Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Gewalt, die

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GrammatikSubstantiv (Femininum) · Genitiv Singular: Gewalt · Nominativ Plural: Gewalten
Aussprache  [gəˈvalt]
Worttrennung Ge-walt
formal verwandt mitvergewaltigen
Wortbildung  mit ›Gewalt‹ als Erstglied: Gewaltakt · Gewaltaktion · Gewaltandrohung · Gewaltanwendung · Gewaltausbruch · Gewaltausübung · Gewaltbegriff · gewaltbereit · Gewaltbereitschaft · Gewaltdarstellung · Gewaltdebatte · Gewaltdelikt · Gewalteinwirkung · Gewaltenteilung · Gewaltentrennung · Gewalterfahrung · Gewaltexzess · Gewaltfamilie · Gewaltfantasie / Gewaltphantasie · Gewaltform · gewaltfrei · gewaltförmig · Gewalthaber · Gewalthandeln · Gewalthandlung · Gewaltherrschaft · Gewaltherrscher · Gewaltherrscherin · gewaltig · Gewaltkriminalität · Gewaltkur · Gewaltleistung · gewaltlos · Gewaltlösung · Gewaltmarsch · Gewaltmaßnahme · Gewaltmensch · Gewaltmittel · Gewaltmonopol · Gewaltniveau · Gewaltopfer · Gewaltpolitik · Gewaltporno · Gewaltpotenzial / Gewaltpotential · Gewaltprävention · Gewaltregime · Gewaltritt · gewaltsam · Gewaltschuss · Gewaltspiel · Gewaltspirale · Gewaltstreich · Gewaltszene · Gewalttat · Gewalttäter · Gewaltverbot · Gewaltverbrechen · Gewaltverbrecher · gewaltverherrlichend / Gewalt verherrlichend · Gewaltverhältnis · Gewaltverzicht · Gewaltvideo · gewaltvoll
 ·  mit ›Gewalt‹ als Letztglied: Allgewalt · Amtsgewalt · Befehlsgewalt · Brachialgewalt · Disziplinargewalt · Elementargewalt · Ellbogengewalt / Ellenbogengewalt · Entscheidungsgewalt · Exekutivgewalt · Explosivgewalt · Feudalgewalt · Finanzgewalt · Gegengewalt · Herrschaftsgewalt · Hoheitsgewalt · Jugendgewalt · Kirchengewalt · Kommandogewalt · Militärgewalt · Männergewalt · Naturgewalt · Obergewalt · Polizeigewalt · Präsidialgewalt · Regierungsgewalt · Reichsgewalt · Repräsentativgewalt · Schicksalsgewalt · Schlüsselgewalt · Schutzgewalt · Siedlergewalt · Sprachgewalt · Staatsgewalt · Stimmgewalt · Strafgewalt · Territorialgewalt · Urgewalt · Verfügungsgewalt · Waffengewalt · Wortgewalt · Zentralgewalt · Zwangsgewalt
 ·  mit ›Gewalt‹ als Binnenglied: Zweigewaltenlehre
ZDL-Vollartikel

Bedeutungen

1.
(hoheitliche) Macht, Befugnis, über jmdn., etw. zu bestimmen
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: staatliche, öffentliche Gewalt
als Akkusativobjekt: Gewalt ausüben
mit Genitivattribut: die Gewalt des Staates
Beispiele:
Das Grundproblem der Demokratie besteht darin, dass das Volk zwar die Quelle aller öffentlicher Gewalt ist, aber diese nicht selbst ausüben kann. [Welt am Sonntag, 21.07.2019]
Wenn öffentliche Gewalt ausgeübt wird, muss sie demokratisch kontrolliert und rechtsstaatlich begrenzt sein. [Die Zeit, 21.09.2017]
Von der Gewalt des Staatsoberhauptes über Leben und Tod ist zumindest in Österreich nichts mehr übrig geblieben, aber der Bundespräsident kann nach wie vor Gnade walten lassen. [Neue Zürcher Zeitung, 05.05.2017]
Das [die Autonomie der katholischen Kirche] erschien in den neuzeitlichen Jahrhunderten, als sich die souveräne Gewalt zunehmend beim Staat sammelte und konzentrierte, als eine unzeitgemäße, ja reaktionäre Position. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.04.2006]
Die Vier Mächte haben in ihren Vereinbarungen zwischen der Ausübung der »obersten Gewalt« in den vier Besatzungszonen und in den Deutschland als Ganzes betreffenden Fragen einerseits und der gemeinsamen »Verwaltung« Groß‑Berlins andererseits einen klaren Trennungsstrich gezogen. [Archiv der Gegenwart, 2001 [1959]]
Die Eltern haben die elterliche Gewalt im gegenseitigen Einvernehmen zum Wohle des Kindes auszuüben; bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen. [Archiv der Gegenwart, 2001 [1958]]
a)
metonymisch jmd., der eine (hoheitliche) Macht, Befugnis, über jmdn., etw. zu bestimmen, ausübt
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: die vollziehende, gesetzgebende, elterliche Gewalt
mit Präpositionalgruppe/-objekt: die [dritte] Gewalt im Staat
Beispiele:
Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht. [Die Welt, 08.05.2019]
In der Reformationszeit und verstärkt im 19. Jahrhundert mussten die Kirchen zahlreiche Güter und damit Einnahmequellen an die staatliche Gewalt abtreten. [Die Welt, 08.02.2019]
Nach dem Grundgesetz sollen die staatlichen Gewalten Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung zueinander im Gleichgewicht stehen. [konkret, 2000 [1983]]
[…] ob nun der König als erste oder ein ganz bestimmter Teil der Massenmedien als selbsternannte vierte Gewalt im Staate Politik auf dem Weg über die Verfolgung von Mitgliedern des Parlaments machen wollen, bleibt sich letzten Endes gleich. [Die Zeit, 08.09.1978]
Die vollziehende Gewalt, in ihren beiden Unterarten der Regierung (Gubernative) und Verwaltung (Administrative), ist ihrem Typ nach die konkret‑handelnde, verwirklichende und zweckhaft‑gestaltende Funktion im Staatsleben, im Unterschied zur gesetzgebenden Gewalt als der in erster Linie abstrakt‑regelnden und kontrollierenden Funktion, die normative Maßstäbe setzt und Tätigkeitsrahmen absteckt, Rechte und Pflichten begründet, aber nicht selbst konkret und zweckhaft handelnd tätig wird. [Böckenförde, Ernst-Wolfgang: Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung. Berlin: Duncker u. Humblot 1964, S. 86]
bildlichNur – dort ist das Schicksal noch die bestimmende Gewalt, da der arme Mensch nicht vom Schutz unserer Errungenschaften profitieren darf – nun – ich bin lieber arm und ungeschützt, als wohlhabend, geschützt und gewissenlos. [Arbeitszeitverkürzung jetzt!, 02.06.2014, aufgerufen am 01.09.2020]
b)
allgemeiner Macht, Fähigkeit etw. zu beeinflussen, zu lenken, zu dominieren
Grammatik: nur im Singular
Beispiele:
Der 37‑Jährige verlor gestern Abend im Stadtteil Mitte die Gewalt über sein Fahrzeug. [Die Zeit, 09.11.2015 (online)]
Erst im Dies Irae übernahmen die Chorstimmen mit bestimmender Gewalt die Verkündigung des Jüngsten Gerichts. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.05.2002]
Somit läßt sich prinzipiell die Gewalt über jeden Rechner in einem Firmennetz von außerhalb erlangen. [Süddeutsche Zeitung, 20.07.1999]
Die calvinistische Theorie unterschied zwischen der »possession«, die Körper und Seele umfaßte, und der weniger schlimmen »obsession«, die nur Gewalt über den Körper erlangt hatte. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.11.1996]
c)
übertragen Machtbereich, Reichweite der Herrschaft oder Beherrschung
Grammatik: nur im Singular
Kollokationen:
in Präpositionalgruppe/-objekt: etw., jmdn. in seine Gewalt bringen; etw., jmdn. in seiner Gewalt haben; in jemandes [der Entführer, Rebellen, Geiselnehmer, Extremisten, Terroristen, Kidnapper, Piraten] Gewalt sein
Beispiele:
140 Gäste und 30 Angestellte befanden sich in der Gewalt der Geiselnehmer. [Die Zeit, 20.11.2015 (online)]
Kurz vor 13 Uhr waren bei der Polizei erste Notrufe eingegangen, wonach ein bewaffneter Mann eine Frau in einer Apotheke im Bahnhofsgebäude in seine Gewalt gebracht habe. [Süddeutsche Zeitung, 16.10.2018]
Er hatte seine Gemütsbewegungen und seine Zunge stets in der Gewalt, und er war – wird man es glauben? – von Natur aus gutartig und gerecht. [Die Welt, 01.09.2015]
Irgendwie musste er die Panik abschütteln, die Gewalt über sich selbst zurückerlangen. [Rhein-Zeitung, 09.11.2006]
Er war auf alles vorbereitet, stets wachsam, elastisch und hatte seinen Körper in der Gewalt, so daß eine direkte Gefahr für ihn nicht bestand. [Neues Deutschland, 29.01.1947]
2.
rohe, körperliche, rücksichtslos und handgreiflich ausgeübte o. ä. Kraft; rücksichtslose Anwendung roher, körperlicher Kraft, gewaltsame Ausschreitung
Grammatik: Plural ungebräuchlich
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: körperliche, brutale, physische, rohe, sexuelle, häusliche, militärische, massive, eskalierende Gewalt
als Akkusativobjekt: Gewalt anwenden, einsetzen; die Gewalt beenden, stoppen, eindämmen, bekämpfen, verhindern, verurteilen, schüren
als Dativobjekt: der Gewalt abschwören
in Präpositionalgruppe/-objekt: die Anwendung, der Einsatz, die Androhung, die Opfer von, der Kampf gegen Gewalt; mit Gewalt vorgehen
mit Genitivattribut: die Gewalt des Regimes
in Koordination: Gewalt und Terror, Krieg, Chaos, Hass, Kriminalität, Terrorismus, Unterdrückung, Einschüchterung
als Aktiv-/Passivsubjekt: die Gewalt eskaliert, flammt auf, bricht aus, nimmt zu, dauert an, hält an, regiert, herrscht, greift auf etw. über, überschattet etw., nimmt ab, ebbt ab
mit Präpositionalgruppe/-objekt: Gewalt gegen Frauen, gegen Kinder, in der Familie, gegen Demonstranten, gegen Zivilisten, gegen Sachen, an Schulen
als Genitivattribut: ein Ende, eine Eskalation, eine Welle, eine Spirale, die Opfer, das Ausmaß, die Ursachen der Gewalt
Beispiele:
Verletzt, verängstigt, gedemütigt liegt sie in Potsdam im Krankenhaus, ihr zerbrechlicher Körper übersät von Hämatomen. Kein Sturz, kein Unfall hat sie hierher gebracht, sondern brutale, rohe Gewalt. In der Nacht zu Mittwoch wurde Else W. in ihrem Haus in Werder (Brandenburg) von vier maskierten Gangstern überfallen. [Bild, 12.01.2019]
Experten […] fürchten in diesen Tagen, dass die Spannungen in den Familien eskalieren und es vermehrt zu häuslicher Gewalt kommt. [Neue Osnabrücker Zeitung, 09.04.2020]
In Berlin schlug am 2. November eine Demonstration in massive Gewalt um. Vermummte bewaffneten sich mit Steinen, Straßenschildern und Bierbänken und attackierten Sicherheitskräfte an Baustellen und Polizisten – 16 Beamte wurden verletzt, Sicherheitsleute gejagt. [Die Welt, 05.11.2019]
Das Grundgesetz setzt dem Einsatz militärischer Gewalt im Ausland klare Grenzen. [Süddeutsche Zeitung, 17.09.2018]
Die Regierung baute Sozialwohnungen, die South Bronx wurde Schritt für Schritt zum Ghetto, zu einem amerikanischen Albtraum aus Armut, Gewalt, Drogen und Aids. [Die Zeit, 10.06.2017]
Die Täter öffneten laut Polizei die Zugangstür mit Gewalt und durchsuchten im Anschluss alle Räume nach Beute. [Süddeutsche Zeitung, 18.05.2016]
In einer Welle der Gewalt ermordeten die Terroristen systematisch Polizisten, Militärs und Beamte. [Die Welt, 17.02.2015]
Gewalt herrscht im Stadtbad Süd an der Gatower Straße. Dort bleibt es nicht beim Vom‑Beckenrand‑Schubsen, Seifeklau und anderen eher läßlichen Sünden. [Berliner Zeitung, 30.12.1995]
allgemeiner ohne direkten körperlichen Zwang psychisch wirkende, verletzende Kraft
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: verbale, strukturelle Gewalt
Beispiele:
Neben physischer wird dabei [in dem serbischen Gefangenenlager] auch psychische Gewalt angewendet, so z. B. Drohung mit Erschießen bzw. Drohung mit Tötung oder Folterung von Angehörigen und Freunden. [Der Spiegel, 23.10.1995]
»Werden [in ARD und ZDF] ›Experten‹ [zum Gendern] konsultiert, so stammen diese vorrangig aus dem Lager der Befürworter.« Wie Sprachwissenschaftlerin Luise F. Pusch, die die deutsche Sprache als Männersprache bewertet und in der Grammatik ein System struktureller Gewalt gegen Frauen sieht, da sie die Machtverhältnisse im Patriarchat abbildet. [Neue Westfälische, 06.08.2022]
Verbale Gewalt gegen Schiedsrichter – fraglos ein latentes Problem, das nicht totgeschwiegen werden darf. [Neue Osnabrücker Zeitung, 11.03.2017]
Verbale Gewalt unterscheidet sich von körperlicher Gewalt, verletzt aber auch. [»Der Ton ist schärfer geworden.«, 05.12.2016, aufgerufen am 31.08.2020]
Sie [die Gegendemonstranten] wenden Gewalt an, indem sie gegen den Schweigemarsch anbrüllen. [Radikale Christen, 07.06.2016, aufgerufen am 31.08.2020]
Die Richter entschieden, der Begriff der Gewalt sei im Lauf der Jahre von der unmittelbaren körperlichen Zwangseinwirkung immer mehr in den Bereich der psychischen Einwirkung verschoben worden, folglich fehle ihm die Bestimmtheit des Tatbestandsmerkmals – Voraussetzung jeder Bestrafung. [Die Zeit, 29.12.1995]
3.
Zwang, Willkür, Strenge, rücksichtsloses Durchsetzungsvermögen
Grammatik: nur im Singular
Kollokationen:
in Präpositionalgruppe/-objekt: sich mit Gewalt durchsetzen
Beispiele:
[…] er hat seinen Klangkörper inzwischen auch auf die Spur der historischen Aufführungspraxis gebracht, sanft, nicht mit Gewalt. [Die Welt, 02.02.2019]
Die Steuern wurden [in Bayern nach der österreichischen Besetzung 1705] massiv erhöht, Verweigerer in den Kerker geworfen und 12.000 Rekruten mit Gewalt in die kaiserlich‑österreichischen Regimenter gepresst. [Die Welt, 21.12.2019]
Der Rückgriff auf polizeiliche Gewalt und paramilitärische Gruppen allein kann das Überleben jedenfalls nicht garantieren, wenn die Unterstützung durchs Volk verloren ist. [Süddeutsche Zeitung, 09.09.2003]
»Der deutsche Michel in der Gewalt der Zensur« zeigt einen wehrlos am Boden Liegenden, dessen Mund ein Vorhängeschloß ziert – Symbol für die Drangsalierung der Presse. [Frankfurter Rundschau, 28.03.1998]
Der Mensch, so erwies sich, sucht mit aller Gewalt Kommunikation aufrechtzuerhalten, absolute Stille ist ihm unerträglich. [Süddeutsche Zeitung, 22.12.1995]
Mit der Ehe ist es wie mit den Vogelbauern: die Vögel, die nicht darinnen sind, wollen mit aller Gewalt hinein, und die, welche darinnen sind, wieder hinaus. [Montaigne zugeschrieben] [die tageszeitung, 10.10.1995]
bildlich, gehoben
Phrasem:
einer Sache Gewalt antun (= eine Sache verfälschen, falsch darstellen)
Beispiele:
Indem er [vor Gericht] »Gedächtnisverlust« vortäuschte, hat [der Politiker] C[…] der Wahrheit bewußt Gewalt angetan. [Süddeutsche Zeitung, 25.02.1995]
Deren Eingängigkeit [eindimensionaler politischer Programme] beruht allerdings auf einer Vereinfachung, die der komplexen Wirklichkeit Gewalt antut. [Die Zeit, 01.12.2017]
Man könnte die Geschichte der Tschechischen Republik seit 1989, ohne ihr Gewalt anzutun, durchaus als Geschichte des Konfliktes zwischen [den ehemaligen tschechischen Präsidenten] Klaus und Havel erzählen. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.04.2001]
Man muß den Tatsachen schon viel Gewalt antun, um sie in diesen Paragraphen zu pressen und dann zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe zu kommen, wie sie das Oberlandesgericht gegen F[…] aussprach und sie dann gleich zur Bewährung aussetzte. [Die Zeit, 28.09.1979]
4.
gehoben ungebändigte, elementare Stärke, Kraft
Kollokationen:
mit Genitivattribut: die Gewalt der Natur, der Kunst
Beispiele:
Korallenriffe, die die Insel umkränzen, brechen die Gewalt der Wellen. [Der Standard, 24.05.2005]
In Kleists Novelle »Die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik« werden Bilderstürmer durch eine alte italienische Messe von ihrem verwerflichen Tun abgebracht. [Süddeutsche Zeitung, 06.06.2017]
Eine schwarze Brandspur in der Rinde des Ahorns zeugt von der Gewalt des Blitzes. [Bild, 10.05.2005]
Die Schreckensszenen, die sich [während der Bombardierung] im Feuersturmgebiet abgespielt haben, sind unbeschreiblich. Kinder wurden durch die Gewalt des Orkans von der Hand der Eltern gerissen und ins Feuer gewirbelt. [Bild, 14.06.2004]
Odessas Juden trafen die Zeitläufte mit voller Gewalt. Begonnen hatte es mit den Pogromen der Jahrhundertwende, mit Hunderten von Toten, Tausenden Verletzten und Zehntausenden, die flohen und in New York, an der Lower East Side, ihr »Klein‑Odessa« gründeten. [Die Zeit, 12.08.1994]
Das Unwetter brach nun mit voller Gewalt herein. [Berliner Zeitung, 17.12.1957]
In diesem Augenblick fand ich alle Worte der Liebe, deren ich längst entwöhnt war oder vielmehr: die ich nie gesagt hatte. Aber ich konnte sie nicht aussprechen. Ich fühlte, wie mich die Gewalt der Leidenschaft versteinte. [Rinser, Luise: Mitte des Lebens. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1952 [1950], S. 87]
metonymisch ungebändigte, elementare Erscheinung von großer Kraft und Stärke
Kollokationen:
mit Genitivattribut: die Gewalten der Natur
Beispiele:
Die Ersatzbank der Heimmannschaft am Sportgelände hielt trotz guter Verankerung den Gewalten des Wetters nicht stand und wurde nach hinten umgeweht. [Fränkischer Tag, 06.04.2018]
Je dünner die Besiedlung wird, desto mehr ist zu spüren, mit welch epischer Anstrengung die Zivilisation gegen die Gewalten der Natur noch immer verteidigt werden muss. [Neue Zürcher Zeitung, 14.10.2016]
Kirchenoberhäupter sind freilich in Sphären verortet, die der ordnungsgebenden Gewalt des Kosmos sehr nahe kommen. [Süddeutsche Zeitung, 15.05.2014]
Es soll ein Blitz gewesen sein, der den größten Stromausfall in der Geschichte der Vereinigten Staaten verursacht hat. Die These von einem Blitz hatte für die Öffentlichkeit etwas Plausibles an sich, glaubt man doch ohne weiteres, dass eine solche Gewalt Kraftwerke abschalten kann. [Der Tagesspiegel, 17.08.2003]
Zweihundert Jahre lang waren diese Wände aus Lehm und Holz und Kalk ein Schirm vor den Gewalten der Natur; vor den Gewalten der Kultur waren sie dünn wie Eierschalen. [Salomon, Ernst von: Der Fragebogen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1961 [1951], S. 418]
Eine der gewaltigsten Naturerscheinungen, die fast in jedem Menschen durch ihre Erhabenheit Bewunderung, oft auch ein unheimliches Grauen erregen, ist wohl zweifellos das Gewitter; denn was vermag unser Verstand und unsere geistige Schöpferkraft, die die kühnsten Konstruktionen zeugt, gegen die wilden unbändigen Gewalten der Natur! [Welt und Wissen, 18/3 (1929)]

letzte Änderung:

Dieses Wort ist Teil des Wortschatzes für das Goethe-Zertifikat B1.

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Gewalt · gewaltig · bewältigen · unbewältigt · überwältigen · vergewaltigen · gewaltsam · Gewaltakt · Gewalthaber · Gewaltherrschaft · gewalttätig
Gewalt f. ‘rohe Kraft, Wucht, Macht, Zwang’, ahd. giwalt (8. Jh.), mhd. gewalt, asächs. giwald, mnd. gewelde, gewalt, mnl. ghewelt, nl. geweld, aengl. geweald wie auch anord. vald, schwed. våld (germ. *(ga-)wald-) gehören als Abstraktbildungen (mit unterschiedlichem Genus) zu dem unter walten (s. d.) behandelten Verb. Diesem folgend gilt in alter Zeit vorwiegend die Bedeutung ‘Macht, Herrschaft, Vollmacht’. – gewaltig Adj. ‘mächtig, groß, eindrucksvoll’, ahd. giwaltīg (um 800), mhd. gewaltec, gewaltic, geweltic ‘mächtig’. bewältigen Vb. ‘in seine Gewalt bekommen, mit etw. fertig werden, meistern’ (14. Jh.), heute vielfach ‘geistig verarbeiten, verstehend überwinden’. Zuvor mhd. gewaltigen, geweltigen ‘Gewalt antun, überwältigen, etw. seiner Macht unterwerfen’; zu spätmhd. waltec, weltec ‘mächtig, gewaltig’. In der Negation unbewältigt Part.adj. ‘nicht reflektiert, unverarbeitet; verdrängt’ (unbewältigte Vergangenheit, 1955). überwältigen Vb. ‘besiegen, wehrlos machen, beeindrucken’ (15. Jh.). vergewaltigen Vb. ‘mit einer Frau gegen ihren Willen schlafen, gewaltsam zu etw. zwingen’, spätmhd. vergewaltigen, vergeweltigen. gewaltsam Adj. ‘durch Macht, (rohe) Kraft erzwungen’ (15. Jh.). Gewaltakt m. ‘rohe, brutale Handlung, Aktion mit viel Kraftaufwand’ (19. Jh.). Gewalthaber m. (15. Jh.) ‘wer Macht hat, Herrscher’, in älterer Rechtssprache auch ‘wer Vollmacht hat, Stellvertreter’. Gewaltherrschaft f. Verdeutschung (18. Jh.) von Despotie. gewalttätig Adj. ‘rohe Kraft anwendend, brutal’ (Ende 16. Jh., von Gewalttat, 1. Hälfte 16. Jh.).

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Beherrschung · Gewalt · Herrschaft · Macht · Machtapparat · Machtausübung · Machtgefüge · Stärke  ●  Power ugs., engl.
Unterbegriffe
Assoziationen

(mit) Wumms · Gewalt · Heftigkeit · Kraft · Schwung · Ungestüm · Vehemenz · Wucht  ●  (da ist) Musik dahinter ugs. · (mit) Dampf (dahinter) ugs. · (mit) Karacho ugs. · (mit) Schmackes ugs., ruhrdt.
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Gewalt‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Gewalt‹.

Zitationshilfe
„Gewalt“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Gewalt>.

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