen Zähnen fig. · entgegen jemandes Überzeugung geh.
  • durch Anwendung von Gewalt · gewaltsam · unter Anwendung von Gewalt · zwangsweise  ●  (durch / unter) Anwendung unmittelbaren Zwangs fachspr., juristisch · (durch / unter) Anwendung von unmittelbarem Zwang fachspr., juristisch · durch unmittelbaren Zwang fachspr., juristisch · mit Gewalt ugs.
  • (eine Aufgabe) aufgenötigt bekommen · sich (einer Anweisung) nicht widersetzen können · sich (einer Aufgabe) nicht entziehen können  ●  (da) schlecht nein sagen können ugs. · (etwas) aufgehalst bekommen ugs. · (etwas) aufs Auge gedrückt bekommen ugs. · (etwas) schlecht ablehnen können ugs.
  • es über sich bringen, zu (+ Infinitiv) · sich (etwas) abringen · sich durchringen (zu) · sich überwinden (zu)  ●  (etwas) doch noch (tun) ugs.

Typische Verbindungen zu ›notgedrungen‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›notgedrungen‹.

Verwendungsbeispiele für ›notgedrungen‹

maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora

Der größte Teil der konservativen Autoren glaubte sich notgedrungen arrangieren zu müssen. [Wittmann, Reinhard: Geschichte des deutschen Buchhandels. In: Lehmstedt, Mark (Hg.) Geschichte des deutschen Buchwesens, Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1991], S. 7737]
Und so möchte ich ihm sagen, wie sehr es auch mir im Herzen leid tut, ihm auf seinen notgedrungenen Brief antworten zu müssen. [Die Fackel [Elektronische Ressource], 2002 [1917]]
Da zog ich mich notgedrungen von der körperlichen Arbeit zurück. [Bischoff, Charitas: Bilder aus meinem Leben. In: Simons, Oliver (Hg.) Deutsche Autobiographien 1690-1930, Berlin: Directmedia Publ. 2004 [1912], S. 4422]
Auch mit dem geistlichen Vorbehalt fand er sich notgedrungen ab. [Jahresberichte für deutsche Geschichte, 1937, S. 232]
Die Teile der Organisation, die mit dem Neuen konfrontiert sind, lernen dazu, notgedrungen. [Die Zeit, 16.03.2000, Nr. 12]
Zitationshilfe
„notgedrungen“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/notgedrungen>.

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