Deutsches Fremdwörterbuch
Sauce
1. Aufl. Band 4 (Kirkness u. a. 1978)
F. (-; -n), anfangs vereinzelt M., im früheren 15. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. sauce, saus(s)e (⟨ altfrz. salse ⟨ mlat. salsa ‘gesalzene Brühe’, subst. F. von lat. salsus ‘gesalzen, salzig’, zu sal ‘Salz’; → Salat), zunächst in variabler Schreibung soß, sosse, so(o)s, soes, im 18./19. Jh. überwiegend Sauce, im 20. Jh. Sauce und Soße gleichberechtigt nebeneinander; daneben die ältere, vom Spätmhd. (LEXER) bis ins 18. Jh. vereinzelt nachgewiesene (Neben-)Form salse, salze (⟨ mlat. salsa), auch saisse, im 16. Jh. gelegentlich saulsen (aus Sauce und salse); vgl. Sülze. 1 In der Bed. ‘Tunke, würzige, meist aus Bratensaft (und Mehl, Milch, Ei) bereitete Brühe’ als Beigabe zu (Fleisch-)Speisen, seit späterem 17. Jh. auch ‘süße Tunke’ aus Obstsäften, Wein u. ä. (Braten-, Senf-, Schokoladensauce; Saucenlöffel); daneben auch in der Bed. ‘(Tabak-)Beize’, als Bezeichnung für einen Geschmacks- und Geruchsstoff zum Aromatisieren von Tabakblättern. Dazu seit Ende 17. Jh. die auf gleichbed. frz. saucisse zurückgehende Diminutivbildung Saucieschen N. (-s; -), auch Saucissgen, Sos(s)ieschen, ‘kleine (würzige, gesalzene) Koch-, Bratwurst’, Ende 18. Jh. die aus gleichbed. frz. saucer entlehnte, selten nachgewiesene Ableitung saucieren ‘(Tabak) in Würzbeize einweichen, beizen; etwas mit einer Brühe durchziehen, anfeuchten’, seit Ende 18. Jh. das aus gleichbed. frz. saucier entlehnte Subst. Saucier M (-s; -s), auch Sosier, ‘Saucenkoch’, und seit frühem 19. Jh. aus gleichbed. frz. saucière entlehntes Subst. Sauciere F. (-; -n) ‘Saucenschüssel, -gießer’.
2 Seit späterem 19. Jh. bildlich verwendet in der pejorativen Bed. ‘schmutzige Brühe, Dreck, Brei’, und von daher übertragen für ‘Unannehmlichkeit, Schwierigkeit; Wert­losigkeit’, häufig in (volkstümlichen/mundartlichen) Verbalsyntagmen wie keine lange Sauce machen ‘keine Umschweife, nicht viel Umstände machen, sich kurz fassen’, in der Sauce sitzen ‘in der Tinte, Patsche sitzen, in Verlegenheit sein’, jmdn. in der eigenen Sauce schmoren lassen ‘jmdn. in einer schwierigen Situation sich selbst überlassen’, und in den Wendungen Quatsch mit Sauce ‘großes Geschwätz, leeres, dummes Gerede’ und rote Sauce ‘Blut’.

Belege

zu Sauce 1 (21)
Dangkrotzheim 1435 Namenbuch 543
do vindestu wiltpret unde visch ... din gebrotenes und dine vine sossen;
15. Jh. (Sulzmatt im Elsaß)
darzu eine brüge myt einer wurtze, zu dem gesotten fleisch eine gollbe sosse (DWB);
Brant 1490 Thesmophagia b 3a
stossen in den sosz die vinger (DWB);
Hieron. Brunswic 1500 liber pestilentialis 9b
von den spysen wurtzen und sossen (DWB);
1511 calendar. Hupfuff D 7
isz junge huiner und hemmel­fleisch mit soszen oder mit suizer wurtzen (DWB);
Keisersberg 1522 Post. IV 12a
alles das der würt dar hat gesetzt Christo dem herren und auch den anderen gesten, das warent allesammen kostliche essen oder trachten, aber er verhönt die gantz ürten mit der suren sosz (DWB);
1574 Reimschr. ü. Herz. Ulrich 55
kleb wirst und ain gebrates fir­war / sambt ainem griennen und wyssen soes (DWB);
Martin 1627 Colloques 43
mit einem Zwi­belsoosz (JONES);
1665 Französischer Bäcker 46
eine dicke Sauce (JONES);
Zwinger 1703 Arzt 523
gar zu fette Brühen / wie auch alle verzückerte Saussen müssen sie meiden;
Amaranthes 1715 Frauenzimmer-Lex. 1015
Karauschen mit einer Nelken-Sosse;
Wieland 1788–89 Luc. IV 283
einen tisch ... der mit allem besetzt wurde ... allerley fleischspeisen, austern, ragouts und fischen, diesen in einer lack-sosze (DWB);
Goethe 1827–42 (W. V 122)
Sie sollen mit absonderlichen Saucen bereitet werden (KEHREIN);
ebd. LVI 25
Ihm scheint die Welt noch um und um In jener Sauce da zu liegen (KEHREIN);
Vaerst 1851 Gastrosophie I 203
Sauce durch Brühe zu ersetzen, ist ein arger Irrtum;
Nat. Ztg. 24. 3. 1889
Ob diese Saucen uns, auch bei kaltem Wetter, woran es ja im lieben Vaterland nicht fehlt, schmecken würden, das lasse ich dahingestellt. Aber das weiß ich: das Wort Salse schmeckt mir. Mitunter findet sich dafür auch Sulze gedruckt. In Edikten aus dem 14. und 15. Jahrhundert gegen das Schwelgen bei Gelagen und Gastereyen habe ich auch Verbote fetter und stark gewürzter „Salsen“ gefunden ... Sauce ist aus Salse entstanden;
Die Zeit (Wien) 8. 3. 1905
Die verdeutschte „Sauce“ (Überschr.) Ein gutes deutsches Wort für „Sauce“ findet sich in einer Festsetzung über das Meisterwerden der Töpfer in Festenberg vom Jahre 1674 ... Das gute deutsche Wort „Sott“ ist entschieden bezeichnend und klingt auch besser als „Tunke“, das man als Ersatz für das aus dem Lateinischen salsus entstandene französische Wort „Sauce“ schon vielfach angenommen hat;
Heer 1923 Tobias Heider 216
waren eben bis zum Sossenfleisch gekommen;
„Duden“-Sammlung 1934
Gewöhnlich serviert man nur das Fleisch, Soße, Kartoffeln und Gemüse geben die Gäste selbst weiter;
Nebosia 1955 Geltendorf 56
„Soss-“ oder „Brühe­fleisch“;
Stuttgarter Ztg. 1. 9. 1967
Die Blüte der Saucenkunst lag im 18. Jahrhundert, als die Sauciers in Frankreich eine eigene Gilde bildeten und der Graf Austin de Croze über 3000 Saucen­rezepte sammelte.
zu Salse (8)
um 1350 ndrhein. Bericht ü. d. Orient (ZfdPh XIX 82)
gude saissen;
Küchenrezepte 14. Jh. (Nat. Ztg. 24.3. 1889)
Ein salse: Nim sure winber und tu dar zu salbey und zwei Knoblauchs haubt und spec, und stoz daz zu sammene, drückez uz und gibz für eine guten salze;
Eyb 1472 Menaechmi 68
von gesotem und gebratem, von muͤsen und salsen;
um 1530 Luther briefl. (Nat. Ztg. 24. 3. 1889)
gehöret doch auf einen wolfenen Braten eine solche scharfe Salze;
1561 Maaler 343a
saulsen (die) ... besprengung mit wohlgeschmackten dingen (DWB);
Mengering 1642 Gewissensrüge 1041
das were meine billiche und rechte Salsen zu dem Gebratens;
1652 Lauremberg (Nat. Ztg. 24. 3. 1889)
weu man nit mit fremder salze bi hogen Lüden wolde sine „discours“ beströwen und bekrüden;
1702 Nürnb. Kochbuch 421
Mancherley Salsen.
zu Saucier (3)
Knigge 1792 Büchernachdruck 17
Freylich wird manchem eigennützigen Sosier, der einen beliebten Schriftsteller ein Ms. abgeschwatzt hat;
Süddtsch. Ztg. 31. 3. 1955
Saucier-Entrementier in Jahresstellung für Großhotel beim Hauptbahnhof gesucht (Anzeige);
Stuttgarter Ztg. 1. 9. 1967
In der vielgeliebten Reihe der schmalen Heimeran­bändchen ist ein neues erschienen, das ganz und gar der Sauce gewidmet ist: Erhard Gorys „Wir Saucen-Köche“ ... im 18. Jahrhundert, als die Sauciers in Paris eine eigene Gilde bildeten.
zu Sauciere (2)
Hauff 1827 Mann im Mond 23
Saucière;
Rocco 1881 Umgang 152
Sauciere.
zu saucieren (1)
1791 Journal d. Moden VI 161
saucieren.
zu Saucies(ch)en (8)
Schellhammer 1692 Die Köchin 63
Von allerlei Würste. 1. Sauziesen zu machen;
ebd. 167
Im anrichten kan man die Potage belegen mit kleinen Würstgen, die wir Sausischen nennen;
Marperger 1716 Küchendict 1334
Die heutiges Tags so genannte kleine Saucissgen sind ein Art kleiner Brat-Würste;
Looft 1781 Ndsä. Kochbuch 268 Regula 383
kleine Saucischen;
Glasbrenner 1851 Komischer Volkskalender VI 64
gute preuß'sche Bratwürste un 'ne Menge kleiner Sozieschen;
Kossack 1855 Stereoskopen 72
Weissbrode und Saucischen;
1902 Grenzboten II 98
der Saucischenverkäufer;
Liegnitzer Tagebl. 19. 8. 1913
Bei Beginn eines Fest­essens nehme ich ... Einsicht in die Tischkarte und finde da „Soßieschen“ verzeichnet.
zu Sauce 2 (5)
1873 Hügel 150a
mach'n s'ka so lange soosz (DWB);
1877 Rückert 171
a sohs ou'richt ... sie leit in der sohs (DWB);
Preuss. Jahrbücher 111 (1903) 250
dass wir die Leute etwas in ihrer Sauce schmoren lassen;
ebd. 218 (1929) 260
Gefühls­sauce;
B. N. 1. 8. 1943
Churchill stellte Italien ... ein langsames Verfahren in Aussicht. „Braten in der eigenen Sauce“.