Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Kanton, der

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GrammatikSubstantiv (Maskulinum) · Genitiv Singular: Kantons · Nominativ Plural: Kantone
Aussprache  [kanˈtoːn]
Worttrennung Kan-ton
Wortbildung  mit ›Kanton‹ als Erstglied: kantonal · Kantonist · Kantonsbürgerrecht · kantonseigen · Kantonsgebiet · Kantonsgericht · Kantonsgrenze · Kantonskanzlei · Kantonspolizei · Kantonspolizist · Kantonsrat · Kantonsregierung · Kantonsrätin · Kantonsverfassung · Kantonsystem · Kantonverfassung · Kantönligeist
 ·  mit ›Kanton‹ als Letztglied: Halbkanton · Urkanton
Herkunft aus cantonelombard ‘Gebiet’, besonders ‘Tal im Gebirge’
ZDL-Vollartikel

Bedeutungen

1.
in der Schweiz   Gliedstaat mit eigener Verfassung und eigenen, in vielen Belangen autonomen Organen der Legislative, Exekutive und Judikative
siehe auch Bundesland
Weiterführende enzyklopädische Informationen: Kanton (Schweiz), in: Wikipedia
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: ein Innerschweizer, Ostschweizer, Westschweizer, Zentralschweizer Kanton; ein Deutschschweizer, welscher, ländlicher, urbaner Kanton
mit Genitivattribut: die Kantone der Romandie
als Genitivattribut: die Gemeinden, das Obergericht, die Regierung, der Regierungsrat, die Staatsanwaltschaft, die Stimmberechtigten, das Verwaltungsgericht des Kantons; die Finanzlage, die Kompetenzen, eine Standesinitiative des Kantons
Beispiele:
Der Föderalismus ist ein tragendes Prinzip der Schweiz. Die 26 Kantone und die rund 2.200 Gemeinden verfügen über weitreichende Kompetenzen. [Luzerner Zeitung, 26.08.2022]
Auf ein Spitalbett kommen im Schnitt 3,4 Pflegekräfte, schweizweit sind es 3,9. Am meisten Pflegepersonal gibt es aber nicht etwa in den urbanen Kantonen mit Universitätsspitälern, sondern in den kleinen Urschweizer Kantonen Uri (5,2) und Obwalden (5,0). [Bote der Urschweiz, 06.02.2021]
Gerade die Schweiz hat hier einiges zu bieten: als Land, das in Wirtschaft, Bildung und Forschung weltweit Spitzenpositionen belegt, aber auch als föderaler Staat, in welchem sich die Kantone ähnlich wie die Bundesländer Deutschlands oder die Gliedstaaten Kanadas im Rahmen ihrer Zuständigkeiten wie beispielsweise im Bildungsbereich konstruktiv am internationalen Geschehen beteiligen. [Neue Zürcher Zeitung, 04.11.2020]
Im Kontrast zur Deutschschweiz stimmten alle Kantone der französischsprachigen Westschweiz (Romandie) und das italienischsprachige Tessin der Vorlage zu. [Der Standard, 28.09.2009]
Graubünden mit seinen 150 Tälern ist der größte Kanton der Schweiz; seiner kargen Scholle wegen ist er gleichzeitig der am schwächsten besiedelte. [Die Zeit, 04.10.1985]
CH , scherzhaft
Phrasem:
der große Kanton (= Deutschland)
Beispiele:
Die Bürger aus dem »großen Kanton« bilden zusammen mit den Italienern die größte Einwanderungsgruppe aus der EU: rund 300.000 Deutsche leben zwischen Bodensee und Genfer See. [Südkurier, 27.01.2014]
Als Deutscher will man nicht so recht glauben, dass es in einem Land, in dem der Döner neun Franken kostet, auch Menschen ohne Geld geben kann. Der »Zürich‑Krimi« aber belehrt die Zuschauer im »großen Kanton«, wie die Schweizer ihr Nachbarland gerne nennen, seit bald zwei Jahren eines besseren: Nicht nur Menschen mit Geldsorgen gibt es hier, sondern auch Mord und Totschlag. [Landshuter Zeitung, 15.02.2018]
Natürlich bekam auch der »große Kanton« sein Fett weg, das sich in folgendem, von Michael Elsener gespieltem Witz zusammenfassen lässt: ein Deutscher betritt in Zürich ein Spielwarengeschäft und fordert in schneidendem preußischen Tonfall die Verkäuferin auf, ihm ein Geduldspiel zu verkaufen »aber zack, zack!« [Südkurier, 11.04.2016]
Die Schweiz ist das beliebteste Auswanderungsland der Deutschen, doch sind Einwanderer aus dem »großen Kanton im Norden« mittlerweile das liebste Feindbild der konservativen Eidgenossen. [Leipziger Volkszeitung, 27.10.2008]
Die zwei Drittel alemannischen Eidgenossen hören es nicht gern. Aber wahr ist: Die Deutschschweizer sind deutscher als die Welschen französisch und als die Tessiner italienisch. Die Schwyzerdütschen haben über die Jahrhunderte mit dem Großen Kanton im Norden, wie sie ihn nennen, so viele kulturelle Impulse ausgetauscht, daß die Grenzen zwischen den Kulturen nur schwer zu orten sind. [Der Spiegel, 29.07.1991]
2.
in manchen anderen Ländern   so benannte Region mit eigener Verwaltung
Beispiele:
Als Ostbelgien werden die seit 1919 zu Belgien gehörenden drei Kantone mit den Städten Eupen, Malmedy und St. Vith bezeichnet. [Südkurier, 14.07.2021]
Der Kanton Una‑Sana fühlt sich vom Rest Bosnien‑Herzegowinas im Stich gelassen. [Badische Zeitung, 29.12.2020]
Wir waren gespannt auf das nächste Städtchen am Weg durch Ostbelgien: Malmedy. Eigentlich hatten wir erwartet, hier ebenfalls deutsch reden zu können. Aber der Kanton Malmedy gehört trotz seiner langen deutschen Geschichte zur Französischen Gemeinschaft Belgiens. [Münchner Merkur, 12.04.2022]
Wie schon bei der Invasion in den kurdischen Kanton Afrîn im Nordwesten Syriens stützt sich Ankara auch bei seiner »Operation Friedensquelle« auf syrische Freischärler. [Süddeutsche Zeitung, 05.12.2019]
Ein vielseitiger Bursche, dieser Ara: Kommt er doch unter anderem in der Bibel vor, ist ein Asteroid, fließt durch die spanischen Pyrenäen und liegt als Kanton in Bolivien. Abgesehen davon, dass er als lebender Farbklecks kreischend durch Mittel‑ und Südamerika flattert. [Saarbrücker Zeitung, 30.09.2011]
3.
in Frankreich
Synonym zu Wahlkreis
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: ein französischer Kanton
Beispiele:
Seit 50 Jahren besteht nun schon die Partnerschaft zwischen dem französischen Kanton in der Normandie und der Verbandsgemeinde Puderbach. [Rhein-Zeitung, 12.05.2020]
In Frankreich fand am Sonntag der erste Gang der Wahlen in den Kantonen statt, bei denen 1799 Generalräte – die örtlichen Volksvertreter – für die Departementsversammlungen zu wählen waren. [Neues Deutschland, 08.03.1976]
Trotz neuer Strukturen sind auch die Elsässer wahlmüde[.] Im Kanton Ensisheim/Neuf‑Brisach interessierte die Wahl [des Generalrats] noch weniger als im übrigen Frankreich: Mit 70 Prozent Nicht‑Wählern lag der hier noch einmal vier Prozent über dem nationalen Durchschnitt von 66 Prozent. [Badische Zeitung, 23.06.2021]
Veränderungen: Mit den Wahlen im vergangenen Jahr in Frankreich wurde die Zahl der Kantone auf 15 reduziert und die Kantone wurden dadurch zwangsläufig neu aufgeteilt. Folgen für Maintenon: So wurde der Kanton Maintenon beispielsweise entsprechend der bevölkerungsreichsten Gemeinde in den Kanton Epernon umbenannt. Zudem wurden Teile des alten Kantons Maintenon dem Kanton Auneau zugesprochen. [Mittelbayerische, 21.05.2016]
Es ist nur ein Sieg bei einer Lokalwahl, es ist bloß der zweite Gewinn in einem von 4032 französischen Kantonen – und dennoch hat der Triumph des rechtsextremen Front National (FN) am Sonntag im Departement Var für große Unruhe in der französischen Parteienlandschaft gesorgt[…]. [Der Spiegel, 13.10.2013 (online)]

letzte Änderung:

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Kanton · kantonal · Kantonist
Kanton m. ‘Bundesland der Schweiz’ (seit dem 16. Jh.), zuvor vereinzelt landschaftlich schon ‘Teilgebiet, Landesteil’ (15. Jh.), in Preußen ‘Aushebungskreis für Rekruten’ (18. Jh.). Der schweiz. Ausdruck stammt aus lombard. cantone ‘Gebiet’, besonders ‘Tal im Gebirge’, das zur Bezeichnung der unabhängig gewordenen Gebirgstäler der Innerschweiz übernommen wird (vgl. ital. cantone ‘Ecke, Kante’, Vergrößerungsform zu ital. canto ‘Winkel, Ecke, Kante, Seite’, auch ‘Ort, Gegend’). Früherer Gebrauch im Dt. (15. Jh.) und wohl auch die Verwendung von Kanton als Einteilungseinheit im preußischen Kantonsystem beruhen dagegen auf mfrz. frz. canton ‘Landstrich, Kreis, Bezirk, Revier’ (seit Ende 18. Jh. ‘Unterbezirk eines Departements’), afrz. canton ‘Winkel, Ecke’, das wahrscheinlich gleichbed. aprov. canton, Ableitung von aprov. can ‘Rand, Kante, Seite’ (vgl. afrz. chant ‘Seite’) fortsetzt. Ital. canto und aprov. can gehen auf lat. cantus ‘Radreifen, Radfelge’ zurück und sind letztlich gall. Herkunft (s. Kante). – kantonal Adj. ‘den Kanton betreffend, zu ihm gehörig’ (19. Jh.). Kantonist m. ‘Dienstpflichtiger’ (19. Jh.), zu Kanton ‘preußischer Wehrverwaltungsbezirk’; nur noch in der Fügung unsicherer Kantonist ‘unzuverlässiger Mensch’, eigentlich ‘Dienstpflichtiger, der sich der Gestellungspflicht zu entziehen sucht’.

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Geografie
Guang-Stadt · Guangzhou · Kanton
Oberbegriffe
Assoziationen

Typische Verbindungen zu ›Kanton‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Kanton‹.

Appenzell Arrondissement bevölkerungsreich Bezirk Bund deutschschweizer finanzschwach französischsprachig Friedensgerichtsbezirk Graubünden innerschweizer Kanton Nidwalden Obwalden ostschweizer schweizer schweizerisch Tessin Thurgau Verwaltungseinheit Waadt Wahlkreis welsch westschweizer zentralschweizer Zürich
Zitationshilfe
„Kanton“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Kanton>.

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selten häufig

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