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Potenz, die

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GrammatikSubstantiv (Femininum) · Genitiv Singular: Potenz · Nominativ Plural: Potenzen
Aussprache  [poˈtɛnʦ]
Worttrennung Po-tenz
formal verwandt mitpotent, Potenzialis, Potentialis
Wortbildung  mit ›Potenz‹ als Erstglied: Potenzangst · Potenzexponent · Potenzfunktion · potenziell / potentiell · potenzieren · Potenzmenge · Potenzmittel · Potenzpille · Potenzprotz · Potenzreihe · Potenzschwierigkeiten · Potenzschwäche · Potenzsteigerung · Potenzstörung
 ·  mit ›Potenz‹ als Letztglied: Arbeitspotenz · Dezimalpotenz · Hochpotenz · Idempotenz · Impotenz · Individualpotenz · Omnipotenz · Verteidigungspotenz · Zentesimalpotenz
Herkunft aus potentialat ‘Vermögen, Kraft, Macht, Gewalt, (Ober-)Herrschaft’ < potēnslat ‘mächtig, vermögend, fähig, einflussreich, stark’ (potent)
Duden, GWDS, 1999 und DWDS

Bedeutungen

1.
gehoben Wirkkraft, Stärke, LeistungsvermögenDWDSDWDS
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: die schöpferische, ökonomische, orgastische, intellektuelle, geistige, dichterische, künstlerische, wirtschaftliche Potenz
als Akkusativobjekt: seine Potenz ausschöpfen, entfalten, beweisen, demonstrieren, nutzen
Beispiele:
Der NPD fehle die »Potentialität«, die Kraft zur prägenden Einflussnahme. Von der AfD kann man das nicht sagen – sie sitzt in allen Parlamenten, sie hat gefährliche verfassungsfeindliche Potenz. [Süddeutsche Zeitung, 28.11.2020]
Das Können der Maschinen, die Potenz der Medikamente und die Geschicklichkeit der Mediziner machen es möglich, dass selbst Frühgeborene in der 24. Woche eine Überlebenschance habe. [Die Zeit, 29.07.1999]
Seine [des Hauses] aufwendige Architektur im Inneren und Äußeren, seine repräsentative Haltung, seine distinguierenden Ausdrucksgestalten und »Würdeformeln« machten Schule und die nach diesem Vorbild von 1952 bis 1956 errichtete Allee zu einer Sehenswürdigkeit. Schon ihr [Karl-Marx-Allee] Auftakt imponiert, ein Auftakt mit Aplomb. Noch ehe die Straße ihren ersten Höhepunkt erreicht, die beiden Türme am Frankfurter Tor, stellt sie in dem östlich davor gelegenen Abschnitt all ihre Potenzen selbstgenießerisch zur Schau. Die nördlicherseits verlaufende Häuserfront abbreviiert das Gesamtensemble besonders schwelgerisch. [Engler, Wolfgang: Die Ostdeutschen. Berlin: Aufbau-Taschenbuch-Verl. 2000 [1999], S. 40]
Um Mißverständnisse zu vermeiden: Ich will keineswegs bestreiten, daß die kapitalistische Modernisierungsgeschichte die menschlichen Potenzen über alles frühere Maß hinaus gesteigert hat; nicht bloß die technischen Fähigkeiten, sondern in vieler Hinsicht auch das Abstraktions‑ und Reflexionsvermögen. [Kurz, Robert: Schwarzbuch Kapitalismus. Frankfurt a. M.: Eichborn 1999, S. 19]
Stellen wir uns nun vor, daß diese so verschiedenen Intelligenzen in freien Verkehr treten, in innigerer Berührung sich gegenseitig anregen bei Unternehmungen, welche wie Wissenschaft, Technik, Kunst u. s. w. [sic!] eben gemeinsame Angelegenheiten sind, so kann man die gewaltige, gegenwärtig fast noch unausgenützte geistige Potenz der Menschheit abschätzen. [Mach, Ernst: Erkenntnis und Irrtum. Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1917] [1905], S. 51250]
metonymisch Person mit großer Leistungsfähigkeit oder WirkkraftDWDS
Beispiele:
Lech Wałęsa blieb eine Potenz von eigenem Format, ihm fühlt sich Adam Michnik jetzt explizit zum Dank verpflichtet, auch wenn die beiden manchen Strauß mit einander [sic!] ausgefochten haben. [Süddeutsche Zeitung, 08.05.2014]
Zunächst, in den fünfziger Jahren, war Arno Schmidt, was man eine Kollegenlektüre nennen könnte. Andere Schriftsteller wußten fast nur Gutes über ihn zu sagen – »eine Potenz, keine ganz angenehme, aber entschieden originell und kühn« (Gottfried Benn), »ein niedersächsischer Diderot« (Ernst Jünger) –, dem Rest der Welt blieb er verborgen. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.01.2004]
Sie war blutjung, eine kleine Studentin, die sich noch nicht kannte, den Kopf vollgesponnen von ihrem Wollen, das einstweilen doch nur anmaßend war. Mit diesem Wollen geriet sie an ihn und wurde ganz stark gebrochen. Der Mann war eine Potenz, er brach sie sofort. [Berliner Zeitung, 23.11.2001]
Das Epos hat seine Stoffe losgelöst von den lokalen Grundlagen, aus denen sie erwachsen sind, es hat sich eine Welt für sich geschaffen. Daher sind ihm auch die Götter nicht mehr Potenzen, die an eine Kultusgemeinde gebunden sind und in ihr wirken, sondern universelle Mächte. [Meyer, Eduard: Geschichte des Altertums. Bd. III. Berlin: Directmedia Publ. 2001 [1901], S. 18474]
übertragen Wenn [SZ-Kommentator] Heribert Prantl in »Die Union spricht bayrisch« schreibt, dass »die CSU, in welcher Koalition auch immer, eine Potenz sein wird«, so übersieht er, dass es gerade bei einer großen Koalition auf die Stimmen der CSU‑Mandatsträger in keiner Weise ankommen wird. [Süddeutsche Zeitung, 05.10.2013]
2.
in Bezug auf Menschen oder Tiere männlichen GeschlechtsDWDS   sexuelle Leistungsfähigkeit; Zeugungsfähigkeit
Grammatik: nur im Singular
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: die männliche Potenz
als Genitivattribut: die Steigerung, der Verlust der Potenz
als Akkusativobjekt: die Potenz steigern
in Koordination: Potenz und Libido, Fruchtbarkeit, Sexualität, Lust
in Präpositionalgruppe/-objekt: ein Symbol für Potenz; die Sorge um jmds. Potenz; Zweifel an jmds. Potenz
Beispiele:
[…] wahre Horrorgeschichten ranken sich um den Mythos, dass die Prostata nachweislich in direktem Zusammenhang mit der Erektionsfähigkeit des Mannes steht. Zwar ist die Prostata zusammen mit den Samenblasen zu 95 Prozent an der Bildung von Sperma beteiligt und hat damit auch unmittelbar mit der männlichen Potenz zu tun. »Inwieweit es hier aber Mechanismen gibt, die direkt in die Erektionsfähigkeit eingreifen, ist wissenschaftlich noch nicht sicher geklärt«, sagt der Urologe Heribert S[…]. [Berliner Zeitung, 13.01.2005]
Wer zwei Jahre lang auf sein Gewicht achtet, die Ernährung umstellt und regelmäßig Sport treibt, verbessert seine Erektionen in etwa so stark, als nähme er dauerhaft 25 Milligramm Viagra. Seit er ständig über Potenz spreche, habe er gemerkt, wie groß das Thema wirklich ist, sagt [Autor] Max Kersting. [Süddeutsche Zeitung, 24.10.2020]
Ich will mich sterilisieren lassen, habe aber Angst, dass sich das auf meine Potenz auswirkt. [Bild am Sonntag, 17.05.2015]
Ein Leibarzt von Silvio Berlusconi hat die sexuelle Potenz des italienischen Ministerpräsidenten gerühmt. [Der Spiegel, 06.07.2011 (online)]
Zeugungsvermögen, Potenz, die Fähigkeit, Nachkommen zu erzeugen, tritt auf mit der Zeit der Geschlechtsreife. [Brockhaus’ Kleines Konversations-Lexikon, Berlin: Directmedia Publ. 2001 [1906], S. 83532]
3.
Mathematik Produkt, das entsteht, wenn eine Zahl, ein mathematischer Ausdruck (mehrfach) mit sich selbst multipliziert wird
Kollokationen:
mit Genitivattribut: die [zweite, dritte] Potenz der Geschwindigkeit, Zahl
Beispiele:
Die Gesamtintensität der Wärmestrahlung wächst mit der vierten Potenz der Temperatur. [Die Welt, 12.11.2014]
Denn nicht nur der Energieverbrauch steigt mit Größe und Gewicht eines Fahrzeugs überproportional an, auch die Feinstaubemissionen aus dem Abrieb von Bremsen und Reifen sowie die Abnutzung der Straßen nimmt zu, Letztere sogar in der vierten Potenz der Achslast. [Die Zeit, 04.11.2017 (online)]
Mir haben doch selbst die Formeln für Potenzen und Logarithmen keine Schwierigkeiten bereitet[…]! [C’t, 1999, Nr. 25]
Die Schreibweise t = (2, 8, 6, 3, 4, 1, 0, 9, 7, 5) bedeutet beispielsweise t(0) = 2, t(1) = 8 … t(9) = 5. Die k‑te Potenz Tᵏ einer Permutation T entsteht durch k‑fache Hintereinanderausführung von T. So ist die zweite Potenz gegeben durch (x) = T(T(x)). Höhere Potenzen ergeben sich analog: (x) = T(T(T(x))) und so weiter. [C’t, 1997, Nr. 4]
Von der Voraussetzung ausgehend, daß das Planetensystem von mystischen Zahlen‑ und geometrischen Verhältnissen beherrscht sein müsse, bemüht sich Kepler durch höchst phantastische Konstruktionen mittels der fünf regulären Körper, diese Verhältnisse zu ergründen. Diese Spekulationen führen ihn aber nach 22 Jahren zur Entdeckung des Gesetzes, daß die dritte Potenz der Entfernung geteilt durch das Quadrat der Umlaufszeit für alle Planeten dieselbe Zahl gibt (sein 3. Gesetz). [Mach, Ernst: Erkenntnis und Irrtum. Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1917] [1905], S. 51547]
a)
übertragen größeres oder größtes AusmaßDWDS
Beispiele:
Der Antrieb war rabiat: die Gegenwart so intensiv, so minutiös wie nur irgend möglich zum Vorschein zu bringen. Er hat das Sehen und Hören zu einer Kunst höchster Potenz entwickelt. [Die Zeit, 11.02.2016]
Ist das Mansplaining in der zweiten Potenz? Muss ein Mann den Frauen den Feminismus und das Gendern erklären? [Süddeutsche Zeitung, 16.05.2019]
Am Ende aller dokumentarischen Zitate hat die Fiktion in höchster Potenz das letzte Wort[.] [Süddeutsche Zeitung, 21.11.2018]
Seit der Entertainer Jan Böhmermann vorgab, die Stinkefingersequenz in der Aufzeichnung der Rede des damaligen griechischen Finanzministers Varoufakis gefälscht zu haben – sie war in Wahrheit authentisch –, gilt das Fabrizieren von Fakes sogar als ein Spaß in zweiter, gleichsam dialektischer Potenz: […] [Die Welt, 10.03.2017]
Beim Denken ist er [der Philosoph] anthro[po]morphisch wie die Panthasie [sic!] jedes Kindes, beim Denken erst recht anthropomorphisch, weil er in Sprache denkt und die Sprache anthropomorphisch ist in zweiter Potenz. [Mauthner, Fritz: Wörterbuch der Philosophie. Berlin: Directmedia Publ. 2000 [1910], S. 24924]
b)
spezieller, Esoterik Stärkegrad der Verdünnung eines homöopathischen MittelsDWDS
Beispiele:
Ab einer bestimmten Potenz (D 23 bzw. C 12) befindet sich in einem homöopathischen Arzneimittel tatsächlich kein Atom der Ausgangssubstanz mehr. [Neue Zürcher Zeitung, 21.06.1996]
Bereits bei den homöopathischen Potenzen C 12 und D 24 erhält man so eine Verdünnung, als wenn man ein Gramm eines Wirkstoffes in den Wassermengen des Pazifischen und des Indischen Ozeans zusammen auflöst. [Die Welt, 20.09.2019]
vergleichend In einer Zeit der McDonaldisierung der Wirtschaft und des Kunstbetriebs – man denke nur an das Unternehmen Guggenheim – besinnt er sich auf das Kleine, Unscheinbare, das ähnlich einer homöopathischen Potenz ungeahnte Wirkung entfalten kann. [Neue Zürcher Zeitung, 08.10.2002]
Nicht nur daß homöopathische Mittel in den abstrusesten Mischungen und in verschiedenen Potenzen verabreicht werden, dazu gibt es dann auch noch, damit nichts schiefgeht, diverse Kräuter. [die tageszeitung, 30.05.1990]
Das Fasten weckt gar oft auch erst die feine Ansprechbarkeit auf die Feinreize der homöopathischen Potenz. [Buchinger, Otto: Das Heilfasten und seine Hilfsmethoden als biologischer Weg. Stuttgart: Hippokrates-Verl. 1982 [1935], S. 115]

letzte Änderung:

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Potenz · potent · potenzieren · Potentat · Potential · potentiell · impotent · Impotenz
Potenz f. ‘Kraft, Macht, Wirksamkeit, Leistungsfähigkeit, Stärke’ (16. Jh.), ‘Fähigkeit des Mannes zum Geschlechtsverkehr, zur Zeugung’ (19. Jh., als Gegenwort zu voraufgehendem Impotenz, s. unten), auch ‘Herrschergewalt, politische Macht’ (17. Jh.), in der Mathematik ‘Produkt mehrerer gleicher Faktoren’ (Anfang 18. Jh.), aus lat. potentia ‘Vermögen, Kraft, Macht, Gewalt, (Ober)herrschaft’, abgeleitet von lat. potēns (s. unten). – potent Adj. ‘stark, einflußreich, zahlungskräftig, leistungsfähig’ (um 1800), ‘fähig zum Geschlechtsverkehr, zeugungsfähig’ (20. Jh., als Gegenwort zu voraufgehendem impotent, s. unten), aus lat. potēns (Genitiv potentis) Part.adj. ‘mächtig, vermögend, fähig, einflußreich, stark’, eigentlich Part. Präs. zu einem untergegangenem Verb lat. *potēre ‘können’ (vgl. lat. posse). potenzieren Vb. in der Mathematik ‘eine Zahl mehrfach mit sich selbst multiplizieren’, allgemein ‘erhöhen, steigern, verstärken’ (19. Jh.), abgeleitet von Potenz. Potentat m. ‘Machthaber, Herrscher, regierender Fürst’ (16. Jh.), aus lat. potentātus ‘Vermögen, Kraft, Macht, Oberherrschaft’, mlat. (Plur.) ‘die Mächtigen’. Potential n. ortsabhängige Größe zur Beschreibung eines magnetischen bzw. elektrischen Feldes (Gauß 1836/1840), allgemein ‘Gesamtheit der vorhandenen Mittel und Möglichkeiten, Wirkungs-, Leistungsfähigkeit’, substantiviert aus spätlat. potentiālis ‘mächtig, wirksam, möglich’. potentiell Adj. ‘möglich, denkbar, der Anlage, der Möglichkeit nach wirkungsfähig’ (Mitte 19. Jh.), frz. potentiel, spätlat. potentiālis (s. oben). impotent Adj. ‘nicht mächtig, nicht fähig’ (2. Hälfte 17. Jh.), ‘zum Geschlechtsverkehr, zur Zeugung nicht fähig’ (2. Hälfte 18. Jh.), ‘untüchtig, nicht schöpferisch’ (20. Jh.), lat. impotēns (Genitiv impotentis) ‘nicht mächtig, schwach’. Impotenz f. ‘Unfähigkeit des Mannes zum Geschlechtsverkehr, zur Zeugung’ (2. Hälfte 18. Jh.), ‘Schwäche, Untüchtigkeit, Unfähigkeit zu schöpferischer Leistung’ (20. Jh.), lat. impotentia ‘Unvermögen’.

Bedeutungsverwandte Ausdrücke


Mathematik
Macht · Mächtigkeit · Potenz

Mathematik
Größenordnung · Potenz
Unterbegriffe
  • Stufenzahl · Zehnerpotenz

Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Potenz‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Potenz‹.

Zitationshilfe
„Potenz“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Potenz>.

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