Muselmann, der
GrammatikSubstantiv (Maskulinum) · Genitiv Singular: Muselmann(e)s · Nominativ Plural: Muselmänner/Muselmannen
Aussprache [ˈmuːzl̩ˌman]
Worttrennung Mu-sel-mann
Formgeschichte Die Nähe zum Ausgangswort Muselman, (Plural:) Muselmanen zeigt sich in einem heute noch gar nicht
seltenen Plural Muselmannen.
Bedeutungsübersicht
ZDL-Vollartikel
Bedeutungen
1.
veraltend Synonym zu Moslem, Muslim, Mohammedaner, Muselman
Der Ausdruck wurde ursprünglich neutral verwendet, bekommt aber heute neben den üblicher gewordenen Bezeichnungen Moslem, Muslim usw. häufig einen mehr oder weniger spöttischen, abwertenden oder distanzierenden Klang und wird deshalb in offiziellen Kontexten in der Regel gemieden.
Beispiele:
Allahs Gebot reicht weit in Afrika. Wo immer diese
Muselmänner auch sind, pünktlich um zwölf
entrollen sie ihren Gebetsteppich, ob der Muezzin ruft oder nicht: Allah ist
Allah und Mohammed ist sein Prophet. [Die Zeit, 22.09.1967]
Eine köstliche Kreation war es, die der »Stargast« des Abends, der
mehrfach ausgezeichnete Comedian, Schauspieler und Kabarettist Özgür Cebe
(»Der bewegte Muselmann«, »Freigeist oder
geistfrei?«) dem Publikum an den Tischen servierte. [Münchner Merkur, 07.12.2022]
Wir Schweizer sind in den Fokus teutonischer Humoristen gerückt.
Bisher waren es ja mehr so die Inder, die Türken, die
Muselmannen und ‑frauen, die Ossis und die Assis.
Und nun also wir Schweizer. [Der Bund, 21.01.2016]
Friedliche Muselmänner sitzen in einer Bude,
davor stehen die Schuhe, drinnen beten sie in eine Richtung, womöglich liegt
da Mekka. [Die Zeit, 09.03.2007]
Der Müdir hatte in allen Dörfern der Umgebung einen Befehl anschlagen
lassen, laut dessen jeglicher Muselmann verpflichtet
war, jedes armenische Wesen, das ihm vor Augen komme, kurzerhand zu
verhaften, und sei es auch ein Bettler, ein Blinder, ein Siecher, ein Irrer,
ein Krüppel, ein Greis oder Kind. [Werfel, Franz: Die Vierzig Tage des Musa Dagh II. Stockholm: Bermann-Fischer 1947 [1933], S. 233]
Eine Nachahmung [der Fahne des Propheten] wird bei einem den Islam bedrohenden
kriegerischen Ereignis auf der Sophienmoschee oder am Serail aufgesteckt, in
welchem Fall jeder Muselmann verbunden ist, sich
bewaffnet dem Sultan zur Verfügung zu stellen. [Brockhaus’ Kleines Konversations-Lexikon. Berlin: Directmedia Publ. 2001 [1906], S. 22087]
2.
historisch in der Zeit des Nationalsozialismus dauerhaft entkräfteter, dem Tode naher Häftling (eines Konzentrationslagers)
Beispiele:
Im Lager‑Jargon werden Häftlinge, die sich seelisch und körperlich
aufgegeben haben, »Muselmänner« genannt. In der
Hierarchie der Häftlinge bilden sie die unterste Stufe und werden von den
Mithäftlingen gemieden, weil ihre fehlende Willenskraft die allgemeine
Zuversicht des Überlebens schwächt. [Frankfurter Rundschau, 12.04.2022]
Der Muselmann wurde aber zum
Muselmann gemacht, von Tätern, bei denen sich
Ideologie und Praxis gegenseitig verstärkten, er wurde zum
Muselmann getreten, geschlagen, gepeitscht,
gehungert. [Süddeutsche Zeitung, 06.10.2003]
Alfons S[…] erzählt von Menschen, die
binnen weniger Monate nicht mehr zu erkennen waren. Körper wie Skelette, an
Lungenentzündung Gestorbene, weil die nasse Kleidung nie trocken wurde und
doch getragen werden musste. Muselmänner nannten sie
die, denen der Tod schon unlöschbar ins Gesicht geschrieben war. [Süddeutsche Zeitung, 15.01.2022]
»Der Muselmann leidet nicht« schreibt
[Imre] Kertész. »Der Mensch kann niemals so
nahe bei sich selbst und bei Gott sein wie der
Muselmann unmittelbar vor dem Tod. Denn einen
echten Muselmann, den echten, kann man im Endstadium
nicht mehr
retten.« [Dresdner Neueste Nachrichten, 23.12.2019]
Man mußte die Tötung beschleunigen. […] Von
Januar 1945 an wurde sie dann in einem besonderen Block, Block 61,
vorgenommen. Zu jener Zeit befanden sich in diesem Block alle Männer, die
wir wegen ihres Aussehens Muselmänner nannten. Man
sah sie immer nur mit ihren Decken über den Schultern; sie waren unfähig,
auch nur die leichteste Arbeit zu verrichten. [[o. A.]: Vierundvierzigster Tag. Montag, den 28. Januar 1946. In: Der Nürnberger Prozeß. Berlin: Directmedia Publ. 1999 [1946], S. 6333]
letzte Änderung:
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Muslim · Moslem · Muselmann · Mohammedaner
Muslim, Moslem, Muselmann m. Anhänger des Islam, Entlehnung (19. Jh.) von arab. muslim ‘der sich (Allah, dem Glauben) Unterwerfende’. In älterer Sprache dafür (unter Angleichung an nhd. Mann) Musulmann (17. Jh.), auch Muselmann (Plural Muselmannen, Muselmänner), nach ital. musulmano, frz. mus(s)ulman, die den Pluralformen türk. müslüman, pers. musulmān, muslimān folgen, und Mohammedaner m. ‘Anhänger der Lehren Mohammeds’, Mahometaner (17. Jh.), eine Substantivierung von Mohammedanus, Mahometanus Adj., zu Mahommetus, Muhamedus, dem latinisierten Namen Mohammed, arab. Muḥammad; vgl. französiertes Mahomet, woraus frz. Mahumétan.
Bedeutungsverwandte Ausdrücke
Religion
Moslem ·
Muslim ·
Sarazene ●
Islamit veraltet ·
Mohammedaner veraltet ·
Muselman veraltet ·
Muselmane veraltet ·
Muselmann veraltet ·
Muslimin weibl. ·
Musel ugs., abwertend, veraltet
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