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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs mit einer Brennkraftmaschine und einem Automatikgetriebe sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung.
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Hintergrund der Erfindung
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Moderne Kraftfahrzeuge sind häufig mit Katalysatoren zur Nachbehandlung eines Abgases einer Brennkraftmaschine ausgerüstet. In vielen Fällen werden diese Katalysatoren überwacht und/oder geregelt.
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Bei einer unvollständigen Verbrennung des Luft-Kraftstoff-Gemischs in einem Ottomotor werden neben Stickstoff (N2), Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasser (H2O) eine Vielzahl von Verbrennungsprodukten ausgestoßen, von denen Kohlenwasserstoffe (HC), Kohlenstoffmonoxid (CO) und Stickoxide (NOx) gesetzlich limitiert sind. Die geltenden Abgasgrenzwerte für Kraftfahrzeuge können nach heutigem Stand der Technik nur mit einer katalytischen Abgasnachbehandlung eingehalten werden. Durch die Verwendung beispielsweise eines Dreiwegekatalysators können die genannten Schadstoffkomponenten konvertiert werden.
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Eine gleichzeitig hohe Konvertierungsrate für HC, CO und NOx wird bei Dreiwegekatalysatoren nur in einem engen Lambdabereich um den stöchiometrischen Betriebspunkt (Lambda = 1), dem sogenannten „Katalysatorfenster“ bzw. „Konvertierungsfenster“, erreicht.
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Offenbarung der Erfindung
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Erfindungsgemäß werden ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs mit einer Brennkraftmaschine und einem Automatikgetriebe sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche vorgeschlagen. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung.
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Die Erfindung bedient sich der Maßnahme, die Kraftstoffzufuhr zu allen Brennräumen der Brennkraftmaschine während eines Schaltvorgangs (d.h. insbesondere von einem Empfang einer Schaltanforderung bis zum Abschluss des Schaltvorgangs) abzuschalten bzw. zu unterbrechen. Auf diese Weise kann ein Drehmoment am bzw. im Automatikgetriebe während des Schaltvorgangs reduziert werden und gleichzeitig ein definierter Betriebszustand der Brennkraftmaschine herbeigeführt werden, mit dessen Auswirkungen auf das Abgas herkömmliche Abgasreinigungsverfahren ohne weiteres zurechtkommen. Es wird ein damit definierter Zustand eines Abgassystems stromab der Brennkraftmaschine hergestellt, der im Wesentlichen dem nach einer Schubabschaltung entspricht, so dass Emissionen durch bekannte Steuerungen des Abgassystems minimiert werden können.
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Insbesondere umfasst die Schaltanforderung eine Drehmomentanforderung mit einem während des Schaltvorgangs am Getriebe maximal zulässigen Drehmoment bzw. Eingangsdrehmoment. Damit kann besonders leicht festgestellt werden, welche Maßnahmen zum Einhalten dieses Drehmoments ergriffen werden können bzw. müssen. Die Schaltanforderung kann insbesondere von einem getriebesteuergerät stammen.
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Ferner umfasst das Verfahren vorteilhafterweise ein Erfassen eines aktuell bereitgestellten Drehmoments, ein Vergleichen des maximal zulässigen Drehmoments mit dem bereitgestellten Drehmoment, und ein Abstellen der Kraftstoffzufuhr in Abhängigkeit von einer Differenz zwischen dem maximal zulässigen Drehmoment und dem bereitgestellten Drehmoment, insbesondere wenn die Differenz größer als ein vorbestimmbarer Schwellwert ist. Dadurch kann die Abschaltung der Kraftstoffzufuhr optimal angepasst werden.
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Vorteilhafterweise wird das Abschalten der Kraftstoffzufuhr in Abhängigkeit von einem aktuellen Betriebspunkt der Brennkraftmaschine und in Abhängigkeit von dem Startgang und dem Zielgang durchgeführt. Der Betriebspunkt kann insbesondere anhand des Drehmoments und/oder der Drehzahl und/oder des Abgasmassenstroms charakterisiert sein. Insbesondere bei Berücksichtigung dieser Größen kann entschieden werden, ob das maximal zulässige Drehmoment nur durch Abschalten der Kraftstoffzufuhr oder auch durch andere (weniger gravierende) Maßnahmen, wie z.B. eine Verstellung eines Zündwinkels oder eine Ausblendung nicht aller Zylinder, erreicht werden kann. Dadurch kann ein Leistungsabfall während des Schaltens minimiert werden, was zur Komforterhöhung beiträgt. Weiterhin kann bei Berücksichtigung dieser Größen auch entschieden werden, ob die anderen Maßnahmen auch im Rahmen von Emissionsgesichtspunkten zulässig sind.
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Das Verfahren kann bevorzugt ferner ein Einstellen eines Lambdawertes kleiner 1, insbesondere kleiner 0,95, nach Beendigung des Schaltens des Automatikgetriebes umfassen. Dies stellt eine besonders wirksame Maßnahme zur schnellen Regeneration des Abgassystems nach einer Sauerstoffsättigung, wie sie im Rahmen der Erfindung zu erwarten ist, dar.
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Mit den geschilderten Maßnahmen kann bei Fahrzeugen ein Einhalten von sehr strengen Grenzwerten auch in ungünstigen Lastzuständen sichergestellt werden. Insbesondere führen sinkende Schadstoffgrenzwerte und RDE-Testbedingungen dazu, dass bisher nicht relevante Betriebspunkte und/oder Fahrweisen bei der Emissionsbewertung an Bedeutung gewinnen. Im Falle eines hochlastigen Betriebspunktes mit einem Fahrzeug mit Automatikgetriebe können Gangschaltungen zu erhöhten bis sehr kritischen NOx-Emissionen führen. Hierbei müssen typischerweise in sehr kurzer Zeit (ca. 200 ms und weniger) hohe Momente abgebaut werden, um das Automatikgetriebe zu schützen und die Kupplung/Kupplungen zu schonen. Da in vielen Fällen ein Verstellen der Zündwinkel nicht ausreichend ist, können einzelne Zylinder nicht mehr befeuert werden, fungieren dann aber als „Luftpumpe“. Je nach Betriebspunkt können am Beispiel eines Vierzylinder-Motors ein, zwei oder auch drei Zylinder ausgeblendet werden. Deren Lufteintrag verzieht das Gesamtabgasgemisch ins Magere. Die weiterhin befeuerten Zylinder wirken dabei als Schadstoffquelle. Typischerweise treten solche Zylinderausblendungen bei sehr hohen Abgasmassenströmen auf, wodurch der Sauerstoffspeicher (OSC, Oxygen Storage Capacity) des bzw. der Dreiwegekatalysatoren nicht ausreichend Puffer bereitstellen kann. Durch die hohe Sauerstoffbeladung im Abgasnachbehandlungssystem ist in der Folge die Konvertierung von NOx nicht mehr ausreichend. Die dadurch emittierte NOx-Masse ist aufgrund des hohen Abgasmassenstromes nicht unwesentlich. Mit den hier beschriebenen Maßnahmen kann hingegen ein definierter Zustand des Abgasnachbehandlungssystems hergestellt werden, der einem Zustand nach einer herkömmlichen Schubabschaltung entspricht. Ein derartiger Zustand wird von der Abgasüberwachung zuverlässig erkannt, so dass, wie beschrieben, schnell Gegenmaßnahmen wie ein herkömmliches Katalysator-Ausräumen (also gezielter Fettbetrieb der Brennkraftmaschine) zu einer Wiederherstellung des Konvertierungsvermögens ergriffen werden können.
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Eine erfindungsgemäße Recheneinheit, z.B. ein Steuergerät oder ein Steuergeräteverbund (z.B. Motorsteuergerät und Getriebesteuergerät) eines Kraftfahrzeugs, ist, insbesondere programmtechnisch, dazu eingerichtet, ein erfindungsgemäßes Verfahren durchzuführen.
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Auch die Implementierung eines erfindungsgemäßen Verfahrens in Form eines Computerprogramms oder Computerprogrammprodukts mit Programmcode zur Durchführung aller Verfahrensschritte ist vorteilhaft, da dies besonders geringe Kosten verursacht, insbesondere wenn ein ausführendes Steuergerät noch für weitere Aufgaben genutzt wird und daher ohnehin vorhanden ist. Geeignete Datenträger zur Bereitstellung des Computerprogramms sind insbesondere magnetische, optische und elektrische Speicher, wie z.B. Festplatten, Flash-Speicher, EEPROMs, DVDs u.a.m. Auch ein Download eines Programms über Computernetze (Internet, Intranet usw.) ist möglich.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und der beiliegenden Zeichnung.
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Die Erfindung ist anhand eines Ausführungsbeispiels in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnung beschrieben.
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Figurenliste
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- 1 zeigt schematisch ein Fahrzeug, das im Rahmen der Erfindung betrieben werden kann.
- 2 zeigt eine vorteilhafte Ausgestaltung eines erfindungsgemäßen Verfahrens in Form eines vereinfachten Flussdiagramms.
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Ausführungsform(en) der Erfindung
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In 1 ist ein Fahrzeug, wie es im Rahmen der Erfindung verwendet werden kann, schematisch dargestellt und insgesamt mit 100 bezeichnet.
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Das Fahrzeug 100 umfasst eine Brennkraftmaschine 110 mit mehreren Brennräumen bzw. Zylindern 1-6, ein Automatikgetriebe 120 sowie ein Abgasnachbehandlungssystem 140, das in dem gezeigten Beispiel einen Katalysator 142 und zwei Abgassensoren stromauf 145 und stromab 147 des Katalysators 142 aufweist.
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Automatikgetriebe 120 und Brennkraftmaschine 110 werden in dem dargestellten Beispiel jeweils von zugeordneten, voneinander separaten Getriebe- (125) und Motor- (115) Steuergeräten gesteuert und sind kraftübertragend miteinander verbunden. Das Automatikgetriebe 120 ist abtriebsseitig mit zumindest einer Antriebsachse 150 mechanisch verbunden.
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Die Abgassensoren 145, 147 überwachen die Zusammensetzung des von der Brennkraftmaschine 110 erzeugten Abgases und dessen Konvertierung. Beispielsweise können die Abgassensoren 145, 147 als Lambdasonden ausgebildet sein. Der Katalysator 142 kann insbesondere einen oder mehrere Dreiwegekatalysatoren mit einer Sauerstoffspeicherkomponente aufweisen, die dazu dient, in dem Abgas enthaltenen Sauerstoff einzuspeichern und bei Sauerstoffmangel (fettem Abgas) den eingespeicherten Sauerstoff für die Konvertierung der Fettgaskomponenten zur Verfügung zu stellen.
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Eine vorteilhafte Ausgestaltung eines erfindungsgemäßen Verfahrens ist in 2 vereinfacht dargestellt und insgesamt mit 200 bezeichnet.
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In einem ersten Schritt 210 des Verfahrens 200 wird eine Schaltanforderung empfangen. Beispielsweise kann das Automatikgetriebesteuergerät 125 eine derartige Schaltanforderung an das Motorsteuergerät 115 senden. Die Schaltanforderung kann insbesondere ein während des Schaltvorgangs an dem Automatikgetriebe 120 maximal zulässiges Eingangs(dreh)moment beinhalten, beispielsweise zum Bauteileschutz von in dem Getriebe 130 integrierten Kupplungen.
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In einem zweiten Schritt 220 wird das maximal zulässige Eingangsmoment mit einem aktuell durch die Brennkraftmaschine 110 bereitgestellten Drehmoment verglichen. Typischerweise wird eine Schaltanforderung bei hohen Lasten empfangen, so dass in der Regel eine Reduktion des aktuell bereitgestellten Moments erforderlich sein wird. Die Höhe der erforderlichen Momentenreduktion kann als Ergebnis des Vergleichs in Schritt 220 erhalten werden.
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In einem Schritt 230 wird entsprechend der in Schritt 220 ermittelten erforderlichen Drehmomentanpassung eine entsprechende Maßnahme durchgeführt. Je nach Höhe der erforderlichen Momentreduktion stehen dem Motorsteuergerät 115 dazu verschiedene Maßnahmen zur Verfügung. Herkömmliche Verfahren umfassen eine Momentenreduktion durch eine Zündwinkelverstellung und/oder eine Teilausblendung von einzelnen Zylindern 1, 2, 3, 4, 5 oder 6.
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In Ausgestaltungen erfindungsgemäßer Verfahren 200 wird, insbesondere unter Berücksichtigung des aktuellen Betriebspunktes und der damit verbundenen erwarteten Abgaszusammensetzung, eine Vollausblendung aller Brennräume 1-6 durchgeführt, um das Drehmoment zu senken. Dadurch können über sehr kurze Zeiträume sehr hohe Drehmomente abgebaut werden.
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Beispielsweise kann in Weiterbildung der Erfindung in Schritt 230 auch betriebspunktabhängig (Abgasmassenstrom, Drehzahl, Last) und in Abhängigkeit von dem Startgang und dem Zielgang entschieden werden, mittels welcher der geschilderten Maßnahmen das Moment abzubauen ist. Ist die Verschiebung des Zündwinkels nicht ausreichend, muss der Momentenabbau über Ausblendungen erfolgen. Aus dem Betriebspunkt kann abgeleitet werden, ob die Ausblendung eines oder mehrerer Zylinder 1-6 zu einem Emissionsnachteil führen könnte. Dies kann beispielsweise über ein Kennfeld in Abhängigkeit vom Alterungszustand oder modellbasiert erfolgen. Ist ein Emissionsnachteil zu erwarten, erfolgt die Vollausblendung anstatt der Teilausblendung. Diese baut deutlich mehr Moment ab als gefordert, sodass ebenfalls Verschleiß verringert wird.
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Nach erfolgter Drehmomentreduktion unter das gemäß der Schaltanforderung maximal zulässige Eingangsmoment wird in einem Schritt 240 der gewünschte Gangwechsel veranlasst und durchgeführt, insbesondere durch Öffnen einer aktuell geschlossenen Kupplung im Getriebe und Schließen einer aktuell geöffneten Kupplung im Getriebe. Beispielsweise kann dazu das Motorsteuergerät 115 eine Information bezüglich des aktuell durch die Brennkraftmaschine 110 bereitgestellten Drehmoments an das Automatikgetriebesteuergerät 125 senden. Dieses kann folglich erkennen, dass das Eingangsmoment unterhalb des maximal zulässigen Eingangsmoments liegt und den Gangwechsel durchführen. Alternativ kann das Schalten auch durch Zeitablauf veranlasst werden. Beispielsweise kann das Getriebesteuergerät dazu eingerichtet sein, die Schaltanforderung auszugeben und anschließend nach Ablauf einer vorbestimmten Zeitspanne den Gangwechsel durchzuführen. In einem solchen Fall sollte das Motorsteuergerät dazu eingerichtet sein, die Drehmomentreduktion ebenfalls höchstens in dieser vorbestimmten Zeitspanne zu bewirken.
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Durch die Einhaltung der maximal zulässigen Drehmomentgrenzen wird das Automatikgetriebe 120 vor Überlastung bzw. übermäßigem Verschleiß geschützt.
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Durch die Nicht-Befeuerung aller Brennräume 1-6 wird im Wesentlichen kein schadstoffhaltiges Abgas erzeugt; jeder der Brennräume 1-6 fungiert während einer solchen Vollausblendung als Luftpumpe und fördert Luft in das Abgasnachbehandlungssystem 140. Dadurch kann ein Sauerstoffspeicher eines in dem Abgasnachbehandlungssystem 140 integrierten Katalysators 142 bis zu seiner Kapazitätsgrenze gefüllt werden. Dies wird durch Sensoren 145 stromauf und 147 stromab des Katalysators 142 erkannt. Im Wesentlichen entspricht das während der Vollausblendung erzeugte Abgas einem während einer herkömmlichen Schubabschaltung bzw. Segelphase erzeugten Abgas, so dass nach Beendigung der Drehmomentreduktion (bei Wiedereinsetzen des Lastbetriebs der Brennkraftmaschine) herkömmliche Maßnahmen zum Ausräumen des Katalysators ergriffen werden können. Diese Maßnahmen, beispielsweise ein vordefinierter Fettbetrieb der Brennkraftmaschine zur Reduktion von in dem Katalysator eingespeichertem Sauerstoff, werden von der Lambdaregelung zuverlässig eingeleitet, wenn ein entsprechender Schubbetrieb mit damit einhergehendem hohem Sauerstoffeintrag in den Katalysator 142 erkannt wird. Es folgt dementsprechend ein definiertes Katausräumen wie nach einer herkömmlichen Schubphase.
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Eine Teilausblendung dagegen kann zu einem nicht vorhersehbaren und undefinierten Abgasgemisch führen, wodurch die Möglichkeit besteht, dass die Lambdaregelung den Zustand fehlinterpretiert und nicht angemessen darauf reagiert. Durch die im Rahmen der Erfindung durchgeführte Abschaltung aller Zylinder wird hingegen ein Abgas mit definiertem Zustand abgegeben, das im Wesentlichen einem Abgas während einer herkömmlichen Schubabschaltung entspricht. Dadurch kann bei Einsatz der Erfindung zur Reduktion von gangwechselinduzierten Emissionen auf eine komplexe Anpassung der Steuerung des Abgasnachbehandlungssystems 140 verzichtet werden.