Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

abtun

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GrammatikVerb · tut ab, tat ab, hat abgetan
Aussprache 
Worttrennung ab-tun
Wortzerlegung ab- tun
Wortbildung  mit ›abtun‹ als Grundform: abgetan

Bedeutungsübersicht

  1. 1. [umgangssprachlich] etw. ablegen
    1. etw. weglegen
    2. [veraltet] ⟨sich abtun⟩ sich entledigen
  2. 2. etw. mit Geringschätzung erledigen
    1. jmdn. mit Geringschätzung übergehen
  3. 3. [landschaftlich, umgangssprachlich] ein Tier töten
    1. jmdn. morden
  4. 4. [veraltet] etw. ins Reine bringen, erledigen
eWDG

Bedeutungen

1.
umgangssprachlich etw. ablegen
in gegensätzlicher Bedeutung zu antun
Beispiele:
die Maske, den Ring abtun
Kleidungsstücke, ein Tuch abtun
obwohl es sehr schwer war für sie, den Mantel abzutun [ RilkeBrigge5,247]
etw. weglegen
Beispiel:
mögen jene […] das letzte gezüchtete Saatkorn und die letzte Münze von sich abtun [ RathenauKommende Dinge30]
übertragen
Beispiel:
Wir alle möchten / Abtun alle Begierde [ BrechtGedichte126]
veraltet sich abtunsich entledigen
Beispiele:
daß ich […] mich selbst / Des Namens abtun will [ HebbelGenovevaV 6]
so werd ich dir die Wege weisen, dich ihrer [des Weibes] […] abzutun [ Storm6,127]
2.
etw. mit Geringschätzung erledigen
Beispiel:
einen Einwand, Vorwurf mit einem Scherz, einer Handbewegung, einem Achselzucken, mit ein paar Worten, kurz, schnell, obenhin, kühl abtun
jmdn. mit Geringschätzung übergehen
Beispiele:
Er tat ihn mit diesem Lächeln viel gründlicher ab [ Feuchtw.Lautensack112]
Geschöpfe, die der kleine Flip mit gut gespieltem Hochmut abtat [ I. SeidelTor437]
3.
landschaftlich, umgangssprachlich ein Tier töten
Beispiel:
seit wir es [das Rösschen] abtun mußten [ HesseNarziß5,272]
jmdn. morden
Beispiel:
während eine verbrecherische […] Hand unsern armen Jean‑Jacques abtat [ Feuchtw.Narrenweisheit145]
4.
veraltet etw. ins Reine bringen, erledigen
Beispiele:
etw. gütlich abtun
Mag sie’s mit Gott abtun [ SchillerStuartI 1]
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
tun · tunlich · betulich · Tunichtgut · abtun · antun · umtun · vertun · zutun · Zutat
tun Vb. ‘eine Tätigkeit verrichten’, reflexiv (unpersönlich) ‘sich ereignen’. Das Verb (mit ehemals reduplizierenden Präteritalformen) ahd. (8. Jh.), mhd. tuon, asächs. mnd. dōn, mnl. nl. doen, aengl. dōn, engl. to do ‘tun’ setzt westgerm. *dō- voraus, eine wohl ablautende Form der Wurzel ie. *dhē- ‘setzen, stellen, legen’. Als Verwandte sind vergleichbar aind. dádhāti ‘setzt, stellt hin, legt’, griech. tithénai (τιθέναι) ‘stellen, setzen, legen’, lat. abdere ‘weggeben, -tun, entfernen, verbergen, verstecken’, addere ‘hinzutun, -fügen, vermehren’, condere ‘gründen, einlegen, bergen, bedecken’, facere (Perf. fēcī) ‘tun, machen’, air. dorat ‘hat gegeben’, lit. dė́ti ‘setzen, stellen, legen, hineintun, säen, pflanzen’, aslaw. děti ‘legen, setzen, stellen’, dějati ‘tun, verrichten’, russ. det’ (деть) ‘hinlegen, verbrauchen’. S. auch Tat (mit anord. dāð und got. -dēþs, die Reflexe des im Nordgerm. und Ostgerm. nicht belegten Verbs zeigen) und -tum. – tunlich Adj. ‘zum Tun geeignet, ratsam, sinnvoll, zweckmäßig, möglich’ (16. Jh.). betulich Adj. ‘rührig, besorgt, zutraulich, beschaulich’ (18. Jh.), zu heute veraltetem betun ‘sich geschäftig zeigen, sich abgeben’, ahd. bituon ‘verschließen, zumachen, behandeln’ (8. Jh.), mhd. betuon ‘be-, einschließen’. Tunichtgut m. ‘wer öfters Unfug treibt, Taugenichts’ (17. Jh.), imperativischer Satzname; vgl. Thukeingut (1586), Thunichts (Stieler 1691). abtun Vb. ‘ablegen, mit Geringschätzung erledigen, ins reine bringen’, mhd. abetuon ‘entfernen, abschaffen, abstellen’, ahd. (zweifelhaft) abatuon ‘entfernen’ (9. Jh.). antun Vb. ‘anziehen, jmdm., sich etw. zufügen, bereiten, erweisen’, ahd. anatuon ‘anziehen, auflegen, aufsetzen, (Böses) zufügen’ (8. Jh.), mhd. anetuon ‘anlegen’, reflexiv ‘sich ankleiden’. umtun Vb. ‘umhängen, umlegen’, reflexiv ‘sich umsehen, sich erkundigen, sich bemühen’ (16. Jh.), mhd. umbetuon ‘herumbringen, von seiner Ansicht abbringen, überwinden’. vertun Vb. ‘verschwenden, vergeuden, ohne rechten Sinn verbrauchen, nutzlos zubringen’, reflexiv ‘sich irren’, ahd. firtuon ‘freveln’, reflexiv ‘sich vergreifen an’ (9. Jh.; vgl. ahd. firtān Part.adj. ‘schlecht, böse’, 8. Jh.), mhd. vertuon ‘aufbrauchen, verzehren, vergeblich tun’, reflexiv ‘sich versammeln, verschwenderisch leben, sich durch Handeln verfehlen’. zutun Vb. ‘hinzufügen, zusetzen, hinzulegen, schließen’, ahd. (8. Jh.), mhd. zuotuon; Zutat f. ‘zur Herstellung einer bestimmten Sache notwendiger oder wünschenswerter Bestandteil, Beigabe, Ergänzung’ (18. Jh.), zuvor ‘zweckvolles Tun’ (16. Jh.); vgl. mnd. tōdāt ‘Hinzufügung, Hilfe’.

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

(einer Sache) keine Bedeutung beimessen · abtun · für unwichtig erachten · für unwichtig erklären
Assoziationen
  • achtlos vorbeigehen an · ausblenden · außen vor lassen · außer Acht lassen · außer Betracht lassen · ignorieren · nicht beachten · nicht berücksichtigen · nicht in Betracht ziehen · nicht in seine Überlegungen einbeziehen · nichts hören wollen (von) · nichts wissen wollen (von) · sich nicht interessieren (für) · sich nicht kümmern (um) · sich taub stellen · unberücksichtigt lassen  ●  etwas an sich abperlen lassen sprichwörtlich · sich nicht scheren um veraltend · auf d(ies)em Ohr ist er taub ugs., fig., Spruch · beiseite lassen ugs. · einfach nicht zuhören ugs. · in den Wind schlagen ugs. · links liegen lassen ugs. · sich nicht kehren (an) geh.
  • (Probleme) zu verdrängen versuchen · fortsehen · ignorieren · nicht wahrhaben wollen · sich (einem Problem) nicht stellen  ●  (den) Kopf in den Sand stecken fig. · die Augen verschließen (vor) fig. · wegschauen fig. · wegsehen fig. · weggucken ugs. · wegkucken ugs., norddeutsch
  • links liegen lassen · nicht berücksichtigen · nicht eingehen (auf) · sich nicht abgeben (mit) · sich nicht befassen (mit) · sich nicht kümmern (um) · sträflich vernachlässigen · vernachlässigen  ●  stiefmütterlich behandeln ugs.
  • (eine) abfällige Geste (machen) · (eine) wegwerfende Handbewegung (machen)
  • gering achten · geringschätzen · geringschätzig behandeln · herabblicken (auf) · herabschauen (auf) · herabsehen (auf) · hinunterblicken (auf) · hinunterschauen (auf) · nichts halten von · verachten · von oben herab behandeln · wenig halten von  ●  in den Staub treten fig. · mit Füßen treten fig. · (die) Anerkennung verweigern geh.
  • (eine) wegwerfende Handbewegung machen · (seinen) Unwillen zu erkennen geben · abwinken  ●  die Nase rümpfen fig.

Typische Verbindungen zu ›abtun‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›abtun‹.

Verwendungsbeispiele für ›abtun‹

maschinell ausgesucht aus den DWDS-Korpora

Wir standen, wissentlich oder nicht, bisher immer noch im Banne der längst als Schnee vom vergangenen Jahrhundert abgetanen biographischen Methode. [Die Zeit, 18.11.1983, Nr. 47]
Damals wurde auch von der nun abgetanen Utopie gesprochen, einen Wagen für 1000 Mark zu bauen. [Die Zeit, 19.06.1952, Nr. 25]
Taucht so der mühsam abgetane Streit der Welt im Unterbewußtsein wieder auf? [Die Zeit, 16.09.1948, Nr. 38]
Die unbedachten oder leichtfertig abgetanen Folgen der Preisfreigabe wurden zu einem gefährlichen Sprengsatz. [Die Zeit, 07.09.1998, Nr. 36]
Die unbedachten oder leichtfertig abgetanen Folgen der Preisfreigabe sind zu einem gefährlichen Sprengsatz geworden. [Die Zeit, 12.06.1992, Nr. 25]
Zitationshilfe
„abtun“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/abtun>.

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Worthäufigkeit

selten häufig

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