Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Gezeit, die

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GrammatikSubstantiv (Femininum) · Genitiv Singular: Gezeit · Nominativ Plural: Gezeiten · wird meist im Plural verwendet
Aussprache  [gəˈʦaɪ̯t]
Worttrennung Ge-zeit
Wortzerlegung ge- Zeit
Wortbildung  mit ›Gezeit‹ als Erstglied: Gezeitenatlas · Gezeitenhub · Gezeitenkraft · Gezeitenkraftwerk · Gezeitenstrom · Gezeitentafel · Gezeitenwechsel
 ·  mit ›Gezeit‹ als Letztglied: Erdgezeiten
eWDG und DWDS

Bedeutungen

1.
Gesamtheit der Bewegungen des Meerwassers, die durch die Anziehungskraft des Mondes verursacht werden und am Ufer durch den Anstieg und das Fallen des Wasserspiegels sichtbar werden
Grammatik: nur im Plural
siehe auch Tide
Kollokationen:
als Dativobjekt: den Gezeiten unterworfen, ausgesetzt
als Genitivattribut: der Rhythmus, Wechsel der Gezeiten; der Hunger, die Kraft, der Einfluss, die Auswirkungen der Gezeiten
in Präpositionalgruppe/-objekt: sich nach den Gezeiten richten
Beispiele:
Die Gezeiten, das ständige Ein‑ und Ausatmen des Meeres, lassen die Insel mal schmaler, mal breiter werden […]. [Der Tagesspiegel, 18.09.2023]
Die Entdeckungsreise ging […] zu eben der Ansammlung von Muscheln, Krebspanzern und Algen, die das Meer hinterlässt, wenn es – bedingt durch die Gezeiten – wieder zurückgeht. [Neue Westfälische, 09.10.2023]
Ob zu Fuß bei einer geführten Wattwanderung oder im Wattwagen mit Pferd und Kutsche bei einer Fahrt über den Strand von Duhnen zur nahe gelegenen Insel Neuwerk, immer gibt es Neues und Spannendes zu entdecken oder man lässt sich vom zeitlosen Strom der Gezeiten und den grenzenlosen Himmeln in die Ewigkeit entführen. [Nordseeheilbad Cuxhaven, 29.09.2022, aufgerufen am 29.08.2023]
Gezeiten und Sturmfluten erobern […] das Land, das von Dünentälern und Sand‑Salzwiesen geprägt ist, nach und nach zurück. [Saarbrücker Zeitung, 23.02.2019]
Das Gezeitenkraftwerk […] wurde nach fünfjähriger Bauzeit 1966 seiner Bestimmung übergeben und ist das größte Gezeitenkraftwerk Europas. Dazu ist es noch heute weltweit das einzige Kraftwerk, das aus der Kraft der Gezeiten industriell Energie erzeugt und das absolut umweltfreundlich. [Frankreich, 08.03.2014, aufgerufen am 14.06.2023]
Die Strömung und die Gezeiten zerrten an den Wrackteilen, Würmer und anderes Getier fraß das Holz auf, Korallen und Anemonen überwucherten die Anker und Kanonen und verwandelten in 350 Jahren das Schiff in einen Teil des Riffs um die Isle A’Vache. [Die Welt, 20.11.2004]
bildlich bezogen auf historische Entwicklungen, den Lebensweg eines Menschen o. Ä.   wechselhafter, von Höhen und Tiefen, Erfolgen und Misserfolgen geprägter Verlauf; Wechselfälle (des Lebens)
Beispiele:
Ihre Lebensläufe, ihre Erfolge und Niederlagen erzählen […] von den politischen Gezeiten in den USA der vergangenen Jahrzehnte. [Süddeutsche Zeitung, 30.05.2015]
Inmitten einer herausfordernden Zeit durch die Stürme und Gezeiten des Lebens zu navigieren, stellt viele Menschen vor Probleme. [Meditation und Lebensberatung, 2020, aufgerufen am 14.06.2023]
Im Winter ist der Strand [der italinenische Stadt Rimini] verwaist, im Sommer das Zentrum. […] Die Rhythmen der Stadt werden von den Gezeiten der Geschichte überlagert. Während seiner 160 Jahre als Seebad hat Rimini die Moden und die Katastrophen der Moderne miterlebt, die Invasionen und Wanderungen. [Die Zeit, 05.02.1998]
Und das Jahr rollt heran und hinweg, mit den ewigen Gezeiten des Lebens […] [ WaggerlJahr46]WDG
2.
seltener, fachsprachlich, gelegentlich dichterisch die einzelne, das Ansteigen und Abflaufen des Meeresspiegels umfassende Phase, Abfolge
Grammatik: nur im Singular
siehe auch Tide
Beispiele:
Wir raten davon ab, ohne Ortskenntnisse und detaillierte Kenntnisse vom Gezeitenverlauf in das Watt zu gehen. Es ist lebensgefährlich! Zahlreiche Rettungseinsätze können dies belegen. Ein besonderes Kapitel ist der Verlauf einer Gezeit, die langsam einsetzt und dann an Dynamik gewinnt. [Wattwanderung von Thülen, 04.09.2022, aufgerufen am 30.08.2023]
Die Höhe der Gezeit bezieht sich auf den Unterschied zwischen dem höchsten Wasserstand (Hochwasser) und dem niedrigsten Wasserstand (Niedrigwasser) innerhalb eines Gezeitentages an einem bestimmten Ort. [Höhe der Gezeit, 06.04.2023, aufgerufen am 30.08.2023]
Auf dunkel schimmernden Sandsteinplatten wellen sich immer noch die Rippel seines Strandes, lässt sich mit den Fingern der letzten Gezeit nachfahren: als sich dieses Meer für immer zurückzog und das nasse Ufer danach unter der Sonne aushärtete. [Die Zeit, 07.06.2023]
Ein Kind in Rettungsweste und mit dem Leuchtfeuer einer Seenotfackel prangt auf einer Hauswand – gerade oberhalb des Wassers vom Canal Grande in Venedig – je nach Gezeit steht ihm das Wasser bis zum Hals. [Banksys künstlerischer Aktivismus begeistert die Welt, 29.05.2023, aufgerufen am 29.08.2023]
Bei der Einfahrt in die Elbe ist sehr genau darauf zu achten, dass man sich die Gezeit zum Freund macht. [Auf Abwegen, 12.07.2021, aufgerufen am 30.08.2023]
Ihr Arbeitsprinzip [die Funktionsweise einer Gezeitenmühle] war einfach: Per Damm wurde eine Bucht abgeriegelt und ein Bassin geschaffen, das sich bei Flut füllte. Die beim nachfolgenden Ebbeabfluß entstehende Strömung trieb die Mühlräder. Während jene Gezeitenmühlen vergangener Jahrhunderte nur einmal pro Gezeit angetrieben werden konnten, sind die Aggregate der modernen »Mühle« (= Gezeitenkraftwerk) im Rance‑Tal so beschaffen, daß sie die Energieproduktion sowohl bei Flut als auch bei Ebbe, sowohl beim Füllen als auch beim Leeren des Staubeckens gewährleisten. [Neues Deutschland, 02.08.1986]
Um diese Stunde mochte alles eine gemeinsame Wurzel haben, alles Bestehende einen mütterlichen Grund, daraus es sich nährte; um diese Stunde hob und senkte sich vielleicht der trübe Spiegel des geringsten Weihers noch mit der Brust der Gezeit im Ozean. [Schaper, Edzard: Der Henker. Zürich: Artemis 1978 [1940], S. 55]

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Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Gezeiten Plur. ‘Wechsel von Ebbe und Flut’. Ahd. gizīt f. ‘Zeit, Gebetszeit, Festzeit’ (9. Jh.), mhd. gezīt f. n. ‘Zeit, Gebetszeit, Zeitlauf, Begebenheit’, mnd. getīde n. ‘(bestimmt wiederkehrende) Zeit, Flutzeit’ sind zu dem unter Zeit (s. d.) behandelten Substantiv mit verstärkendem (im Nhd. kollektiv verstandenem) Präfix ge- gebildet. Im 16. Jh. wird die nd. Bedeutung ‘Flutzeit’ für die hd. Lautform übernommen, zuerst entsprechend der nd. Vorlage als Neutrum Gezeit, später findet durch Anlehnung an Zeit Wechsel zum Femininum statt (Ende 16. Jh.). Seit dem 19. Jh. begegnet die hd. Form fast nur im Plural Gezeiten.

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Gezeit  ●  Tide norddeutsch
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Gezeit‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Gezeit‹.

Zitationshilfe
„Gezeit“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Gezeit>.

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Worthäufigkeit

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