DE338166C - Verfahren zur Herstellung unschaedlicher Impfstoffe aus gifthaltigen pathogenen Mikroorganismen - Google Patents

Verfahren zur Herstellung unschaedlicher Impfstoffe aus gifthaltigen pathogenen Mikroorganismen

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DE338166C
DE338166C DE1916338166D DE338166DD DE338166C DE 338166 C DE338166 C DE 338166C DE 1916338166 D DE1916338166 D DE 1916338166D DE 338166D D DE338166D D DE 338166DD DE 338166 C DE338166 C DE 338166C
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Description

  • Verfahren zur Herstellung unschädlicher Impfstoffe aus gifthaltigen pathogenen Mikroorganismen. Es ist bekannt, daß man den menschlichen Organismus gegen eine Reihe von Krankheiten dadurch immunisieren kann, daß man ihm die abgetöteten= Erreger der betreffenden Krankheit einverleibt. Dieses Immunisierungsverfahren hat sich besonders bei Typhus und Cholera bewährt und bei diesen zur Einführung eines Schutzimpfverfahrens von bedeutendem Umfange geführt. Es wurden Aufschwemmungen von abgetöteten Typhus- oder Cholerabazillen mit bestimmter Dosierung in das Unterhautbindegewebe gesunder Menschen eingespritzt, wodurch ein namhafter Impfschutz gegen Typhus öder Cholera erfahrungsgemäß erzeugt wurde.
  • Bei der Ausführung solcher Schutzimpfung hat sich nun als Übelstand herausgestellt, daß Typhus- und Cholerabazillen in ihrer Leibessubstanz Giftstoffe enthalten, welche namentlich bei überempfindlichen Personen zu recht schweren örtlichen und allgemeinen Vergiftungserscheinungen Veranlassung geben .können. Diese Vergiftungserscheinungen bestehen einerseits in - ausgedehnten Reizerscheinungen, namentlich Schwellungen und Rötungen, die an der Injektionsstelle auftreten, anderseits in Allgemeinerkrankungen, die in mehr oder weniger hohem Fieber, in Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und Drüsenschwellungen bestehen. Bei einer anderen Infektionskrankheit, nämlich der Ruhr, mußtc man wegen der Heftigkeit der eine Schutzimpfung begleitenden Vergiftungserscheinungen sogar von der Anwendung des Schutzimpfverfahrens vollständig Abstand nehmen und konnte an die Bekämpfung der Ruhr durch aktive Immunisierung erst denken, nachdem es gelungen war, Methoden zur Beseitigung dieser störenden Nebenwirkungen ausfindig zu machen. Das Ziel, eine Entgiftung der zur Schutzimpfung verwendeten Bazillen herbeizuführen, war um so mehr erstrebenswert, als nach den gemachten Erfahrungen die geschilderten-Vergiftungserscheinungen völlig sekundärer Natur sind und mit dem eigentlichen Immunisierungsprozeß- gegen die betreffenden Infektionskrankheiten nichts zu tun haben.
  • Es wurde nun gefunden, daß man pathogene Mikroorganismen dadurch in ihrer sekundären Giftigkeit herabsetzen und auf diese Art unschädliche Impfstoffe herstellen kann, daß man die betreffenden Krankheitserreger mit kolloidaler Kieselsäure in, innige Berührung bringt. Dies kann derart ausgeführt werden, daß man Aufschwemmungen der betreffenden .Krankheitserreger mit löslicher Kieselsäure versetzt und die Mischung entweder längere Zeit bei gewöhnlicher oder auch bei erhöhter Temperatur sich selbst überläßt oder etwa 2q. Stun=-den lang in Schüttelapparaten verarbeitet: -Man hat bereits vorgeschlagen, in flüssiger Form zu bearbeitende Stoffe, wie Tuberkulin, an Kieselsäure zu binden, wobei gleichzeitig ein Ausfällen der gelösten Stoffe mit der Kieselsäure zusammen erzielt wird. Ferner ist bekannt, daß Bakteriengifte in lebenden Organismen mit Kolloiden, z. B. Bolus alba, Kohle, unschädlich gemacht werden können. Demgegenüber handelt es sich bei der Erfindung darum, unschädlich wirkende Impfstoffe aus gifthaltigen pathogenen Mikroorganismen herzustellen, indem das auswählende. Adsorp tionsvermögen der kolloidalen Kieselsäure dazu benutzt wird, in den Bakterienzellen selbst eine Entgiftung hervorzurufen und dadurch die schädigenden Komplexe zu binden und unwirksam zu machen oder abzuschwächen.
  • Die Herstellung bakterieller Impfstoffe nach dem neuen Verfahren sei durch folgende Beispiele erläutert I. Ruhr-Impfstoff. Ruhrbazillen, und zwar sowohl der Bazillus dysenteriae Shiga-Kruse, als auch die Pseudo-Dysenterie-Bazillen, nämlich der Flexnersche und Strongsche Bazillus, sowie der Dysenteriebazillus Y werden auf festen Nährsubstanzen kultiviert und in bekannter Weise zu konzentrierten Aufschwemmungen mit o,5 prozentiger Karbolsäurelösung verarbeitet. Diese Aufschwemmungen, deren Keimgehalt in bekannter Weise mikroskopisch und gewichtsanalytisch festzustellen ist, -dienen als Stammemulsionen. Zur Fertigstellung des eigentlichen Impfstoffes werden diese Stammemulsionen zunächst einzeln mit Karbolwasser unter Zusatz von flüssiger kolloidaler Kieselsäure verdünnt, und zwar werden zu je 0,3 mg oder ioo Millionen abgetöteten Keimen des Bazillus dysenteriae Shiga-Kruse o,6 mg und zu je 5oo Million(n Keimen oder 1,5 mg Pseudo-Dysenterie-Bazillen i,o mg kolloidaler Kieselsäure hinzugefügt. Nach etwa 24stündigem Stehen und Schütteln werden alle diese Teilmischungen vereinigt, und zwar so, daß der nunmehrige gebrauchsfertige Impfstoff gleiche Teile des Bazillus dysenteriae Shiga-Kruse und der oben erwähnten drei Arten der Pseudo-Dysenterie-Bazillen enthält. Die Herstellung des Impfstoffes kann auch ohne Schütteln vor sich gehen, indem der Impfstoff nach= erfolgter inniger Vermischung von Kieselsäure und Aufschwemmungen der Bakterien, z. B. durch längeres Stehenlassen, fertiggestellt wird.
  • Im einzelnen wurde z. B. bei einem Versuch folgendermaßen verfahren: Je fünf große mit Agar-Agar-Nährböden beschickte Petrischalen wurden mit den oben näher bezeichneten Dysenterie-Bazillenrassen geimpft. Im ganzen waren also 2o große Schalen vorhanden. Nach 48stündigem Wachstum (im Brutschrank bei 37° C) wurde jede dieser Schalen mit 22o ccm Karbolwasser abgespült. Die Aufschwemmungen jeder Bazillenart wurden unter sich vereinigt. Man erhielt auf diese Art vier Standard= ernulsionen von je iooo ccm, welche folgende Mengen Bazillenmassen enthielten a) 11- Aufschwemmung des Bac. dys. Shiga-Kruse . . . . . . . .... 1,5 g, b) i 1 Aufschwemmung des Bac. dys. Flexner . . . . . . . . . . . . . . . . 2,o g, c) 11 Aufschwemmung des Bac. dys. Y. . . . . . . . . , . . . . . . . . : . . 475 g, d) 11 Aufschwemmung des Bac. dys. Strong . . . . .-. . . . . . . . . . . 1,75 g. Man fügte nun zu a) 3700 ccm Karbolwasser und 300 ccm gelöste Kieselsäure (iprozentig), zu b) 38oo ccm Karbolwasser und 200 ccm gelöste Kieselsäure, zu c) 3850 ccm Karbolwasser und 150 ccm gelöste Kieselsäure, zu d) 3850 ccm Karbolwasser und 150 ccm gelöste Kieselsäure. Hierauf wurden diese Mischungen 24 Stunden lang in einen Schüttelapparat gebracht. Nach dieser Zeit wurde durch Kulturversuche festgestellt, daß die Bazillen durch das Karbolwasser und die Kieselsäure abgetötet waren. Die Mischungen aller Bakterienarten wurden hierauf vereinigt und ergaben 2o 1 fertigen Impfstoff von nachfolgender Zusammensetzung: i ccm enthielt
    0,3 mg= ioo Millionen Keime Bac. dys. Shiga-Kruse + o,6 mg Si 02,
    0,4 mg - 200 Millionen Keime Bac. dys. Flexner . . . -f- 0,4 mg 'Si 02,
    0,3 mg- 150 Millionen Keime Bac. dys. Y. . . . . . . . + 0;3 mg S'02,
    0,3 mg = 150 Millionen Keime Bac. dys. Strong . . . . + 0,3 mg S' 02r
    43 mg= 6oo Millionen abgetötete Dysenteriebazillen + 1,6 mg Si 02.
    Außerdem enthielt der Impfstoff 0,5 Prozent Karbolsäure.
  • Daß durch die im Impfstoff enth?Lltene Menge an kolloidaler Kieselsäure tatsächlich eine. genügende Entgiftung der Ruhrbazillen, stattfindet, wurde an Tierversuchen festgestellt; Es hat sich gezeigt, =daß cue.tödliche Üosis von echten Ruhrbazille. f,@ ,r Käninchen 0,3 ccm beträgt, während die, mit. gelöster kolloidaler Kieselsäure . . vorbehandelten - Bazillen.-selbst in einer. Dosis von- 3-Ccm-.nur - schwache Lähmunserscheinungen hervorrufen, öhneden Tod der Versuchstiere zu veranlassen.
  • Der Beweis für die Entgiftung der Pseudo-Ruhrbazillen gemäß dem Verfahren wurde dadurch erbracht, daß Emulsionen von Pseudo-, Ruhrbazillen, die mit Kieselsäure behandelt wurden, beim Menschen keinerlei örtliche Reizerscheinungen nach subkutaner Einspritzung auslösten, während Emulsionen, die nicht mit Kieselsäure vorbehandelt sind, bei der Injektion im- Unterhautzellgewebe schwere Infiltrationen und andere Reizerscheinungen veranlaßten.
  • II. Typhus-Impfstoff.
  • Zur Herstellung eines Typhus-Impfstoffes wird ebenfalls das für den Ruhr-Impfstoff beschriebene Verfahren befolgt, nur enthält der gebrauchsfertige Impfstoff r ooo Millionen abgetötete Typhuskeime und 5 mg kolloidale Kieselsäure in jedem Kubikzentimeter. Man kann hierbei so verfahren, daß man entweder lediglich den gewöhnlichen Typhusbazillus verwendet oder aber in gleicher Weise einen Impfstoff aus Para-Typhusbazillen herstellt oder auch Gemische beider Bazillenarten für die Herstellung eines sogenannten multivalenten Impfstoffes verwendet.
  • So wurden z. B. 5o große mit Agar-Agar-Nährböden beschickte Petrischalen mit Reinkulturen des Bac. typh. abdominalis geimpft und nach üppigem Wachstum der Bazillen mit je 12o ccm Karbolwasser abgeschwemmt. Es wurden 5 000 ccm Aufschwemmung mit 75 g Bazillensubstanz erhalten. Durch eine gesonderte Untersuchung war festgestellt worden, daß 3 mg Bazillensubstanz einer Keimzahl von z ooo Millionen Typhusbazillen entsprechen. Zu den 5 ooo ccm Aufschwemmung wurden infolgedessen 17 500 ccm Karbolwasser und 2 500 ccm einer 5prozentigen Kiesel säurelösung beigefügt. Das Gemisch wurde 24 Stunden im Schüttelapparat verarbeitet und hierauf die vollkommene Abtötung der Keime festgestellt. Der so erhaltene gebrauchsfertige Impfstoff enthält in x ccm 3 mg = t ooo Millionen Keime und 5 mg kolloidaler Kieselsäure.
  • Die auf diesem Wege gewonnenen Typhus-Impfstoffe unterscheiden sich von den gebräuchlichen ohne Verwendung von Kieselsäure hergestellten Typhus-Impfstoffen dadurch, daß sie beim Menschen auffallend geringe örtliche Reaktion auslösen (vgl. Dr. Fritz Ditthorn und Waldemar Loewenthal »Ein multivalenter Ruhr=Impfreteff(c= Dtsch. med. -Wochenschrift, _1917, Nr. ,3@, letzter Absatz). .. . . . . ; ,--, @_ III: Cholera- Impfstoff.-Indem in ähnlicher Weise wie bei der Herstellung des Ruhr- oder Typhus-Impfstoffes verfahren wurde, konnte ein Impfstoff aus abgetöteten Choleravibrionen hergestellt werden, nachdem durch Tierversuche festgestellt worden . war, daß durch lösliche kolloidale Kieselsäure eine völlige Entgiftung von abgetöteten Cholerakeimen herbeigeführt werden kann, und zwar wurde festgestellt, daß zur Entgiftung von z ooo Millionen Cholerakeimen 3 mg kolloidaler Kieselsäure genügen.
  • Beispielsweise wurden 50 große Petrischalen mit gut entwickelten Choleravibrionen mit je i2o ccm Karbolwasser abgeschwemmt. Nach Vereinigung der einzelnen Abschwemmungen wurden 5-000 ccm einer Flüssigkeit erhalten, in welcher 50 g Bazillenmasse enthalten waren. Durch eine gesonderte Untersuchung wurde festgestellt, daß 2 mg Bazillenmasse einer Keimzahl von x ooo Millionen Choleravibrionen entsprechen. Infolgedessen wurden zu 5 000 ccm Aufschwemmung 18 500 ccm Karbolwasser und z 500 ccm einer 5 prozentigen Kieselsäurelösung hinzugefügt. Nach 24stündiger Verarbeitung im Schüttelapparat und nach der Feststellung der Abwesenheit von lebenden Keimen enthält der gebrauchsfertige Impfstoff in z -ccm z ooo Millionen abgetötete Keime und 3 mg kolloidale Kieselsäure.
  • Die nach dem Verfahren entgifteten Bazillen besitzen, wie durch Agglutinierungsversuche 'am Blute behandelter Tiere festgestellt wurde, ihre immunisatorischen Eigenschaften noch in vollem Maße. Die Entgiftung der Ruhrbazillen z. B. durch Kieselsäure ermöglicht es sogar, die Immunisierung von Kaninchen durch häufigere Injektionen und durch Erhöhung der Dosen bedeutend kräftiger zu gestalten.
  • Die Tatsache, daß abgetötete und, wie gefunden wurde, auch lebende Bazillen in so hervorragender Weise durch kolloidale Kieselsäure entgiftet, aber ihrer immunisatorischen Eigenschaften nicht beraubt werden, kann vielleicht dadurch erklärt werden, daß eine Adsorption der Kieselsäure durch die Leibessubstanz der Bakterien tatsächlich erfolgt ist, eine Annahme, die überdies durch das eigenartige veränderte Verhalten bekräftigt wird, welches mit Kieselsäure behandelte Bazillen gegenüber Anilinfarben zeigen. Bei der Färbung mit Anilinfarbstoffen nämlich zeigt sich, daß die Bazillen ihre ursprüngliche Form und Färbbarkeit vollkommen eingebüßt haben.

Claims (1)

  1. P'ATNT-ANSP-RUCH: -Verfahren -zur Herstellung unschädlicher Impfstoffe aus gifthaltigen pathogenen Mikroorganismen, besonders aus der Ruhr-, Cholera- , und Typhusgruppe, 'dadurch gekennzeichnet, daB man auf Aufschwemmungen der Krankheitserreger zur Adsorption' der in ihnen enthaltenen Gifte kolloidale Kieselsäure, zweckmäßig unter Durchschütteln, zur Einwirkung bringt.
DE1916338166D 1916-05-16 1916-05-16 Verfahren zur Herstellung unschaedlicher Impfstoffe aus gifthaltigen pathogenen Mikroorganismen Expired DE338166C (de)

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Cited By (1)

* Cited by examiner, † Cited by third party
Publication number Priority date Publication date Assignee Title
DE943312C (de) * 1952-10-29 1956-05-17 Graf & Co Sueddeutsche Catgutf Verfahren zur Herstellung von Vakzinen, die zur Gewinnung von Seren verwendet werden koennen

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* Cited by examiner, † Cited by third party
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DE943312C (de) * 1952-10-29 1956-05-17 Graf & Co Sueddeutsche Catgutf Verfahren zur Herstellung von Vakzinen, die zur Gewinnung von Seren verwendet werden koennen

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