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Siegel, das

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GrammatikSubstantiv (Neutrum) · Genitiv Singular: Siegels · Nominativ Plural: Siegel
Aussprache  [ˈziːgl̩]
Worttrennung Sie-gel
Wortbildung  mit ›Siegel‹ als Erstglied: Siegelabdruck · siegelartig · Siegelbaum · Siegelbewahrer · Siegelbild · Siegelbruch · Siegelführung · Siegelkapsel · Siegelkunde · Siegellack · Siegelmarke · Siegelplombe · Siegelring · Siegelstein · Siegelstempel · Siegelwachs
 ·  mit ›Siegel‹ als Letztglied: Amtssiegel · Beichtsiegel · besiegeln · Biosiegel · Bundessiegel · Dienstsiegel · Gütesiegel · Pfandsiegel · Prägesiegel · Prüfsiegel · Qualitätssiegel · Salomonssiegel · Staatssiegel · Wachssiegel · Wollsiegel · Ökosiegel
 ·  mit ›Siegel‹ als Grundform: siegeln
eWDG und ZDL

Bedeutungen

1.
Petschaft für das Prägen, den Abdruck eines Siegelbilds, Bildnisses o. Ä. (meist in Wachs, Siegellack); Stempel für das Drucken eines (amtlichen) Zeichens, von Schriftzeichen o. Ä.
Beispiele:
ein (amtliches, dienstliches) Siegel unter Verschluss aufbewahrenWDG
das Siegel in den Siegellack, auf ein Schriftstück drückenWDG
Er setzte sich an den Tisch, nahm einen Bogen Papier und schrieb, ohne daß ihn die Dunkelheit hinderte, dieselben Worte nieder. Darauf faltete er den Bogen zusammen, und da er kein Wachs besaß, zündete er die Kerze an, ließ das Unschlitt (= Talg) aufs Papier träufeln und drückte das Siegel darauf[…]. [Wassermann, Jakob: Caspar Hauser. Berlin: Aufbau-Verl. 1987 [1908], S. 362]
In dem Umfeld mit all den Adligen und ihrem Gefolge sowie der Geistlichkeit mit ihren Würdenträgern entstand [bis zum 12. Jahrhundert] eine eigene Bürokratie mit Stempeln, Petschaften und Siegeln, mit denen man die Pergamentdokumente amtlich machte. [Das Siegel der Vergangenheit, 06.08.2018, aufgerufen am 01.09.2020]
Mit Petschaft wird ein Siegel für die Erstellung von Wachssiegelabdrücken bezeichnet. [lexexakt, 05.02.2018, aufgerufen am 07.12.2020]
a)
metonymisch Abdruck eines Petschafts, eines Stempels o. Ä. (meist in Wachs, Siegellack) als Beglaubigung, Bestätigung oder als Verschluss von Briefen, Urkunden o. Ä.; Abdruck eines Dienststempels als amtliches Kennzeichen zur Beglaubigung, Bestätigung von Dokumenten, Unterlagen oder zum Verschluss von etw. (z. B. von Gepäckstücken, Postsendungen, Gebäuden, Räumen)
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: ein amtliches Siegel
als Akkusativobjekt: ein Siegel aufbrechen, beschädigen, erbrechen, entfernen
in Präpositionalgruppe/-objekt: [etw.] mit einem Siegel kennzeichnen, versehen, verschließen
Beispiele:
ein rotes, rundes, amtliches, dienstliches SiegelWDG
das Siegel auf der Rückseite eines BriefesWDG
Nach der Gepäckaufgabe am Flughafen […] wurden zwei […] Koffer geöffnet, weil sich in den Koffern Feuerzeuge befunden hatten. Diese wurden entnommen und die Koffer sodann wieder verschlossen und mit einem Siegel versehen. [Schadensersatz für aus Koffer abhanden gekommene Sachen, 22.06.2020, aufgerufen am 07.12.2020]
Der mit 28 Siegeln versehene originale Ehevertrag zwischen Mechthild, Tochter des Kurfürsten von der Pfalz, und Ludwig I. vom 25. November 1419 ist einer der Schätze, die aus dem Staatsarchiv zu sehen sind. [Reutlinger General-Anzeiger, 05.12.2019]
An der Wohnungstür des Verstorbenen im dritten Stock haftet das polizeiliche Siegel, das den Zutritt zu dem Tatort strikt verbietet. [Kieler Nachrichten, 15.04.2019]
Die vier Neugeborenen[…] sind [aufgrund der Schließung der örtlichen Geburtsstation] vorerst die letzten Kinder, die […] das Siegel der Kurstadt in die Geburtsurkunde gestempelt bekamen. [Thüringer Allgemeine, 29.12.2008]
Soll der Brief […] mit Siegellack verschlossen werden, so sei das Siegel dünn, gleichmäßig und rund und das Petschaft deutlich abgedrückt. [Schramm, Hermine [d. i. Meißner, Hermine]: Das richtige Benehmen in der Familie, in der Gesellschaft und im öffentlichen Leben. In: Zillig, Werner (Hg.): Gutes Benehmen. Berlin: Directmedia Publ. 2004 [1930], S. 13858]
allgemeiner Vor dem Rednerpult mit dem präsidialen Siegel brannten auf einem Tischchen 26 Kerzen[…]. [Der Tagesspiegel, 18.12.2012]
b)
Phrasem:
bildlichjmdm., einer Sache sein Siegel aufdrücken (= prägen, entscheidend beeinflussen)
Beispiele:
Der bauende Bildhauer Hoetger hat der Böttcherstraße [in Bremen] sein unverkennbares Siegel aufgedrückt. Weit über 500 seiner Werke sind in den Sammlungen [Kunstsammlungen Böttcherstraße] zu sehen, vom Silberlöffel bis zur Großplastik. Sein Meisterstück aber ist […] das weltweit erste Malerinnen‑Museum, wunderbar labyrinthisch mit verschwiegenen Höfen und idyllischen Brunnen und dekorativen Festungstürmchen. [Die Zeit, 02.08.2012]
Die Natur bediente sich in den Augen frühneuzeitlicher Naturforscher der Einbildung (imaginatio), eines magischen Mechanismus, um den Menschen im buchstäblichen Sinne zu beeindrucken, ihm ihr Siegel aufzudrücken. [Kraft der Ein-Bildung, 17.06.2013, aufgerufen am 01.09.2020]
Der Einfluß und die Macht Europas und des Christentums haben Jahrhunderte hindurch den [sic!] Lauf der Geschichte ihr Siegel aufgedrückt. Wenn die Völker Europas sich wieder besinnen, dann wird es Ihnen auch möglich sein, einander Segen statt Unheil zu bringen und all den Schrecken und die Not, die sie umgeben, zu verscheuchen und aufs neue ihren Anstieg zu beginnen. [Archiv der Gegenwart, 2001 [1947]]
Man fühlte sich genirt, wo sie [die Geheimrätin] hinzutrat, und frei, wenn sie den Rücken gedreht. Das wird freilich in allen Gesellschaftskreisen sein, wo eine an Geist und Bildung überragende Erscheinung der Unterhaltung ihr Siegel aufdrückt, die minder Gebildeten fühlen das unsichtbare Joch, die Magie des Geistes, gegen die sie, ohne sich selbst bloß zu geben, nicht rebelliren dürfen[…]. [Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 2. Berlin 1852]
c)
Phrasem:
übertragenauf etw. Brief und Siegel geben (= die Wahrheit beteuern, bestätigen)
Beispiele:
ich gebe dir Brief und Siegel darauf, dass er damit nichts zu tun hatWDG
Nach den Worten der geschäftsführenden […]Gesellschafterin Nicole E[…] gebe das Label [»Made in Germany«] den Kunden Brief und Siegel auf den Herkunftsort und das daran geknüpfte Qualitätsversprechen. [Schweriner Volkszeitung, 23.04.2021]
Ich gebe Brief und Siegel darauf, dass die Opposition im Landtag unseren Nachtragshaushalt geschlossen ablehnen wird […]. [Der Tagesspiegel, 18.02.2020]
Wenn wir das Potenzial abrufen, das in der Mannschaft steckt, gebe ich Brief und Siegel, dass wir in der Liga bleiben. [Badische Zeitung, 07.03.2019]
In der Warenwelt ist das Dilemma […] groß, der Kunde taumelt oft hilflos zwischen Preis und Qualität: Alles sofort, alles billig, alles bio und am besten mit Brief und Siegel auf Sicherheit getestet – diese eierlegende Wollmilchsau gibt es leider in keinem Prospekt. [Süddeutsche Zeitung, 15.12.2018]
2.
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: ein begehrtes Siegel
als Akkusativobjekt: ein Siegel beantragen, bekommen, erhalten, vergeben, verleihen
in Präpositionalgruppe/-objekt: [etw.] mit einem Siegel auszeichnen
als Aktivsubjekt: das Siegel garantiert [etw.]
mit Präpositionalgruppe/-objekt: ein Siegel für Textilien, Lebensmittel
Beispiele:
Für seine Vorbereitung auf die Zeit nach der Schule wurde das Gymnasium am Mittwochabend mit dem »Siegel für exzellente berufliche Orientierung« ausgezeichnet. [Der Tagesspiegel, 29.09.2016]
Nordic Eco Label ist das offizielle Siegel der skandinavischen Länder Finnland, Norwegen, Schweden, Dänemark und Island, das umweltfreundliche und gesundheitlich unbedenkliche Produkte aus über 60 Gruppen auszeichnet, darunter Waschmittel, Kerzen, Investmentfonds, Restaurants, Computer. [Der Tagesspiegel, 17.11.2021]
Als erster deutscher Briefhüllen‑Hersteller zeichnete sich aktuell ein […] Unternehmen in Baden‑Württemberg mit einem »Programm für die Anerkennung von Waldzertifizierungssystemen« […] aus. Durch diesen Produktionsnachweis soll gewährleistet werden, dass anhand einer lückenlosen Dokumentation und Kennzeichnung während des gesamten Herstellungsprozesses vom Wald bis zum Endprodukt nachvollzogen werden kann, aus welchen Quellen das ursprüngliche Holz stammt. Somit sind Briefumschläge und Versandtaschen, die mit diesem Siegel ausgezeichnet sind, garantiert aus Papier hergestellt, das aus nachhaltiger Waldwirtschaft stammt. [Leipziger Volkszeitung, 19.05.2010]
3.
als Siegelbild verwendetes Motiv, Symbol o. Ä.
Beispiele:
Pullover und Basecaps mit dem Siegel der Alma Mater sind vor allem bei Gaststudenten begehrt [Überschrift] [Leipziger Volkszeitung, 28.10.1999]
Wolfgang P[…] widmet sich in seinem kürzlich erschienenen Alterswerk einer treibenden Kraft, die neben allen materiellen, wirtschaftlichen, sozialen und strategischen Voraussetzungen wirksam war: Der Idee der Stadt. […] Sie drückt sich in bildlichen und literarischen Darstellungen aus, in Urkunden, Siegeln, Wappen, Fahnen und Münzen[…]. [Frankfurter Rundschau, 14.05.2021]
Wie sie [eine Regionalhistorikerin] berichtet, war vor Mitte des 19. Jahrhunderts auf dem Siegel von Leipferdingen auf einem Acker ein Pflug neben einem Baum und darüber eine Sonne dargestellt. [Südkurier, 22.01.2019]
Der Widderkopf steht in erster Linie als Zeichen für den Familiennamen von Bellin […][,] in zweiter Linie für den Ortsnamen. Entlehnt wurde er dem Siegel [des] Johann von Bellin und verweist auf ein einflussreiches und später ausgestorbenes Rittergeschlecht. [Schweriner Volkszeitung, 11.04.2009]

letzte Änderung:

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Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Siegel · Insiegel · siegeln · besiegeln · versiegeln · Siegellack · Siegelring
Siegel n. ‘Stempel zum Eindrücken eines Zeichens in weiche Masse (als Verschluß an Schriftstücken, Behältnissen usw.), Abdruck des Zeichens’, mhd. sigel ‘Siegel, Stempel, mit Siegel versehene Urkunde’, mnd. sēgel, mnl. sēghel, nl. zegel, afries. sigil, schwed. sigill sind entlehnt aus lat. sigillum ‘kleine Figur, kleines Bildnis, kleine Statue, Siegel(abdruck), Zeichen’, Deminutivum zu lat. sīgnum ‘Zeichen, Abzeichen, Kennzeichen, Signal, Bild, Siegel’ (s. Signum); zu lat. secāre ‘schneiden’. Vgl. mit abweichender Endung got. sigljō ‘Siegel’. Redensartlich (mit) Brief und Siegel ‘mit Urkunde und amtlicher Bestätigung’ (14. Jh.), übertragen ‘(mit) Sicherheit’ (etwa seit 16. Jh.); ein Buch mit sieben Siegeln ‘eine geheimnisvolle, unverständliche (weil mit Siegeln verschlossene) Sache’, nach Offenb. Joh. 5, 1 liber septem sigillis signatus, Luther (1522) eyn buch … versiggelt mit sieben siegelln (zuvor um 1466 insigeln); unter dem Siegel der Verschwiegenheit (18. Jh.). Älter ist Insiegel n. ‘Siegel(bild), Zeichen’, ahd. insigili (10. Jh.), mhd. insigel(e) ‘Siegel, Petschaft, Stempel, Zeichen’, jägersprachlich ‘Kennzeichen der Fährte des Hirsches’, mnd. ingesēgel, mnl. in(ge)sēghel, aengl. inseg(e)l, anord. (aus dem Mnd.) innsigli, schwed. insegel, das aus einer Kontamination von lat. sigillum mit lat. īnsīgne ‘Kennzeichen, Abzeichen’ (s. Insignien) hervorgegangen sein könnte. Oder aber zu (allerdings erst später bezeugtem) mlat. insigillare ‘ein Siegel eindrücken’ gebildet? – siegeln Vb. ‘mit einem Siegel versehen, verschließen’, ahd. sigilen (8. Jh.), mhd. sigelen ‘mit einem Siegel, Stempel versehen, zusiegeln, schließen, beenden’. Vgl. spätlat. sigillāre ‘kenntlich bzw. künstlich eindrücken’. besiegeln Vb. ‘durch ein Siegel bekräftigen, schließen’, ahd. bisigilen (10. Jh.), mhd. besigelen. versiegeln Vb. ‘durch ein Siegel verschließen’, mhd. versigelen ‘fest verschließen, verwahren, bekräftigen’, reflexiv ‘sich einschließen’; vgl. ahd. firsigilen ‘anzeigen, verkünden’ (10. Jh.). Siegellack m. ‘leicht schmelzbare Masse zum Siegeln’ (17. Jh.), zuvor mhd. sigelwahs. Siegelring m. ‘Ring mit einem gravierten Stein als Petschaft zum Siegeln’ (16. Jh.).

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Amtszeichen · Siegel · Stempel
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Siegel‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Siegel‹.

Zitationshilfe
„Siegel“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Siegel>.

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