bildungssprachlich Geltung, die hinsichtlich der Erklärungskraft einer Theorie, einer Darstellung von Wissen beansprucht, gefordert, behauptet wird
Beispiele:
Seit einiger Zeit erstreckt sich der
Erklärungsanspruch der Quantentheorie über die
naturwissenschaftlichen Grenzen hinaus: Sie nimmt den menschlichen Geist ins
Visier. […] Die
Quantentheorie […] ist paradox:
Einerseits ist sie das bisher erfolgreichste Instrument zur Erklärung der
Natur; andererseits ist sie unverständlich, wenn man sie aus der Sicht des
gesunden Menschenverstands interpretieren möchte. [Neue Zürcher Zeitung, 16.05.2012]
[…] im Zeitalter von Big Data scheint die
Statistik übertriebene Erklärungsansprüche zu
entwickeln. Gewiss, sie ist ein unentbehrliches Werkzeug der Forschung. Will
sie sich aber zum dominanten Forschungsstil aufschwingen, droht sie zum
hochentwickelten Eingeweidelesen zu mutieren. [Neue Zürcher Zeitung, 03.06.2016]
Mit der DDR geht es […] wie mit allen Epochen, die irgendwann nur noch in
liebevoll zusammengestellten Geschichtsausstellungen überleben: Die Objekte
werden immer kleiner, aber der an ihnen haftende
Erklärungsanspruch wird immer größer. [Die Zeit, 04.04.2007]
Längst gilt der Haß nicht mehr nur als pathologisches Kennzeichen
fanatischer Splittergruppen. Er ist eine Art historische Naturgewalt
geworden mit umfassendem geopolitischem
Erklärungsanspruch. Die Kosovo‑Albaner hassen die
Serben, die Tschetschenen die Russen, und die Sunniten können nicht mit den
Schiiten auskommen[…]. [Welt am Sonntag, 13.11.2005]
Bevor die Genetik in diesem Gebiet den Führungsanspruch übernahm, war
das Gehirn der Schauplatz für Konflikte zwischen den
Erklärungsansprüchen von Natur‑ und
Geisteswissenschaften. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.01.2000]
Die größte Schwäche dieser vorzüglichen Studie liegt in dem
Erklärungsanspruch, den ihr Untertitel
erhebt. [Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.12.1994]
Dabei zog der, welcher sie [beobachtete Tatsachen] nach Berzelius ohne
Erklärungsanspruch als katalytische bezeichnete,
sich sofort eine zurechtweisende Bemerkung zu, das sei ein Wort und keine
Erklärung. Und dabei hatte Berzelius den Namen ausdrücklich deshalb
eingeführt, weil er keine vorzeitige »Erklärung« aussprechen
wollte! [Ostwald, Wilhelm: Lebenslinien. Eine Selbstbiographie. Berlin: Klasing 1926/1927, S. 50441]
