Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute.

Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (WDG)

WDG, 1. Band, 1967

bei, Präp. mit Dat.

WDG, 1. Band, 1967
1bei /Präp. mit Dat.,
vgl. beim /
I. /räuml./
1. /bezeichnet Nähe, lose Berührung/
a) in der Nähe von: Potsdam (liegt) b. Berlin; die Schlacht b. Jena und Auerstedt; der Parkplatz beim Rathaus; die Blumenbank steht beim Fenster; die Tafel hängt beim Katheder; der Pförtner beim Haupteingang; b. der Bücke ankommen, auf und ab gehen, auf jmdn. warten; sich (im Restaurant) b. der Tür hinsetzen; wer ist die Dame, die b. deinem Freund (am Tisch) sitzt?; b. dem Arzt standen mehrere Krankenschwestern; Mil. Gewehr b. Fuß; unmittelbar, dicht, nahe b. der Post ist ein Kiosk; die Leute standen dicht b. dicht (dicht gedrängt) im Hafen liegt Schiff b. (neben) Schiff
b) /in Verbindung mit Personen und Institutionen/ im Bereich von, in den Wohn- oder Arbeitsräumen, Räumen von: b. jmdm. eingeladen sein, eintreten, zu Besuch sein, vorsprechen, wohnen, schlafen; sich beim Pförtner anmelden; beim Arzt lange warten müssen; beim Bäcker Brötchen holen; b. Professor A (Vorlesungen) hören; das Buch liegt b. Vater (im Zimmer) auf dem Schreibtisch; b. den Indianern leben; er hat viel b. Behörden zu tun; er ist b. der Post beschäftigt; sie arbeitet b. einem Verlag; umg. er ist b. der Eisenbahn (arbeitet als Eisenbahner) eine Ware beim Konsum kaufen; den Mantel b. der Garderobe abgeben; ein Konto b. der Sparkasse haben; b. der Infanterie ausgebildet werden; der Aufenthalt b. den Inselbewohnern; hist. Empfang b. Hofe; er ist b. uns (in unserem Land, Ort, Betrieb, in unserer Familie) zu Gast b. Meiers (in der Familie Meier) ist ein Baby angekommen dieser Satz steht b. Goethe (in Goethes Werken)
c) /in Verbindung mit dem Refl.pron.; der Ton liegt auf bei/ jmdn. b. sich haben jmdn. in seiner Begleitung, Umgebung haben: er hatte seinen Stellvertreter b. sich; [er genoß] das Glück, sie anzublicken und bei sich zu wissen Flake Schritt 296 etw. b. sich haben, tragen etw. mit sich führen: Geld b. sich haben; trägst du deine Brille immer b. dir?; /in übertragenen Wendungen/ ein Geheimnis b. sich (für sich) behalten sie hat recht, dachte er b. sich (im stillen) salopp nicht (ganz) b. sich sein (nicht bei Verstand sein)
2. /bezeichnet enge Berührung; meist in Verbindung mit Verben des Greifens/ an: jmdn. b. der Schulter packen; jmdn. beim Rockzipfel halten, fassen; jmdn. beim Arm nehmen;
3. /in räumlich übertragenen Wendungen/
a) /entsprechend der Bedeutung 1 a u. b / die Entscheidung liegt beim Arzt, Ministerium; geh. das steht b. Ihnen (hängt von Ihnen ab) salopp b. dir piept's wohl?; b. dem ist wohl eine Schraube los?; umg. man weiß nie, woran man b. ihm ist; /in fester Abhängigkeit von Verben/ b. jmdm. anfragen, anrufen, etw. erreichen wollen; b. jmdm. ein gutes Wort für seinen Freund einlegen; sich b. jmdm. beschweren, entschuldigen, erkundigen; b. jmdm. ein Gefühl der Zuneigung erwecken; b. jmdm. etw. gelten; umg. b. jmdm. gut angeschrieben sein; b. seiner Behauptung bleiben; es bleibt alles beim alten; er verweilte gern b. diesen Geschichten; /von Adjektiven/ angesehen, beliebt b. jmdm.
b) /entsprechend der Bedeutung 2 / die Gelegenheit beim Schopfe ergreifen; umg. etw. b. der Hand haben; /losgelöst von räumlicher Vorstellung/ jmdn. beim Wort nehmen; jmdn. beim Namen rufen; die Sache beim rechten Namen nennen
4. /weitgehend gelöst von räumlicher Vorstellung; drückt eine allgemeine Beziehung aus/ was etw., jmdn. angeht, so …: b. der Herrenkleidung sind jetzt enge Hosen modern; die Reparatur dauert b. Schirmen zwei Wochen; b. diesem Wort fehlt ein Buchstabe; b. seinem Vorschlag handelt es sich um ein einmaliges Angebot; b. ihm braucht man keine Befürchtungen zu haben, daß er es nicht schafft; b. starken Rauchern kann es zu Nikotinvergiftungen kommen; b. Ärzten findet man diese Ansicht häufig; b. unserm Betrieb kommt so etwas nicht vor; b. den alten Griechen stand die Kunst in hohem Ansehen; so war es auch b. mir (in meinem Falle) ; b. ihm (wenn man mit ihm zu tun hat) darf man nicht nachgeben
II. /bezeichnet die Gleichzeitigkeit eines Zustandes, Vorganges mit einem anderen (sich an gleichen Ort vollziehenden) Zustand, Vorgang/
1.
a) b. dem gestrigen Regen fanden wir unter einem Baum Schutz; b. näherer Betrachtung stellte sich heraus, daß …; beim Auftritt des Clowns gab es viel Gelächter; beim Abgang des Zuges waren alle Plätze besetzt; beim Herannahen der Gefahr ertönte das Signal; eine neue Methode beim Schleifen einführen; b. Einbruch der Dunkelheit wurde die Beleuchtung eingeschaltet; b. der Versammlung wurde viel geraucht; ich lernte ihn b. einer Geburtstagsfeier kennen; er ist beim Lesen eingeschlafen; er reiste b. Nacht; das sonderbare Ereignis b. seiner Geburt, seinem Tode; veraltend b. (zu) Lebzeiten seines Vaters veralt. Von da an haben wir alle geglaubt, daß wir noch bei diesen unseren Zeiten … den Antichrist erwarten müßten Le Fort Papst 111; sein … Fleiß hatte ihm schon bei jungen Jahren zu einem hohen Grade öffentlicher Anerkennung verholfen Kügelgen Jugenderinnerungen 40
b) /mit Betonung der räumlichen Vorstellung/ b. Tisch (beim Essen) sitzen umg. b. Wasser und Brot (in Gefangenschaft) sitzen sie sitzt immer noch b. ihrem Pullover (beim Stricken ihres Pullovers) er war b. Verdun (im Kampf um Verdun) verwundet worden der Ballon wurde b. 1000 Meter (als er 1000 Meter hoch gestiegen war) angehalten
2. /bezeichnet einen Begleitumstand/ der Zug passierte die Grenze b. Regen; er schläft b. geöffnetem Fenster; die Steigerung der Produktion b. gleichzeitiger Verkürzung der Arbeitszeit; das Werk produziert jetzt das Doppelte b. gleichbleibend guter Qualität; b. Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte wurde er zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt; das Betreten des Eises ist b. Strafe verboten (ist verboten, wobei Zuwiderhandlungen bestraft werden)
3. /bezeichnet außerdem die Bedingung/ b. Regen gehen wir nicht spazieren; b. Gelegenheit werde ich ihn zur Rede stellen; die Notbremse darf nur b. Gefahr gezogen werden; b. Ausnutzung aller Möglichkeiten läßt sich das Ziel erreichen; b. Versammlungen sollte man nicht rauchen; dies Medikament darf nur b. hohem Fieber angewandt werden; b. Frühgeburten ist besondere Sorgfalt erforderlich; Wasser kocht b. 100 Grad; b. Entfernungen über 100 Kilometer beträgt der Zuschlag 3 Mark; b. Licht besehen (wenn man die Sache genau betrachtet)
4. /bezeichnet außerdem den Grund/ b. dem Regen sind die Wege unpassierbar; b. deinen guten Augen brauchst du keine Brille; b. solcher Ausbildung ist diese Leistung nicht verwunderlich; b. den gewaltigen Bodenschätzen dieses Landes ist seine rasche industrielle Entwicklung sicher
5. /bezeichnet außerdem eine Einräumung/ b. so starkem Regen sind sie spazierengegangen; dieser Grundsatz ist b. manchen Vorbehalten im einzelnen heute allgemein anerkannt; b. seinem großen Wissen ist er dennoch ohne wirkliche Bildung; umg. beim besten Willen kann ich dir nicht helfen; /häufig mit folgendem all / b. aller Großzügigkeit war sie doch sparsam; b. aller Anerkennung seiner Leistungen kann man ihn dennoch nicht als Bahnbrecher bezeichnen; b. all seinen Verdiensten hatte er aber auch einen schweren Fehler
6. /in fester Abhängigkeit von Verben/ jmdn. b. der Wache ablösen; b. einem Scherz mitmachen; b. einem Konzert mitwirken; jmdm. b. der Arbeit helfen; /von Adjektiven/ ihm ist angst, bange, nicht wohl b. dem Gedanken; umg. das Beste b. der Sache ist, daß …; beim Appell anwesend sein; sie war neidlos b. anderer Glück
7. /in der Verbindung mit dem Vb. sein / b. etw. sein mit etw. beschäftigt sein: b. der Arbeit, beim Schachspiel sein; /sein + beim + Inf. gibt die Verlaufsform an / er ist beim Schreiben, Pflügen (schreibt, pflügt gerade) /in übertragenen Wendungen/ (ganz) b. der Sache sein; b. Kräften, guter Laune, gutem Appetit, vollem Bewußtsein sein; geh. [man] trank überall viel schweren Wein, war nie recht bei Sinnen Federer Berge 35; salopp du bist wohl nicht b. Trost?; schlecht b. Kasse sein
III. /in Sonderfunktionen/
1. /in Verbindung mit Ausdrücken des Schwörens, Beteuerns/ etw. b. seiner Ehre schwören; etw. beim Andenken seiner Mutter geloben; Rel. b. Gott, das ist wahr!; veralt. b. meiner Treu!; b. meiner armen Seele!
2. b. weitem /drückt einen starken graduellen Unterschied aus/ er ist b. weitem (weitaus) der Beste, Klügste du hast b. weitem (längst) noch nicht alles erfahren die frühen Werke des Dichters übertreffen die späteren b. weitem (um vieles)
3. veralt. /in Verbindung mit Zahlen bei Zeitangaben; vgl. bei / etwa, ungefähr während: nachdem sie bei drei Monaten unterwegs gewesen Brentano 11,282; schließlich, so bei (etwa nach) einem Jahr, da hatte er sich gewöhnt Welk Grambauer 437

WDG, 1. Band, 1967

bei, Adv.

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2bei /Adv./
norddt. umg. /dabei, hierbei, wobei werden zu da … bei, hier … bei, wo … bei getrennt / gestern war eine Schlägerei, da ist er b. gewesen; machst du deine Schularbeiten? Da bin ich b.; hier hat er b. gelacht; wo sind wir das letzte Mal b. stehengeblieben?; Da kann man nichts bei machen Fallada Kleiner Mann 152

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bei

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3bei
/vgl. bei / veralt. etwa, ungefähr: Bei siebzig evangelische Familien mußten die Stadt verlassen Ranke 3,267; [die Tanzschuhe] kosten bei vierzehn Mark Strittmatter Wundertäter 216

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Zitationshilfe
„bei“, in: Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (1964–1977), kuratiert und bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/wdg/bei>.

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