-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ermitteln einer Position eines Kraftfahrzeugs. Die Position wird teilweise auf der Grundlage einer sogenannten Radodometrie geschätzt. Zu der Erfindung gehört auch eine Steuervorrichtung zum Durchführen des erfindungsgemäßen Verfahrens. Schließlich umfasst die Erfindung auch ein Kraftfahrzeug mit der erfindungsgemäßen Steuervorrichtung.
-
Eine Fahrerassistenzfunktion, wie zum Beispiel eine Park-Lenk-Assistenz, kann eine Drift aufweisen, die bei Verwendung der Radodometrie auftreten kann, da diese sich auf die Radsensorik, d.h. die Drehlagesensoren der Räder, verlässt. Mit Drift ist gemein, dass ein Kraftfahrzeug z.B. eine Kurvenbahn fährt, obwohl es gemäß der Radodometrie und damit aus Sicht der Fahrerassistenzfunktion geradeaus fährt. Grund hierfür ist, dass die Geometriedaten der Räder nicht immer den tatsächlichen Radumfang beschreiben, weil dieser sich zum Beispiel durch Abnutzung oder Verschleiß der Reifen ändern kann.
-
Ein weiterer Anwendungsbereich der Radodometrie ist aus der
DE 10 2012 107 885 A1 bekannt. Demnach wird mittels einer Kamera der Fahrspurverlauf einer Fahrbahn ermittelt und dieser in eine digitale Umgebungskarte eingetragen. Mittels odometrischer Daten des Kraftfahrzeugs wird dann in der Umgebungskarte die Position des Kraftfahrzeugs bezüglich der Fahrbahnränder ermittelt. Auch hier ist es notwendig, dass die Odometrie des Kraftfahrzeugs nicht die besagte Drift aufweist, da ansonsten das Kraftfahrzeug von der Fahrbahnspur abkommen könnte.
-
Aus der
DE 10 2011 014 699 B4 ist Verfahren zum Erkennen von Objekten in einer Umgebung des Kraftfahrzeugs bekannt, bei welchem ein Abstand des Objekts zu dem Kraftfahrzeug auf der Grundlage des sogenannten Motion-Stereo-Verfahrens ermittelt wird. Hierbei ist es notwendig, eine Fahrstrecke zu ermitteln, die ein Kraftfahrzeug zwischen Aufnahmezeitpunkten zweier Kamerabilder zurückgelegt hat. Dies kann auf der Grundlage von Odometriedaten erfolgen. Auch hierbei ist es für die korrekte Abstandsschätzung notwendig, die Aufnahmeorte der Bilder anhand von Odometriedaten des Kraftfahrzeugs genau zu ermitteln. Auch hier würde eine Drift zu einer Fehleinschätzung der Aufnahmeorte führen.
-
Aus der
WO 2014/094766 A1 ist ein Verfahren zum Lokalisieren von glatten Stellen auf einer Fahrbahn bekannt. Um in Kamerabildern den Ort eines gemessenen Reibwerts festlegen zu können, werden Odometrie- und Zeitinformationen berücksichtigt. Auch dies erfordert eine entsprechend genaue Odometrie.
-
Der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Position eines Kraftfahrzeugs in einer Umgebung zu ermitteln.
-
Die Aufgabe wird durch die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind durch die abhängigen Patentansprüche, die folgende Beschreibung sowie die Figur beschrieben.
-
Durch die Erfindung ist ein Verfahren zum Ermitteln einer Position eines Kraftfahrzeugs bereitgestellt. Die Position beschreibt hierbei den Ort des Kraftfahrzeugs in einer Umgebung. Die Position kann zum Beispiel durch Koordinaten definiert sein. Während einer Bewegung des Kraftfahrzeugs wird aus einem jeweiligen Radsensor zumindest eines Rads des Kraftfahrzeugs ein von einer Drehlage des Rads abhängiges jeweiliges Drehlagesignal empfangen. Des Weiteren wird aus einem Lenkwinkelsensor einer Lenkeinrichtung des Kraftfahrzeugs ein Lenkwinkelsignal empfangen. Es wird also erfasst, wie weit sich das zumindest eine Rad dreht und welchen Lenkwinkel das Kraftfahrzeug währenddessen aufweist. In Abhängigkeit von dem Lenkwinkelsignal, dem jeweiligen Drehlagesignal und in Abhängigkeit von Geometriedaten des zumindest einen Rads wird auf der Grundlage einer an sich bekannten, vorgegebenen Radodometrie eine radbasierte Positionsschätzung des Kraftfahrzeugs ermittelt. Die Radodometrie kann aus dem Stand der Technik entnommen sein. Es wird also in Abhängigkeit von der Änderung der Drehlage des zumindest einen Rads und dem hierbei eingeschlagenen Lenkwinkel ermittelt, wohin das Kraftfahrzeug gerollt ist. Dies ergibt die radbasierte Positionsschätzung. Sie kann in Relation oder als Positionsänderung des Kraftfahrzeugs bezüglich einer Initialposition oder der letzten, vorangegangenen Positionsschätzung ausgedrückt werden, also als Koordinatenänderung oder Positionsänderung. Hieraus kann dann die absolute Position hergeleitet werden.
-
Eine solche Radodometrie kann die besagte Drift ergeben. Um die Position des Kraftfahrzeugs genauer zu schätzen, sieht das erfindungsgemäße Verfahren deshalb vor, dass in Abhängigkeit von einem jeweiligen Sensorsignal zumindest eines Umgebungssensors des Kraftfahrzeugs eine jeweilige Relativposition des Kraftfahrzeugs zu zumindest einem in der Umgebung angeordneten Objekt detektiert oder erfasst wird. Es wird also die Relativposition des Kraftfahrzeugs zu zumindest einem Objekt in der Umgebung des Kraftfahrzeugs ermittelt. Während der besagten Bewegung des Kraftfahrzeugs wird eine jeweilige relative Positionsänderung zu dem zumindest einen Objekt ermittelt. Es wird also anders als bei der radbasierten Positionsschätzung nicht nur innerhalb des Kraftfahrzeugs auf eine Drehung oder Lageänderung des zumindest einen Rads geachtet, sondern auch eine relative Positionsänderung bezüglich des zumindest einen fahrzeugexternen Objekts wird ermittelt. In Abhängigkeit von der jeweiligen relativen Positionsänderung zu dem zumindest einen Objekt wird dann eine umgebungsbasierte Positionsschätzung als weitere Positionsschätzung ermittelt. Es gibt nun also eine radbasierte Positionsschätzung (Radodometrie) und eine umgebungsbasierte Positionsschätzung (Änderung der Relativposition). Bei dem Verfahren wird eine kombinierte Positionsschätzung der Position des Kraftfahrzeugs aus der radbasierten Positionsschätzung und der umgebungsbasierten Positionsschätzung ermittelt. Falls beispielsweise sowohl die radbasierte Positionsschätzung als auch die umgebungsbasierte Positionsschätzung jeweils Koordinaten zur Beschreibung der Position des Kraftfahrzeugs angeben, so kann die kombinierte Positionsschätzung zum Beispiel als ein Mittelwert aus den beiden Positionsschätzungen gebildet sein.
-
Durch die Erfindung ergibt sich damit der Vorteil, dass zusätzlich zu der Radodometrie eine von Geometriedaten des zumindest einen Rads unabhängige Odometrie auf der Grundlage einer Messung der jeweiligen Relativposition zu zumindest einem Objekt in der Umgebung des Kraftfahrzeugs genutzt wird, um die Position des Kraftfahrzeugs zu schätzen. Gibt es also einen Fehler oder eine Abweichung in den Geometriedaten des zumindest einen Rads bezüglich den wahren oder tatsächlichen Geometriedaten oder Geometriewerten, so kann dies durch Detektieren der Positionsänderung zu dem zumindest einen Objekt in der Umgebung des Kraftfahrzeugs kompensiert werden.
-
Zum Detektieren der zumindest einen Relativposition kann als geeigneter Umgebungssensor zum Beispiel ein Ultraschallsensor und/oder ein Radarsensor verwendet werden. Bevorzugt ist vorgesehen, dass der zumindest eine Umgebungssensor eine Kamera umfasst. Mit anderen Worten wird eine visuelle Odometrie zur Unterstützung der Radodometrie verwendet. In aufeinanderfolgenden Einzelbildern einer Bildsequenz, die von der Kamera erzeugt werden kann, kann jeweils zumindest ein Bildmerkmals detektiert und dessen jeweilige Bildposition in den Einzelbildern ermittelt werden. Ein Bildmerkmals kann zum Beispiel eine Kante oder eine farbige Fläche oder eine Textur sein oder auch eine Form, die ein Objekt beschreibt, oder eine Kombination aus diesen Einzelmerkmalen. Algorithmen zum Detektieren und Verfolgen von Bildmerkmalen sind im Stand der Technik z.B. unter dem Stichwort „maschinelles Sehen“ verfügbar. In Abhängigkeit von einer Änderung der jeweiligen Bildposition des zumindest einen Bildmerkmals in den aufeinanderfolgenden Einzelbildern wird eine sich zwischen den Aufnahmezeitpunkten der Einzelbilder ergebende Bewegung des Kraftfahrzeugs ermittelt. Mit anderen Worten zeigt die Bildsequenz eine Relativbewegung des zumindest einen Objekts in Relation zu dem Kraftfahrzeug, wenn das Kraftfahrzeug selbst eine Bewegung ausführt, also rollt oder fährt, und die Kamera fest am Kraftahrzeug angeordnet ist. Daraus kann durch Verfolgen oder Ermitteln der Veränderung der Bildposition des zumindest eine Bildmerkmals ermittelt werden, welche Bewegung das Kraftfahrzeug ausgeführt haben muss. Indem überprüft wird, ob mehrere Objekte sich in den Einzelbildern relativ zueinander bewegen, kann zwischen stationären Objekten und bewegten Objekten unterschieden werden.
-
Wie bereits ausgeführt, können die radbasierte Positionsschätzung und die umgebungsbasierte Positionsschätzung durch bilden eines Mittelwerts kombiniert werden. Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass die radbasierte Positionsschätzung und die umgebungsbasierte Positionsschätzung mittels eines Kalman-Filters oder eines Informationsfilters zu der kombinierten Positionsschätzung kombiniert werden. Mit anderen Worten werden die beiden Quellen für eine Schätzung mittels eines Kalman-Filters oder eines Informationsfilters kombiniert. Hierdurch ergibt sich der Vorteil, dass die jeweilige Varianz der radbasierten Positionsschätzung und die umgebungsbasierten Positionsschätzung berücksichtigt werden können und hierdurch die jeweils verlässlichere oder geringer-variante oder geringerveränderliche Positionsschätzung zum Ermitteln der kombinierten Positionsschätzung mit einem größeren Anteil eingeht oder berücksichtigt wird.
-
Um eine noch genauere Einschätzung der Zuverlässigkeit der jeweiligen Positionsschätzung zu erhalten, ist bevorzugt vorgesehen, dass mittels des zumindest eine Umgebungssensors, insbesondere mittels einer Kamera, zusätzlich zu der umgebungsbasierten Positionsschätzung auch eine Lageschätzung einer aktuellen räumlichen Lage des Kraftfahrzeugs ermittelt wird. Die räumliche Lage wird hier von der Position dahingehend unterschieden, dass ein Kraftfahrzeug auch unter Beibehaltung seiner Position (z.B. der Koordinaten X, Y und Z), d.h. seines Aufenthaltsorts, dennoch seine räumliche Lage ändern kann, indem es zum Beispiel kippt oder dreht. Somit wird mittels des zumindest einen Umgebungssensors insgesamt eine 6D-Bewegung (6-dimensionale Bewegung) ermittelt, nämlich der Ort (Koordinaten, zum Beispiel X, Y, Z) und die räumliche Winkellage, also die räumliche Ausrichtung des Kraftfahrzeugs (beispielsweise als Richtungsvektor).
-
So kann zum Beispiel vorgesehen sein, dass auf Grundlage der Lageschätzung eine Fahrt über eine Unebenheit, die lediglich auf eine Rad oder 2 Räder des Kraftfahrzeugs einwirkt, erkannt wird. Beispielsweise kann eine Fahrt über einen Bordstein oder durch ein Schlagloch erkannt werden, bei welcher sich ein Teil des Kraftfahrzeugs neigt. Hierbei führt das jeweilige Rad, das über dem Bordstein oder durch das Schlagloch rollt, eine Drehbewegung aus, die größer ist als bei einem Rollen über eine ebene Fläche. Somit zeigt das Drehlagesignal dieses Rads einen größeren Wert an als er sich bei einem Rollen über eine ebene Fläche ergeben würde. Dies kann nun unter Berücksichtigung der aktuellen räumlichen Lage des Kraftfahrzeugs bei der kombinierten Positionsschätzung berücksichtigt oder kompensiert werden. Zusätzlich oder alternativ dazu kann auf der Grundlage der Lageschätzung ein Rutschen des Kraftfahrzeugs erkannt werden, während es von der radbasierten Positionsschätzung unerkannt bleibt. Bei einem Rutschen dreht sich das Rad des Kraftfahrzeugs nicht oder nur weniger als die eigentliche Bewegung des Kraftfahrzeugs es bei einem Rollen erfordern würde. So kann zum Beispiel ein Abrutschen eines Rads von einem Bordstein und/oder ein Drehen auf Glatteis auf Grundlage der Lageschätzung erkannt werden. Entsprechend kann dieses Rutschen beim Ermitteln der kombinierten Positionsschätzung berücksichtigt werden.
-
Mittels der Lageschätzung kann eine von der kombinierten Positionsschätzung des Kraftfahrzeugs ausgehende Bahnplanung und/oder Bewegungsprädiktion erweitert werden, indem die in der aktuellen Position von dem Kraftfahrzeug eingenommene Lage berücksichtigt wird. Wird also eine Fahrt über eine Unebenheit und eine hieraus resultierende Schräglage des Kraftfahrzeugs berücksichtigt, so kann dies für die Bewegungsprädiktion genutzt werden. Wird ein Rutschen erkannt, so kann dieses Rutschen zum Korrigieren zum Beispiel der Bahnplanung und/oder der Bewegungsprädiktion genutzt werden.
-
Indem nun zwei Positionsschätzungen zur Verfügung stehen, kann auch ein Unterschied zwischen der radbasierten Positionsschätzung und der umgebungsbasierten Positionsschätzung ermittelt werden. Eine Ausführungsform der Erfindung sieht vor, dass in Abhängigkeit von dem ermittelten Unterschied die Radodometrie kalibriert wird. Hierdurch kann eine durch die Radodometrie verursachte Drift bei der radbasierte Positionsschätzung verhindert oder verringert werden.
-
So ist insbesondere vorgesehen, dass die besagten Geometriedaten kalibriert werden und zwar insbesondere die Geometriedaten betreffend einen jeweiligen Reifenumfang des zumindest einen Rads, und/oder die Geometriedaten betreffend eine Lenkübersetzung der Lenkeinrichtung. Durch das Kalibrieren wird also insgesamt der Unterschied zwischen der radbasierten Positionsschätzung und der umgebungsbasierten Positionsschätzung verringert. Durch Verringern des Unterschieds mittels der Kalibrierung wird also berücksichtigt, falls sich Reifenumfänge des zumindest einen Rads und/oder eine Lenkübersetzung der Lenkeinrichtung zum Beispiel aufgrund Verschleiß oder einer Auswechslung eines Bauteils verändern kann. So können unterschiedliche Reifenumfänge kompensiert werden. Auch kann eine Radschlupf kompensiert werden, der durch eine Elastizität des jeweiligen Reifens des zumindest einen Rads verursacht wird und.
-
Wie bereits ausgeführt, kann die kombinierte Positionsschätzung ebenfalls zum Bereitstellen einer Fahrerassistenzfunktion genutzt werden. Entsprechend ist insbesondere vorgesehen, dass auf der Grundlage der kombinierten Positionsschätzung eine Park-Lenk-Assistenz und/oder eine Anhängerrangierassistenz durchgeführt wird. Bevorzugt wird die kombinierte Positionsschätzung genutzt bei einer Fahrgeschwindigkeit kleiner als 20 km/h. Hier ist die umgebungsbasierte Schätzung mittels des zumindest einen Umgebungssensors, insbesondere mittels einer visuellen Odometrie, besonders vorteilhaft, weil sie insbesondere eine genaue Positionsänderung des Kraftfahrzeugs erkennbar macht.
-
Zum Durchführen des Verfahrens ist durch die Erfindung eine Steuervorrichtung für ein Kraftfahrzeug bereitgestellt. Die Steuervorrichtung kann zum Beispiel als Steuergerät des Kraftfahrzeugs ausgestaltet sein. Die Steuervorrichtung weist eine Prozessoreinrichtung auf, die dazu eingerichtet ist, eine Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens durchzuführen. Die Prozessoreinrichtung kann hierzu zumindest einen Mikrocontroller und/oder zumindest einen Mikroprozessor aufweisen. Des Weiteren kann in der Prozessoreinrichtung ein Programmcode bereitgestellt sein, der dazu eingerichtet ist, bei Ausführen durch die Prozessoreinrichtung die Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens durchzuführen.
-
Durch Bereitstellen der erfindungsgemäßen Steuervorrichtung in einem Kraftfahrzeug ergibt sich das erfindungsgemäße Kraftfahrzeug. Das Erfindungsgemälde Kraftfahrzeug kann als Kraftwagen, insbesondere als Personenkraftwagen oder Lastkraftwagen, ausgestaltet sein.
-
Im Folgenden ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung beschrieben. Hierzu zeigt die einzige Figur (Fig.) eine schematische Darstellung einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs.
-
Bei dem im Folgenden erläuterten Ausführungsbeispiel handelt es sich um eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung. Bei dem Ausführungsbeispiel stellen die beschriebenen Komponenten der Ausführungsform jeweils einzelne, unabhängig voneinander zu betrachtende Merkmale der Erfindung dar, welche die Erfindung jeweils auch unabhängig voneinander weiterbilden und damit auch einzeln oder in einer anderen als der gezeigten Kombination als Bestandteil der Erfindung anzusehen sind. Des Weiteren ist die beschriebene Ausführungsform auch durch weitere der bereits beschriebenen Merkmale der Erfindung ergänzbar.
-
Die Figur zeigt ein Kraftfahrzeug 10, in dessen Umgebung 11 sind zumindest ein Objekt 12 (dargestellt sind beispielhaft zwei Objekte 12) befinden kann. Bei dem Kraftfahrzeug 10 kann es sich um einen Kraftwagen, insbesondere einen Personenkraftwagen oder Lastkraftwagen, handeln. Bei einem Objekt 12 kann es sich zum Beispiel um einen Bordstein oder eine Straßenlaterne oder ein Straßenschild oder einen Baum oder ein anderes Kraftfahrzeug handeln, um nur Beispiele zur Veranschaulichung zu nennen. In dem Kraftfahrzeug 10 kann ein Fahrerassistenzsystem 13 zumindest eine Fahrerassistenzfunktion 14 bereitstellen. Beispielsweise kann durch das Fahrerassistenzsystem 13 das Kraftfahrzeug durch eine Park-Lenkassistenz als Fahrerassistenzfunktion 14 in einen Parkplatz manövriert werden, wobei das Fahrerassistenzsystem 13 die Querführung des Kraftfahrzeugs 10 ohne ein Zutun eines Fahrers durchführen kann. Eine Fahrerassistenzfunktion 14 kann auch eine Anhängerrangierassistenz sein, bei welcher das Kraftfahrzeug 10 ohne ein Zutun des Fahrers die Längsführung und/oder Querführung des Kraftfahrzeugs 10 beim Rückwärtsfahren mit einem Anhänger (nicht dargestellt) durchführt. Ein entsprechendes Fahrerassistenzsystem 13 ist an sich aus dem Stand der Technik bekannt.
-
Das Fahrerassistenzsystem 13 benötigt zum Durchführen oder Bereitstellen der Fahrerassistenzfunktion 14 eine Positionsschätzung 15 einer aktuellen Position 16 des Kraftfahrzeugs 10. Die Position 16 ist beispielhaft hier als Fadenkreuz in einem Frontbereich des Kraftfahrzeugs 10 symbolisch repräsentiert. Bei der Positionsschätzung 15 handelt es sich um eine kombinierte Positionsschätzung 15 der Position 16, die durch eine Steuervorrichtung 17 des Kraftfahrzeugs 10 bereitgestellt werden kann. Steuervorrichtung 17 kann hierbei eine Radodometrie 18 mit einem jeweiligen Sensorsignal 19 zumindest eines Umgebungssensors 20 des Kraftfahrzeugs 10 kombinieren. Der zumindest eine Umgebungssensor 20 kann zum Beispiel eine Kamera 21 umfassen, mittels welcher eine Bildsequenz 22 von der Umgebung 11 mit den Objekten 12 erzeugt wird. Das Sensorsignal 19 der Kamera 21 kann zum Beispiel die Bildsequenz 22 beschreiben.
-
Die Radodometrie 18 kann auf einer Fahrzeugsensorik 23 basieren, die zum Beispiel für jeweilige Räder 24 des Kraftfahrzeugs 10 jeweils ein Drehlagesignal 25 bereitstellen kann, welches von einer Drehbewegung des jeweiligen Rads 24 abhängig ist oder sich bei einer solchen ändert. Zusätzlich kann ein Lenkwinkelsignal 26 einen jeweiligen aktuellen Lenkwinkel einer Lenkeinrichtung 27 des Kraftfahrzeugs 10 beschreiben. Bei der Lenkeinrichtung kann es sich zum Beispiel um ein Lenksystem mit einem Lenkgetriebe, zum Beispiel einen Zahnstangen-Lenkgetriebe, oder eine Elektro-hydraulische Servolenkung handeln. Die Radodometrie 18 kann auf Grundlage des jeweiligen Drehlagesignals 25 der Räder 24 und des Lenkwinkelsignals 26 und auf Grundlage von Geometriedaten 28 der Räder 24 und der Lenkübersetzung der Lenkeinrichtung 27 ermitteln, wie weit sich das Kraftfahrzeug 10 in Relation zu einer vorangegangenen Initialposition 29 und in welche Richtung sich das Kraftfahrzeug 10 bewegt hat, so dass hieraus die aktuelle Position 16 als radbasierte Positionsschätzung 30 der Steuervorrichtung 17 bereitgestellt werden kann.
-
Auf Grundlage der Bildsequenz 22, die durch das Sensorsignal 19 beschrieben ist, kann z.B. durch die Steuervorrichtung 17 auf Grundlage eines Bildanalysemoduls 31 für maschinelles Sehen eine umgebungsbasierte Positionsschätzung 32 erzeugt werden. Hierzu kann eine Bewegung der Objekte 12 in der Bildsequenz 22 ausgewertet werden. Die Objekte 12 können anhand von Bildmerkmalen, zum Beispiel Kanten und/oder Farben und/oder Texturen, in Einzelbildern der Bildsequenz 22 wiedererkannt oder verfolgt werden.
-
Die umgebungsbasierte Positionsschätzung 32 kann ebenfalls eine Veränderung einer jeweiligen Relativposition 33 des Kraftfahrzeugs 10 bezüglich des zumindest einen Objekts 12 in Relation zur Initialposition 29 beschreiben. Bei bekannter oder gegebener Initialposition 29 wird somit ebenfalls die aktuelle Position 16 ermittelbar.
-
Auf Grundlage der radbasierten Positionsschätzung 30 und der umgebungsbasierten Positionsschätzung 32 kann dann durch die Steuervorrichtung 17 beispielsweise auf Grundlage einer Mittelwertbildung oder eines Kalman-Filters oder eines Informationsfilters die kombinierte Positionsschätzung 15 ermittelt oder berechnet oder erzeugt werden.
-
Durch die visuelle Lokalisierung der Objekte 12 kann somit aufgrund der relativen Ortung, durch welche sich die Relativpositionen 33 ergeben, mittels einer automatisierten Extraktion von Bildmerkmalen oder Landmarken in den Einzelbildern der Bildsequenz 22 die Genauigkeit der Positionsschätzung 15 im Verhältnis zur Positionsschätzung 30 erhöht werden.
-
Durch Verwendung der Kamera 21 können zudem durch die Verwendung der 6D-Position aus der visuellen Lokalisierung auch eine Bahnplanung bzw. eine Bewegungsprädiktion für die Fahrerassistenzfunktion 14 verwendet werden.
-
Gegebenenfalls kann auch eine Kalibrierung der odometrie-relevanten Parameter (Reifenumfänge, Lenkübersetzung) unterstützt oder angepasst werden. Hierzu kann entsprechend ein Unterschied 34 zwischen der Positionsschätzung 30 und der Positionsschätzung 32 ermittelt werden. Hieraus können beispielsweise Kalibrierdaten 35 erzeugt werden, auf deren Grundlage die Geometriedaten 28 angepasst werden können.
-
So kann bei einer Anhängerrangierassistenz als Fahrerassistenzfunktion 14 in einem Trajektorienmodus der Richtung des Anhängers durch das Fahrerassistenzsystem 13 gefolgt werden, sodass sich im Idealfall eine Konvergenz hin zu einer geraden Fahrstrecke oder Fahrtrajektorie ergibt. Durch Vermeiden einer Drift, wie sie durch die Positionsschätzungen 30 der Radodometrie 18 verursacht werden kann, wird entsprechend auch das Entarten der Fahrtrajektorie in einen Kreisbogen vermieden.
-
Bei einer Park-Lenkassistenz als Fahrerassistenzfunktion 14 kann ein Odometriefehler zu Fehlern beim Einnehmen der Parkposition durch das Kraftfahrzeug 10 hervorgerufen werden. Dies müsste dann durch mehrzügiges einparken korrigiert werden. Indem durch berücksichtigen der 6D-Position (also auch der räumlichen Lage des Kraftfahrzeugs 10) die Ebenen-Annahme bei der Radodometrie 18 kompensiert werden kann, kann zum Beispiel auch beim Überfahren eines Bordsteins oder eine Schlaglochs die sich hieraus ergebende Abweichung der radbasierten Positionsschätzung 30 von der tatsächlichen Position 16 mittels der umgebungsbasierten Positionsschätzung 32 korrigiert werden.
-
Des Weiteren kann bei einer Fahrt des Kraftfahrzeugs durch Vergleichen von umgebungsbasierter Positionsschätzung 32 und radbasierter Positionsschätzung 30 auch ein Radschlupf des zumindest einen Rads 24 erkannt werden. Diese Information kann zum Beispiel für eine ASR-Regelung (Anti-Schlupf Regelung) oder für eine Geschwindigkeitsanpassung bei einer vollautomatischen Fahrerassistenzfunktion 14 (sogenanntes pilotiertes Fahren) genutzt werden.
-
Insgesamt zeigt das Beispiel, wie durch die Erfindung eine visuelle und eine fahrzeugeigene Odometrie für andere Fahrerassistenzsysteme kombiniert und genutzt werden können.
-
Bezugszeichenliste
-
- 10
- Kraftfahrzeug
- 11
- Umgebung
- 12
- Objekt
- 13
- Fahrerassistenzsystem
- 14
- Fahrerassistenzfunktion
- 15
- Positionsschätzung
- 16
- Position
- 17
- Steuervorrichtung
- 18
- Radodometrie
- 19
- Sensorsignal
- 20
- Umgebungssensor
- 21
- Kamera
- 22
- Bildsequenz
- 23
- Fahrzeugsensorik
- 24
- Rads
- 25
- Drehlagesignal
- 26
- Lenkwinkelsignal
- 27
- Lenkeinrichtung
- 28
- Geometriedaten
- 29
- Initialposition
- 30
- Positionsschätzung
- 31
- Bildanalysemoduls
- 32
- Positionsschätzung
- 33
- Relativposition
- 34
- Unterschied
- 35
- Kalibrierdaten
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- DE 102012107885 A1 [0003]
- DE 102011014699 B4 [0004]
- WO 2014/094766 A1 [0005]