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Die Erfindung betrifft ein Mittel zu Therapie von Tumorerkrankungen. Anwendungsgebiete der Erfindung sind die pharmazeutische Industrie und die Medizin, insbesondere die Therapie von Lungentumoren.
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Die medikamentöse Tumortherapie hat in den letzten Jahrzehnten immense Fortschritte gemacht. Es steht eine Vielzahl von sehr differenzierten Medikamenten zur Therapie von Tumorerkrankungen zu Verfügung. Gleichzeitig hat sich das Nebenwirkungsspektrum der Therapie erheblich erweitert. Insgesamt gehören die meisten antineoplastischen Substanzen zu den Medikamenten mit der geringsten therapeutischen Breite.
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Hintergrund der Erfindung
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Die pharmazeutische Entwicklung von Krebsmedikamenten konzentriert sich auf die Tumorzellen selbst und unterschätzt weitgehend das „große Bild“ des Tumors als ein zelluläres Organ, das aus verschiedenen reprogrammierten Zelltypen besteht (Hanahan und Weinberg, 2011) und interdependente interzelluläre Resistenzen gegen Antitumortherapien vermittelt. Diese spezialisierten Zelltypen bilden ein zelluläres tumorigenes Netzwerk und dienen auf verschiedenen Stufen im Verlauf der Tumorentstehung in einem integrierten inter- und intrazellulären Signalnetzwerk. Abgesehen von der neoplastischen Gründerzelle, die wahrscheinlich durch ein kritisches Ereignis einer genetischen Veränderung entstanden ist, bilden nicht-neoplastische Zellen wie krebsassoziierte Fibroblasten, Endothelzellen und Immunzellen die heterotypische Zellbiologie eines Tumors. Die Tumorzell-Signalübertragung programmiert diese Zelltypen um, was zur Induktion von Prozessen wie Angiogenese, Apoptose-Hemmung, Immunevasion und Synthese von löslichen Tumor-Mikroumweltkomponenten führt. Während der sich entwickelnden Tumorentwicklung werden Signalnetzwerke innerhalb des Tumors weiter umgestaltet und Expressionsprogramme wie Hypoxie führen zu Heterogenität innerhalb spezifischer Tumorbereiche, die auch durch klassische histopathologische Analysen beobachtet werden können. Abhängig von der Tumorregion und der Menge an Sauerstoff und Nährstoffen, die in bestimmten Bereichen verfügbar sind, werden spezifische Gene exprimiert, die von Zelltyp zu Zelltyp variieren. Dies wiederum führt zu deutlichen Effekten, die die Proliferationsrate, Vaskularisierung, Entzündung und Invasivität beeinflussen.
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Ziel der Erfindung
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Die erfindungsgemäße Anti-Tumor-Kombinationstherapie soll jeden Zelltyp ansprechen, der an der Verknüpfung des zellulären tumorigenen Netzwerks beteiligt ist: Die Proliferation von bösartigen Tumorzellen kann, falls vorhanden, wirksam auf ihre Treibermutationen ausgerichtet werden, wie z.B. bei EGFR-mutierten (Epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor) Tumoren durch EGFR-TKI (Tyrokinase-Inhibitor). Die tumorfördernden Effekte von Tumorendothelzellen (Angiogenese, Überleben der Tumorzellen und Metastasierung) können durch Hemmung von VEGFRs oder VEGFs gezielt beeinflusst werden. Vermittelte Überlebenssignale an Tumorzellen, die von krebsassoziierten Fibroblasten stammen, können z.B. durch Blockierung der SDF-1-CXCR4-Achse und COX2 erreicht werden. Gleichzeitig kann die Aktivierung von Immunzellen den Druck auf die Integrität des zellulären tumorigenen Netzwerks durch PD-1- oder PDL1-Inhibition weiter erhöhen. Gegen all diese verschiedenen Tumorziele stehen zugelassene Medikamente zur Verfügung ( ). Bedenken hinsichtlich der potenziellen Toxizität von Kombinationstherapien müssen berücksichtigt werden. Startdosen ausgewählter kombinierter Arzneimittelregime werden bevorzugt in Dosis-Eskalationsstufen gewählt, die deutlich unterhalb der Monotherapiedosen beginnen, additive oder synergistische Effekte vorwegnehmen und damit gleichzeitig die Toxizität senken.
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Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine gleichzeitige und gezielte Blockierung der Signalübertragung von verschiedenen Zelltypen, die das zelluläre tumorigene Netzwerk bilden, interzelluläre Abhängigkeiten unterbrechen und somit bestehende und adaptive Arzneimittelresistenzen überwinden kann. Die direkte Unterdrückung der zellulären Interdependenz wird am ehesten erreicht, wenn man auf parakrine Signalachsen von Zelloberflächenrezeptoren und ihre jeweiligen Liganden abzielt, die für die jeweilige Tumorbiologie kritisch sind.
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Bei dieser Erfindung handelt es sich um eine Kombinationstherapie zur Behandlung von Lungenkrebs, bei der die Abhängigkeiten des zellulären tumorigenen Netzwerks, wie es von Langhammer und Scheerer, 2017, ausführlich beschrieben wurde, gebrochen und damit bestehende und adaptive Resistenzen gegen gezielte Therapien überwunden werden. Die zugrundeliegende wissenschaftliche Hypothese wird ausführlich von S. Langhammer in den Jahren 2013 und 2014 (Oncol Rep. 2013, 30:1535-41; DKK 2014, ePoster) und von S. Langhammer und J. Scheerer im Jahr 2017 (Oncotarget. 2017, 8:43555-43570. Rezension) veröffentlicht.
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Die Indikation(en) der erfindungsgemäßen Mittel zur Therapie von Tumorerkrankungen gemäß den Ansprüchen 1 bis 4 sind für:
- - Anspruch 1 Nicht-kleinzelliger Lungenkrebs (NSCLC) jeglicher Histologie (Adenokarzinom oder Plattenepithelkarzinom)
- - Anspruch 2 Nicht-kleinzelliger Lungenkrebs (NSCLC) mit oder ohne Treibermutation wie EGFRm, KRAS, FGFRR, ALK, cKIT, BRAF
- - Anspruch 3 Andere Lungenkrebsarten einschließlich kleinzelligem Lungenkrebs und großzelligem Lungenkrebs mit oder ohne Treibermutation
- - Anspruch 4 Krebserkrankungen jeglicher Herkunft mit oder ohne Treibermutation.
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Die Erfindung soll nachfolgend durch Ausführungsbeispiele näher erläutert werden.
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Ausführungsbeispiele
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Die folgenden Ausführungsbeispiele zeigen die Ergebnisse der Behandlungen von patientenabgeleiteten NSCLC Xenotransplantaten (PDX) die mit unterschiedlichen Anti-Krebs-Monotherapien einschließlich Chemotherapien, kleinen Moleküle und monoklonalen Antikörper und der im Rahmen dieser Erfindung aufgeführten Kombinationstherapie behandelt wurden (Therapie). Die Messung der Wirksamkeit erfolgte mittels der „Response Evaluation Criteria in Solid Tumors“ (RECIST) und nach dem gemessenen Verhältnis des behandelten Tumors (T) gegenüber einer Placebo Kontrolle (C) mit dem größten aufgetretenen Unterschied (optimal).
PD: progressive disease; SD: stable disease; PR: partial response
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Ausführungsbeispiel 1
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LU7406
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Histologie: Adenokarzinom, TNM: ypT2 ypN2 cM0 G3 R0, Geschlecht: weiblich, Alter: 53, Sequenzvariation: KIT, TP53; (s.
) Tabelle 1:
Therapie | RECIST | T/C optimal |
Carboplatin | PD | 35 |
Paclitaxel | PD | 19 |
Gemcitabine | PD | 15 |
Etoposide | PD | 39 |
Cetuximab | PD | 74 |
Erlotinib | PD | 68 |
Bevacizumab | PD | 38 |
Kombinationstherapie | PR | 6 |
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Ausführungsbeispiel 2
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LU7414
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Histologie: Plattenepithelkarzinom, TNM: pT2 pN0 cM0 G3 R0, Geschlecht: weiblich, Alter: 64; Sequenzvariation: BRAF, TP53 ; (s.
) Tabelle 2:
Therapie | RECIST | T/C optimal |
Carboplatin | PD | 30 |
Paclitaxel | PD | 15 |
Gemcitabine | PD | 14 |
Etoposide | PD | 42 |
Cetuximab | PD | 34 |
Erlotinib | PD | 41 |
Bevacizumab | PD | 43 |
Kombinationstherapie | PR (n=2) / SD (n=1) | 19 |
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Ausführungsbeispiel 3
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LU7860
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Histologie: Plattenepithelkarzinom, TNM: pT1 pN0 cM0 G3 R0, Geschlecht: männlich, Alter: 71; Sequenzvariation: KDR, KIT, TP53; (s.
) Tabelle 3:
Therapie | RECIST | T/C optimal |
Carboplatin | PD | 86 |
Paclitaxel | SD | 13 |
Gemcitabine | PD | 36 |
Etoposide | PD | 57 |
Cetuximab | PD | 46 |
Erlotinib | PD | 63 |
Bevacizumab | PD | 47 |
Kombinationstherapie | PR (n= 2), SD (=1) | 12 |
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Figurenliste
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- : Vereinfachtes Modell zur Verhinderung von Medikamentenresistenzen durch gleichzeitige Ausrichtung der interdependenten Signalübertragung im zellulären tumorigenen Netzwerk von NSCLC-Tumoren mit bereits zugelassenen Medikamenten. Die Signalachsen von VEGF-VEGFR, EGF-EGFR, SDF-1-CXCR4, COX2-PGE2-EP und PD-1-PD-L1 sind exemplarisch für einige der bekannten parakrinen Signalwege gezeigt die das zelluläre tumorigene Netzwerk bei NSCLC-Tumoren bilden. Es gibt Hinweise darauf, dass Resistenzen gegen zielgerichtete Therapeutika teilweise auf Substitutionen von gehemmten Signalwegen bei Monotherapie beruhen. Daher können kombinierte zielgerichtete Therapien gegen ausgewählte Pfade primäre und sekundäre Arzneimittelresistenzen überwinden. Beispiele für von der FDA zugelassene Medikamente sind neben den jeweiligen zielgerichteten Pfaden angegeben (aktualisiert von Langhammer, 2013). PGE2, Prostaglandin E2; VEGFR, vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor-Rezeptor; EGFR, epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor; COX2, Cyclooxygenase 2; roter Kreis: Tumorneoantigen (Oncotarget. 2017, 8:43555-43570. Rezension)
- : Unterdrückung des NSCLC-Tumorwachstums in patientenabgeleiteten Xenotransplantaten (PDX), die gegen Anti-Krebs-Monotherapien einschließlich Chemotherapien, kleine Moleküle und monoklonale Antikörper resistent sind. (a) NSCLC der Adenokarzinom-Histologie und (b) und (c) NSCLC der Plattenepithelhistologie. Alle Tiere wurden mit jeweils vier Zyklen einer Kombinationstherapie mit Cabozantinib 15mg/kg, Afatinib 15mg/kg, Plerixafor 5mg/kg und Etoricoxib 10mg/kg oder mit Placebo (Control) behandelt.
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Referenzen
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- 1. Hanahan D, Weinberg RA. Hallmarks of cancer: the nextgeneration. Cell. 2011; 144: 646-674.
- 2. Langhammer S. Rationale for the design of an oncology trial using a generic targeted therapy multi-drug regimen for NSCLC patients without treatment options (Review). Oncol Rep. 2013, 30:1535-41.
- 3. Langhammer S. Rationale for a generic targeted therapy multi-drug regimen for NSCLC stage IIIB/IV patients without treatment options. ePoster, Deutscher Krebskongress (DKK) 2014.
- 4. Langhammer S, Scheerer J. Breaking the crosstalk of the cellular tumorigenic network: Hypothesis for addressing resistances to targeted therapies in advanced NSCLC. Oncotarget. 2017, 8:43555-43570. Review.
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Bezugszeichenliste
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- (1)
- Immune Cell (Immunzelle)
- (2)
- Tumor Endothelial Zelle (Tumor-Endothel-Zelle)
- (3)
- Cancer Associate Fibroblast (Krebs-Assistent Fibroblast)
- (4)
- Tumor Cell (Tumorzelle)
- (A)
- • evading immune destruction
- (B)
- • Angiogenesis (Angiogenese)
• Proliferation (Proliferation)
• Migration (Migration)
• Cell survival (Überleben von Zellen)
• Vascular permeability (Vaskuläre Permeabilität)
- (C)
- • Secretion of protumorigenic factors (Absonderung protumorigener Faktoren)
- (D)
- • Proliferation (Proliferation)
• Cell survival (Überleben von Zellen)
• Metastasis (Metastasierung)
• VEGF secretion (VEGF-Sekret)
- (a)
- nivolumab, pembrolizumab, atezolizumab
- (b)
- bevacizumab, sunitinib, sorafinib
- (c)
- celecoxib, etoricoxib
- (d)
- afatinib, gefitinib, erlotinib, necitumumab, osimertinib
- (e)
- plerixafor