bildungssprachlich rätselhaft verworren und dabei unterschwellig bedrohlich und meist keine Auflösung, keinen Ausweg erlaubend (wie in den Erzählungen Franz Kafkas)
Kollokationen:
als Adjektivattribut: eine kafkaeske Bürokratie; eine kafkaeske Situation, Welt; ein kafkaesker Alptraum; kafkaeske Züge
mit Adverbialbestimmung: fast, geradezu kafkaesk
als Adverbialbestimmung: kafkaesk anmutend
als Prädikativ: etw. kafkaesk nennen
Beispiele:
Sie [Eva Hoffe] hat
den Kern des Prozesses [den Erbstreit um den Nachlass Max Brods mit den Manuskripten Franz Kafkas], der in
Jerusalem gegen sie geführt wurde, nie wirklich verstanden. Die Vorstellung,
dass da jemand saß, der dem ganzen Vorgang kaum folgen konnte und sich
einfach nur ohnmächtig fühlte, erscheint mir hochgradig
kafkaesk. [Die Welt, 11.05.2019]
Kafkaesk war, dass ich mir keiner Schuld
bewusst war und geglaubt habe, dass diese Dinge ohnehin klar waren und man
durch Nachfragen sinnvollere Aufklärung hätte betreiben können. [Tiroler Tageszeitung, 29.08.2023]
Drinnen verläuft kein Gang oder Zimmer rechtwinklig, alles ist
voller Kurven, Winkel, Kanten, das Laufgefühl ist
kafkaesk. [Die Welt, 20.10.2018]
Kaum hatten sie Platz genommen, da füllte die den Quittungsblock für
ihre Provision aus. Ob es einen Keller gebe, fragte Brekerbohm. So genau
wisse sie das nicht, sagte die Maklerin. Es wurde immer
kafkaesker: Im Vertrag fehlten Grundriss und Name
des Eigentümers, dafür stand in einem Passus, dass Neumieter keinen Anspruch
auf Schadenersatz hätten, wenn die Wohnung bis zum Einzug nicht renoviert
sei. [Süddeutsche Zeitung, 18.11.2014]
Ich habe damals eine fast kafkaeske Erfahrung
gemacht. Die Vorwürfe hatten keine Grundlage. Aber beim Versuch, etwas
dagegen zu unternehmen, musste ich erleben, wie man im Kampf gegen eine
anonyme Bürokratie und Akten, die den eigenen Namen nicht freigeben, ins
Leere laufen kann[,] deprimierend. [Die Zeit, 24.05.2007]
Die Büros beeindrucken durch eine kafkaeske
Leere, sind spärlich möbliert mit Metalltischen, ‑stühlen und ‑schränken und
wirken seltsam unbenutzt, weil keine Anzeichen wie Schreibwerkzeuge, Papier,
Aktenordner oder ähnliches auf Büroarbeit hindeuten. [die tageszeitung, 30.03.1989]