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Verfahren zur Herstellung wasserlöslicher Abführmittel Unter den bekannten
Abführmitteln nehmen die Harzglucoside, beispielsweise Resina jalapae, Resina scammoniae,
Aloe, eine besondere Rolle ein. Die ersten beiden üben innerhalb von z bis 3 Stunden
eine ausgesprochen erregende Wirkung auf den Dünndarm, die Aloe hingegen auf den
Dickdarm aus. Die Wirkung der letzteren tritt entsprechend später ein. Die erregende
Wirkung äußert sich in einer Steigerung der Darmbewegung und bei Verwendung größerer
Mengen in Entzündungserscheinungen der Darmschleimhaut. Frühzeitig wurde die Beobachtung
gemacht, daß die glucosidischen Dünndarmabführmittel im Magen unwirksam sind und
auch im Dünndarm beim Verschluß der Gallengänge unwirksam bleiben. Es mußten demnach
gewisse Zusammenhänge zwischen diesen Harzglucosiden und der Galle bestehen.
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Versuche haben ergeben, daß derartige Beziehungen tatsächlich vorliegen
und daß sich die abführenden Harzglucoside in Galle nicht nur glatt lösen, sondern
daß es in einfacher Weise gelingt, ihre Additionsprodukte mit Galle in trockener,
leicht wasserlöslicher Form zu gewinnen.
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Von Gallensäuren ist es bereits bekannt, daß sie mit den verschiedensten
Stoffen Verbindungen bilden, welche wasserunlöslich, in Form ihrer Alkalisalze jedoch
löslich sind. Ebenso ist es bekannt, daß gepaarte Gallen-Säuren, wie sie z. B. in
der Galle vorliegen, die Eigenschaft besitzen, viele wasserunlösliche Stoffe aufzulösen.
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Von einem Bestandteil der Galle, der Desoxycholsäure, ist ferner die
Fähigkeit bekannt, auch Harze, wie Kolophonium, zu lösen, ebenso wie die Herstellung
wäßriger Lösungen von Harzen mit Natriumsilicat und Galle. Endlich hat man bereits
Anlagerungsprodukte aus ungepaarten Gallensäuren und organischen Stoffen, z. B.
Aloeharz, hergestellt.
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Demgegenüber besteht das vorliegende Verfahren darin, aus gereinigter
Galle und bestimmten, abführend wirkenden Harzen oder ihren Mischungen wasserlösliche
Reaktionsprodukte in trockener, gut dosierbarer Form zu erhalten, die gegenüber
den ursprünglichen Harzen eine verminderte Giftwirkung aufweisen. Damit ist die
Möglichkeit geboten, mit kleinen, an sich unschädlichen Mengen Harz Wirkungen gleicher
Art und Stärke zu erzielen wie mit den Höchstdosen der reinen Harze.
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Für die nachfolgenden Versuche wurde trockene Schweinegalle in der
fünffachen Menge 96%igem Alkohol am Rückflußkiihler heiß gelöst, filtriert und das
alkoholische Filtrat im Vakuum bei 7o° Badtemperatur restlos abgedampft. Die dergestalt
von Schleimstoffen, Eiweiß und überschüssigen Salzen gereinigte = Galle stellt ein
lockeres, gelblichbraunes,
trockenes, nicht hygroskopisches Pulver
dar, das neben den eigentlichen gallensauren Salzen als Nebenbestandteile noch rund
8% Ledthin und etwa o,80!o Cholesterin enthält, die aber die Umsetzungen mit des'
Harzglucosiden nicht stören. Da diese Be standteile nebenher . die Gallewirkung
ins Darm unterstützen, so erscheint ihre Gegenwart zweckdienlich und eine Abtrennung
nicht erforderlich. Sofern aber eine solche dennoch gewünscht wird, kann von Lipoiden
befreite, d. h. durch Ätheralkoholbehandlung lecithin-und cholesterinfrei gemachte
Galle Verwendung finden.
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Beispiel i 5 g der, wie oben angegeben, alkoholgereinigten Galle werden
in 5 ccm Wasser im Wasserbade warm gelöst, in die Lösung 2 g Resina jalapae D. A.
B. VI eingerührt und die Mischung im Wasserbade noch etwa 4o Minuten unter .öfterem
Verrühren erwärmt, das Reaktionsprodukt mit kleinen Mengen Wasser aufgenommen, zu
ioo aufgefüllt, über Nacht stehengelassen, hierauf blank filtriert und im Vakuum
restlos abgedampft.
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Beispiel 2 Wie Beispiel i, jedoch mit 2 g Resina scammoniae; das Erzeugnis
ist ebenfalls wasserlöslich: - - -Beispiel 3 i o g - alkoholgereinigte Galle werden
in i o ccm Wasser warm gelöst, in die Lösung 5 g Resina jalapae plv. sowie 5 g Resina
sca.mmoniae eingetragen, wie im Beispiel i verarbeitet, mit 2oo1GCm Wasser aufgenommen,
filtriert und im Vakuum zur Trockene gebracht.
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Beispiel 4 5 g alkoholgereinigte Galle werden in 3o ccm absolutem
Alkohol warm gelöst,' in die Lösung 5.- Resina jalapae eingetragn, bis zur
Lösung heiß verrührt, das Reaktionsprodukt mit 3o ccm absolutem Alkohol verdünnt,
von einem geringen Bodensatz abfiltriert, im Wasserbad eingeengt und irn Vakuum
restlos ausgetrocknet.
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Beispiel 5 Eine Mischung von je 2,5 g Resina jalapae und Resina scammoniae
werden nach -Beispiel 4 behandelt.
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Unbenommen bleibt es, sofern aus -Gründen der Kostenersparnis die
Vorreinigung der Galle mit Alkohol ausgeschlossen werden soll, auch von getrockneter
Rohgalle auszugehen. Es wird zu dem Zweck- wie unter Beispiel i gearbeitet, das
Reaktionsprodukt zweckmäßig zu etwa i o % in Wasser aufgenommen, über Nacht stehengelassen,
die Lösung hierauf blank geschleudert und im Vakuum zur Trockene gebracht.
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Beispiel 6 .`; 2 g rohe Trockengalle werden in 18 ccm e Wasser gelöst,
in die Lösung 3,2 g Resina jalapae und 6,4g Resina scammoniae eingerührt, weiter
i Stunde im Dampfbade bis zur gleichmäßig homogenen Mischung verrührt, die Schmelze
hierauf allmählich mit kleinen Mengen Wasser verrieben und mit Wasser auf
220 CCM gebracht. Die Lösung wird über Nacht stehengelassen, am Morgen geschleudert
und das blanke Extrakt im Vakuum bei 6o bis 7o° Badtemperatur rasch ausgetrocknet.
Ausbeute: 18,5 g.
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Beispiel 7 6 g Rohgalle werden in 8 ccm Wasser warm gelöst, in die
Lösung i,6 g Resina jalapae, 3,2 g Resina scammoniae und schließlich 14,4g Aloeextrakt
und 8 ccm Wasser eingerührt. Die wie im Beispie16 behandelte Schmelze wird mit insgesamt
25o ccm Wasser aufgenommen, über Nacht stehengelassen, abgeschleudert und im Vakuum
zur Trockene gebracht. Ausbeute: 22,5g.
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Die gemäß 6 und 7 erhaltenen Produkte zeigten folgende Konstanten:
Säure- Ver- |
@'r' zahl seifunss- Jodzahl Asche |
zahl _ |
ofu OAu °'n °i" |
6. 26,3 238,2 19,9 6,24 |
7- 44,3 |
238,6 2,6,3 |
5,47 |
Die Säure- und Jodzahlen sind gegenüber den reinen Harzen nur wenig verändert, wohl
aber der Aschegehalt und die Ver seifungszahlen. Damit sowie durch ihre Wasserlöslichkeit
unterscheiden sich die neuen Produkte grundsätzlich von den Harzen.
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Die trockenen, olivgrünen Pulver lösen sich im Verhältnis i : i o
leicht in Wasser, nur die. Resina-scammoniae-Lbsung 5: 5 scheidet beim Stehen über
Nacht wenig Bodensatz ab, im Verhältnis 5:3,5 bleibt die Lösung ebenfalls blank.
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Eingehende Versuche am Tier (Maus) haben überraschenderweise ergeben,
daß man gegenüber der höchstzulässigen Dosis reimen Glucosidharzes von etwa 5 mg
pro Maus, bei der schon gewisse Verfallserscheinungen sich beim Tier bemerkbar machen,
man mit der gleichen Menge der entsprechenden Galleadditionsverbindungen auskommt,
die nur die halbe Harzmenge enthält. Die Kotentleerung findet völlig gleichmäßig
innerhalb von
2 Stunden. statt, die drastischen Wirkungen sind aufgehoben.
Folgerichtig kann von einer Entgiftung der Glucosidharze gesprochen werden, die
überraschend ist und nicht voraus-. zusehen war. Die Versuche wurden mit gleichem
Erfolge an einem Stamm von 18 Tieren durchgeführt.
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Unbenommen bleibt es selbstverständlich, statt von den Harzen gegebenenfalls
auch von deren Reinprodukten, soweit solche vorliegen, dem Chrysophan, den verschiedenen
Emodinen (Aloe- oder Frangulaemodin), dem Convolvulin, dem Jalapin, Podophyllotoxin
usw. auszugehen.