Am Mittwoch sorgte schon die Veröffentlichung des Q3-Geschäftsberichts von Tesla mitsamt kurzem Ausblick für Gewinne der Aktie von bis zu 10 Prozent im nachbörslichen Handel, und während der anschließenden Telefon-Konferenz ging es noch weiter aufwärts. Denn CEO Elon Musk zeigte sich nicht nur gewohnt zuversichtlich mit Blick auf autonomes Fahren, sondern gab auch eine konkrete Prognose für höhere Elektroauto-Verkäufe im nächsten Jahr ab. Zu den eigenen Batterien im 4680-Format hatte er weitere positive Nachrichten, ebenso wie zur Produktion des Industrie-Speichers Megapack. Zudem bestätigte Musk billigere Elektroautos von Tesla ab dem ersten Halbjahr 2025.
Aktualisierung: Im regulären Handel am Donnerstag legte die Aktie von Tesla noch deutlich stärker zu: Sie gewann fast 22 Prozent und schloss bei 260,48 Dollar, was einem Börsenwert des Unternehmens von insgesamt rund 836 Milliarden Dollar entspricht. Absolut gesehen machte allein dieser Anstieg 154 Milliarden Dollar aus – mehr als die Marktkapitalisierung der drei etablierten Auto-Konzerne General Motors, Ford und Stellantis zusammen. Zugleich war der Tesla-Sprung der zweithöchste, den die Aktie jemals gemacht hat. Nur im Mai 2013, also vor mehr als zehn Jahren, hatte es bislang eine stärkere Bewegung gegeben.
Musk: 20-30% Tesla-Wachstum in 2025
Aus dem kurz nach US-Börsenschluss veröffentlichten Bericht geht hervor, dass Tesla in Q3 2024 mit 0,72 Dollar pro Aktie deutlich mehr Gewinn gemacht hat als im Vorfeld erwartet. Anteil daran hatte die deutliche Senkung der Durchschnittskosten pro Elektroauto auf 35.100 Dollar, das niedrigste Niveau, das je erreicht wurde. Außerdem halfen hohe Einnahmen aus dem Verkauf von CO2-Guthaben – insgesamt hat Tesla damit in 2024 bereits gut 2 Milliarden Dollar eingenommen, mehr als im gesamten Vorjahr. Zudem schrieb das Unternehmen, in diesem Jahr leichtes Wachstum bei den Elektroauto-Auslieferungen erreichen zu können. Dafür wäre im vierten Quartal ein Allzeit-Rekord erforderlich.
Zu den erwarteten Verkäufen im kommenden Jahr steht nichts in dem Bericht, doch dazu äußerte sich in der anschließenden Konferenz mit Analysten CEO Musk: Mit ein bisschen Risiko wolle er als grobe Schätzung 20-30 Prozent Zunahme der Auslieferungen nennen, erklärte er. Das ist deutlich mehr, als Analysten zuletzt von Tesla erwarteten: Vor der Q3-Veröffentlichung betrug ihre mittlere Prognose etwas über 2 Millionen verkaufte Elektroautos im kommenden Jahr, also nur rund 15 Prozent mehr als in 2023 mit 1,808 Millionen.
Bald 100 GWh Tesla-Speicher pro Jahr
Für Musk und sein Unternehmen liege die Zukunft in künstlicher Intelligenz, doch am Mittwoch sei es um Margen und die Aussichten im Verkauf gegangen, mit denen Tesla selbst optimistische Erwartungen übertroffen habe, schrieb nach der Konferenz der Analyst Dan Ives von Wedbush Securities auf X. Beides sei „Musik in den Ohren von Tesla-Bullen“. Die viel beachtete Gewinn-Marge ohne den Verkauf von CO2-Guthaben war zuvor viele Quartale lang auf zuletzt 14,6 Prozent gesunken, bevor Tesla jetzt mit einem Wert von gut 17 Prozent in Q3 2024 überraschte. Für Ives hat das Unternehmen damit das Schlimmste hinter sich – auch wenn Finanzvorstand Vaibhav Taneja sagte, es werde schwierig, diesen Wert in Q4 zu halten.
Gute Nachrichten gab es am späten Mittwoch auch zum Thema stationäre Speicher. Für das laufende Jahr sagte Tesla in seinem Q3-Bericht eine Verdoppelung der neu installierten Kapazität voraus. Wie Musk dann ergänzte, hat die spezielle Megapack-Fabrik in Kalifornien mit 200 Einheiten pro Woche mittlerweile die Zielrate von 40 Gigawattstunden Produktion pro Jahr erreicht. Die später begonnene Tesla-Megafactory in China soll nach seinen Worten im ersten Quartal 2025 in Betrieb gehen. Damit werde es nicht mehr lange dauern, bis Tesla 100 Gigawattstunden Speicher pro Jahr verkaufen werde – und letztlich sogar mehrere Terawattstunden.
Tesla mit Fortschritt bei 4680-Batterien
Dazu werden wie für Elektroautos unter anderem Batterie-Zellen gebraucht, die Tesla für das Megapack derzeit von seinem chinesischen Partner CATL bezieht. Ehrgeizige Ankündigungen für eine eigene Produktion im neuen 4680-Format von Herbst 2020 wurden bislang bei weitem nicht erfüllt, und vor kurzem gab es Berichte, dass Musk intern mit einem Ende dieses Projekts gedroht hat, wenn es bis Ende 2024 keinen Durchbruch damit gibt. Der scheint aber erreicht zu sein oder bevorzustehen: Wenn man Transport, Subventionen und Zölle berücksichtige, sei Tesla nah an dem Punkt, ab dem die eigenen 4680-Batterien die wettbewerbsfähigsten in Nordamerika seien, sagte Musk.
Zu solchen Neuigkeiten von der Hardware-Seite kamen am Mittwoch konkretere Angaben zu zukünftigen Robotaxi-Diensten, die bei der Vorstellung der dafür vorgesehenen Elektroautos bei einem großen Event vor zwei Wochen in Los Angeles (s. Foto oben) vermisst wurden. Dazu ließ Musk wissen, für Beschäftigte in der Bay Area einen solchen Service bereits anzubieten, wenn auch noch mit „Sicherheitsfahrer“ am Steuer. Damit ist zumindest klar, dass an der dafür nötigen App und der restlichen Infrastruktur für (ganz oder annähernd) autonome Taxi-Fahrten mit Tesla schon länger gearbeitet wird.
KI-Upgrade für frühe FSD-Käufer möglich
Außerdem kündigte Musk die baldige Veröffentlichung von V13 der dafür vorgesehenen Software FSD für Kunden in Nordamerika an. Schon mit der aktuellen Version 12.5 habe Tesla seit Beginn des Jahres bei der gefahrenen Distanz bis zu einem erforderlichen menschlichen Eingriff eine Verbesserung um den Faktor 100 erzielt, ergänzte Ashok Elluswamy, Director für Autopilot-Software. Wie der CEO selbst sagte er, nach internen Tesla-Erwartungen werde FSD im zweiten Quartal 2025 mehr Meilen zurücklegen als ein Mensch am Steuer, bevor eine kritische Intervention nötig wird.
In diesem Zusammenhang beruhigte Musk auch frühe FSD-Käufer, die auf wirklich autonomes Fahren schon seit Jahren warten. Ab Frühjahr 2023 führte Tesla in seinen Elektroautos einen deutlich leistungsfähigeren Autopilot-Computer ein, der zusammen mit den Kameras zunächst als HW4 und später als AI4 bezeichnet wurde. Zu Befürchtungen, die Vorgänger-Version HW3 sei für den Schritt zu echter Autonomie nicht leistungsfähig genug, gab es bislang keine belastbaren Aussagen von Tesla-Seite. Am Mittwoch räumte Musk diese Möglichkeit ein – und kündigte ein kostenloses Upgrade für den Fall an, dass sich HW3 tatsächlich als zu schwach erweisen sollte.
Tesla mit Cybercab in anderer Liga
Im Vorfeld der Q3-Informationen konnten Anleger Fragen einreichen, die das Management beantworten sollte, und auch dieses Mal gingen Musk und sein Führungsteam auf die populärsten Vorschläge ein. Diese betrafen vor allem das zukünftige Elektroauto-Programm von Tesla, in einem Fall explizit mit der Ergänzung, dass ein normales Nicht-Robotaxi zum Preis von 25.000 Dollar gemeint sei. „Alle unsere Fahrzeuge sind heute Robotaxis“, antwortete darauf der technische Fahrzeug-Leiter Lars Moravy, und Musk ergänzte, von den bislang 7 Millionen produzierten Teslas eigne sich die überwältigende Mehrzahl für autonomes Fahren.
Als „Robotaxi“ scheint Tesla damit jetzt seine aktuellen und früheren Elektroautos zu bezeichnen, während sich für das vor zwei Wochen gezeigte Modell ganz ohne Pedale und Lenkrad der Name „Cybercab“ etabliert. Dazu sagte Musk am Mittwoch wie zuvor, dieser Tesla werde 2026 in die Produktion gehen – damit sei aber bereits eine Serienproduktion gemeint, nicht nur der Auftakt, ergänzte er jetzt. Auf längere Sicht plane Tesla mindestens 2 Millionen Einheiten pro Jahr in mehr als einer Fabrik, noch später vielleicht sogar vier Millionen. Das Cybercab werde eine Revolution in der Produktion bringen, sodass Konkurrenten nicht mehr in derselben Liga wie Tesla spielen würden.
Der neue Produktionsprozess war nach Tesla-Angaben von Anfang 2023 zunächst für ein konventionelleres Elektroauto unterhalb von Model 3 und Model Y vorgesehen, das im zweiten Halbjahr 2025 auf den Markt kommen sollte. In diesem April hieß es, Tesla habe diesen Plan zugunsten des reinen Robotaxis aufgegeben, was Musk ohne Details als gelogen bezeichnete. Als Antwort auf die Anleger-Frage sagte er jedoch jetzt, es habe keinen Sinn, ein normales Elektroauto für 25.000 Dollar anzubieten.
Rätseln über neue Elektroautos in H1 2025
Das Cybercab sei optimiert für autonomes Fahren und koste ungefähr 25.000 Dollar, erklärte der Tesla-Chef dazu, abweichend von seiner Angabe von 30.000 Dollar nach Abzug von Käufer-Anreizen in derselben Konferenz. Wer wolle, könne eines kaufen und für sich allein nutzen, es werde eben nur keine Pedale und kein Lenkrad haben. Nach früheren Berichten sollten ein rein autonomer und der bislang bezahlbarste Tesla auf derselben neuen Plattform basieren. Die neuen Musk-Aussagen hörten sich nicht danach an, dass ein Cybercab-Ableger geplant ist, der auch normal gefahren werden kann.
Offen blieb dabei, was Tesla mit den „bezahlbareren“ Elektroautos ab dem ersten Halbjahr 2025 meint, die erstmals im Bericht für Q1 2024 und jetzt erneut erwähnt wurden. Ebenfalls im Plural sagte Musk am Mittwoch, man sei damit weiterhin im Plan. Angesichts des nahen Starttermins wäre der offensichtlichste Kandidat dafür das Model Y, für das Tesla laut Berichten Anfang 2025 eine Auffrischung unter dem Code-Namen Juniper plant. Abhängig davon, wie umfangreich die Neuerungen ausfallen, könnte man dann tatsächlich von einem neuen Elektroauto sprechen. Und die bereits deutlich gesunkenen Produktionskosten in Q3 2024 sowie 4680-Fortschritte könnten Tesla erlauben, den Startpreis für das Model Y Juniper zumindest deutlich näher an die viel zitierten 25.000 Dollar zu bringen.