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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Überwachen eines mechanisch ungekoppelten Aktuatorsystems und ein mechanisch ungekoppeltes Aktuatorsystem.
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Steer-by-Wire (SbW)-Lenksysteme, welche zukünftig im Automobilbereich in Großserie eingesetzt werden können, müssen eine deutlich höhere Ausfallsicherheit aufweisen als konventionelle Lenksysteme. Dies liegt daran, dass SbW-Lenksysteme über keine mechanische Verbindung zwischen einem Lenkrad und einem Lenkgetriebe verfügen. Ein vollständiger Ausfall des Lenksystems würde dazu führen, dass das Fahrzeug nicht mehr lenkbar wäre. Somit müssen ein vollständiger Ausfall verhindert und Fehlerwirkungen frühzeitig erkannt werden. Ferner erfordern auch automatisiert fahrende Assistenzsysteme eine erhöhte Sicherheit an die Fahrzeugkomponenten.
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Im Allgemeinen ist es in mechanisch ungekoppelten Aktuatorsystemen, das heißt, in „by-Wire“-Systemen, einem menschlichen Bediener (z.B. einem Fahrer oder Piloten) nicht mehr möglich, direkt in mechanisch vermittelter Weise auf eine Stellaktorik zuzugreifen.
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Aus der
DE 100 53 335 B4 ist eine SbW-Lenkanlage für Fahrzeuge bekannt, mit einem auf die Stellung der gelenkten Räder des Fahrzeugs wirkenden Lenkmodul, mit einem die Stellung der gelenkten Räder erfassenden Lenkdrehwinkelsensor, mit einem Rückwirkungen von der Straße auf das Fahrzeug an den Fahrer übermittelnden Lenkradmodul, mit einem den Fahrerlenkwunsch erfassenden Lenkraddrehwinkelsensor, mit einem Versorgungsmodul zur Versorgung der SbW-Lenkanlage mit elektrischer Energie und mit einer Rückfallebene, wobei Lenkmodul, Lenkdrehwinkelsensor, Lenkradmodul, Lenkraddrehwinkelsensor und Versorgungsmodul über Signalleitungen miteinander verbunden sind und wobei Lenkmodul, Lenkdrehwinkelsensor, Lenkradmodul und Lenkraddrehwinkelsensor vom Versorgungsmodul über elektrische Versorgungsleitungen mit elektrischer Energie versorgt werden, wobei Lenkmodul, Lenkdrehwinkelsensor und Lenkraddrehwinkelsensor redundant aufgebaut sind, und wobei die Signalleitungen und Versorgungsleitungen redundant vorhanden sind, wobei das Lenkradmodul redundant aufgebaut ist, wobei das Lenkmodul und das Lenkradmodul mindestens zwei Rechnermodule aufweisen, und wobei die Funktion der mindestens zwei Rechnermodule von je einem Überwachungsmodul überwacht wird.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren zum Überwachen eines mechanisch ungekoppelten Aktuatorsystems und ein mechanisch ungekoppeltes Aktuatorsystem zu verbessern.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 und ein mechanisch ungekoppeltes Aktuatorsystem mit den Merkmalen des Patentanspruchs 10 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Insbesondere wird ein Verfahren zum Überwachen eines mechanisch ungekoppelten Aktuatorsystems zur Verfügung gestellt, wobei das Aktuatorsystem ein Rückkopplungsaktuatormodul und ein Aktuatormodul aufweist, welche signaltechnisch miteinander gekoppelt sind, wobei das Rückkopplungsaktuatormodul und das Aktuatormodul jeweils im Wege einer Fremddiagnose überwacht werden, wobei modulextern eine passive Fremddiagnose und/oder eine aktive Fremddiagnose durchgeführt wird, wobei im Rahmen der passiven Fremddiagnose anhand eines jeweiligen Modells für das Rückkopplungsaktuatormodul und das Aktuatormodul eine jeweilige Funktion überprüft wird, und wobei im Rahmen der aktiven Fremddiagnose eine Kopplung zwischen dem Rückkopplungsaktuatormodul und dem Aktuatormodul zeitweise aufgehoben wird und das Rückkopplungsaktuatormodul und/oder das Aktuatormodul mit vorgegebenen Testparametern angesteuert werden, um modellbasiert eine jeweilige Funktion zu überprüfen, und wobei ein Überprüfungsergebnis bereitgestellt wird.
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Ferner wird insbesondere ein mechanisch ungekoppeltes Aktuatorsystem geschaffen, umfassend ein Rückkopplungsaktuatormodul und ein Aktuatormodul, welche signaltechnisch miteinander gekoppelt sind, wobei das Aktuatorsystem dazu eingerichtet ist, das Rückkopplungsaktuatormodul und das Aktuatormodul jeweils im Wege einer Fremddiagnose zu überwachen, und hierzu jeweils modulextern eine passive Fremddiagnose und/oder eine aktive Fremddiagnose durchzuführen, und im Rahmen der passiven Fremddiagnose anhand eines jeweiligen Modells für das Rückkopplungsaktuatormodul und das Aktuatormodul eine jeweilige Funktion zu überprüfen, und im Rahmen der aktiven Fremddiagnose eine Kopplung zwischen dem Rückkopplungsaktuatormodul und dem Aktuatormodul zeitweise aufzuheben und das Rückkopplungsaktuatormodul und/oder das Aktuatormodul mit vorgegebenen Testparametern anzusteuern, um modellbasiert eine jeweilige Funktion zu überprüfen, und ein Überprüfungsergebnis bereitzustellen.
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Das Verfahren und das Aktuatorsystem ermöglichen es, das Rückkopplungsaktuatormodul und das Aktuatormodul verbessert zu überwachen. Insbesondere wird neben einer in der Regel üblichen Eigendiagnose auch eine Fremddiagnose ermöglicht. Dies wird erreicht, indem modulextern eine passive Fremddiagnose und/oder eine aktive Fremddiagnose durchgeführt wird. Im Rahmen der passiven Fremddiagnose wird anhand eines jeweiligen Modells für das Rückkopplungsaktuatormodul und das Aktuatormodul eine jeweilige Funktion überprüft. Hierzu werden insbesondere Beziehungen zwischen Eingangsgrößen und Ausgangsgrößen und somit ein Verhalten der Module mit Hilfe des jeweiligen Modells überprüft. Im Rahmen der aktiven Fremddiagnose wird eine Kopplung zwischen dem Rückkopplungsaktuatormodul und dem Aktuatormodul zeitweise aufgehoben und das Rückkopplungsaktuatormodul und/oder das Aktuatormodul wird mit vorgegebenen Testparametern angesteuert. Dies erfolgt stets immer nur, sofern eine aktive Fremddiagnose möglich ist, das heißt, wenn das Aktuatorsystem gerade nicht betrieben wird. Hierdurch kann modellbasiert gezielt eine jeweilige Funktion überprüft werden. Insbesondere ist das Ziel der aktiven Fremddiagnose, Sensoren, eine Leistungselektronik und Aktuatoren auf eine korrekte Funktionsweise hin zu überprüfen. Insbesondere können hierbei auch Parameter oder Parameterbereiche umgesetzt werden, die im normalen Betrieb nicht auftreten, wie beispielsweise Rand- oder Extrembereiche. Das Überprüfungsergebnis wird bereitgestellt, beispielsweise als analoges oder digitales Signal, insbesondere als digitales Datenpaket.
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Ein mechanisch ungekoppeltes Aktuatorsystem ist insbesondere ein Aktuatorsystem, bei dem zwischen einem Rückkopplungsaktuatormodul, das heißt, einem Modul zum Erfassen von einer manuellen Betätigung, und einem Aktuatormodul, das heißt, einem Modul zum Ausführen der aus der manuellen Betätigung abgeleiteten Aktion, keine mechanische Verbindung, sondern nur eine signaltechnische Verbindung besteht (das Aktuatorsystem kann daher auch als „by-Wire“-System bezeichnet werden). Die manuelle Betätigung wird daher nicht mechanisch in die Aktion umgesetzt, sondern insbesondere mittels einer Sensorik erfasst und vermittelt durch die signaltechnische Verbindung mittels einer Aktorik umgesetzt. In gleicher Weise erfolgt umgekehrt eine Rückkopplung vom Aktuatormodul zum Rückkopplungsaktuatormodul nur auf signaltechnischem Wege. Ein Rückkopplungsaktuatormodul umfasst insbesondere eine Steuerung zum Steuern oder Regeln einer Rückkopplung, die einer Person bei einer manuellen Betätigung gegeben wird. Ein Aktuatormodul umfasst insbesondere eine Steuerung zum Steuern oder Regeln einer aus der erfassten manuellen Betätigung abgeleiteten Aktion. Die Module umfassen insbesondere Datenverarbeitungseinrichtungen, die das Steuern und/oder Regeln und insbesondere eine Eigendiagnose sowie insbesondere eine Fremddiagnose ausführen.
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Die Modelle können grundsätzlich verschieden ausgestaltet sein, beispielsweise können Kennlinien und/oder Kennfelder als jeweiliges Modell verwendet werden. Es kann auch ein Verfahren des Maschinenlernens, beispielsweise ein trainiertes Neuronales Netz, als Modell verwendet werden. Das Neuronale Netz ist dann darauf trainiert, für jeweils abgefragte Eingangsgrößen Ausgangsgrößen zu schätzen, welche zum Überprüfen einer Funktion der Module mit abgefragten Ausgangsgrößen verglichen werden können. Die Modelle bilden ein Idealverhalten der Module, insbesondere von Elektromotoren der Module, ab. Es kann vorgesehen sein, dass ein Alterungsverhalten der Module, insbesondere der Motoren der Module, berücksichtigt wird, beispielsweise indem die Modelle in Abhängigkeit einer Betriebsdauer angepasst werden. Hierdurch kann eine erwartete, aber unkritische, Alterung der Module bzw. der Motoren und/oder sonstiger Bestandteile in den Modellen berücksichtigt werden.
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Eingangsgrößen können beispielsweise Phasenspannungen und/oder Phasenströme sein. Ausgangsgrößen können beispielsweise Phasenströme und/oder Motorwinkel sein. Grundsätzlich können Eingangsgrößen und Ausgangsgrößen beliebig gewählt werden, solange diese eine modellbasierte Überprüfung der Funktion der Module (insbesondere der Motoren) erlauben. Bei der Kombination aus jeweiligen Phasenströmen als Eingangsgrößen und einem jeweiligen Motorwinkel als Ausgangsgröße kann beispielsweise überprüft werden, ob für vorgegebene Phasenströme ein geschätzter bzw. vorhergesagter Motorwinkel eingestellt wird oder nicht. Aus einer Kombination von jeweiligen Phasenspannungen als Eingangsgrößen und jeweiligen Phasenströmen als Ausgangsgrößen kann beispielsweise ein elektrischer Widerstand des Motors bestimmt und überprüft werden. Steigt ein elektrischer Widerstand mit der Zeit an, so kann dies auf eine Alterung des Motors hindeuten. Eine solche Alterung wird dann erkannt, beispielsweise mit Hilfe eines Schwellwertvergleichs. Ferner können auch die nachfolgend aufgelisteten Kombinationen aus Eingangsgrößen und Ausgangsgrößen zur modellbasierten Überprüfung verwendet werden:
- - Eingangsgröße: Phasenspannung, Ausgangsgröße: Phasenstrom;
- - Eingangsgröße: Spannungsimpuls, Ausgangsgröße: Verlauf eines Stroms, hierüber können insbesondere Induktivitäten und Widerstände einzelner Phasen bestimmt werden;
- - Eingangsgröße: Drehungen des Motors, Ausgangsgröße: Verschiebung einer Zahnstange (Position);
- - Eingangsgröße: Zahnstangenposition, Ausgangsgröße: Reaktion eines Fahrzeugs (z.B. Querbeschleunigung, Gierrate etc.);
- - Eingangsgröße: Lastimpuls, Ausgangsgröße: Einbruch einer Spannung an einer Spannungsversorgung, hierüber kann insbesondere ein Widerstand eines Versorgungspfades bestimmt werden.
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Ein Fahrzeug ist insbesondere ein Kraftfahrzeug. Ein Fahrzeug kann grundsätzlich aber auch ein anderes Land-, Schienen-, Wasser-, Luft- oder Raumfahrzeug sein.
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das Rückkopplungsaktuatormodul und das Aktuatormodul sich jeweils gegenseitig überwachen und die jeweilige Fremddiagnose durchführen. Hierdurch kann auf bereits vorhandene Module zurückgegriffen werden, um das Überwachen durchzuführen. Insbesondere ist kein leistungsfähiger Zentralrechner notwendig bzw. es wird keine Rechenleistung bei einem solchen Zentralrechner benötigt.
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das Überwachen zusätzlich oder alternativ mittels mindestens einer externen Überwachungseinrichtung durchgeführt wird. Hierdurch kann zusätzlich oder alternativ mittels einer zusätzlichen Einrichtung ein Überwachen durchgeführt werden. Insbesondere erlaubt dies ein zentrales Überwachen und/oder ein Bündeln von Überwachungsaktivitäten in einer Einrichtung. Bei einem Fahrzeug kann die zusätzliche Einrichtung beispielsweise eine zentrale Recheneinrichtung (Zentralrechner) des Fahrzeugs sein. Ferner kann auch ein Backendserver eine solche zusätzliche Einrichtung sein, sodass auch eine Ferndiagnose ermöglicht wird. Hierzu ist das Aktuatorsystem über eine Kommunikationsverbindung, beispielsweise ein Mobilfunknetz oder das Internet, mit dem Backendserver verbunden.
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass Eingangsgrößen und Ausgangsgrößen des Rückkopplungsaktuatormoduls und/oder des Aktuatormoduls gesammelt und gespeichert werden, wobei die Fremddiagnose ausgehend von den gesammelten und gespeicherten Größen durchgeführt wird. Hierdurch kann die Fremddiagnose insbesondere zu einem späteren Zeitpunkt und/oder an einem anderen Ort durchgeführt werden. Insbesondere kann die Fremddiagnose hierdurch zu einem Zeitpunkt durchgeführt werden, an dem Rechenleistung (günstig) verfügbar ist.
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass die passive Fremddiagnose fortlaufend durchgeführt wird. Hierdurch steht fortlaufend ein aktuelles Überprüfungsergebnis zur Verfügung. Auf diese Weise können Fehler ohne große zeitliche Verzögerung erkannt werden.
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Alternativ kann in einer Ausführungsform vorgesehen sein, dass die passive Fremddiagnose in vorgegebenen Situationen und/oder zu vorgegebenen Zeitpunkten durchgeführt wird. Hierdurch kann eine für die Fremddiagnose notwendige Rechenleistung gespart und/oder gezielt beansprucht werden.
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass die aktive Fremddiagnose in vorgegebenen Situationen und/oder zu vorgegebenen Zeitpunkten durchgeführt wird. Hierdurch kann die aktive Fremddiagnose immer in geeigneten Situationen und/oder zu geeigneten Zeitpunkten durchgeführt werden. Bei einem SbW-Lenksystem kann die aktive Fremddiagnose beispielsweise immer vor Starten einer Fahrt des Fahrzeugs (z.B. nach dem Aktivieren der Zündung) oder nach Beenden einer Fahrt des Fahrzeugs durchgeführt werden. Ferner kann auch eine Ruhephase, beispielsweise wenn das Fahrzeug an einer Ampel wartet, genutzt werden, um eine aktive Fremddiagnose durchzuführen.
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass Parameter mindestens eines Fahrzeugs abgerufen und/oder empfangen werden und bei der passiven Fremddiagnose und/oder der aktiven Fremddiagnose berücksichtigt werden. Dies vergrößert insbesondere eine Vergleichsbasis und erhöht somit eine Diagnoseabdeckung sowie eine Robustheit gegen Fehldiagnosen. Beispielsweise können Parameter des Fahrzeuges abgerufen werden, in dem auch das Aktuatorsystem verbaut ist, und/oder Parameter direkt von anderen Fahrzeugen. Ferner können Parameter anderer Fahrzeuge auch von einem Backendserver abgerufen werden. Parameter können beispielsweise eine Geschwindigkeit und/oder eine Beschleunigung des Fahrzeugs, eine Gierrate, eine Querbeschleunigung, Kameradaten und/oder Radardaten etc. umfassen. Anhand der Parameter können beispielsweise Fahrmanöver identifiziert werden, ausgehend von denen mit Hilfe einer Musterkennung Idealmodelle erzeugt werden können. Im Beispiel eines Lenksystems kann ein solches Idealmodell beispielsweise eine Abhängigkeit einer Querbeschleunigung von einer Kurvenform und einer Geschwindigkeit des Fahrzeugs beinhalten.
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das mechanisch ungekoppelte Aktuatorsystem ein Steer-by-Wire-(SbW)-Lenksystem ist. Das SbW-Lenksystem umfasst als Rückkopplungsaktuatormodul ein Lenkradmodul bzw. Force-Feedback Aktuator (FFA), welches einen gewünschten Lenkwinkel erfasst und einem Fahrer ein realistisches Handmoment vermittelt. Außerdem umfasst das SbW-Lenksystem als Aktuatormodul ein Lenkmodul bzw. Road Wheel Actuator (RWA) mit einem Lenkgetriebe, welches den Fahrerwunsch in eine Radlenkbewegung umsetzt.
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Weitere Merkmale zur Ausgestaltung des Aktuatorsystems ergeben sich aus der Beschreibung von Ausgestaltungen des Verfahrens. Die Vorteile des Aktuatorsystems sind hierbei jeweils die gleichen wie bei den Ausgestaltungen des Verfahrens.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele unter Bezugnahme auf die Figuren näher erläutert. Hierbei zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung einer Ausführungsform des mechanisch ungekoppelten Aktuatorsystems am Beispiel eines Steer-by-Wire-Lenksystems;
- 2 ein schematisches Ablaufdiagramm einer Ausführungsform des Verfahrens zum Überwachen eines mechanisch ungekoppelten Aktuatorsystems.
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Die 1 zeigt eine schematische Darstellung einer Ausführungsform des mechanisch ungekoppelten Aktuatorsystems 1 am Beispiel eines Steer-by-Wire-Lenksystems 2.
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Das mechanisch ungekoppelte Aktuatorsystem 1 umfasst ein Rückkopplungsaktuatormodul 3 und ein Aktuatormodul 4, welche signaltechnisch miteinander gekoppelt sind. Insbesondere sind das Rückkopplungsaktuatormodul 3 und das Aktuatormodul 4 über einen (privaten) Controller Area Network (CAN)-Bus 5 miteinander verbunden. Im gezeigten Beispiel des Steer-by-Wire-Lenksystems 2 ist das Rückkopplungsaktuatormodul 3 ein Lenkradmodul bzw. Force Feedback Actuator (FFA)-Modul und das Aktuatormodul 4 ist ein Lenkmodul bzw. Road Wheel Actuator (RWA)-Modul.
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Das Aktuatorsystem 1 ist dazu eingerichtet, das Rückkopplungsaktuatormodul 3 und das Aktuatormodul 4 jeweils im Wege einer Fremddiagnose zu überwachen, und hierzu jeweils modulextern eine passive Fremddiagnose und/oder eine aktive Fremddiagnose durchzuführen.
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Im Rahmen der passiven Fremddiagnose wird anhand eines jeweiligen Modells 13, 14 für das Rückkopplungsaktuatormodul 3 und das Aktuatormodul 4 eine jeweilige Funktion zu überprüft.
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Im Rahmen der aktiven Fremddiagnose wird eine Kopplung zwischen dem Rückkopplungsaktuatormodul 3 und dem Aktuatormodul 4 zeitweise aufgehoben und das Rückkopplungsaktuatormodul 3 und/oder das Aktuatormodul 4 wird mit vorgegebenen Testparametern angesteuert, um modellbasiert eine jeweilige Funktion zu überprüfen.
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Ein Überprüfungsergebnis 20 wird bereitgestellt, beispielsweise indem eine entsprechende Nachricht auf den CAN-Bus 5 ausgegeben wird, welche dann von anderen Einrichtungen des Fahrzeugs ausgewertet und/oder an einen Backendserver 60 übermittelt werden kann.
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Es kann vorgesehen sein, dass das Rückkopplungsaktuatormodul 3 und das Aktuatormodul 4 sich jeweils gegenseitig überwachen und die jeweilige Fremddiagnose durchführen. Im Rahmen der passiven Fremddiagnose fragt das Rückkopplungsaktuatormodul 3 Eingangsgrößen 4-1 und Ausgangsgrößen 4-2 des Aktuatormoduls 4 über den CAN-Bus 5 beim Aktuatormodul 4 ab und das Aktuatormodul 4 fragt Eingangsgrößen 3-1 und Ausgangsgrößen 3-2 des Rückkopplungsaktuatormoduls 3 über den CAN-Bus 5 beim Rückkopplungsaktuatormodul 3 ab. Beispielsweise können als Eingangsgrößen 3-1, 4-1 Phasenspannungen eines jeweiligen Elektromotors und als Ausgangsgrößen 3-2, 4-2 Phasenströme des jeweiligen Elektromotors abgefragt werden. Alternativ oder zusätzlich können auch Motorwinkel und/oder weitere Größen abgefragt werden. Das Rückkopplungsaktuatormodul 3 prüft anhand eines Modells 14, das ein ideales Verhalten des Aktuatormoduls 4 abbildet, eine Funktion des Aktuatormoduls 4. Im genannten Beispiel wird hierzu insbesondere überprüft, ob die Phasenströme zu den gegebenen Phasenspannungen passen oder ob es Abweichungen gibt (z.B. ein erhöhter elektrischer Widerstand), die beispielsweise auf einen Defekt oder eine Alterung des Motors hindeuten. Das Aktuatormodul 4 prüft anhand eines Modells 13, das ein ideales Verhalten des Rückkopplungsaktuatormoduls 4 abbildet, eine Funktion des Rückkopplungsaktuatormoduls 3. Im genannten Beispiel wird auch hier insbesondere überprüft, ob die Phasenströme zu den gegebenen Phasenspannungen passen oder ob es Abweichungen gibt, die beispielsweise auf einen Defekt oder eine Alterung des Motors hindeuten. Das Überprüfungsergebnis 20 (umfassend z.B. eine Information, ob eine Abweichung oberhalb von einem vorgegebenen Schwellwert liegt oder nicht) wird dann ausgegeben.
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Die Modelle 13, 14 können grundsätzlich verschieden ausgestaltet sein, beispielsweise können Kennlinien und/oder Kennfelder oder Verfahren des Maschinenlernens verwendet werden, beispielsweise ein trainiertes Neuronales Netz, das darauf trainiert ist, für jeweils abgefragte Eingangsdaten 3-1, 4-1 Ausgangsdaten 3-3, 4-3 zu schätzen, welche mit den abgefragten Ausgangsdaten 3-2, 4-2 verglichen werden können.
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Es kann vorgesehen sein, dass das Überwachen zusätzlich oder alternativ mittels mindestens einer externen Überwachungseinrichtung 30 durchgeführt wird. Dies kann beispielsweise ein Zentralrechner 51 des Fahrzeugs 50 sein. Die externe Überwachungseinrichtung 30 kann aber auch ein Backendserver 60 sein, der mittels einer Kommunikationsverbindung 61 mit dem Fahrzeug 50 verbunden ist. Grundsätzlich ist das Vorgehen das gleiche wie bei der Ausführungsform, in der die Module 3, 4 sich gegenseitig überwachen.
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Es kann vorgesehen sein, dass Eingangsgrößen 3-1, 4-1 und Ausgangsgrößen 3-2, 4-2 des Rückkopplungsaktuatormoduls 3 und/oder des Aktuatormoduls 4 gesammelt und gespeichert werden, wobei die Fremddiagnose ausgehend von den gesammelten und gespeicherten Größen 3-x, 4-x durchgeführt wird. Hierzu werden die Eingangsgrößen 3-1, 4-1 und Ausgangsgrößen 3-2, 4-2 in einem Speicher (nicht gezeigt) des Rückkopplungsaktuatormoduls 3 und/oder des Aktuatormoduls 4 und/oder des Backendservers 60 hinterlegt und dann zu einem späteren Zeitpunkt anhand des jeweiligen Modells 13, 14 überprüft. Dieser spätere Zeitpunkt kann beispielsweise in Abhängigkeit von einer verfügbaren Rechenleistung bestimmt und/oder festgelegt werden.
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Es kann vorgesehen sein, dass die passive Fremddiagnose fortlaufend durchgeführt wird. Dies erfolgt durch gegenseitiges Überprüfen durch das Rückkopplungsaktuatormodul 3 und/oder das Aktuatormodul 4 bzw. durch den Zentralrechner 51 und/oder den Backendserver 60, wobei hierzu die Eingangsgrößen 3-1, 4-1 und Ausgangsgrößen 3-2, 4-2 fortlaufend an das jeweils andere Modul 3, 4 bzw. den Zentralrechner 51 und/oder den Backendserver 60 übermittelt werden.
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Es kann alternativ vorgesehen sein, dass die passive Fremddiagnose in vorgegebenen Situationen und/oder zu vorgegebenen Zeitpunkten durchgeführt wird. Beispielsweise kann die passive Fremddiagnose in regelmäßigen zeitlichen Abständen durchgeführt werden. Alternativ oder zusätzlich kann die passive Fremddiagnose auch immer dann durchgeführt werden, wenn freie Rechenleistung zur Verfügung steht, beispielsweise weil andere Prozesse weniger Rechenleistung benötigen.
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Es kann vorgesehen sein, dass die aktive Fremddiagnose in vorgegebenen Situationen und/oder zu vorgegebenen Zeitpunkten durchgeführt wird. Beispielsweise kann vorgesehen sein, die aktive Fremddiagnose stets nach einem Starten des Fahrzeugs 50 vor einem Fahrtbeginn durchzuführen. Ferner kann das Überprüfen auch nach einem Abstellen vor einem Abschalten des Fahrzeugs 50 oder während eines Stillstands des Fahrzeugs 50 an einer roten Ampelphase erfolgen. Beispielsweise können dann bei voneinander entkoppelten Modulen 3, 4 verschiedene Testparameter durchgefahren werden, beispielsweise können verschiedene Drehmomente beim Lenkradmodul (FFA) und/oder beim Lenkmodul (RWA) angefordert und die Beziehung zwischen den angeforderten Momenten, den Phasenströmen und den Phasenspannungen anhand der Modelle 13, 14 überprüft werden. Hierbei können insbesondere auch Extremwerte, die bei normalem Betrieb nicht auftreten, umgesetzt werden.
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Es kann hierbei vorgesehen sein, dass Parameter mindestens eines Fahrzeugs 50 abgerufen und/oder empfangen werden und bei der passiven Fremddiagnose und/oder der aktiven Fremddiagnose berücksichtigt werden. Dies erfolgt insbesondere über den CAN-Bus 5 bei einer Fahrzeugsteuerung (nicht gezeigt) des Fahrzeugs 50 und/oder über eine hierfür eingerichtete Kommunikationsschnittstelle (nicht gezeigt), beispielsweise eine V2X-Schnittstelle, bei mindestens einem anderen Fahrzeug. Hierdurch können insbesondere auch Schwarmdaten einer Vielzahl von Fahrzeugen berücksichtigt werden. Insbesondere können beispielsweise typische Verläufe und/oder Zusammenhänge und/oder Muster zwischen den Eingangsgrößen 3-1, 4-1 und Ausgangsgrößen 3-2, 4-2 erkannt und zum Überprüfen der Eingangsgrößen 3-1, 4-1 und Ausgangsgrößen 3-2, 4-2 des Rückkopplungsaktuatormoduls 3 und/oder des Aktuatormoduls 4 verwendet werden. Hierzu kann beispielsweise eine Abweichung von über die Schwarmdaten gemittelten typischen Verläufen und/oder Zusammenhängen und/oder Mustern bestimmt und mit Schwellwerten verglichen werden, um festzustellen, ob das Rückkopplungsaktuatormodul 3 und/oder das Aktuatormodul 4 ordnungsgemäß arbeiten.
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Die 2 zeigt ein schematisches Ablaufdiagramm einer Ausführungsform des Verfahrens zum Überwachen eines mechanisch ungekoppelten Aktuatorsystems. Es wird hierbei von dem beispielhaften SbW-Lenksystem eines Fahrzeugs ausgegangen. Das Verfahren wird insbesondere mittels eines Aktuatorsystems gemäß einer der voranstehend beschriebenen Ausführungsformen ausgeführt.
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In einer Maßnahme 100 wird überprüft, ob eine für eine aktive Fremddiagnose vorgegebene Situation und/oder ein hierfür vorgegebener Zeitpunkt vorliegt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Fahrzeug gerade gestartet wurde, an einer roten Ampel wartet und/oder geparkt wurde.
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Wurde in Maßnahme 100 festgestellt, dass eine vorgegebene Situation und/oder ein vorgegebener Zeitpunkt für eine aktive Fremddiagnose nicht vorliegen, so wird mit Maßnahme 200 fortgefahren. Anderenfalls wird mit Maßnahme 300 fortgefahren.
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In Maßnahme 200 wird modulextern eine passive Fremddiagnose durchgeführt. Die Maßnahme 200 umfasst hierzu die Maßnahmen 201a bis 201d und die Maßnahmen 202a bis 202d. Es ist beispielhaft vorgesehen, dass das Rückkopplungsaktuatormodul und das Aktuatormodul sich jeweils gegenseitig überwachen und die jeweilige Fremddiagnose durchführen.
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In Maßnahme 201a fragt das Rückkopplungsaktuatormodul Eingangsgrößen und Ausgangsgrößen des Aktuatormoduls ab, beispielsweise Phasenspannungen und zugehörige Phasenströme.
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In Maßnahme 201b werden die Phasenspannungen einem Modell des Aktuatormoduls, insbesondere einem Motormodell, als Eingangsdaten zugeführt. Mittels des Modells werden zu den Phasenspannungen Phasenströme geschätzt. Die geschätzten Phasenströme werden mit den abgefragten Phasenströmen verglichen und eine Abweichung wird bestimmt. Zur Bestimmung der Abweichung wird ein geeignetes Maß gewählt, beispielsweise ein mittlerer quadratischer Fehler von Werten im Zeitverlauf.
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In Maßnahme 201c wird die bestimmte Abweichung mit einem vorgegebenen Schwellwert verglichen. Ein Vergleichsergebnis wird in Maßnahme 201d als Überprüfungsergebnis bereitgestellt, insbesondere in Form eines analogen oder digitalen Signals, beispielsweise als digitales Datenpaket, ausgegeben.
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Die Maßnahmen 202a bis 202d sind Maßnahmen, die das Aktuatormodul zum Überprüfen des Rückkopplungsaktuatormoduls in analoger Weise durchführt.
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Die Maßnahme 300 umfasst Maßnahmen 301 und 302a bis 302e sowie 303a bis 303e. In Maßnahme 301 werden das Rückkopplungsaktuatormodul und das Aktuatormodul signaltechnisch entkoppelt. Ein aufgebrachtes Moment am Rückkopplungsaktuatormodul bewirkt dann kein Moment mehr am Aktuatormodul und umgekehrt, sodass die Module getrennt und unabhängig voneinander angesteuert werden können.
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In Maßnahme 302a steuert das Rückkopplungsaktuatormodul das Aktuatormodul mit vorgegebenen Testparametern an. Insbesondere wird ein Motor des Aktuatormoduls mit den vorgegebenen Testparametern angesteuert. Die vorgegebenen Testparameter (vorgegebenes Motormoment, vorgegebene Phasenspannungen etc.) können hierbei insbesondere auch Werte umfassen, die während eines normalen Betriebs der Module nicht auftreten.
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In Maßnahme 302b werden während des Ansteuerns Eingangsgrößen und Ausgangsgrößen des Aktuatormoduls abgefragt. Insbesondere werden als Eingangsgrößen Phasenspannungen und als Ausgangsgrößen Phasenströme des Motors des Aktuatormoduls abgefragt.
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In Maßnahme 302c werden die Phasenspannungen einem Modell des Aktuatormoduls, insbesondere einem Motormodell, als Eingangsdaten zugeführt. Mittels des Modells werden zu den Phasenspannungen Phasenströme geschätzt. Die geschätzten Phasenströme werden mit den abgefragten Phasenströmen verglichen und eine Abweichung wird bestimmt. Zur Bestimmung der Abweichung wird ein geeignetes Maß gewählt, beispielsweise ein mittlerer quadratischer Fehler von Werten im Zeitverlauf.
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In Maßnahme 302d wird die bestimmte Abweichung mit einem vorgegebenen Schwellwert verglichen. Ein Vergleichsergebnis wird in Maßnahme 302e als Überprüfungsergebnis bereitgestellt, insbesondere in Form eines analogen oder digitalen Signals, beispielsweise als digitales Datenpaket, ausgegeben.
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Die Maßnahmen 303a bis 303e sind Maßnahmen, die das Aktuatormodul zum Überprüfen des Rückkopplungsaktuatormoduls in analoger Weise durchführt.
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In einer Maßnahme 304 wird die signaltechnische Kopplung zwischen dem Rückkopplungsaktuatormodul und dem Aktuatormodul wieder hergestellt.
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Anschließend wird erneut mit Maßnahme 100 fortgefahren.
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Weitere Ausführungsformen des Verfahrens wurden voranstehend bereits mit Bezug auf Ausführungsformen der Aktuatorsystem beschrieben. Die Maßnahmen werden hierbei stets in analoger Weise ausgeführt.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Aktuatorsystem
- 2
- Steer-by-Wire-Lenksystem
- 3
- Rückkopplungsaktuatormodul
- 3-1
- Eingangsgrößen
- 3-2
- Ausgangsgrößen
- 4
- Aktuatormodul
- 4-1
- Eingangsgrößen
- 4-2
- Ausgangsgrößen
- 5
- CAN-Bus
- 13
- Modell (Rückkopplungsaktuatormodul)
- 14
- Modell (Aktuatormodul)
- 20
- Überprüfungsergebnis
- 30
- externe Überwachungseinrichtung
- 50
- Fahrzeug
- 51
- Zentralrechner
- 60
- Backendserver
- 61
- Kommunikationsverbindung
- 100
- Maßnahme
- 200-202
- Maßnahmen
- 300-304
- Maßnahmen
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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