Verfahren zum Herstellen von Formkorpern durch Verpressen von kleinstückigen Teilchen bzw. Granulat auf Basis von Polyisocyanat-Polyadditionsprodukten
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen von Formkorpern durch Verpressen von kleinstückigen Teilchen bzw. Granulat auf Basis von Polyisocyanat-Polyadditionsprodukten in einem Preßwerkzeug unter Einwirkung von Drücken bis 1000 bar und Temperaturen bis 230°C.
Es ist bekannt (EP-A3-310 896; EP-A2-348 760), Formkörper durch Fließverpressen bei Einwirkung von Wärme und Druck, wie eingangs beschrieben, aus Teilchen auf Basis von Polyisocyanat-Polyadditionsprodukten herzustellen. Die Teilchen können dabei für-di.esen Zweck in entsprechender Große direkt aus einem Reaktionsgemisch unter Formgebung oder durch Zerkleinerung von Material, wie es entweder für diesen Zweck erzeugt wurde oder aus Recycling stammt, gewonnen werden. Je nach den gewünschten physikalischen Eigenschaften der zu fertigenden Formkörper findet eine Zerkleinerung des Materials von
grobstückig bis pulvrig statt. Es lassen sich auch Teilchen unterschiedlicher Große mischen. Erforderlichenfalls stellt man aus dem zerkleinerten Material ein Granulat her.
Das Verpressen - man spricht von Heißverpressung,
Thermoverformung, Thermoverpressung und insbesondere von Fließpressen - erfolgt in der Regel in mit abdichtenden Tauchkanten ausgestatteten Preßformwerkzeugen aus
Stahl,
Damit die herzustellenden Formkorper eine hohe Homogenität aufweisen, hat man das zu verpressende Material möglichst gleichmäßig im Formhohlraum verteilt. Beim Verpressen werden die Teilchen bzw. Granulatkörner isostatisch gegeneinandergepreßt und dadurch in direkten Kontakt gebracht. Die Güte dieses Kontaktes bestimmt maßgeblich die erzielbaren Eigenschaften des zu
fertigenden Formkörpers, Diese Güte kann bei vorgegebenem Material durch die Wahl der Temperatur, des Preßdruckes und der Preßzeit beeinflußt werden.
Es besteht die Aufgabe, das bekannte Verfahren dahingehend zu verbessern, daß bei vorgegebenem Material, gegebener Meßtemperatur, gegebenem Preßdruck und/oder gegebener Preßzeit der Zusammenhalt der Teilchen bzw, Granulatkörner und damit die Festigkeitseigenschaften des Formkörpers deutlich gesteigert werden.
Gelöst wird diese Aufgabe dadurch, daß beim Verpressen zwischen den einzelnen Teilchen bzw. den einzelnen
Granulatkörnern eine zusätzliche Scherbeanspruchung erfolgt.
Diese Scherbeanspruchung wird also durch eine ausgeprägte Relativbewegung der Teilchen zueinander erreicht. Bei normalem Verpressen einer Schicht gleichmäßiger Höhe hingegen werden die Teilchen nur auf Druck beansprucht.
Vorzugsweise wird die Scherbeanspruchung durch gezielte Anhäufung des zu verpressenden Materials an einer Stelle des Formhohlraumes herbeigeführt.
Überraschenderweise hat sich durch diese einfache Maßnahme eine deutliche Verbesserung der Festigkeitseigenschaften des hergestellten Formkörpers gezeigt. Beim Schließen des Formwerkzeuges und während des Preßvorganges breitet sich das Material im Formhohlraum aus, wobei die Relativbewegung zwischen den Teilchen entsteht. Es versteht sich, daß bei größeren Formhohlräumen an mehreren Stellen Anhäufungen des zu verpressenden Materials vorgesehen werden können. Wichtig ist nur, daß durch ausreichende Fließwege und ausreichende Relativbewegung der Teilchen sichergestellt wird, daß die gewünschte Scherbeanspruchung eintritt.
Gemäß einer Variante des neuen Verfahrens wird die
Scherbeanspruchung durch Auspressen von Teilchen bzw. Granulat durch Öffnungen im Formhohlraum erzielt,
Dies heißt im einfachsten Falle, daß der Formhohlraum
seitlich offen ist. Es ist jedoch zweckmäßig, Öffnungen gezielt vorzusehen, um erwünschte Fließwege zu bekommen. So hergestellte Formkorper müssen allerdings besäumt werden.
Alternativ läßt sich die gleiche Wirkung erreichen, indem die Scherbeanspruchung durch Auspressen von
Teilchen bzw. Granulat aus dem Formhohlraum in zusätzliche Kavitäten erzielt wird.
Gemäß einer weiteren besonderen Durchführungsform des neuen Verfahrens wird die Scherbeanspruchung über die Preßzeit variiert.
Durch diese Maßnahme ist es möglich, dem Formkorper lokal unterschiedliche Eigenschaften zu verleihen.
Als Polyisocyanat-Polyadditionsprodukte verwendet man z.B. solche, die durch Umsetzung von a) organischen Polyisocyanaten, b) Verbindungen mit einem Molekulargewicht zwischen 1800 und 12000, welche im statistischen Mittel mindestens 2,5 gegenüber Isocyanatgruppen reaktionsfähige Gruppen aufweisen, gegebenenfalls c) Polyaminen mit mindestens 2 primären und/oder
sekundären, aromatisch gebundenen Aminogruppen des Molekulargewichtsbereiches 108 bis 400,
sowie gegebenenfalls d) gegebenenfalls Ethergruppen aufweisenden (Cyclo)- alkanpolyolen oder (Cyclo)alkanpolyaminen des Molekulargewichtsbereiches 60 bis 1799, mit einer NCO- Reaktivität von mindestens 2, sowie gegebenenfalls unter Mitverwendung von e) den aus der Polyurethan-Chemie an sich bekannten Hilfs- und Zusatzmitteln, unter Einhaltung einer Isocyanatkennzahl von 60 bis 140 im Ein- oder Mehrstufenverfahren hergestellt worden sind, sowie gegebenenfalls zusätzlich f) Füll- und/oder Verstärkungsstoffe,
Überraschenderweise ist eine Reihe von weiteren Vorteilen neben der besseren Haftung der Teilchen bzw. Granulatkörner aneinander mit dem erf indungsgemäßen Verfahren verbunden, nämlich verbesserte Formteiloberfläche, bessere Glanzgrade sowie verbesserte mechanische Werte bei größerer Eigenschaftserhaltung verglichen mit dem Eigenschaftsniveau der unzerkleinerten Ausgangsprodukte.
Bei den bei der Herstellung der Polyisocyanat-Polyadditionsprodukte gegebenenfalls mitzuverwendenden Hilfs
und Zusatzmitteln e) handelt es sich beispielsweise um innere Formtrennmittel, Katalysatoren für die Polyisocyanat-Polyadditionsreaktion, Treibmittel, oberflächenaktive Zusatzstoffe, Zellregler, Pigmente, Farbstoffe, Flammschutzmittel, Stabilisatoren, Weichmacher oder fύngistatisch bzw. bakteriostatisch wirkende Substanzen, wie sie beispielsweise in EP-B-O 081 701, Spalte 6, Zeile 40, bis Spalte 9, Zeile 31, beispielhaft beschrieben sind.
Zu den bevorzugten, gegebenenfalls mitzuverwendenden Hilfs- und Zusatzstoffen gehören die an sich bekannten Füll- und/oder Verstärkungsstoffe, wie beispielsweise Bariumsulfat, Kieselgur, Schlämmkreide, Mica, Cellulosefasern, Lignocellulosefasern, ferner zerkleinerte Naturoder Synthetikkautschuke, synthetische Fasern, insbesondere Polyamidfasern, LC-Fasern, Aramidfasern, anorganische Fasern, insbesondere Glasfasern, Glasflakes, Glaskugeln oder Kohlefasern, Carbide, Metallfasern, Metallmatten aus Aluminium, Stahl oder Kupfer, wobei diese Füll- und/oder Verstärkungsstoffe in Mengen von bis zu 80 Gew.-%, vorzugsweise bis zu 50 Gew,-%, bezogen auf das Gesamtgewicht der gefüllten bzw. verstärkten Polyisocyanat-Polyadditionsprodukte, mitverwendet werden können, Die faserförmigen Füllstoffe können auch in Form von Geweben, Matten, Gestricken, non wovens, Netzen,
Gittern, Sieben oder Gewirken etc. vorliegen.
Die bei der Herstellung der Polyisocyanat-Polyadditionsprodukte verwendbaren Füll- und Verstärkungsstoffe e)
sind auch die beim erfindungsgemäßen Verfahren zusätzlieh einarbeitbaren Füll- und Verstärkungsstoffe f). Es ist bei der Einarbeitung von Füll- und Verstärkungsstoffen f) nach dem erfindungsgemäßen Verfahren dabei vollkommen unerheblich, ob in den granulierten Polyisocyanat-Polyadditionsprodukten bereits Füll- und Verstärkungsstoffe vorliegen oder nicht.
Das Zerkleinern bzw. Granulieren der Polyisocyanat-Polyadditionsprodukte erfolgt in geeigneten Geräten zur Herstellung von Klein- und Kleinstteil.en aus größeren Formteilen. Geeignete Methoden zur Zerkleinerung sind z.B. Schneidverfahren, Reiß-, Häcksel- oder Granulierverfahren, wie sie dem Fachmann bekannt sind. Geeignete Apparaturen für die Zerkleinerung werden kommerziell angeboten.
Gut geeignet sind beispielsweise Schneidmühlen mit rotierenden Messern und nachfolgender Siebung. Solche Vorrichtungen sind z.B. von der Firma Weiss, D-6340 Dillenburg, BRD, erhältlich.
Die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens, d.h. die durch Einwirkung von Druck und Temperatur bewirkte Verarbeitung der zerkleinerten bzw. granulierten Polyisocyanat-Polyadditionsprodukte, kann unter Verwendung beliebiger, hierfür geeigneter Apparaturen, wie z.B.
Pressen, SMC-Schließen, RIM-Schließen, Kalandern, Tiefziehpressen, erfolgen. Bei der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens kommt es jedoch nicht zu einem Aufschmelzen des Materials, wie es von im eigentlichen
Sinne "thermoplastischen" Kunststoffen her bekannt ist; eine flüssige, relativ niederviskose, makroskopische Phase wird zu keinem Zeitpunkt eingenommen.
Die für das erfindungsgemäße Verfahren zu verwendenden Werkzeuge besitzen vorzugsweise eine Tauchkante, die einen Druckaufbau im Material ermöglicht, und Kavernen oder offene Stellen, die nach dem Schließen des Werkzeuges und dem Druckaufbau noch Material aus dem eigentlichen Bereich des Formteiles austreten lassen können und auf diese Weise eine Scherung nach dem eigentlichen Druckaufbau ermöglichen.
Das erfindungsgemäße Verfahren gestattet die Herstellung von Formkorpern in Form von Hohlkörpern für Einsätze, Becher, Behälter verschiedener Abmessungen und Inhalte; als Abdeckungen für Armaturentafeln, Schaltkonsolen, Lenksäulenabdeckungen; als Auskleidungen für Radkästen, für flächenförmige Fahrzeugkarosserieelemente, wie Türblätter, Seitenteile, Kotflügel oder Motorraum- oder Kofferraumhauben; sowie zur Herstellung von Radkappen, Sitzschalsn oder Rückenlehnen. In flächiger Form eignen sich die erfindungsgemäßen Verfahrensprodukte auch als Schreibunterlagen, Anzeigetafeln mit Magnethalterungen, Klebeschilder, Schutzfolien und Beschichtungen für die verschiedensten Zwecke, Die erfindungsgemäßen Verfahrensprodukte können auch in Form von Sitzschalen,
Rückenlehnen, Kisten, Schalenkoffern und ähnlichen Behältern, Konstruktionsteilen für Karosserien, Fahrgestelle, Versteifungselementen, Profilen, wie z,B,
Rahmen, Träger, steifen Karosserieaußenteilen, wie
Kotflügel oder Motorraum- bzw. Kofferraumhauben,
Radkappen, Versteifungselemente für Blenden,
Kraftfahrzeug-Türinnenverkleidungen, Türen, Klappen, Decken, und ähnliche Artikel Verwendung finden, Sie können auch mit Holz und ähnlichen Materialien verpreßt werden und dann im Innenraum von Fahrzeugen Verwendung finden. Sie eignen sich ferner für Artikel im
Freizeitbereich.
Erfindungsgemäße Verfahrensprodukte können außerdem in Form von kleinen Formteilen als Tastaturelemente, hartelastische. Dichtungsteile und Manschetten-, Griffmulden und Griffkorper, kleine Dämpfungselemente oder Unterlegbzw. Distanzscheiben Verwendung finden, ferner als versteifte und unversteifte Profile für Kabelkanäle und Dichtungslippen oder als beliebige andere, massive kleine Körper eingesetzt werden.
Bei sp i e l 1
Aus folgenden Komponenten wurden Platten hergestellt:
NCO-reaktive Komponente:
83,3 Teile Polyethertriol der OH-Zahl 28, hergestellt durch blockweise Addition von zuerst 83 Gew.-% Propylenoxid und dann 17 Gew.-%
Ethylenoxid an Trimethylolpropan mit vor- wiegend primären Hydroxylgruppen
4 Teile einer Mischung aus 1 Teil Ruß und 4 Teilen eines Polyethers der OH-Zahl 35, hergestellt durch blockweise Addition von zuerst 87 Gew.- V. Propylenoxid und dann 13 Gew,-% Ethylenoxid an Trimethylolpropan 2 Teile eines Gemisches aus 80 % 1-Methyl-2,4-diamino-3,5-diethylbenzol und 20 % 1-Methyl2,6-diamino-3,5-diethylbenzol
0,1 Teil Dabco 33 LV, eines Aminkatalysators der
Firma Air Products, USA
0,1 Teil Fomrez® UL 28, eines Zinnkatalysators der
Firma Witco, USA
NCO-Komponente;
PU 0743, ein Handelsprodukt der Bayer AG, D-5090
Leverkusen, BRD, auf urethan-modifizierter MDI-Basis mit 23 % NCO und der Dichte 1,22 g/cm3.
NCO-reaktive Komponente und NCO-Komponente kamen im Verhältnis 100:39 zum Einsatz.
Zur Herstellung des PUR-Granulates wurden die oben hergestellten Platten in einer Schneidmessermühle der Firma Fallmann, D-6660 Zweibrücken, Typ PS-4-5, mit einem 4 mm Siebeinsatz zerkleinert. Zur Zerkleinerung können auch Prallmühlen verwendet werden, die das
Material zu Pulver <2 mm mahlen, oder auch Hammermühlen verwendet werden.
Das zerkleinerte Material wurde in einem Heizschrank bei 180°C für die Dauer von 15 Minuten vorgewärmt und sofort anschließend in ein Tauchkanten-Plattenwerkzeug gegeben. Das Werkzeug wurde geschlossen und danach der Druck von 200 bar durch eine hydraulische Presse (Modell 200 T der Firma Schwabenthan, D-1000 Berlin, BRD) aufgebaut.
Der eigentliche Preßvorgang dauerte 3 Minuten bei 180°C, Anschließend wurde die Platte aus der noch heißen Form entnommen. Die Oberfläche der Platte zeigte die typische Granulatstruktur und war sehr glatt. Aus der Platte wurde ein ASTM-Zugstab entnommen und nach DIN 53 504 die Zugfestigkeit zu 4,2 MPa und die Bruchdehnung zu 88 % bestimmt.
Der Versuch wurde mit gleichen Preßbedingungen wieder- holt, jedoch zwischen seitlich offenen Preßplatten. Auf diese Weise wurden die Teilchen durch Scherung beansprucht. Der so hergestellte plattenartige Formkorper zeigte deutlich sichtbare Fließlinien und war bei gleicher Materialmenge nur halb so dick. Der Zugversuch an einem ASTM-Zugstab dieser Platte ergab eine Zugfestigkeit von 8,8 MPa und eine Bruchdehnung von 310 %.
Beispiel 2 Aus folgenden Komponenten wurden Platten hergestellt:
NCO-reaktive Komponente:
83,3 Teile Polyethertriol der OH-Zahl 35, hergestellt durch blockweise Addition von zuerst 87
Gew.-% Propylenoxid und dann 13 Gew.-%
Ethylenoxid an Trimethylolpropan mit
vorwiegend primären Hydroxylgruppen 4 Teile einer Mischung aus 1 Teil Ruß und 4 Teilen eines Polyethers der OH-Zahl 35, hergestellt durch blockweise Addition von zuerst 87 Gew,- %. Propylenoxid und dann 13 Gew.-% Ethylenoxid an Trimethylolpropan 2,5 Teile eines Gemisches aus 65 % 1-Methyl-2,4-diamino-3,5-diethylbenzol und 35 % 1-Methyl- 2,6-diamino-3,5-diethylbenzol
0,1 Teil Dabco® 33 LV, eines Aminkatalysators der Firma Air Products, USA
0,1 Teil Fomrez® UL 28, eines Zinnkatalysators der
Firma Witco, USA NCO-Komponente:
PU 0743, ein Handelsprodukt der Bayer AG, D-5090
Leverkusen, BRD, auf urethan-modif izierter MDI-Basis mit 23 Y. NCO und der Dichte 1,22.
NCO-reaktive Komponente und NCO-Komponente kamen im Verhältnis 100:39 zum Einsatz.
Die Zerkleinerung und Vorbereitung für den Preßvorgang sowie der Preßvorgang selbst erfolgten wie in Beispiel 1,
Bei dem im Tauchkantenwerkzeug hergestellten Formkorper ergab die Probe eine Zugfestigkeit von 13,3 MPa bei einer Bruchdehnung von 390 %. Eine Probe des zwischen zwei seitlich offenen Preßplatten hergestellten Formkörpers besaß eine Zugfestigkeit von 16,3 MPa bei 440 Y. Bruchdehnung,