Die Erfindung betrifft ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des
Patentanspruchs 1.
Aus der DE 39 19 347 A1 ist bereits ein gattungsgemäßes Verfahren
bekannt, wonach bei einem Fahrzeug der Istwert der
Gierwinkelgeschwindigkeit erfaßt und mit einem abgeleiteten
Sollwert der Gierwinkelgeschwindigkeit verglichen wird. Aus
diesem Vergleich wird dann auf ein untersteuerndes oder ein
übersteuerndes Fahrverhalten des Fahrzeugs geschlossen. Es
wird dann ein neutrales Fahrverhalten erreicht, indem die Räder
der kurveninneren bzw. kurvenäußeren Fahrzeugseite entsprechend
stärker gebremst werden.
Weiterhin ist aus der DE 36 25 392 A1 ein Verfahren bekannt,
wonach zur Detektierung der Fahrsituation bzgl. des Gierverhaltens
des Fahrzeugs die Gierwinkelgeschwindigkeit µist eines
Fahrzeugs beispielsweise mittels eines faseroptischen Kreisels
gemessen wird. Eine alternative Möglichkeit zur Bestimmung des
Istwertes der Gierwinkelgeschwindigkeit µist ist dadurch gegeben,
daß die Gierwinkelgeschwindigkeit µist durch Verwendung
mindestens eines Beschleunigungssensors abgeleitet wird, der
die Radialbeschleunigung des Fahrzeugs mißt. Weiterhin wird
aus der gemessenen Geschwindigkeit des Fahrzeugs in Längsrichtung
sowie dem gemessenen Lenkwinkel ein Sollwert der
Gierwinkelgeschwindigkeit µsoll abgeleitet. Dabei wird dann
eine kritische Fahrsitutation abgeleitet, wenn der Istwert der
Gierwinkelgeschwindigkeit µist von dem Sollwert der Gierwinkelgeschwindigkeit
µsoll abweicht, d. h., wenn das Istverhalten
des Fahrzeugs gegenüber dem Sollverhalten des Fahrzeugs abweicht.
Diese detektierte Abweichung des Istverhaltens von dem
Sollverhalten des Fahrzeugs wird dann verwendet, um die Abweichung
des Istverhaltens des Fahrzeugs von dem Sollverhalten
des Fahrzeugs zu minimieren, indem ein automatischer Eingriff
in die Lenkung erfolgt und/oder indem einzelne Räder des Fahrzeugs
derart gebremst oder beschleunigt werden, daß die Abweichung
minimiert wird.
Aus der DE 38 40 456 A1 ist es bekannt, den Schlupf und die
Schräglaufwinkel der Räder eines Fahrzeugs zu messen oder zu
beobachten. Anhand dieser Größen wird dann abgeleitet, ob das
Fahrzeug übersteuert oder untersteuert. Im Falle, daß das
Fahrzeug übersteuert, wird der Schlupfwert am kurvenäußeren
Vorderrad erhöht. Im Falle eines untersteuernden Fahrverhaltens
wird dann der Schlupfwert am kurvenäußeren Vorderrad erniedrigt.
Aus der US-PS 48 09 181 ist es bekannt, ein untersteuerndes
bzw. übersteuerndes Fahrverhalten eines Fahrzeugs auszugleichen,
indem bei einem übersteuernden Fahrverhalten der
Schlupfwert der Räder an der Hinterachse reduziert wird und bei
einem untersteuernden Fahrverhalten der Schlupfwert der Räder
an der Vorderachse.
Aus anderen Literaturstellen ist ein sogenanntes lineares Einspurmodell
eines Fahrzeugs bekannt (DE-Buch: Zomotor, Adam;
Fahrwerktechnik: Fahrverhalten; Herausgeber: Jörnsen Reimpell;
Würzburg, Vogel, 1987; 1. Auflage; ISBN 3-8023-0774-7, insbesondere
Seiten 99-127), mit dem beispielsweise aus gemessenen
Werten der Fahrzeuggeschwindigkeit in Fahrzeuglängsrichtung und
dem Lenkradwinkel bzw. den damit korrespondierenden Lenkwinkeln
der Räder eine sich unter bestimmten Bedingungen einstellende
Gierwinkelgeschwindigkeit µist des Fahrzeugs ermittelt werden
kann, die dann unter Zugrundelegung dieses Modells als Sollwert
der Gierwinkelgeschwindigkeit µsoll verwendet wird.
Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zur Verhinderung
von Instabilitäten des Fahrverhaltens eines Fahrzeugs derart
auszubilden, daß Instabilitäten des Fahrverhaltens möglichst
frühzeitig und durch Eingriff an möglichst wenig Fahrzeugrädern
verhindert werden.
Diese Aufgabe wird bei einem gattungsgemäßen Verfahren zur
Verhinderung von Instabilitäten des Fahrverhaltens eines Fahrzeugs
erfindungsgemäß mit den kennzeichnenden Merkmalen der unabhängigen Ansprüche
1 und 2 gelöst, wobei die Merkmale der Unteransprüche vorteilhafte
Aus- und Weiterbildungen kennzeichnen.
Vorteile der Erfindung bestehen darin, daß durch das frühzeitige
Detektieren der Fahrsituation bzgl. des Gierverhaltens des
Fahrzeugs bereits sehr frühzeitig instabile Fahrzustände erkannt
werden können und dadurch bereits sehr frühzeitig
durch eine Variation bzw. den Aufbau von Bremsdruck zur
Veränderung des Schlupfes σ an einzelnen Rädern das mögliche
Auftreten instabiler Fahrzustände zu verhindern.
Mittels geeigneter Sensoren werden die Fahrzeuglängsgeschwindigkeit
und der Lenkradwinkel bzw. der Lenkwinkel der Räder
erfaßt. Diese Sensorsignale können dann einer Recheneinheit
zugeführt werden, in der aus diesen Größen dann beispielsweise
nach dem genannten linearen Einspurmodell eine von dem Fahrzeugführer
gewünschte Gierwinkelgeschwindigkeit µsoll des
Fahrzeugs als Sollwert der Gierwinkelgeschwindigkeit µsoll
ermittelt werden kann. In der Recheneinheit erfolgt dann eine
Detektion der Fahrsituation bzgl. des Gierverhaltens, indem der
Istwert der Gierwinkelgeschwindigkeit µist mit dem ermittelten
Sollwert µsoll verglichen wird. Dabei wird nicht nur der Betrag
der Differenz des Istwertes der Gierwinkelgeschwindigkeit µist
von dem Sollwert µsoll betrachtet, sondern auch das Vorzeichen
dieser Differenz sowie die zeitliche Ableitung dieser Differenz.
Insbesondere durch die Berücksichtigung der zeitlichen
Ableitung ist eine besonders frühzeitige Erkennung des möglichen
Auftretens kritischer Fahrzustände möglich, so daß dann
durch eine entsprechende Variation bzw. den Aufbau von Bremsdruck
zur Variation des Schlupfes σ an einzelnen Rädern bereits
das Auftreten kritischer Fahrzustände verhindert werden kann.
Bei einem übersteuernden Fahrverhalten (das Fahrzeug dreht in
die Kurve ein) wird dabei zuerst nur das kurvenäußere Vorderrad gebremst.
Der Abbau der Seitenführungskraft und der Aufbau der Bremskraft
in Umfangsrichtung bewirken ein rückdrehendes Giermoment des
Fahrzeugs. Das Übersteuerverhalten des Fahrzeugs wird abgebaut.
Überschreitet das Ausgangssignal, das das Gierverhalten repräsentiert,
einen Schwellenwert, so wird durch das zusätzliche Bremsen auch
des kurveninneren Rades der stabilisierende Effekt verstärkt,
da zwar die Bremskraft in Umfangsrichtung den Eindrehvorgang
unterstützt, der Abbau der Seitenführungskraft des kurveninneren
Rades den Effekt jedoch nicht nur ausgleicht, sondern
- wegen der Hebelarme der angreifenden Kräfte - überkompensiert
und das Fahrzeug somit zusätzlich stabilisiert.
Bei einem untersteuernden Fahrverhalten (das Fahrzeug ist
gierunwillig, d. h., es folgt nicht dem durch den Fahrzeugführer
vorgegebenen Lenkeinschlag) wird zuerst nur das kurveninnere Hinterrad
gebremst. Der Abbau der Seitenführungskraft dieses Rades und
der Aufbau der Bremskraft in Umfangsrichtung bewirken ein eindrehendes
Giermoment. Überschreitet das Ausgangssignal, das das Gierverhalten
repräsentiert, einen Schwellenwert, so kann hier das kurvenäußere
Hinterrad zusätzlich gebremst werden. Analog dem o. g. Kriterium
für das Abbremsen des kurven
inneren Vorderrades bei einem
übersteuernden Fahrverhalten ist dies dann zweckmäßig, wenn das
Produkt aus Seitenkraftverlust und zugehörigem Hebelarm zum
Schwerpunkt größer ist als das Produkt aus Bremskraft in Umfangsrichtung
und zugehörigem Hebelarm zum Schwerpunkt.
Nähert sich der Istwert µist der Giergeschwindigkeit dem Sollwert
µsoll, so werden die Bremskräfte entsprechend abgebaut.
Alternativ zur Bestimmung des Sollwertes der Gierwinkelgeschwindigkeit
µsoll mittels des linearen Einspurmodells besteht
auch die Möglichkeit, diesen Sollwert der Gierwinkelgeschwindigkeit
µsoll aus einem einmal vermessenen Kennfeld auszulesen.
Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung
schematisch dargestellt und wird im folgenden näher beschrieben.
Es zeigt
Fig. 1 eine Darstellung der Sensoren und der Recheneinheit,
Fig. 2 die Darstellung des ersten Teils des Ablaufdiagramms,
nach dem der Fahrzustand detektiert wird,
Fig. 3 die Darstellung des zweiten Teils des Ablaufdiagramms,
nach dem der Fahrzustand detektiert wird,
Fig. 4 die Darstellung der Kraft FU in Längsrichtung des Rades
und der Seitenführungskraft FS und der Bereich, in
dem σsoll variiert werden soll,
Fig. 5 die Darstellung einer Recheneinrichtung, mittels der
das erfindungsgemäße Verfahren durchgeführt werden
kann,
Fig. 6 die Darstellung der Kriterien für den Einsatz des
erfindungsgemäßen Verfahrens,
Fig. 7 eine Darstellung der Variation des Sollschlupfes σsoll
aus Fahrzustandskriterien,
Fig. 8 eine Darstellung der Berücksichtigung der Geschwindigkeitsabhängigkeit
der Parameter KPE, KDE, a und b,
Fig. 9 eine Darstellung der Berücksichtigung der
Reibbeiwertsabhängigkeit der Parameter KPE, KDE, a und b,
Fig. 10 ein Ausführungsbeispiel einer Vorrichtung zur Durchführung
des Verfahrens,
Fig. 11 ein Ablaufdiagramm des erfindungsgemäßen Verfahrens
und
Fig. 12 eine Darstellung der Bremsschlupfabsenkung anstelle
einer Bremsschlupferhöhung.
Wie aus Fig. 1 ersichtlich, wird der Recheneinheit 1 das Signal
eines Sensors 2 zugeführt, das die Fahrzeuggeschwindigkeit repräsentiert.
Dieser Sensor kann beispielsweise ein Drehzahlsensor
sein, wie er bei bekannten AntiBlockierSystemen (ABS)
Anwendung findet. Ebenso ist es möglich, daß der Sensor 2 mehreren
Drehzahlsensoren verschiedener Räder entspricht, deren
Signale gemittelt werden. Mittels eines Sensors 3 wird der Recheneinheit
1 ein Signal zugeführt, das den Lenkradwinkel repräsentiert.
Dieser Sensor 3 kann somit unmittelbar ein Lenkradwinkelsensor
sein. Ebenso kann dieser Sensor 3 auch ein
Sensor sein, der den Lenkwinkel eines der Räder des Fahrzeugs
10 oder einen Mittelwert der Lenkwinkel der Räder des
Fahrzeugs 10 erfaßt. Weiterhin wird der Recheneinheit 1 das
Signal wenigstens eines weiteren Sensors 4 zugeführt, mittels
dem dann in der Recheneinheit der Istwert der Gierwinkelgeschwindigkeit
µist gebildet werden kann. Dabei kann dieser
Sensor 4 beispielsweise die Gierwinkelgeschwindigkeit µist unmittelbar
messen.
In der Recheneinheit 1 wird aus den Signalen der Sensoren 2
und 3 in dem Teil 6 der Recheneinheit 1 beispielsweise mittels
des linearen Einspurmodells ein Sollwert der Gierwinkelgeschwindigkeit
µsoll ermittelt. Dieser Sollwert der Gierwinkelgeschwindigkeit
µsoll wird mit dem gebildeten Istwert der
Gierwinkelgeschwindigkeit µist dahingehend verglichen, daß die
Differenz zwischen dem Sollwert und dem Istwert gebildet wird.
In dem Teil 5 der Recheneinheit wird dann unter Verwendung der
zeitlichen Ableitung 8 der Differenz die Fahrsituation bzgl.
des Gierverhaltens des Fahrzeugs 10 detektiert und ein Ausgangssignal
7 generiert, das die detektierte Fahrsituation repräsentiert.
Wie aus Fig. 2 ersichtlich, kann in der Recheneinheit 1 eine
Detektion des Fahrzustandes auch erfolgen, indem die Differenz
des Istwertes der Gierwinkelgeschwindigkeit µist von dem Sollwert
µsoll dahingehend ausgewertet wird, daß auf ein untersteuerndes
oder ein übersteuerndes Fahrverhalten geschlossen
wird. Dazu wird die Differenz gebildet, indem von dem Sollwert
der Gierwinkelgeschwindigkeit µsoll der Istwert der Gierwinkelgeschwindigkeit
µist subtrahiert wird. Diese Differenz wird
in der Recheneinheit 1 mit dem Vorzeichen des Istwertes der
Gierwinkelgeschwindigkeit µist multipliziert (301), woraus sich
ein Ergebnis MULT ergibt. Mittels dieses Ergebnisses MULT kann
ein untersteuerndes oder ein übersteuerndes Fahrverhalten abgeleitet
werden (302). Ist diese Größe MULT positiv, so ist der
Betrag des Sollwertes der Gierwinkelgeschwindigkeit µsoll größer
als der Betrag des Istwertes der Gierwinkelgeschwindigkeit
µist, wobei die Vorzeichen von Sollwert µsoll und Istwert
µist jedoch gleich sind. Das Fahrzeug 10 schiebt in diesem
Fall über die Vorderachse. Dieses gierunwillige Verhalten wird
als Untersteuern bezeichnet. Ist die Größe MULT negativ, so ist
der Istwert der Gierwinkelgeschwindigkeit µist größer als der
Sollwert µsoll oder der Istwert der Gierwinkelgeschwindigkeit
µist und der Sollwert µsoll haben unterschiedliche Vorzeichen.
Dieses Verhalten, bei dem das Fahrzeug 10 eine größere
Gierwinkelgeschwindigkeit µist aufweist als der Fahrzeugführer
erwartet, wird als Übersteuern bezeichnet. Ein Ausgangssignal 7
kann dabei beispielsweise gebildet werden, indem zusätzlich zu
der zeitlichen Ableitung 8 auch die Größe MULT bei der Generierung
des Ausgangssignals 7 berücksichtigt wird, indem beispielsweise
ein zusätzliches Ausgangssignal 7 nur in Abhängigkeit
der Größe MULT generiert wird.
Weiterhin wird gemäß dem Ausführungsbeispiel der Fig. 3 eine
Größe DIFF bestimmt, indem die zeitliche Ableitung 8 der Differenz
mit dem Vorzeichen des Istwertes der Gierwinkelgeschwindigkeit
µist und mit dem Vorzeichen der Größe MULT multipliziert
wird. Sowohl im Falle des Untersteuerns als auch im
Falle des Übersteuerns weist diese Größe DIFF einen positiven
Wert auf, wenn eine Instabilitätszunahme auftritt, d. h., wenn
sich die Tendenz zum Übersteuern bzw. zum Untersteuern verstärkt.
Entsprechend nimmt die Größe DIFF einen negativen Wert
an, wenn sich die Tendenz zum Untersteuern bzw. zum Übersteuern
abschwächt. Es ist somit möglich, mittels einer Abfrage der
Größe DIFF eine Instabilitätszunahme bzw. Instabilitätsabnahme
zu erkennen.
Fig. 4 zeigt die Bremskraft FU, die in Längsrichtung des Rades
wirkt, aufgetragen über dem Bremsschlupf σ. Ebenso ist die
Seitenführungskraft FS über dem Bremsschlupf σ aufgetragen. Der
Punkt αmax kennzeichnet den Punkt, an dem die maximale Kraft in
Längsrichtung des Rades übertragen wird. Weiters ist zu sehen,
daß bei diesem Punkt die zugehörige Seitenführungskraft FS
schon relativ stark abgefallen ist. Allgemein ist der Fig. 4 zu
entnehmen, daß durch einen Aufbau bzw. eine
Variation im Sinne
einer Vergrößerung des Bremsdruckes, wodurch wiederum eine
Vergrößerung des Bremsschlupfes σ erzielt wird, eine zunächst
zunehmende Bremskraft FU in Umfangsrichtung erzielt wird bis
zum Punkt σmax, die dann allerdings einen schwachen Abfall
aufweist bzw. (bei niedrigeren Reibbeiwerten β - hier nicht
dargestellt) konstant bleibt. Die Seitenführungskraft FS
nimmt dabei gemäß der Darstellung der Fig. 4 mit zunehmendem
Bremsschlupf σ streng monoton ab. Somit bewirkt also eine Erhöhung
des Bremsdruckes in jedem Fall einen Abbau der Seitenführungskraft
FS und bis zum Erreichen des Schlupfes σmax eine
Erhöhung der Bremskraft FU in Umfangsrichtung. Außerdem ist
dargestellt, daß bei dem erfindungsgemäßen Verfahren eine Variation
des Sollwertes des Schlupfes σsoll erfolgen soll, durch
die eine Beeinflussung der Seitenführungskraft FS und der in
Längsrichtung des Rades wirkenden Bremskraft FU erfolgt.
Fig. 5 zeigt die Darstellung einer Recheneinrichtung 501, der
das Ausgangssignal 7 der Recheneinheit 1 (siehe Fig. 1) zugeführt
wird, das den detektierten Fahrzustand bzgl. des Gierverhaltens
des Fahrzeugs repräsentiert. In Abhängigkeit dieses
Ausgangssignals 7 wird in der Recheneinrichtung 501 ein
Sollwert für den Bremsschlupf σsoll der einzelnen Räder ermittelt,
der als Ausgangssignal 502 von der Recheneinrichtung 501
ausgegeben wird. Zur Erzielung dieses Bremsschlupfes σsoll wird
dann ein entsprechend variierter Bremsdruck pB eingesteuert.
Dabei wird der Sollwert des Bremsschlupfes σsoll eingeregelt.
Um ein möglichst optimales Zeitverhalten bei der Verhinderung
von Instabilitäten des Fahrzeugs 10 zu erzielen, wird bei der
Variation des Sollschlupfes σsoll vorteilhaft die zeitliche
Änderung des Gierverhaltens des Fahrzeugs berücksichtigt. Aus
der zeitlichen Änderung wird dabei abgeleitet, ob eine Instabilitätszunahme
vorliegt oder eine Instabilitätsabnahme. Bei
einer Instabilitätszunahme erfolgt dabei eine entsprechend
schnellere Zunahme bzw. eine entsprechend stärkere Variation
des Sollschlupfes σsoll. In der Recheneinrichtung 501 werden
die entsprechend den Fig. 2 und 3 ermittelten Größen MULT und
DIFF ausgewertet. In der Recheneinrichtung 501 kann daraus ein
Kriterium für die Variation des Sollschlupfes σsoll abgeleitet
werden. Beispielsweise kann ein Einschaltkriterium ESK gebildet
werden, indem der Absolutwert der Größe MULT mit einer Proportionalitätskonstanten
KPE multipliziert wird und indem die
Größe DIFF mit einer Proportionalitätskonstanten KDE multipliziert
wird. Das Einschaltkriterium ESK ergibt sich dann als
Summe der beiden Produkte und wird von der Recheneinrichtung 1
als Ausgangssignal 503 ausgegeben. Ein Aufbau bzw. eine Variation
des Bremsdruckes pB zur Regelung eines Sollwertes des
Schlupfes σsoll erfolgt, sobald das Einschaltkriterium ESK einen
bestimmten Schwellwert ESKSchwelle übersteigt und endet, sobald
das Einschaltkriterium ESK einen bestimmten Schwellwert
ASKSchwelle unterschreitet. In vorteilhafter Weise können die
Proportionalitätskonstanten KPE und KDE noch von der Fahrzeuggeschwindigkeit
v und von dem Reibbeiwert β abhängen, wie den
Fig. 8 und 9 zu entnehmen.
Fig. 6 ist eine Darstellung des Einschaltkriteriums ESK im
Verhältnis zu den zugehörigen Schwellwerten ESKSchwelle und
ASKSchwelle zu entnehmen. Dabei ist das Kriterium ESK über der
Zeit t aufgetragen. Im folgenden wird bei der Beschreibung der
Fig. 6 der Fall beschrieben, daß das Fahrzeug nicht von dem
Fahrzeugführer gebremst wurde, d. h., daß die Bremse einzelner
Räder aktiviert wird. Entsprechend ergeben sich dann die Verhältnisse
bei der Reduktion der Bremskraft an den einzelnen
Rädern zur Ansteuerung eines bestimmten Schlupfsollwertes σsoll
bei einem Bremsvorgang. Überschreitet die Größe ESK zum Zeitpunkt
t₁ den Wert ESKSchwelle 1, so wird zunächst ein Rad gebremst.
Überschreitet die Größe ESK zum Zeitpunkt t₂ den Wert
ESKSchwelle 2, so wird zusätzlich das andere Rad derselben Achse
gebremst. Analog erfolgt eine Bremsung wiederum lediglich nur
eines - nämlich des zuerst gebremsten - Rades, wenn die Größe
ESK zum Zeitpunkt t₃ einen Wert ASKSchwelle 2 unterschreitet. Es
erfolgt keine Bremsung mehr, wenn die Größe ESK zum Zeitpunkt
t₄ einen Wert ASKSchwelle 1 unterschreitet. Außerdem sind die
Werte ASKSchwelle 1 und ASKSchwelle 2 in vorteilhafter Weise um
einen solchen Betrag kleiner als die Werte ESKSchwelle 1 und
ESKSchwelle 2, daß nicht unmittelbar nach einem Ende eines Eingriffs
in die Bremse sofort wieder ein Eingriff in die Bremse
erfolgt. Dabei kann ein Wert für ESKSchwelle 1 insbesondere bei
5 liegen und ein Wert für ASKSchwelle 1 bei 4. Mögliche Werte
für ESKSchwelle 2 sowie ASKSchwelle 2 können dabei 15 und 12
sein. Die Einschalt- und Ausschaltschwellen können sich zusätzlich
unterscheiden, je nachdem, ob es sich um ein Untersteuern
(MULT<0) oder ein Übersteuern (MULT<0) handelt.
Der Bremsschlupf σsoll kann dabei auch in Abhängigkeit von dem
detektierten Fahrzustand variieren. Entsprechend der Darstellung
der Fig. 7 kann diese Variation nach folgender Gleichung
derart erfolgen, daß sich ein Sollwert des Bremsschlupfes σsoll
einstellt:
σsoll = a * MULT + b.
Im Falle des Übersteuerns (MULT<0) kann a den Wert 0,13 s/1°
und b den Wert 0,56 annehmen, wobei σsoll auf den Wert von -0,7
begrenzt sein kann; im Falle des Untersteuerns kann a den Wert
0 und b den Wert -0,07 annehmen. Der Aufbau bzw. die Variation
im Sinne einer Vergrößerung des Bremsdruckes pB zur Erzielung
eines größeren Wertes des Bremsschlupfes σ erfolgt beim Übersteuern
zunächst an dem kurvenäußeren Vorderrad und beim Untersteuern
zunächst an dem kurveninneren Hinterrad. Dies kann
unterstützt werden durch einen Aufbau von Bremsdruck zur
Erzielung eines größeren Bremsschlupfes σ an dem kurveninneren
Vorderrad beim Übersteuern und den Aufbau von Bremsdruck zur
Erzielung eines größeren Bremsschlupfes σ an dem kurvenäußeren
Hinterrad beim Untersteuern. Diese Unterstützung kann entweder
sofort erfolgen oder vorzugsweise entsprechend den in Fig. 6
dargestellten Kriterien. Wenn das Fahrzeug bereits gebremst
wird, erfolgt eine Überlagerung des Schlupfschwellwertes σsoll
entsprechend der Darstellung der Fig. 7 zu dem Bremsschlupf,
der sich aufgrund des Bremsvorganges eingestellt hat.
Fig. 8 ist zu entnehmen, daß die Größen KPE und KDE in einer
vorteilhaften Ausführungsform mit der Fahrzeuggeschwindigkeit v
variiert werden können. Dabei nehmen die entsprechenden Größen
bei der Fahrzeuggeschwindigkeit v=0 km/h folgende Werte an:
KPE=0,5 s/1°, KDE=0,05 s²/1° und bei der Fahrzeuggeschwindigkeit
v=100 km/h KPE=1,0 s/1°, KDE=0,1 s²/1°. Diese Werte gelten für
einen angenommenen Reibbeiwert β=1. Damit wird der Tatsache
Rechnung getragen, daß mit zunehmender Fahrzeuggeschwindigkeit
instabile Fahrzustände begünstigt werden können.
Fig. 9 ist zu entnehmen, daß in einer vorteilhaften Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung die Faktoren KPE und KDE
mit dem Reibbeiwert β geändert werden können. Diese Änderung
sieht dabei so aus, daß mit steigendem Reibbeiwert β die
Faktoren KPE und KDE abnehmen, wobei im Bereich niedriger
Reibbeiwerte β eine stärkere Abnahme der Faktoren KPE und KDE
erfolgen kann als im Berich größerer Reibbeiwerte β. Größenordnungen
für die Faktoren KPE und KDE ergeben sich dann entsprechend
folgender Tabelle:
Dadurch wird der Tatsache Rechnung getragen, daß bei abnehmenden
Reibbeiwerten instabile Fahrzustände begünstigt werden
können.
Fig. 10 zeigt ein Ausführungsbeispiel eines Hydraulikkreises
eines Bremssystems unter Verwendung von 3/3-Ventilen. Ein
Bremspedal 1001 mit zugehörigen Bremskraftverstärker 1002 ist
mit einem Hauptbremszylinder 1003 und der Bremsflüssigkeit
verbunden. Im folgenden wird der Hydraulikkreis lediglich für
die Vorderräder beschrieben. Der Aufbau des Hydraulikkreises
für die Hinterräder ist analog. Die entsprechenden korrespondierenden
Bauteile des Hydraulikkreises der Hinterräder werden
daher im folgenden in Klammern angegeben. Wird durch den Fahrzeugführer
das Bremspedal betätigt, so fließt infolge des
Druckaufbaus Bremsflüssigkeit durch die Leitung 1004 (1005) und
das Ventil 1006 (1007), das derart beschaltet ist, daß es die
Leitung 1004 (1005) mit der Leitung 1008 (1009) verbindet.
Vorausgesetzt, die Ventile 1010, 1012 (1011, 1013) sind derart
beschaltet, daß die Leitung 1008 (1009) mit den Leitungen 1014,
1016 (1015, 1017) verbunden sind, kommt es somit zu einem
Druckanstieg in den Radbremszylindern. Wird die Betätigung des
Bremspedals beendet, so fließt die Bremsflüssigkeit auf dem
umgekehrten Weg wieder in den Hauptbremszylinder 1003 zurück.
Diese Funktion entspricht einem normalen Bremsvorgang.
Soll nun beispielsweise das linke Vorderrad VL (HL) gebremst
werden, ohne daß der Fahrzeugführer das Bremspedal betätigt, so
ergibt sich die Ansteuerung der Bauteile des Hydraulikkreises
wie folgt. Mittels mehrerer Pumpen 1023, 1024 wird Bremsflüssigkeit
aus einem Bremsflüssigkeitsvorratsbehälter 1026 in einen
Druckspeicher 1025 gepumpt. Das Ventil 1006 (1007) wird so
beschaltet, daß die Leitung 1027 (1028) mit der Leitung 1008
(1009) verbunden ist. Dadurch ist das Bremspedal abgekoppelt,
und die Radbremszylinder können bei entsprechender Beschaltung
der Ventile mit dem Druckspeicher 1025 verbunden werden. Ist
das Ventil 1010 (1011) so beschaltet, daß die Leitung 1008
(1009) mit der Leitung 1014 (1015) verbunden ist, erfolgt ein
Druckanstieg in dem Radbremszylinder. Erfolgt die Druckbeaufschlagung
der Radbremszylinder wie eben beschrieben aus dem
Druckspeicher 1025, so erfolgt der Druckabbau analog dem Fall,
daß ein Bremsvorgang durch ein AntiBlockierSystem (ABS) geregelt
wird. Das Ventil 1010 (1011) kann dabei in eine Stellung
"Druckhalten" geschaltet werden, die bewirkt, daß die Leitung
1014 (1015) keine Verbindung zu anderen Leitungen aufweist,
d. h., daß der Druck zum Rad konstant bleibt. In einer dritten
Stellung kann das Ventil 1010 (1011) so beschaltet werden, daß
die Leitung 1014 (1015) mit der Leitung 1018 (1019) verbunden
wird. Durch den Betrieb der Rückförderpumpe 1022 wird die
Bremsflüssigkeit dann in die Leitung 1008 (1009) zurückgefördert.
Bei der entsprechenden Stellung des Ventils 1006 (1007)
wird die Bremsflüssigkeit dann wieder in den Speicher 1025 zurückgefördert.
Der Bremsdruck in der Leitung 1014 (1015) sinkt,
der Bremsschlupf verringert sich.
Wie Fig. 11 zu entnehmen, wird ein Übersteuern bzw. ein Untersteuern
festgestellt, indem die Größe MULT in dem Schritt 1101
dahingehend ausgewertet wird, daß in dem Schritt 1101 eine
Überprüfung erfolgt, ob die Größe MULT kleiner als 0 ist
(übersteuerndes Fahrverhalten) oder ob die Größe MULT größer
als 0 ist (untersteuerndes Fahrverhalten). Bei einem übersteuernden
Fahrverhalten wird entsprechend dem Schritt 1102 der
Bremsschlupf des kurvenäußeren Vorderrades erhöht bzw. der
Bremsschlupf des kurveninneren Hinterrades verringert. Bei einem
untersteuernden Fahrverhalten wird entsprechend dem
Schritt 1103 der Bremsschlupf des kurveninneren Hinterrades
erhöht bzw. der Bremsschlupf des kurvenäußeren Vorderrades erniedrigt.
Um dabei gemäß der Darstellung der Fig. 12 die gewünschte
Gierreaktion weiter zu begünstigen, wird dabei Bremsdruck an
einzelnen Rädern aufgebaut und zusätzlich Bremsdruck an einzelnen
Rädern abgebaut. Die Verhältnisse sind dabei analog der
Darstellung zu der Fig. 12. Der Abbau des Bremsdruckes pBab
kann dabei an dem Rad erfolgen, das dem Rad diagonal gegenüberliegt,
an dem in dem Beispiel der Fig. 12 ein Aufbau des
Bremsdruckes pBauf erfolgt. Das Ausmaß der Reduktion des
Bremsdruckes kann dabei derart sein, daß sich eine Abnahme des
Bremsschlupfes in Umkehrung der Verhältnisse der Darstellung
entsprechend der Fig. 7 ergibt, d. h., daß der Sollwert des
Bremsschlupfes σsoll linear mit der Größe MULT abnimmt. Die
Parameter a und b der Gleichung lauten in diesem Fall
a = -0,004 s/1° und b = -0,04.
Das bedeutet also, daß beim Übersteuern der Bremsschlupf am
kurveninneren Hinterrad reduziert wird und beim Untersteuern
der Bremsschlupf am kurvenäußeren Vorderrad. Auch hierbei kann
zur Unterstützung beim Übersteuern auch der Bremsschlupf an dem
kurvenäußeren Hinterrad und beim Untersteuern der Bremsschlupf
an dem kurveninneren Vorderrad reduziert werden.