Books by Florian Gelzer
Um 1700 verbreitet sich von Frankreich aus das Ideal des Galanten als stilistisches und ethisches... more Um 1700 verbreitet sich von Frankreich aus das Ideal des Galanten als stilistisches und ethisches Leitmodell in Europa. Dabei dient vor allem der Roman als Schule eleganter Lebensart. Die komparatistische Studie versteht sich als Baustein zu einer Kulturgeschichte des Galanten. Ausführlich wird die Aufnahme des «galanten Diskurses» in der deutschen Erzählprosa nachgezeichnet: von den französischen Quellen (Scudéry) über Autoren wie Bohse und Hunold bis zu Weiterführungen bei Christoph Martin Wieland. So entsteht ein Gesamtbild des «romanesken Erzählens» im 18. Jahrhundert.
Edited Books by Florian Gelzer
Dem Reformdenken des 18. Jahrhunderts lieferte der Basler Isaak Iselin mit seinem vielfältigen We... more Dem Reformdenken des 18. Jahrhunderts lieferte der Basler Isaak Iselin mit seinem vielfältigen Werk entscheidende Impulse und sicherte sich einen Platz als einer der bedeutendsten Vertreter der Schweizer Aufklärung. Darüber hinaus fungierte er dank seiner weitgespannten Kontakte zu Protagonisten der Reformbewegungen in Deutschland und Frankreich als wichtige Drehscheibe im deutschfranzösischen Aufklärungsdenken. Diese beziehungsreiche Rolle Iselins als Inspirator und Vermittler wurde in jüngerer Zeit vermehrt auch im gesamteuropäischen Kontext untersucht. Dabei hat sich das Desiderat einer philologisch verlässlichen Textbasis als dringlich erwiesen, waren Iselins Schriften doch bislang in keiner modernen Ausgabe greifbar. Diesem Mangel kann nun die neue Auswahlausgabe von Iselins vielfältigem Wirken zu präsentieren. Mit frischem Blick auf das neu erschlossene Quellenmaterial schliessen die Beiträge kritisch an den neuesten Stand der Iselin-Forschung an.
Der Band enthält die wichtigsten politischen Schriften Iselins, die zu den einflussreichsten Text... more Der Band enthält die wichtigsten politischen Schriften Iselins, die zu den einflussreichsten Texten der Schweizer Aufklärung gehören. Den Hauptteil des Bandes bilden die Essays «Philosophische und patriotische Träume eines Menschenfreundes» sowie die Sammlung «Philosophische und politische Versuche». In fortlaufender Auseinandersetzung mit den Positionen Jean-Jacques Rousseaus entwickelt Iselin darin ein eigenständiges politisches Reformprogramm und adaptiert mit Erfolg die französisch-englische Tradition der politischen Essayistik. Die weiteren Texte bieten eine Auswahl aus Iselins thematisch vielfältigen Schriften zur Politik: So behandelt seine Dissertation «Tentamen juris publici Helvetici» erstmals systematisch das schweizerische Staatsrecht. Der «Versuch über die Gesezgebung» und der «Politische Versuch über die Berathschlagung» wiederum sind als Lehrbücher für angehende Politiker gedacht. Und die «Freymüthigen Gedanken über die Entvölckerung unserer Vatterstadt» sind eine engagierte Stellungnahme Iselins innerhalb der brisanten Debatte über die Einbürgerungsfrage. Für alle diese Schriften ist ein doppelter Charakter kennzeichnend: Sie sind aus konkreten Bedingungen eines republikanischen Gemeinwesens erwachsen, argumentieren jedoch auf der Höhe der damaligen politischen Theorie. Dadurch lieferten sie nicht nur der schweizerischen Reformbewegung und der Helvetischen Gesellschaft eine theoretische Grundlage, sondern wurden weit über die Grenzen der Schweiz hinaus rezipiert und diskutiert.
Simone De Angelis; Florian Gelzer; Lucas Marco Gisi (Hg.): ‹Natur›, Naturrecht und Geschichte. Aspekte eines fundamentalen Begründungsdiskurses der Neuzeit (Beiträge zur neueren Literaturgeschichte 283). Heidelberg: Winter, 2010
Der interdisziplinäre Sammelband versucht, die spannungsreiche Auseinandersetzung mit den Kategor... more Der interdisziplinäre Sammelband versucht, die spannungsreiche Auseinandersetzung mit den Kategorien der ‹Natur›, des ‹Naturrechts› und der ‹Geschichte› in der Neuzeit (1600–1900) zu rekonstruieren. Im Zentrum des Interesses steht das naturrechtliche Denken als Ort interdisziplinärer Fundamentalreflexion. Die Einzelstudien befassen sich mit der Ausbildung des modernen Naturbegriffs in den verschiedenen Disziplinen, der die Grundlage zur Bestimmung der Kultur des Menschen und seiner Geschichte liefert. Weitere Beiträge widmen sich der Reflexion der menschlichen Kulturleistungen im Spannungsfeld von Geschichtsdenken und modernem Naturbegriff. Schließlich wird die Ausbildung des modernen Geschichtsdenkens in der Aufklärung auf naturrechtlicher und anthropologischer Basis beleuchtet. Mit dieser kulturwissenschaftlichen und wissenschaftshistorischen Ausrichtung liefert der Band einen perspektivenreichen Beitrag zur Geschichte der Bestimmung des Verhältnisses von menschlicher Natur und Kultur.
Articles and Contributions by Florian Gelzer
Wieland-Studien 9, 2016
Wann immer von Christoph Martin Wielands Aufenthalt in der Schweiz in den Jahren 1752-60 die Rede... more Wann immer von Christoph Martin Wielands Aufenthalt in der Schweiz in den Jahren 1752-60 die Rede ist, werden in der Regel rasch die stets gleichbleibenden Bilder hervorgezogen: Wieland, der am selben Tisch wie der Mentor Johann Jakob Bodmer an biblischen Hexameter-Epen arbeitet; Wieland, der älteren Damen der Zürcher Oberschicht die Aufwartung macht; Wieland, der in Bern mit der genialischen Julie Bondeli quer durch alle Wissensgebiete debattiert; oder Wieland, der sich mit seinen Schweizer Freunden in die rustikale Behausung des Appenzeller Arztes Zellweger zu einer Molkenkur zurückzieht. Nun entbehren die Schweizer Jahre Wielands tatsächlich nicht der Kuriositäten -aber es macht doch manchmal den Anschein, als werde sein Aufenthalt in Zürich und in Bern in der Forschung nicht ganz ernst genommen. 2 So wird die Schweizer Zeit oft als poetisch etwas verunglückte Vorgeschichte zu Wielands dichterischer Karriere behandelt, deren eigentlicher Beginn gewöhnlich mit seiner Rückkehr nach Biberach gleichgesetzt wird.
xviii.ch. Jahrbuch der schweizerischen Gesellschaft für die Erforschung des 18. Jahrhunderts 5, 2014
Gibt es bei einem aufklärerischen Publizisten wie Isaak Iselin überhaupt so etwas wie ein Stilemp... more Gibt es bei einem aufklärerischen Publizisten wie Isaak Iselin überhaupt so etwas wie ein Stilempfinden oder konkrete Vorstellungen von literarischer Qualität? Oder spielen solche Kategorien bei einer scheinbar allein auf Belehrung und Verständlichkeit ausgerichteten 'Sachprosa' keine Rolle? Um solchen Fragen ausführlich nachzugehen, genügt es nicht, sich auf Iselins einschlägige Publikationen zu beschränken. Die entsprechenden Auseinandersetzungen finden vor allem in unveröffentlichten privaten Texten statt, die erstmals ausführlich vorgestellt werden. Die eingehende Beschäftigung Iselins mit Fragen der 'Literatur' und 'Literarizität', so die These, verleiht seiner gesamten publizistischen Arbeit ihr charakteristisches Gepräge.
André Schnyder (Hg.): «Die historische Wunder=Beschreibung von der so genannten schönen Melusina». Die «Melusine» (1456) Thürings von Ringoltingen in einer wiederentdeckten Fassung aus dem frühen 18. Jahrhundert, 2014
Im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts entstand eine neue Bearbeitung des frühneuhochdeutschen Pr... more Im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts entstand eine neue Bearbeitung des frühneuhochdeutschen Prosaromans Melusine, die unter dem Titel Historische Wunderbeschreibung von der sogenannten schönen Melusina 1 (HWb) Verbreitung fand. Der vorliegende Beitrag möchte versuchen, diese Neubearbeitung der Melusine im Umfeld der Romanproduktion und der Romanreflexion 2 des frühen 18. Jahrhunderts zu situieren. Aus romangeschichtlicher Perspektive ist der Zeitpunkt, an dem die HWb-Fassung vermutlich erschien, von besonderem Interesse: Denn gerade das Halbjahrhundert zwischen 1680 und 1730 gilt in der deutschen Romangeschichte als Umbruchszeit, während deren sich die etablierten Romanmodelle des Barock in einem Prozess der Weiterentwicklung und Umgestaltung befanden, an dessen Ende der ‚bürgerliche' Roman der Frühaufklärung steht (Christian Fürchtegott Gellert, Johann Michael von Loen). 3 Da die HWb-Fassung nun neuesten Datierungen zufolge 4 mit großer Wahrscheinlichkeit gegen Ende dieser Umbruchsphase erschienen ist, lässt sich hier genauer nachfragen: Wie verhält sich diese Sonderfassung der Melusine zur Romanproduktion des frühen 18. Jahrhunderts? Lassen sich Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten zwischen der Bearbeitung der Melusine und bestimmten Romanformen der Zeit feststellen? Ist die HWb als Versuch zu betrachten, die Melusine zeitgenössischen Gepflogenheiten des Romans und dem Erwartungshorizont der damaligen Romanleser anzupassen? Oder handelt es sich vielleicht lediglich um die -für den Literarhistoriker eher ernüchternde -Tatsache, dass hier jenseits der ‚offiziellen' Poetiken und der Bemühungen um einen deutschen ‚Originalroman' ältere Texte unverdrossen weiter gedruckt wurden und als Unterhaltungsliteratur weiterhin florierten?
Wieland-Studien, 2013
Gleiche Neigungen und Absichten haben lange ehe wir von einander wußten, unsre sympathetischen Se... more Gleiche Neigungen und Absichten haben lange ehe wir von einander wußten, unsre sympathetischen Seelen vereiniget. Sie können sich schwehrlich vorstellen wie erstaunt ich war als ich in den Patriotischen Träumen das erstemal meine eigensten Ideen und einen guten Theil von solchen die ich noch niemals der Welt bekannt zu machen Gelegenheit gehabt, fand. Diese Conformität unsers Geistes und Hertzens würde uns allem Ansehen nach auf eine sehr ähnliche Art handeln gemacht haben, wenn wir auch in ganz verschiednen Zeiten oder in weit entfernten Ländern gelebt hätten. 1
Ruth Florack; Rüdiger Singer (Hg.): Die Kunst der Galanterie. Facetten eines Verhaltensmodells in der Literatur der Frühen Neuzeit (Frühe Neuzeit 171). Tübingen, 2012
Simone De Angelis; Florian Gelzer; Lucas Marco Gisi (Hg.): ‹Natur›, Naturrecht und Geschichte. Aspekte eines fundamentalen Begründungsdiskurses der Neuzeit (1600–1900) (Beiträge zur neueren Literaturgeschichte 283). Heidelberg, 2010
Blätter der Rilke-Gesellschaft, 2010
Wegen dem Stein werde ich fragen, furchte aber dass kaum was zu finden sein wird Und jedenfalls w... more Wegen dem Stein werde ich fragen, furchte aber dass kaum was zu finden sein wird Und jedenfalls wäre es besser wenn sich etwas m der Schweiz fände -Das wird nicht leicht sein Mir ist schrecklich leid Ihren Bruder und seine junge Frau in Wien zu manquiren(,) ich hatte ihn so gerne gesehen -und will ihm gerade schreiben ob wir uns nicht irgendwie in Duino rendez vous geben konnten -Mit meiner Gesundheit bin ich nicht besonders zufrieden -auch ist das Wetter nicht recht darnach und ich weiss nicht recht wie ich mir es weiter eintheilen werde Nochmals, hebe Frau von der Muhle, meinen herzlichsten Dank und innige Grusse von Ihrer ManeTaxis Anm 3], S 959) Damit stutzt sie sich auf Rilkes »Letzten Willen« vom 27 Oktober 1925, den er zwei Tage spater Nanny Wunderly-Volkart zu treuen Händen versiegelt ubergeben hatte Dort heißt es unter Ziffer 2 und 3 »Geschieht es, daß ich auf Muzot oder überhaupt in der Schweiz sterbe, so wünsche ich, weder in Sierre noch etwa in Miege beigesetzt zu sein [ ] Sondern ich zöge es vor, auf dem hochgelegenen Kirchhof neben der alten Kirche zu Rarogne zur Erde gebracht zu sein Seine Einfried[ig]ung gehört zu den ersten Platzen, von denen aus ich Wind und Licht dieser Landschaft empfangen habe, zusammen mit allen den Versprechungen, die sie mir, mit und m Muzot, spater sollte verwirklichen helfen« (Rilke -Wunderly-Volkart [wie Anm 7], S 1192) 3 5 Laut Dory von der Muhlls frei zitierter Wiedergabe hatte Rilke verfugt »>da ich die geo metrische Kunst moderner Steinmetzen verabscheue« so mochte er bitten dass man auf sein Grab einen alten Stein setze «vielleicht aus der Zeit des Empire« wie auf dem Grabe seines Vetters « -Wörtlich heißt es im Testament »Nun verabscheue ich die geometrischen Kün ste der heutigen Steinmetzen, es wird vielleicht möglich sein, einen alten Stein (etwa des Empire) zu erwerben (wie dergleichen, in Wien, für das Grab meines Vetters geschah) « (Rilke -Wunderly-Volkart [wie Anm 7], S 1192) -»Es ist nicht ganz leicht«, fahrt Frau von der Muhll fort, »diesen Wunsch zu erfüllen Ich wusste in der Schweiz nicht einen Friedhof zu nennen welcher der Ausdehnung einer Stadt oder andern Gründen des moder nen Lebens hatte weichen müssen Ich dachte an Sie, verehrte Fürstin, als ich diese Bitte Rilkes las Ob Ihre Freunde in Österreich, Böhmen oder Italien das finden konnten was Rilke sich wünscht«'« (Rilke -Taxis [wie Anm 3], S 959!) Ein Briefwechsel zwischen Rilke und der Violinistin Alma Moodie Herausgegeben und kommentiert von Florian Gelzer I. Alma Moodie ein australisches Wunderkind An Ostern 1923 erhielt Ramer Maria Rilke auf Chateau de Muzot Besuch vom »Burgherrn««, seinem Freund und Gönner Werner Reinhart (1884-1951) In dessen Begleitung erschienen zwei weitere Gaste, der Maler Edmund von Freyhold1 sowie eine Rilke damals noch unbekannte Musikerin die australische Violinistin Alma Moodie (1898-1943) Nach dem österlichen Treffen entspann sich zwischen dem Dichter und der Musikerm ein loser Briefwechsel, der mehrere Jahre andauerte Rilkes Briefe an die Geigerm wurden nie publiziert2 Mindestens zwei davon sind auf Auktionen aufgetaucht,3 die meisten jedoch haben bislang als verschollen gegol ten 4 Ein Teil des Briefwechsels befindet sich jedoch im Besitz von Frau Heidi Spengler-Bickel, der Schwiegertochter Alma Moodies, die es ermöglicht hat, ihn hier zu veröffentlichen 3 Die insgesamt zwölf Briefe -fünf davon stammen von 1 Von Konrad Ferdinand Edmund von Freyhold (1878-1944) stammt unter anderem das von Rilke sehr geschätzte, für Kinder bestimmte Osterbuch (1908), zu dem Christian Morgen stern Verse beigesteuert hat (vgl Roland Stark »Konrad Ferdinand Edmund von Freyhold als Buchillustrator« In 40 [1997], S 12-32) 2 Aus den einschlägigen Briefsammlungen wird im Folgenden mit Siglen und Seitenangaben direkt im Text zitiert RMR/Mane von Thurn und Taxis Briefwechsel Besorgt durch Ernst Zmn Mit einem Geleitwort von Rudolf Kassner 2 Bde Zürich 1951 (= MTT), RMR Die Briefe an Frau Gudi Nolke Aus Rilkes Schweizer Jahren Hrsg von Paul Obermuller Wiesbaden 1953 (= GN), RMR Briefe an Nanny Wunderly-V olkart Im Auftrag der Schweizerischen Landesbibhothek und unter Mitarbeit von Niklaus Bigler besorgt durch Ratus Luck 2 Bde Frankfurt a M 1977 (= NWV), RMR Briefwechsel mit Regina Ullmann und Ellen Delp Hrsg von Walter Simon Frankfurt a M 1987 (= RU/ED), RMR Briefwechsel mit den Brüdern Reinhart 1919-1926 Hrsg von Ratus Luck unter Mitwirkung von Hugo Sarbach Frankfurt a M 1988 (= BwR), RMR Briefe m zwei Ban den Hrsg von Horst Nalewski 2 Bde Frankfurt a M und Leipzig 1991 (= BN), RMR Briefe an Schweizer Freunde Erweiterte und kommentierte Ausgabe Hrsg von Ratus Luck unter Mitwirkung von Hugo Sarbach Frankfurt a M , Leipzig 1994 (= SchwF), RMR Briefwechsel
Bettine Menke; Wolfgang Struck (Hg.): Wieland / Übersetzen. Sprachen, Gattungen, Räume. Berlin, 2010
Modern Austrian Literature, 2010
A J o u r n a l D e v o t e d t o t h e S t u d y o f A u s t r i a n L i t e r a t u r e a n d C... more A J o u r n a l D e v o t e d t o t h e S t u d y o f A u s t r i a n L i t e r a t u r e a n d C u l t u r e
German Studies Review, 2010
Marieluise Fleißer's "Mehlreisende Frieda Geier" is regarded by now a sone of the most remarkable... more Marieluise Fleißer's "Mehlreisende Frieda Geier" is regarded by now a sone of the most remarkable novels written during the period of the Weimar Republic. However, both at the time of its publication and in subsequent scholarship, the structure of the work was criticized for being haphazard and ineffective. Responding to this criticism, this study reveals that Fleißer simply employed a set of specifically modern narrative strategies to organize her novel, such as seasonal changes, light-dark contrasts or repetitive patterns. This unusual technique lends the text a paradoxical "dissonant unity" and secures its place among the avant-garde of late 1920s literature.
Colloquia Germanica, 2009
Im Gegensatz etwa zu den Kalendergeschichten oder Flüchtlingsgesprächen sind die frühen Prosaarbe... more Im Gegensatz etwa zu den Kalendergeschichten oder Flüchtlingsgesprächen sind die frühen Prosaarbeiten Bertolt Brechts aus den 1920er Jahren noch immer verhältnismäßig wenig bekannt. 1 Lange Zeit waren die Gesamtdarstellungen von Nadešda Dakowa und Kirsten Boie-Grotz sowie der Kommentar von Klaus-Detlef Müller überhaupt die einzigen größeren Darstellungen, die sich diesen, meist für Zeitschriften verfassten, Texten widmeten 2 -von einigen be merkenswerten Einzelbeiträgen einmal abgesehen. 3 Eine Ausnahme bildet die preisgekrönte Erzählung Die Bestie, die, einhellig al s «eine der besten von Brechts frühen Kurzgeschichten» eingeschätzt, 4 bereits früh ausgiebig untersucht wurde. 5 Mit der kompletten Überarbeitung des Brecht Handbuchs hat sich die Situation allerdings grundlegend verändert. Im Prosa-Band sind auch wenig beachteten Erzählungen Brechts eingehende Artikel gewidmet, welche die Texte aus der einseitigen früheren Zuordnung unter das Schlagwort ‹Neue Sachlichkeit› lösen, 6 sie auf dem neuen Stand der Erzähltheorie untersuchen und ihre Äst hetik gebührend würdigen. 7 Die nachfolgenden Ausführungen möchten an diesen neuen Forschungsstand anschließen und die Vorarbeiten um einige Aspekte ergänzen. Dabei wird von zwei Thesen ausgegangen: In Brechts Prosaarbeiten aus den 1920er Jahren lassen sich, erstens, einige grundlegende erzählerische Verfahren herausarbeiten, die die thematisch völlig heterogenen Texte verbinden und für eine Interpretation relevant sind. Die se charakteristischen Erzählarrangements wiederum sind, so wird zweitens argumentiert, in entscheidendem Maße auf die Beschäftigung Brechts mit Kurzgeschichten Rudyard Kiplings zurückzuführen. Dabei soll es nicht darum gehen, Quellenforsch ung zu betreiben, vielmehr soll ein für die Prosatexte relevanter Hintergrund beleuchtet werden, ein Materialienbereich, den Brecht auf die ihm eigentümliche Weise verwendet und umfunktioniert. Die Ausführungen beschränken sich dabei auf eine einschlägige Auswahl von Texten vor allem aus dem für Brecht besonders produktiven Jahr 1926. Konkret sind folgende, allesamt 1925/26 entstandene Titel
Colloquium Helveticum, 2009
Von den Zeitgenossen haben drei mich stark beeinflusst, die Begegnung mit ihrem Werk das meine ve... more Von den Zeitgenossen haben drei mich stark beeinflusst, die Begegnung mit ihrem Werk das meine verändert. Heinrich Mann hat meine Diktion verändert, Döblin meine epische Form, Brecht meine dramatische. 1 Von Döblin habe ich mehr als von jemand anderm über das Wesen des Epischen erfahren. Seine Epik und sogar seine Theorie über Epik hat meine Dramatik stark beeinflußt, und sein Einfluß ist spürbar noch in englischen, amerikanischen, skandinavischen Dramen, welche wiederum von den meinen beeinflußt sind. 2 Es gab damals viele Diskussionen, an denen Alfred Döblin teilnahm. Brecht liebte ihn sehr. Er sagte mir einmal, er habe zwei uneheliche Väter: der eine sei Georg Kaiser, der andere Alfred Döblin. Diesen beiden und Lion Feuchtwanger fühlte er sich verpflichtet für die Ausarbeitung seiner eigenen Anschauungen über das epische Drama. 3 Selbst für jemanden, der mit den Werken von Alfred Döblin, Lion Feuchtwanger und Bertolt Brecht einigermassen gut vertraut ist, mögen die soeben zitierten Stellungnahmen etwas überraschend erscheinen. Denn die offensichtliche wechselseitige Wertschätzung der drei Autoren entspricht nicht ganz dem gängigen Bild, das die Literaturgeschichte von ihnen zeichnet. Feuchtwangers Romane würde man 1
Sprachkunst. Beiträge zur Literaturwissenschaft, 2009
K U N S T -L e b e N -M ü T T e R b e r t o l t b r e c h t s › b a a l ‹ z w i s c h e n H a n n... more K U N S T -L e b e N -M ü T T e R b e r t o l t b r e c h t s › b a a l ‹ z w i s c h e n H a n n s Jo h s t s › D e r e i n s a m e ‹ u n d A n d r e a s T h o m s › A m b r o s M a r i a b a a l ‹ Von Florian G e l z e r (bern) Unter den zahlreichen Vorlagen zu bertolt brechts ›baal‹ befinden sich auch zwei zeitgenössische Werke des expressionismus, Hanns Johsts Drama ›Der einsame‹ und der Roman ›Ambros Maria baal‹ von Andreas Thom. Die Texte verbindet eine ähnliche thematische Konstellation: Im Zentrum steht jeweils ein junger Dichter, der am Konflikt zwischen Künstlertum und Mutterbindung leidet und schließlich zugrunde geht. Damit können die drei Texte als Variationen einer typisch expressionistischen Künstler-und Generationenproblematik betrachtet werden.
Sprachkunst. Beiträge zur Literaturwissenschaft, 2009
Uploads
Books by Florian Gelzer
Edited Books by Florian Gelzer
Articles and Contributions by Florian Gelzer