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Scheiterhaufen, der

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GrammatikSubstantiv (Maskulinum) · Genitiv Singular: Scheiterhaufens · Nominativ Plural 1: Scheiterhaufen · Nominativ Plural 2: selten Scheiterhäufen
Aussprache  [ˈʃaɪ̯tɐˌhaʊ̯fn̩]
Worttrennung Schei-ter-hau-fen
Wortzerlegung Scheit Haufen
ZDL-Vollartikel

Bedeutungen

1.
Scheiterhaufen
Scheiterhaufen
(LepoRello, GNU FDL)
Haufen aus Holzscheiten o. Ä., der angezündet wird
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: ein brennender, lodernder, prasselnder Scheiterhaufen; ein gewaltiger, riesiger Scheiterhaufen
als Akkusativobjekt: den Scheiterhaufen anzünden, entzünden; einen Scheiterhaufen bauen, errichten, schichten, aufschichten
in Präpositionalgruppe/-objekt: etw. auf einem Scheiterhaufen verbrennen; auf dem Scheiterhaufen brennen, landen, verbrennen, schmoren
als Aktivsubjekt: der Scheiterhaufen brennt, lodert
als Genitivattribut: die Flamme, Glut des Scheiterhaufens; das Feuer des Scheiterhaufens
a)
historisch großer Haufen aus Reisig und Holzscheiten, auf dem Verbrecher und besonders Hexen, Ketzer oder unerwünschte Bücher und Dokumente verbrannt wurden
Kollokationen:
als Akkusativobjekt: den Scheiterhaufen besteigen
als Dativobjekt: dem Scheiterhaufen (= der Hinrichtung) entgehen
in Präpositionalgruppe/-objekt: jmdn., etw. auf dem Scheiterhaufen verbrennen; der Tod auf dem Scheiterhaufen; der Ketzer auf dem Scheiterhaufen; die Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen; jmdn. auf dem Scheiterhaufen hinrichten, opfern; jmdn., etw. auf dem Scheiterhaufen verbrennen; auf dem Scheiterhaufen sterben
Beispiele:
Christliche Fundamentalisten verdächtigten die Brauerinnen als Hexen, weshalb sie zuweilen auch auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. [Basler Zeitung, 28.04.2023]
In vielen Städten in Deutschland sind am 10. Mai 1933 Bücher auf den Scheiterhaufen geworfen worden. [Rhein-Zeitung, 19.05.2023]
Während des Reichstages zog Franz von Sickingen seine Truppen rings um Worms zusammen, um Luther und seine Anhänger zu schützen, damit ihnen das Schicksal des Jan Hus erspart bliebe. Der war 100 Jahre zuvor beim Reichstag zu Konstanz als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden, obwohl Papst und Kaiser ihm freies Geleit zugesichert hatten. [Allgemeine Zeitung, 06.05.2023]
»Oft sind die Prozessakten der Hinrichtungen nicht erhalten geblieben, sondern lediglich die penible Abrechnung der Gerichts‑ und Hinrichtungskosten – bis hin zu den Kosten für das Holz des Scheiterhaufens zeugen [sie] von dem schweren Los dieser hingerichteten Frauen«[…]. [Saarbrücker Zeitung, 19.07.2018]
Am Leonhardsplatz wurde der Frauen gedacht, die hier im Mittelalter als Hexen auf dem Scheiterhaufen starben und ebenfalls der zahlreichen Hingerichteten aus den dunklen Vorzeiten der Stadt. [Schauerlich-schön zur Nacht der Toten gedacht, 02.11.2017, aufgerufen am 24.04.2022]
Seit Kirche und Staat sich gegen Hexen und deren Zauberkunst ausgesprochen hatten, war das Leben als Kräuterfee schwer. […] Im Glaube, dass diese Frauen im Bund mit dem Teufel standen, landeten sie zu Tausenden auf den Scheiterhäufen Europas. [Südkurier, 16.11.2002]
Eine lange Reihe schrecklicher Hinrichtungen sollte jede Spur des reformierten Bekenntnisses ausrotten, in drei Jahren mußten gegen dreihundert »Ketzer« den Scheiterhaufen besteigen, aber die Standhaftigkeit, mit der sie den qualvollen Tod erduldeten, trug nur zur Verbreitung des evangelischen Glaubens bei. [Pfalz, Franz: Die Geschichte in ihren Grundzügen. Teil 3. Leipzig 1895]
b)
großer Haufen aus Reisig und Holzscheiten, auf dem Leichen verbrannt wurden
Kollokationen:
in Präpositionalgruppe/-objekt: jmdn. auf dem Scheiterhaufen verbrennen
Beispiele:
In Zeiten des grossen Sterbens versagen die Rituale des Abschieds. Je länger die Seuche anhält, desto weniger werden die Toten beachtet. […] Am Ende werden die Toten in tiefen Gräben verscharrt oder auf Scheiterhaufen verbrannt. [Neue Zürcher Zeitung, 01.03.2006]
Zu Mooses Totenfeier am 31. Mai in Mansa, Punjab, kamen tausende von Menschen. Die in Stoffen gehüllte Leiche wurde auf das Feld seiner Familie getragen, traditionsgemäß auf einen Scheiterhaufen gelegt und vor einer bestürzten und wütenden Menge verbrannt. [Der Tagesspiegel, 26.06.2022]
Im Schacht der Grabräuber kamen auch bereits eine Reihe von Funden ans Licht, insbesondere Glasperlen, aber auch ein kleines Goldplättchen, das wahrscheinlich von einer goldenen Bommel stammt. Weil man damals die Toten am Scheiterhaufen verbrannt hat, zeigen die Schmuckstücke vielfach starke Verformungen. [Kleine Zeitung, 16.11.2007]
Die Soldaten im Lager errichteten einen Scheiterhaufen, um den Toten zu verbrennen. [Scheiblhuber, Alois Clemens: Deutsche Geschichte. 3. Aufl. Nürnberg 1912]
Starb ein Germane, so wurde sein Leichnam auf einem Scheiterhaufen von Eichenholz und Wachholdersträuchern [sic!], der auf einem mit Steinen gepflasterten Platze […] errichtet war, verbrannt. [[o. A.]: Mecklenburgisches Lesebuch für mehrstufige Schulen. [Bd. 5A, Schülerbd.] 2. Aufl. Schwerin 1908]
c)
Scheiterhaufen
Scheiterhaufen
großer Haufen aus Reisig und Holzscheiten, der für meist rituelle Feuer angezündet wird
Kollokationen:
in Präpositionalgruppe/-objekt: etw. auf dem Scheiterhaufen verbrennen
Beispiele:
Mit dem Entzünden riesiger geschlichteter Scheiterhaufen […] soll dem Winter der Garaus gemacht werden. [Vorarlberger Fasnacht: Lodernde Funken beenden Fasching, 07.03.2019, aufgerufen am 24.04.2022]
Wenn Hunderte Schaulustige gespannt darauf warten, bis eine Stoffpuppe auf einem Scheiterhaufen inmitten eines Flammenmeers explodiert, dann ist wieder Funkensonntag. [St. Galler Tagblatt, 25.02.2023]
Zum Abschluss des Festes wird am 21. Februar 2012 auf dem Marktplatz ein großes Feuer entfacht und der Winter in Form einer Strohpuppe auf dem Scheiterhaufen verbrannt. [Reisenews Online, 22.12.2011, aufgerufen am 01.09.2020]
Da kamen Jugendliche […] nachts mit Paddelbooten über den Strom und steckten schon am Karfreitag den Scheiterhaufen in Brand. Auch das ist ein alter Brauch in Gegenden, wo es Osterfeuer gibt. […] Seitdem wird der Scheiterhaufen jedes Jahr zu Ostern von einer Nachtwache […] gesichert. [Welt am Sonntag, 01.04.2007]
Die Strohpuppe, die alle während des Karnevals begangenen kleinen und grossen Sünden auf sich nehmen musste, wurde durch das Dorf geführt, von den Bewohnern ausgelacht und verhöhnt und dann auf dem Scheiterhaufen verbrannt, erschossen oder ertränkt. [Neue Zürcher Zeitung, 24.02.2001]
2.
übertragen Ort oder Medium als Gelegenheit, andere Menschen öffentlich zu beschimpfen oder zu beleidigen
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: der elektronische, verbale Scheiterhaufen
Beispiele:
Allein vor den Olympischen Spielen 2010 wurden mehr als 30 Athleten und in Peking sogar mehr als 70 Athleten wegen positiver Befunde [bei Doping-Tests] ausgeschlossen. Man stelle sich mal vor, vor der Tour oder vor dem Giro wären Radsportler in ähnlichen Dimensionen betroffen. Ich sehe sie schon die verbalen Scheiterhaufen! [Badische Zeitung, 08.06.2010]
Die Macher des Podcasts […] verstehen den Hass im Internet als das gegenwärtige Äquivalent zur mittelalterlichen Hexenverfolgung: Twitter als Scheiterhaufen, dessen Funken längst auf die Realität übergesprungen sind […]. [Neue Zürcher Zeitung, 22.02.2023]
Es gibt heute die digitale Form der Scheiterhaufens, auf dem man jeden verbrennen kann. [Döbelner Allgemeine Zeitung, 14.12.2019]
Martin Luther hätte der Einschätzung seines Kollegen Jan Hus – heilige Einfalt – zweifellos zugestimmt, als er vor dem immerhin nur verbalen Scheiterhaufen seiner Gegner stand und »nicht anders konnte« als seine freie Meinung zu bezeugen. [Vor 600 Jahren – das Konzil von Konstanz, 10.03.2015, aufgerufen am 01.09.2020]
Zeigt sich […] das Muster, dass wir Menschen allem Ungewöhnlichen und Neuem erst einmal mit Ablehnung begegnen? Dieser Mechanismus gehört anscheinend zum Prinzip Menschheit. Früher hat man solche Leute auf dem Scheiterhaufen angezündet. Heute gibt es den elektronischen Scheiterhaufen des Internets. [Die wahren Visionäre unserer Zeit, 14.02.2011, aufgerufen am 01.09.2020]
3.
Scheiterhaufen mit Rosinen
Scheiterhaufen mit Rosinen
(Philafrenzy, CC BY-SA 4.0)
Scheiterhaufen
Scheiterhaufen
(Anu Wintschalek, CC BY 2.0)
bildlich, Kochkunst in Österreich beliebte Süßspeise aus alten, trockenen Brötchen, Milch, Eiern und Früchten, Zimt, Zucker oder Mandeln, die in einer Auflaufform gebacken wird
Unterbegriff von Mehlspeise, siehe auch Semmelauflauf, Ofenschlupfer
Beispiele:
Der Semmelauflauf, auch Scheiterhaufen genannt, sieht nicht unbedingt ansehnlich aus. Dafür schmeckt er aber umso besser. Außerdem bietet er Gelegenheit, altes Brot oder Semmeln und die ersten Äpfel zu verwerten. [Mittelbayerische, 26.08.2019]
Für viele Generationen war es aus der Not heraus selbstverständlich, Essen haltbar zu machen. Jene, die im Überfluss aufgewachsen sind, haben dies aber längst verlernt – nur wenige machen heute noch Kompott, Scheiterhaufen und Arme Ritter oder legen Gemüse ein. [Salzburger Nachrichten, 10.05.2022]
Oft bekommt man zu einem Scheiterhaufen Eiscreme oder Schlagobers serviert. [Kurier, 27.12.2019]
Der Scheiterhaufen schmeckt mit Zwetschken saftiger und ist warm sowie kalt sehr genießbar. [Oberösterreichische Nachrichten, 26.09.2019]
Heute verarbeitet Marianne, mit 75 die älteste Bäckerin, etwa altes Brot zu Scheiterhaufen mit Vanillesauce. [Tiroler Tageszeitung, 18.04.2017]

letzte Änderung:

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Scheit · scheitern · Scheiterhaufen
Scheit n. ‘abgespaltenes Stück Holz’, ahd. -skīt (vgl. grabūnskīt, Hs. 12. Jh.), mhd. mnd. schīt, aengl. scīd, engl. (mundartlich) shide, anord. skīð ‘Scheit, Schneeschuh’ (s. Ski) führen auf germ. *skīda- n. ‘Gespaltenes’ und stehen im Ablaut zu dem unter scheiden (s. d.) behandelten Verb. Neben dem Plur. mhd. schīte, nhd. Scheite entwickelt sich in Analogie zur Pluralform der es/os-Stämme ein neuer Plur. mhd. schīter, nhd. Scheiter, zu dem das Verb scheitern ‘zugrunde gehen, erfolglos sein’, eigentlich ‘in Stücke gehen’ (17. Jh.), zuvor zu-, zerscheitern (16. Jh.), gebildet wird, wohl aus Wendungen wie zu Scheitern gehen ‘in Trümmer auseinanderbrechen’ (16. Jh.), besonders vom Schiffbruch (17. Jh.). – Scheiterhaufen m. ‘aufgeschichteter Holzstoß’, auf dem Leichen, Verbrecher, Ketzer verbrannt wurden (16. Jh.). S. auch Richtscheit.

Typische Verbindungen zu ›Scheiterhaufen‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Scheiterhaufen‹.

Zitationshilfe
„Scheiterhaufen“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Scheiterhaufen>.

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