Zusammensetzungen, die die Wirkstofffreisetzung verzögern
Die Erfindung betrifft Zusammensetzungen, die die Wirkstofffreisetzung verzögern.
Zur Tablettenherstellung werden verschiedene Hilfsstoffe wie Füllstoffe, Zerfallsmittel, Bindemittel, Schmiermit- tel usw. eingesetzt. Aufgrund der wenigeren Herstellungsschritte und geringeren Wirkstoffbelastung ist die Direkttablettierung der Naß- oder Trockengranulierung vorzuziehen. Für die Direkttablettierung sind jedoch Hilfsstoffe mit besonderen Eigenschaften notwendig. Die ver- wendeten Hilfsstoffe sollen zahlreiche, z. T. gegenläufige Anforderungen, wie gute Fließfähigkeit, gute Kompri- mierbarkeit bei geringem Druck, hohe Härte und Abriebsfestigkeit und gute Zerfallsneigung nach der Einnahme erfüllen. Die Verwendung von Füllstoffen wie mikrokri- stalliner Cellulose (MCC) , Cellulose, Dicalciumphosphat , Lactose u.a. ist für die Tablettenherstellung weithin üblich. Die gewünschten Anforderungen werden von den handelsüblichen Füllstoffen nur mehr oder weniger gut erfüllt. Weitere Hilfsstoffe wie Gleitmittel, Bindemittel, Sprengmittel u.a. werden deshalb bei der Tablettenherstellung hinzugefügt.
Es ist daher wünschenswert, "bessere" Hilfsstoffe, die möglichst viele wünschenswerte Tablettiereigenschaften in sich vereinigen, zu entwickeln. In der Patentliteratur und der wissenschaftlichen Literatur sind einige Direkttablettiermittel, bestehend aus Mischungen verschiedener Hilfsstoffe, beschrieben. Dabei wird meist ein Füllstoff mit einem weiteren Hilfsstoff kombiniert und durch entsprechende Verfahren, z.B. Sprühtrocknung oder
Sprühgranulierung, in einem bestimmten Verhältnis in Gra-
nulat- oder Pulverkörnchen fixiert. Dazu zählen z.B. bereits vermarktete Gemische aus MCC mit Lactose oder MCC mit Siliciumdioxid oder MCC mit Natriumcarboxymethylcel- lulose, die den oben genannten idealen Eigenschaften na- hekommen und Vorteile gegenüber den Einzelkomponenten oder Gemischen der Einzelkomponenten besitzen.
Diese Zusammensetzungen werden meist in rasch zerfallenden festen Arzneiformen eingesetzt und haben selbst kei- nen retardierenden Effekt auf die Wirkstofffreisetzung.
Die Herstellung fester Arzneiformen mit verzögerter Wirkstofffreigäbe kann durch verschiedene Maßnahmen erreicht werden. Dazu zählen vor allem das Überziehen der Arznei- form mit einer Diffusionsbarriere, meist einem Polymer und die Herstellung von Matrix-Systemen (z.B. Tabletten) auf der Basis wasserunlöslicher oder wasserlöslicher Trägermaterialien (Hilfsstoffe, welche die Wirkstofffreisetzung retardieren) . Bei den letztgenannten Systemen werden der Wirkstoff und die Hilfsstoffe mit dem Trägermaterial gemischt und in eine feste Arzneiform, meist Tabletten, verarbeitet. Das Trägermaterial ist für die Verzögerung der Wirkstofffreisetzung verantwortlich. Als wasserlösliche Trägermaterialen werden unter anderem Cellulosederi- vate wie Hydroxypropylmethylcellulose (HPMC) , Hydroxypro- pylcellulose (HPC) oder Polyethylenoxide eingesetzt. Diese Polymere quellen in Kontakt mit wäßrigen Medien. Der Arzneistoff wird z.B. aus Tabletten entweder durch Erosion der Gelschicht und/oder durch Diffusion durch die Gel- schicht verzögert freigesetzt.
Den Trägermaterialien fehlen meist die oben beschriebenen idealen Tablettiereigenschaften, wie z.B. gute Fließeigenschaften oder Komprimierbarkeit . Die Tabletten werden daher meist über Granulierverfahren und unter Zusatz von Hilfsstoffen hergestellt.
Aufgabe der Erfindung ist es daher, Kombinationen des Trägermaterials mit geeigneten Hilfsstoffen zu entwik- keln, welche die genannten Anforderungen weitgehend er- füllen und eine Direkttablettierung mit dem Wirkstoff erlauben.
Die Aufgabe wird dadurch gelöst, daß eine Zusammensetzung zur Verfügung gestellt wird, welche aus einer innigen Mi- schung eines Hilfsstoffes und einem Trägermaterial besteht und die Wirkstofffreisetzung aus Zubereitungen retardiert .
Während die bekannten Hilfsstoff-Kombinationen die Wirk- stofffreisetzung nicht oder nur unerheblich retardieren, sind die erfindungsgemäßen neuen Hilfsstoff-Trägermaterial-Kombinationen Zusammensetzungen, welche die Wirkstofffreisetzung verzögern.
Erfindungsgemäß ist vorgesehen, daß das Trägermaterial retardierende Eigenschaften aufweist.
Erfindungsgemäß bevorzugt ist es, daß das Trägermaterial ein hydrophiles Polymer, ein Cellulosederivat , Hydroxy- propylmethylcellulose, Hydroxypropylcellulose, Polyethy- lenoxid und/oder ein Vinylderivat (z.B. Polyvinylpyrroli- don, Polyvinylalkohol, Polyvinylacetate oder Copolymere) ist .
Erfindungsgemäß bevorzugt ist es, daß der Hilfsstoff ein Füllstoff ist. Besonders bevorzugt ist es dabei, daß der Hilfsstoff Cellulose oder mikrokristalline Cellulose, ein Zucker oder Zuckeralkohol, wie Sorbit oder Mannit, Lactose und/oder ein Calciumsalz ist.
Bevorzugt ist es ferner, daß weitere Hilfsstoffe vor der Herstellung der Zusammensetzung zugegeben werden.
Erfindungsgemäß ist es ferner, daß die Zusammensetzung in wesentlich frei von Wirkstoffen ist und ein retardierendes hydrophiles oder hydrophobes Trägermaterial und einen Hilfsstoff ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Cellu- losen, Kohlenhydraten, Calciumsalzen oder Polyolen enthält, wobei das Trägermaterial und der Hilfsstoff in ei- nem derartigen Verhältnis vorliegen, daß eine verzögerte Freisetzung eines Wirkstoffes erzielt wird, wenn man den Wirkstoff mit der Zusammensetzung formuliert.
Insbesondere bevorzugt ist es dabei, daß das retardieren- de Material aus der Gruppe bestehend aus Polyethylenoxid, Hydroxypropylmethylcellulose, Hydroxymethylcellulose, Acrylatpolymeren, Fetten, Wachsen, hydrierten Pflanzenölen, Lipiden, Fettsäuren, Fettalkoholen oder aus Kombinationen von zwei oder mehreren dieser Materialien ausge- wählt ist.
Weiterhin bevorzugt ist es, daß das retardierende Material Polyethylenoxid umfaßt.
Bevorzugt sind ferner erfindungsgemäße Ausführungsformen, wobei das retardierende Material etwa 10 bis 90 Gew.-% der retardierenden Zusammensetzung umfaßt, besonders bevorzugt etwa 15 bis 35 Gew.-% der retardierenden Zusammensetzung umfaßt, insbesondere bevorzugt etwa 15 bis 85 Gew.-% der Zusammensetzung umfaßt. Ganz besonders bevorzugt ist es, daß das Polyethylenoxid etwa 20 Gew.-% der Zusammensetzung umfaßt.
Weiterhin bevorzugt ist es, daß der Hilfsstoff mikrokri- stalline Cellulose ist. Besonders bevorzugt ist hierbei, daß die mikrokristalline Cellulose etwa 15 bis 95 Gew.-%
der Zusammensetzung umfaßt, insbesondere etwa 65 bis 95 Gew.-% der Zusammensetzung umfaßt und ganz besonders be¬ vorzugt etwa 70 Gew.-% der Zusammensetzung umfaßt.
Bevorzugterweise sind erfindungsgemäße Ausführungsformen, wobei das Wachs hydriertes Pflanzenöl, Glycerin, Carnau- bawachs, Bienenwachs, ein Acrylatpolymer oder eine Mischung von zwei oder mehreren der genannten Stoffe ist. Hierbei ist es ferner bevorzugt, daß das Fett ein Mono- glycerid, ein Diglycerid, ein Triglycerid oder eine Mischung von zwei oder mehreren der genannten Stoffe ist. Bevorzugt ist außerdem, daß das Polyol Xylit, Mannit, Sorbit oder eine Mischung aus zwei oder mehreren der genannten Stoffe ist. Ganz besonders bevorzugt ist es, daß das Wachs hydriertes Pflanzenöl ist.
Bevorzugt sind erfindungsgemäße Zusammensetzungen, die als Pulver oder Granulat vorliegen. Auch ist bevorzugt, daß das Wachs Glycerin ist.
Erfindungsgemäß bevorzugt ist es ferner, daß der Hilfsstoff mikrokristalline Cellulose ist und in einer Menge von etwa 50 Gew.-% in der Zusammensetzung vorliegt.
Bevorzugt ist auch, daß das retardierende Material eine wäßrige Polymerdispersion ist, insbesondere eine Cellulo- sepolymer oder eine Acrylatpolymerdispersion ist.
Ein weitere Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ei- ne Zubereitung, enthaltend eine erfindungsgemäße Zusammensetzung. Dabei ist bevorzugt, daß die Zubereitung weiterhin mindestens einen Wirkstoff enthält.
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist auch eine Zube- reitung, erhältlich durch Verpressen einer erfindungsge-
mäßen Zusammensetzung mit mindestens einem Wirkstoff und gegebenenfalls weiteren Hilfsstoffen.
Erfindungsgemäß ist die Freisetzung eines Wirkstoffes durch das Verhältnis von Wirkstoff zur erfindungsgemäßen Zusammensetzung kontrolliert und einstellbar.
Erfindungsgemäß ist es auch, daß man die Freisetzung eines Wirkstoffes durch das Verhältnis von Hilfsstoff zu Trägermaterial einer erfindungsgemäßen Zusammensetzung kontrolliert und einstellt. Erfindungsgemäß ist es ferner, daß man die Freisetzung eines Wirkstoffes durch Mischung zweier Zusammensetzungen gemäß Anspruch 1 mit voneinander unterschiedlichem Hilfsstoff-Trägermaterial- Verhältnis kontrolliert und einstellt.
Erfindungsgemäß ist es außerdem, daß man die Freisetzung eines Wirkstoffes durch Mischung zweier oder mehrerer Zusammensetzungen gemäß Anspruch 1 mit jeweils unterschied- liehen Trägermaterialien und/oder Hilfsstoffen kontrolliert und einstellt.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist auch ein Verfahren zur Herstellung einer erfindungsgemä- ßen Zubereitung, wobei man das retardierende Trägermaterial mit dem Hilfsstoff bei einer Temperatur trocken vermischt, bei welcher das retardierende Trägermaterial schmilzt oder erweicht, wobei man eine erfindungsgemäße Zusammensetzung erhält, und daß man der Zusammensetzung einen pharmakologisch wirksamen Stoff hinzufügt und vermischt und man die so erhaltene Mischung einer Schmelzex- trusion unterwirft, wobei der Hilfsstoff der Zusammensetzung bei der Temperatur der Schmelzextrusion nicht schmilzt.
Bevorzugt ist es dabei, daß der Hilfsstoff ein Calcium- salz, ein Polyol oder ein Kohlenhydrat ist. Besonders bevorzugt ist es hierbei, daß man die Extrusion wasserfrei ausführt .
Die Herstellung der erfindungsgemäßen Zusammensetzungen erfolgt nach bekannten Methoden, z. B. durch Sprühgranu- lierung, Feuchtgranulierung, Extrusion oder Sprühtrocknung. Bei den erfindungsgemäßen Zusammensetzungen handelt es sich um eine innige Mischung der Hilfsstoffe und Trägermaterialien. Die Komponenten sind also in dieser Mischung in einem bestimmten Verhältnis fixiert und unterscheiden sich dadurch auch von einfachen physikalischen Mischungen der Einzelkomponenten. Es kann also nicht zur Entmischung während der weiteren Verarbeitung kommen, während physikalische Mischungen entmischbar sind.
Zu den Trägermaterialien zählen hydrophile Hilfsstoffe die in Kontakt mit wäßrigen Medien, z.B. Körperflüssigkeiten, die Wirkstofffreisetzung verzögern. Dazu gehören vor allem Polymere wie Cellulosederivate (z. B. Hydroxy- propylmethylcellulose (HPMC) , Hydroxypropylcellulose) Po- lysaccharide, Acrylatderivate, Polyethylenoxide, Vinylde- rivate (z.B. Polyvinylpyrrolidon, Polyvinylalkohol, Po- lyvinylacetate) und Derivate (z.B. vernetzte Polymere) oder Copolymere.
Die geeigneten Hilfsstoffe kommen in erster Linie aus der Gruppe der Füllstoffe. Füllstoffe wie mikrokristalline
Cellulose, Cellulose, Dicalciumphosphat oder Lactose sind für die Tablettenherstellung weithin üblich. Als Füllstoffe können auch Zucker/Zuckeralkohole wie Saccharose, Mannit oder Sorbit verwendet werden. Es können auch Mi- schungen von Füllstoffen wie z. B. Lactose/mikro- kristalline Cellulose verwendet werden.
Selbstverständlich können den Füllstoff-Trägermaterial- Mischungen auch noch andere Bestandteile zugesetzt werden, die während der Herstellung entsprechend mit einge- arbeitet werden. Diese Bestandteile gehören zu den üblicherweise bei pharmazeutischen Zusammensetzungen verwendeten Hilfsstoffen, z. B. Schmiermittel, Gleitmittel, Geschmacksstoffe, Farbstoffe u.a.
Die Herstellung der Mischungen aus den verschiedenen Komponenten erfolgt nach bekannten Methoden, z. B. durch Sprühgranulierung, Feuchtgranulierung, Sprühtrocknung oder Extrusion.
Im Falle der Sprühgranulierung wird die Pulvermischung im Wirbelbett bei leicht erhöhter Temperatur vorgelegt und mit einer Flüssigkeit, meist Wasser oder Alkohol oder einer wäßrigen (organischen) Lösung eines entsprechenden Hilfsmittels besprüht, agglomeriert und dann getrocknet.
Zur Feuchtgranulierung mischt man beispielsweise den Hilfsstoff mit dem Trägermaterial in einem geeigneten Mischer, granuliert mit Wasser oder einer geeigneten Flüssigkeit und trocknet das Feuchtgut, nachdem es durch ein Sieb passiert wurde.
Bei den Granulierverfahren können die Hilfsstoffe und/oder Trägermaterialien oder Teilmengen auch in die Granulierflüssigkeit gegeben werden.
Bei der Sprühtrocknung wird eine flüssige Mischung der Komponenten in einer geeigneten Sprühvorrichtung bei erhöhten Temperaturen versprüht. Der Füllstoff kann dabei dispergiert (z. B. Cellulose, MCC oder Calciumsalze) oder gelöst (z. B. Lactose, Sorbit, Mannit) vorliegen.
Zur Retardierung der Freisetzung werden häufig HPMC-Typen mit hoher Molmasse eingesetzt. Diese HPMC-Typen bilden im Kontakt mit Wasser schon bei niedrigen Konzentrationen eine hochviskose Masse, die sich nur schwer verarbeiten läßt. Bei der Feuchtgranulierung wird daher meist nicht mit einer wäßrigen sondern mit einer alkoholischen Granulierflüssigkeit gearbeitet. Bei der Herstellung einer erfindungsgemäßen Zusammensetzung aus Füllstoff und HPMC, z.B. durch Sprühtrocknung, können daher nur sehr niedrig konzentrierte wäßrige HPMC-Lösungen versprüht werden. Alternativ kann mit organischen Lösungsmitteln und damit mit Dispersionen gearbeitet werden.
Ein besonderer Aspekt der Erfindung ist daher die Her- Stellung einer erfindungsgemäßen Zusammensetzung aus höherkonzentrierten wäßrigen Systemen von Celluloseethern wie HPMC. Die Löslichkeit von HPMC in Wasser nimmt mit steigender Temperatur ab. Bei erhöhten Temperaturen können höherkonzentrierte HPMC-Dispersionen hergestellt wer- den. HPMC ist also bei erhöhten Temperaturen überwiegend dispergiert und nicht mehr gelöst. Zusammen mit dem Füllstoff können nun höherkonzertrierte wäßrige Mischungen versprüht werden. Der Vorteil liegt in der Verarbeitung konzentrierterer flüssiger Systeme und damit kürzeren Prozeßzeiten und Kosteneinsparungen.
Bestimmte MCC- und Lactose-Typen werden industriell bereits durch Sprühtrocknung gewonnen. Das Trägermaterial könnte also den Hilfsstoffdispersionen oder -lösungen vor der Trocknung beigegeben werden.
Die Teilchengröße der Zusammensetzungen läßt sich durch entsprechende Auswahl der Prozeß- und Formulierungsparameter kontrollieren.
Die erfindungsgemäßen Mischungen haben bessere Tablettiereigenschaften als der reine Träger und zeichnen sich durch folgende Vorteile aus: gute Fließfähigkeit, gute Komprimierbarkeit, hohe Härte, geringer Abrieb. Durch die Vorabherstellung der innigen Mischung wird die nachfolgende Tablettierung durch Einsparung von Herstellungsschritten erleichtert.
Die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen können dann mit dem Wirkstoff und anderen Hilfsstoffen vermischt werden und z.B. in eine Tablette verpreßt werden. Zu den Wirkstoffen zählen nieder- und höhermolekulare Arzneistoffe (z.B. auch Peptide, Proteine) zur human- und veterinärmedizinischen Anwendung und Substanzen, die in der Land- Wirtschaft, im Haushalt, in der Nahrungsmittel-, kosmetischen und chemischen Industrie und anderen Industriezweigen genutzt werden. Selbstverständlich können auch Kombinationen von Wirkstoffen verwendet werden.
Die Arzneistofffreisetzung aus Matrixsystemen basierend auf hydrophilen Trägermaterialien wird neben den Eigenschaften des Trägermaterials auch von den Eigenschaften des Wirkstoffes beeinflußt. Dazu zählen in erster Linie die notwendige Dosis und die Löslichkeit des Wirkstoffes. Um die gewünschten Freisetzungsprofile zu erhalten, kann der Wirkstoff mit erfindungsgemäßen Zusammensetzungen mit unterschiedlichem Hilfsstoff-Trägermaterial-Verhältnis verarbeitet werden. Die Freisetzung kann dabei durch das Hilfsstoff-Trägermaterial-Verhältnis variiert werden. Das für den jeweiligen Wirkstoff ideale Hilfsstoff- Trägermaterial Verhältnis kann auch durch Zusammenmischen zweier Hilfsstoff-Gemische unterschiedlicher Zusammensetzung erreicht werden, z.B. durch Mischen zweier mit Trägermaterial hoch und niedrig konzentrierten Zusammenset- zungen.
Die neuen Tablettierhilfsstoffe können selbstverständlich auch in anderen Herstellungsverfahren von Retardsystemen eingesetzt werden, z.B. zur Pelletherstellung oder zur Befüllung von Kapseln.
Durch die nachfolgenden Beispiele wird die Erfindung erläutert, soll dadurch jedoch nicht eingeschränkt werden.
Beispiel 1
Der Hilfsstoff (z.B. Lactose, Ca3(PO) oder mikrokristalline Cellulose) und das Trägermaterial (Hydroxypropylmethylcellulose - HPMC K4M oder Polyethylenoxid - Polyox) werden mit einem wäßrigen oder alkoho- lisch-wäßrigen Medium in unterschiedlichen Verhältnissen feucht granuliert, durch ein Sieb gedrückt und anschließend zu Granulaten getrocknet.
Beispiel 2
Der Hilfsstoff (Lactose, Ca3(PO)4 oder mikrokristalline Cellulose) und das Trägermaterial (Hydroxypropylmethylcellulose - HPMC K4M) werden in heißem Wasser in einer Konzentration von 30% in unterschiedlichen Verhältnissen gelöst oder dispergiert und in einem Sprühtrockner bei einer Einlaßtemperatur von ca. 130 °C versprüht. Das getrocknete Agglomerat kann direkt verwendet werden.
Beispiel 3
Wie Beispiel 1, nur wurden die Granulate durch Sprühgranulierung in einem Sprühgranulator (Aeromatic) durch ein Top-Spray Verfahren hergestellt. Der Hilfsstoff (z.B. Lactose, Ca3(PO)4 oder mikrokristalline Cellulose) und das Trägermaterial (Hydroxypropylmethylcellulose - HPMC K4M oder Polyethylenoxid - Polyox) wurden vorgelegt und
durch Einsprühen der Lösungsmittel bei leicht erhöhten Temperaturen granuliert. Alternativ kann auch etwas Trägermaterial in die Granulierflüssigkeit eingearbeitet werden.
Beispiel 4
Das Beispiel beschreibt ein Verfahren zur Herstellung einer Zusammensetzung zur raschen Wirkstofffreisetzung un- ter Verwendung eines Schmelzextrusionsverfahrens .
Materialien:
Gew. -%
MCC (mikrokristalline Cellulose) 82 Xylit 10 kreuzvernetztes PVP, Sprengmittel 5
Natriumstearylfumarat , Schmiermittel 3
Die Extrusion bei ca. 90 °C liefert rasch freisetzende Granulate enthaltend Füllstoffe, Bindemittel, Sprengmittel und Schmiermittel. Diese rasch freisetzenden Granulate werden dann mit trockenen Inhaltsstoffen nach Wahl, einschließlich Wirkstoffen, einem Gleitmittel und bei bestimmten Ausführungsformen der Erfindung gegebenenfalls mit erfindungsgemäßen Zusammensetzungen gemischt und zu Tabletten verpreßt.
Beispiel 5
Im folgenden wird eine exemplarische Liste von Füllstoffen wiedergegeben, welche in der Praxis erfindungsgemäß allein oder in Kombination mit den Zusammensetzungen der vorliegenden Erfindung verwendet werden können.
MCC (mikrokristalline Cellulose) Calciumsulfat
Polyole (z.B. Mannit, Sorbit, Malit, Xylit)
Calciumphosphat
Calciumcarbonat
Dextrose, Lactose
Saccharose, Maltose
Fructose
Polysaccharide
Beispiel 6
Im folgenden wird eine exemplarische Liste von retardierenden Materialien wiedergegeben, welche in der Praxis der vorliegenden Erfindung verwendet werden können. Diese retardierenden Materialien, welche auch als Trägermateri- al bezeichnet werden können, können erfindungsgemäß allein oder in Kombination mit anderen Trägermaterialien und/oder den Zusammensetzungen der vorliegenden Erfindung verwendet werden.
HPC
Polysaccharide
HPMC, Polyethylenoxid
Lipide und Triglyceride, Monoglyceride, Diglyceride
Wachse, Fettsäuren und hydrierte Pflanzenöle Acrylatpolymere
Ethylcellulose
Carbomere (Carbopol® 97IP) Polycarbophil
HPMCAS und HPMCP
Andere Inhaltsstoffe:
Die Zusammensetzungen können ferner enthalten: 0, 1 bis 20%
Zerfallsmittel oder Bindemittel (z. B. Natruimstärkegly- colut (Expoltab®, Prinojel®)
Natriumcroscarmellose (Ac-Di-Sol®) (Zerfallsmittel) kreuzvernetztes PVP (Polyplasdone® XL10)
Veegum® und andere Tone, Stärken, Alginate, PVP und andere dem Fachmann bekannte Zerfallsmittel und Bindemittel.
Die erfindungsgemäße Zusammensetzung kann ferner Xylit, AHA' s und andere wasserlösliche Materialien, Elektrolyten und Nichtelektrolyten enthalten, welche unterhalb 150 °C Schmelzen. Die Mittel wirken als porenbildende Stoffe in der erfindungsgemäßen Zusammensetzung.
Die erfindungsgemäße Zusammensetzung kann ferner Schmiermittel und Gleitmittel enthalten, welche den Fließvorgang in Tablettier- und Kapselfüllmaschinen unterstützen und auch ein gutes Fließen in Kapselzubereitungen fördern. Schmiermittel umfassen Magnesium- und Calciumstearat und Stearinsäure, Natriumstearlyfumarat und hydrierte Pflanzenöle .
Wichtige Inhaltsstoffe der Zusammensetzung: 1. HPC oder HPMC 2. MCC in einem Verhältnis 80:20 oder 50:50 (MCC: HPC oder MPMC:PE)in Kombination mit MCC im beschriebenen Verhältnis stellen eine beispielhafte Ausführungsform der erfindungsgemäßen Zusammensetzung dar.
Optionale Inhaltsstoffe:
Siliciumdioxid, Talkum, Stärke und Polyethylenglycol
Beispiel 7
Das Beispiel beschreibt ein Verfahren zur Anwendung bei der Schmelzextrusion der langsam freisetzenden Zusammensetzung.
Die Verfahrenstemperatur der Schmelzextrusion liegt typi- scherweise bei 60 bis 150 °C während 1 H bis 3 Minuten, abhängig von der Größe der Vorrichtung und der Chargen-
große und den Eigenschaften der Stoffe der Pulvermischung.
Das Maß der Erosion und der verzögerten Freisetzung der Wirkstoffe aus einer Matrixtablette hängt vom Verhältnis der retardierenden Stoffe zu den Hilfsstoffen in der Zusammensetzung ab. Das Material wird ferner keinen hohen Temperaturen über längere Zeiträume ausgesetzt. Restfeuchte und Lösemittel sind daher nicht von Bedeutung.
Die Anwendung der Schmelzextrusion sichert eine hohe Gleichförmigkeit der Inhaltsstoffe in der Zusammensetzung, da eine zusätzlich Mischung in inneren des Extruders erfolgt. Entmischung, welche bei der direkten Ver- pressung auftritt, wird gleichfalls vermieden.
Die Vorteile der erfindungsgemäßen Zusammensetzung, welche mittel der Schmelzextrusion hergestellt werden, sind u . a . : • kontinuierliches und rasches Verfahren
• keine Lösemittel oder Wasser
• durchführbar mit hohen Gehalten an Bindemitteln/retardierenden Stoffen
• Recycling und erneute Verarbeitung der Stoffe ist ög- lieh
• anwendbar bei retardierenden Stoffen und Füllstoffen, wenn ein Inhaltsstoff bei der Verarbeitungstemperatur schmilzt oder erweicht
• gute Fließ- und physikalische Eigenschaften • gleichförmige Verteilung der Komponenten in der fertigen Zusammensetzung
• Zusammensetzung ist trocken mischbar mit Wirkstoffpulver und -granulat
• weitere in der Tablettenformulierung enthaltene inakti- ve Stoffe können sein:
Füllstoffe
Bindemittel Zerfallsmittel Farbstoffe Puffer Gleitmittel
Schmiermittel
Zusätzliche Schmiermittel oder Zerfallsstoffe können der Zusammensetzung gleichzeitig zusammen mit dem Wirkstoff oder der erfindungsgemäßen Zusammensetzung zugesetzt werden.
Beispiel 8
Sprühgranulations-, Sprühtrocknungs- und Feuchtgarnulati- onsverfahren
Die Verbindungen können mit Hilfe der dem Fachmann bekannten klassischen Verfahren zur Herstellung pharmazeu- tischen Formulierungen im Lichte der vorliegenden Offenbarung hergestellt werden. Derartige Verfahren umfassen beispielsweise Feucht- oder Sprühgranulation, Sprühtrocknung, Sprüherstarrung, Schmelzgranulation oder Kal- textrusion.
Bei der Sprühgranulation wird die Pulvermischung, bestehend aus dem retardierenden Trägermaterial und der Hilfsstoff in einem fluidisierten Bett mit einem Lösemittel/Lösemittelgemisch (z. B. Wasser oder Alkohol) granu- liert. Ein Bindemittel oder das retardierende Trägermaterial oder Teile davon können dem Lösemittel/Lösemittelgemisch zugegeben werden.
Bei der Sprühtrocknung wird eine flüssige Lösung oder Dispersion der Komponenten durch Einsprühen in eine beheizte Luftkammer und Entfernung des Lösemittels in die
trocknen Komponenten überführt. Verschiedene direkt ver- preßbare Zusammensetzungen (z. B. MCC, Lactose) wurden durch eine Sprühtrocknung hergestellt. Die Zusammensetzungen können durch Zugabe der Komponenten zur Flüssig- keit vor dem Versprühen hergestellt werden.
Bei der Schmelzgranulation wird das geschmolzene Trägermaterial mit anderen Hilfsstoffen gemischt und in einer beheizten Kammer zusammengegeben und dann gekühlt und ge- mahlen. Bei der Sprüherstarrung wird das geschmolzene
Trägermaterial mit den anderen Hilfsstoffen dispergiert und dann in Partikel versprüht und gekühlt.
Bei der Sprüherstarrung wird der Hilfsstoff zum geschmol- zenen retardierenden Trägermaterial hinzugefügt, gefolgt von der Sprüherstarrung der Masse in Partikel.
Lipide (Wachse, Triglyceride und dergleichen) könnten in die langsam freisetzende Zusammensetzung in Form eines Pulvers oder einer heißen Schmelze eingefügt werden, wobei die Zusammensetzung mit der heißen Schmelze granuliert wird.
Bei den wäßrigen Polymerdispersionen werden die Hilfs- Stoffe in der Dispersionsmischung gelöst oder dispergiert, gefolgt von einer Sprühtrocknung, oder der Hilfsstoff wird mit der Polymerdispersion granuliert. Plasti- fizierungsmittel können zur Spaltung der Polymerpartikel zugesetzt werden. Geeignete Polymerdispersionen enthalten entweder Celluluse- (Ethylcelluluose in Aquacoat oder Su- release) oder Acryl- (Eudragit) Polymere.
Die erfindungsgemäße Zusammensetzung besteht aus einer innigen Mischung des retardierenden Materials und des Hilfsstoffs in einem festgelegten Verhältnis. Diese Zu-
sammensetzungen entmischen sich nicht im Vergleich mit physikalischen Mischungen.
Die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen weisen bessere Tablettierungseigenschaften auf, als die reinen retardierenden Materialien, einschließlich Fließverhalten, Kompressibilität, Härte und Abrieb.
Sprühtrocknung und Feuchtgranulation sind gebräuchliche Verfahren in der pharmazeutischen Industrie, um Granulate zum Verpressen zu Tabletten herzustellen. Da Tablettenformulierungen viele Komponenten enthalten, ermöglicht die erfindungsgemäße Zusammensetzung die Herstellung eines Granulats durch physikalisches Mischen des Wirkstoffs mit einer erfindungsgemäßen Zusammensetzung unter anschließendem Verpressen der Mischung zu einer langsam freisetzenden Matrixtablette.
Die hier beschriebenen Zusammensetzungen und Verfahren können vom Fachmann in einfacher Weise ohne großen experimentellen Aufwand nachvollzogen werden. Neben den ausführlich beschriebenen bevorzugten Ausführungsformen kann der Fachmann diese verändern und anpassen, ohne damit die erfinderische Idee zu verlassen. Es ist klar, daß neben den beschriebenen und verwendeten Materialien auch solche, dem Fachmann geläufige, verwendet werden können, die zu den gleichen oder vergleichbaren Ergebnissen führen und unter den Umfang der vorliegenden Erfindung fallen.