genug ‘ausreichend, in notwendiger Menge, zufriedenstellendem Maße vorhanden’ (in der Funktion eines Substantivs ‘ausreichende Menge’), ironisch untertreibend auch ‘bis an die Grenze des Erträglichen gehend’ (vgl. die bereits für das
Ahd. öfter zu belegende Bedeutung ‘reichlich, im Überfluß’). Die einem Indefinitpronomen oder Adverb ähnelnde, im
Nhd. (wie in den anderen modernen germ. Sprachen) stets flexionslose Quantitätsangabe geht (als erstarrte endungslose Form des Neutrums) auf ein altes Adjektiv zurück, das in den frühen
germ. Sprachstufen (einschließlich des
Mhd.) noch in vielfacher (attributiver, prädikativer und adverbieller) Verwendung lebendig ist,
ahd. ginuog (8. Jh.),
ginuogi (9. Jh.),
mhd. genuoc (selten
genuoge mit regulärer Adverbendung),
asächs. ginōg(i),
mnd. genōch,
(en)nōch,
mnl. ghenoech,
nl. genoeg,
afries. (e)nōch,
aengl. genōg,
genōh,
engl. enough,
anord. gnōgr,
nōgr,
schwed. nog,
got. ganōhs (
germ. *ga-nōga-). Die Bildungen gehören zu einem nur in Resten nachweisbaren
germ. Präteritopräsens
ahd. ginah (um 800),
aengl. geneah,
got. ganah ‘es genügt’ (hierher vielleicht auch
anord. nā ‘nahen, erreichen’ mit Ablaut). Dieser
germ. Verbalstamm und seine
außergerm. Entsprechungen wie
aind. aśnṓti ‘erlangt, erreicht’,
nákṣati ‘erreicht, kommt an, erlangt’,
griech. (Aorist)
enenké͞in (
ἐνεγκεῖν) ‘herbeischaffen, davontragen’,
ónkos (
ὄγκος) ‘Tracht, Last’,
lat. nancīscī ‘erlangen, bekommen’,
aslaw. nesti,
russ. nestí (
нести),
lit. nèšti ‘tragen’ führen auf
ie. *enk̑-,
*nek̑- ‘reichen, erreichen, erlangen, tragen’. Auf
md. Gebiet findet sich seit dem 14. Jh. eine nasalierte Nebenform
spätmhd. genunk,
nhd. genung, die aber im 19. Jh. wieder aus der Literatursprache verschwindet. –
Genüge f. n. (nur im Sing.) ‘ausreichendes Maß, Befriedigung’, Abstraktbildung zum Adjektiv
genug (s. oben), jetzt vor allem inder adverbiellen Fügung
zur Genüge ‘in ausreichendem Maße’,
ahd. ginuogi n. (9. Jh.; daneben auch
ginuogī f.?, 8. Jh.),
mhd. genüege f. ‘Genüge, Fülle’,
asächs. ginōgi f.,
mnd. genȫge,
(g)nȫge f.; im
Nhd. seit dem 17. Jh. auch wieder als Neutr., wohl unter Einfluß von gleichbed.
Genügen n. (
mhd. genüegen n.), dem substantivierten Infinitiv des folgenden Verbs.
genügen Vb. ‘ausreichen, befriedigen, erfüllen’,
ahd. ginuogen ‘genügen, befriedigen, reichlich vorhanden sein’ (9. Jh.),
mhd. genüegen,
genuogen,
mnd. (ge)nȫgen,
mnl. ghenoegen,
nl. genoegen ‘befriedigen, erfreuen, ausreichen’, reflexiv ‘Genüge finden’,
anord. gnœgja,
nœgja ‘genug, reichlich geben’,
got. ganōhjan ‘Genüge leisten’,
ganōhnan ‘genug sein’; das Part. Präs. des
nhd. Verbs verselbständigt sich im 18. Jh., als
genügend Part.adj. ‘ausreichend, zufriedenstellend’ ersetzt es
genug in adjektivischem, oft auch in adverbiellem Gebrauch; dazu
ungenügend Adj. ‘unbefriedigend, nicht ausreichend’ (18. Jh.). Erweiterungen von
genügen sind
vergnügen (s. d.) und
begnügen Vb. ‘sich zufriedengeben’ (reflexiv seit dem 18. Jh.),
mhd. begenüegen ‘befriedigen, zufriedenstellen’, kontaminiert aus
mhd. genüegen (s. oben) und
mhd. benüegen ‘genug haben’,
frühnhd. benügen ‘genügen, zufrieden sein, befriedigen’.
genugsam Adv. ‘in ausreichendem Maße, vollauf’ (heute auf altertümelnde Ausdrucksweise beschränkt),
ahd. ginuogsam (8. Jh.),
mhd. genuocsam Adj. ‘Genüge oder Fülle habend, bietend’,
nhd. noch bis zur 1. Hälfte des 19. Jhs. in adjektivischer Verwendung (‘ausreichend, zufriedenstellend’), als Adverb seit dem 15. Jh. üblich; daneben in den älteren Sprachstufen häufiger gleichbed.
ahd. ginuhtsam (8. Jh.),
mhd. genuhtsam Adj., von einem im
Frühnhd. untergehenden Substantiv
ahd. ginuht ‘Fülle, Überfluß’ (8. Jh.),
mhd. genuht ‘Genüge, Fülle, Freude’ (vgl.
aengl. genyht,
anord. gnōtt ‘Genüge, Überfluß, reichlicher Vorrat’).
genügsam Adj. ‘leicht zu befriedigen, anspruchslos’, umgelautete Form von
genugsam (s. oben,
nhd. vereinzelt bis in jüngere Zeit noch in dessen Sinn vorkommend), nimmt seit dem 16. Jh. durch Anlehnung an das Verb
genügen (s. oben) die heutige Bedeutung an; dazu
Genügsamkeit f. ‘Anspruchslosigkeit’,
frühnhd. meist
genuocsamkeit,
Genugsamkeit; in dieser Verwendung vom 15. Jh. an zu belegen, aber erst Ende des 17. Jhs. üblich, anfangs häufiger ‘Genüge, Überfluß’.
genugtun Vb. ‘Genüge leisten, befriedigen’ (
frühnhd. auch ‘bezahlen, Buße tun’), Übersetzung von
lat. satisfacere als Ausdruck des Rechtswesens und der Kirche, zunächst dafür Fügungen wie
ahd. ginuog,
ginuhtsam tuon,
mhd. genuoc,
genüege tuon (Getrenntschreibung häufig noch
nhd. bis ins 19. Jh.), Zusammenrückung seit dem 15. Jh.; dazu
Genugtuung f. ‘Befriedigung, Wiedergutmachung, Buße’ (15. Jh.), entsprechend
lat. satisfactio.