Derivat, das
GrammatikSubstantiv (Neutrum) · Genitiv Singular: Derivat(e)s · Nominativ Plural: Derivate
Aussprache
Worttrennung De-ri-vat
Wortbildung
mit ›Derivat‹ als Erstglied:
Derivategeschäft / Derivatengeschäft · Derivatehandel
·
mit ›Derivat‹ als Letztglied:
Finanzderivat · Kreditderivat
Herkunft aus dērīvātumlat ‘Abgeleitetes’ < dērīvārelat (dērīvātum) ‘Wasser, eine Flüssigkeit ableiten’
Bedeutungsübersicht
- 1. [Chemie] von einer Grundsubstanz abgeleitete chemische Verbindung mit ähnlicher Struktur
- 2. [Finanzwesen] in einem vereinbarten Termingeschäft bestehendes Finanzprodukt, dessen Wert abgeleitet wird von einem zugrundegelegten Basiswert (Preis) des jeweiligen Handelsgegenstandes und mit dem anstelle des Handelsgegenstandes gehandelt werden kann
- 3. [Informatik] Software, die von einer anderen Software abgeleitet wurde und von dieser unabhängig weiterentwickelt wird; Abspaltung
- 4. [seltener] [bildungssprachlich] von etw. Abgeleitetes
DWDS-Vollartikel
Bedeutungen
1.
Chemie von einer Grundsubstanz abgeleitete chemische Verbindung mit ähnlicher Struktur
Synonym zu Abkömmling (2)
Kollokationen:
mit Genitivattribut: ein Derivat einer [bestimmten] Substanz
Beispiele:
Carboxymethylcellulose ist ein chemisch etwas abgewandeltes Derivat der Zellulose, dem Hauptbestandteil der Zellwände bei Pflanzen. [Welt am Sonntag, 11.12.2016]
[Der Lebensmittelfarbstoff] Chlorophyllin ist ein wasserlösliches Derivat des Chlorophylls, dem grünen Farbstoff der in allen grünen Pflanzenteilen vorhanden ist. [Allgemeinmediziner’s Blog, 07.05.2015, aufgerufen am 27.04.2016]
In diesem [Medikament] befindet sich Oxilofrin, ein Derivat der auf der Dopingliste stehenden Substanz Ephedrin. [Süddeutsche Zeitung, 18.11.1998]
Das Heroin, ein Derivat des Morphiums, das seinerseits aus Opium destilliert wird, ist Rauschgift und Heilmittel zugleich. [Der Spiegel, 28.12.1955]
Man kann zeigen, daß hier ein Wasserstoffatom der CH2‑Gruppe an den Karbonylsauerstoff gewandert ist, wobei eine Art ungesättigter Alkohol (Derivat des Vinylalkohols) entsteht. [Langenbeck, Wolfgang: Lehrbuch der Organischen Chemie. Dresden: Steinkopff 1938, S. 141]
2.
Finanzwesen in einem vereinbarten Termingeschäft bestehendes Finanzprodukt, dessen Wert abgeleitet wird von einem zugrundegelegten Basiswert (Preis) des jeweiligen Handelsgegenstandes und mit dem anstelle des Handelsgegenstandes gehandelt werden kann
Weiterführende enzyklopädische Informationen: Derivate, in: Gabler Wirtschaftslexikon (Springer Gabler Verlag, online)
Beispiele:
Als Derivat werden Termingeschäfte bezeichnet, deren Preise direkt oder indirekt vom Börsen‑ oder Marktpreis von Wertpapieren, von Geldmarktinstrumenten, von Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren oder Edelmetallen oder Devisen abhängen. […] [Derivat – Forex Trading Portal, 01.06.2009, aufgerufen am 15.02.2017]
Ein Derivat ist ein Vertrag, dessen wirtschaftlicher Wert von der Entwicklung einer Referenzgröße abhängt. Diese Basiswerte können Aktien, Indizes, Währungen oder auch Rohstoffe oder Zinsen sein. Zu den klassischen Derivaten zählen Optionen. [Süddeutsche Zeitung, 09.07.2015]
Mit einem Derivat werden Ansprüche auf die unterliegenden Basiswerte […] erworben, für die nur ein Bruchteil des Wertes (ein Zehntel oder weniger) bei Abschluss der Transaktion hinterlegt werden muss. [Guthabenkrise, 01.03.2015, aufgerufen am 28.04.2016]
Wenn ich mit einem Derivat auf den Preisanstieg des Weizens wette, kann ich meinen Wetteinsatz vervielfachen, obwohl ich gar keinen Weizen habe. [The Information Space, 06.05.2012, aufgerufen am 30.04.2016]
Etwa 90 Prozent aller Derivategeschäfte werden derzeit over the counter (OTC) abgewickelt, das bedeutet, dass sich beispielsweise zwei Banken ein bestimmtes Derivat konstruieren, um so ein Spekulations‑ oder Absicherungsgeschäft abzuschließen – dieser Deal läuft außerhalb der regulierten Börsenplätze. [Süddeutsche Zeitung, 07.11.2012]
[…] Termingeschäfte gehören zu der großen Zahl neuer komplexer Finanzinstrumente – den »Derivaten« (Derivat: »abgeleitet«). [die tageszeitung, 28.02.1995]
3.
Informatik Software, die von einer anderen Software abgeleitet wurde und von dieser unabhängig weiterentwickelt wird; Abspaltung
Beispiele:
[Das Betriebssystem] Linux Mint ist ein Derivat, das auf Ubuntu aufbaut und auch dessen Pakete verwendet. [Andy’s virtuelle Litfasssäule, 16.12.2008, aufgerufen am 29.04.2016]
Das Oxygen OS‑Betriebssystem ist ein Derivat von Android 5.1.1 und unterstützt verschiedene Gesten am ausgeschaltenen Display. [Der Standard, 29.10.2015]
Der Hauptvorteil eines Forks oder Derivates ist nämlich, dass man mit kleiner Entwickler‑ und Anwendergemeinde Konzepte ausprobieren kann, die bei großen Projekten den Nutzer verschrecken würden. [Sprechblase, 02.09.2008, aufgerufen am 28.04.2016]
Preislich liegt Backpack [als Bandlaufwerk zur Datensicherung] für eine externe Lösung gut im Rennen; leider ist hier die Software, ein Derivat des angejahrten QIC‑Stream, der Schwachpunkt. [C’t, 1992, Nr. 8]
4.
seltener, bildungssprachlich von etw. Abgeleitetes
Beispiele:
Die Tiefenpsychologische Therapie ist eigentlich nur ein Derivat der Psychoanalyse, die Unterschiede sind eher marginal (Therapiedauer, Sitzungsfrequenz, Regressionsförderung). [Alles Evolution, 20.02.2015, aufgerufen am 28.04.2016]
Auch prüft er [der Autor des rezensierten Buches] die Behauptung, die Menschenwürde sei ein Derivat des Christentums, und unterwirft die verschiedenen Konzepte einer Zivilreligion sowie die jüngst erhobene These von der Sakralität der Person einer kritischen Analyse. [Religion – Weltanschauung – Recht, 10.09.2013, aufgerufen am 30.04.2016]
Der Passat B7 [ein Kraftfahrzeug] brachte neben dem nunmehr eigenständigen CC ein weiteres Derivat mit sich – den Alltrack mit höher gelegter Karosserie und optionalem Allradantrieb. [autocreative, 25.07.2013, aufgerufen am 30.04.2016]
Was den Leuten an der gegenwärtigen DDR vergleichsweise vorteilhaft erscheint, etwa die dumpfe Mitmenschlichkeit, ist ein Derivat der Not. [Der Spiegel, 27.11.1989]
letzte Änderung:
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
derivieren · Derivation · Derivat
derivieren Vb. ‘ab-, herleiten’, entlehnt (16. Jh.) aus lat. dērīvāre (dērīvātum) ‘Wasser, eine Flüssigkeit ableiten’, einer Präfixbildung (s. de-) zu lat. rīvus ‘Bach, Wassergraben, Wasserleitung’, daher eigentlich ‘Wasser ab-, wegleiten’, in der antiken Grammatik ‘ein Wort von einem anderen ab-, herleiten’. Derivation f. ‘Ab-, Herleitung’ (16. Jh.), aus gleichbed. lat. dērīvātio (Genitiv dērīvātiōnis). Derivat n. ‘Abgeleitetes’, speziell ‘chemische Verbindung, die aus einer anderen abgeleitet wird’ und (in der Grammatik) ‘abgeleitetes Wort’ (Ende 19. Jh.), Entlehnung aus lat. dērīvātum, dem substantivierten Part. Perf. von lat. dērīvāre (s. oben). Als grammatischer Terminus in dt. Texten schon seit dem 17. Jh. in lat. Form.
Bedeutungsverwandte Ausdrücke
Abart ·
Abwandlung ·
Modifikation ·
Variante ·
Variation ●
Spielart bildungssprachlich ·
Derivat fachspr. ·
Mutation fachspr.
Unterbegriffe |
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Assoziationen |
|
Chemie
Abkömmling ·
Derivat
Ökonomie
Derivat ·
derivatives Finanzinstrument
Unterbegriffe |
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Typische Verbindungen zu ›Derivat‹ (berechnet)
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Derivat‹.
abgeleitet
absichern mit
Aminosäure
außerbörslich
Barbitursäure
Bilanzierung von
börsengehandelt
chloriert
Clearing von
eingebettet
Essigsäure
Finanzinstrument
Finanzprodukt
gehandelt
halbsynthetisch
Handel mit
Handelsplatz für
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