Vigabatrin

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Strukturformel
(S)-Vigabatrin (oben) und (R)-Vigabatrin (unten)
Allgemeines
Freiname Vigabatrin
Andere Namen
  • (RS)-4-Aminohex-5-ensäure (IUPAC)
  • (RS)-4-Amino-5-hexensäure
  • (±)-4-Aminohex-5-ensäure
  • (±)-4-Amino-5-hexensäure
  • rac-4-Aminohex-5-ensäure
  • rac-4-Amino-5-hexensäure
Summenformel C6H11NO2
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 68506-86-5
EG-Nummer (Listennummer) 637-414-1
ECHA-InfoCard 100.165.122
PubChem 5665
ChemSpider 5463
DrugBank DB01080
Wikidata Q421663
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N03AG04

Wirkstoffklasse

Antiepileptikum

Eigenschaften
Molare Masse 129,16 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

209 °C[1]

Löslichkeit

gut löslich in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]

Achtung

H- und P-Sätze H: 315​‐​319​‐​335
P: 261​‐​305+351+338[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Vigabatrin (Handelsname: Sabril; Hersteller: Sanofi) ist ein krampfunterdrückender Arzneistoff, der in der Behandlung von Epilepsien eingesetzt wird. Chemisch ist es strukturell ganz ähnlich aufgebaut wie die Überträgersubstanz Gamma-Aminobuttersäure (GABA). Aufgrund des Nebenwirkungsprofils ist seine Anwendung aber auf einzelne spezielle Formen der Epilepsie beziehungsweise sonst therapieresistente Fälle eingeschränkt.

Wirkmechanismus

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Vigabatrin ist ein enzymaktivierter, irreversibler Hemmer des GABA-abbauenden Enzyms GABA-Aminotransferase (GABA-T).[3] Wegen seiner engen strukturellen Verwandtschaft zum natürlichen Substrat, wird es auch als suicide-Substrat bezeichnet. Die Enzymhemmung erhöht die Konzentration des inhibitorischen Neurotransmitters GABA. Da die Enzymhemmung irreversibel ist, hält der neuronale Effekt auch nach Absetzen des Medikaments an, bis neue GABA-Aminotransferase von den Nervenzellen bereitgestellt wird.

Anwendungsgebiete

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Wegen ungünstiger Nebenwirkungen wird Vigabatrin als besonders wirksames Mittel nur noch bei solchen Kindern eingesetzt, die an symptomatischer Epilepsie West-Syndrom im Rahmen einer tuberösen Sklerose leiden. Bei herdförmigen Epilepsien – auch solchen mit sekundärer Generalisierung – kann es angewendet werden, wenn andere Mittel nicht zu einer Anfallsfreiheit geführt haben.

Das Medikament wird oral eingenommen und hat eine Halbwertszeit von 5 bis 8 Stunden bei Jugendlichen bzw. 12 bis 13 Stunden bei Erwachsenen.

Das französische Unternehmen Orphelia Pharma erhielt im Juli 2018 seitens des CHMP eine Zulassungsempfehlung für eine neue Darreichungsform, als lösliche Tabletten speziell für Kinder. Die Dosierung kann damit in 50-mg-Schritten erhöht werden. Bis dahin war Vigabatrin in Form eines Granulats sowie überzogener Tabletten erhältlich, die geteilt bzw. verdünnt werden mussten, um die Dosis für Kinder anzupassen. Dieses Medikament ist seit dem 12. Oktober 2018 in der EU unter dem Handelsnamen Kigabeq zugelassen.[4][5][6]

Dosisabhängig treten Müdigkeit bis hin zur Schläfrigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Verschwommensehen, Nystagmus und Gleichgewichtsstörungen auf. Dosisunabhängig kann es bei Kindern zu Erregungszuständen, bei Erwachsenen zu Depression oder Psychosen kommen. Diese Veränderungen treten meist in den ersten Monaten der Therapie auf und sind umkehrbar. Bei chronischer Einnahme kann es zu Gewichtszunahme und zur Verschlimmerung von generalisierten Epilepsien wie Absencen und myoklonischen Anfällen kommen. In bis zu 40 % der behandelten Erwachsenen wurden beidseitige Gesichtsfeldausfälle beobachtet, die zwar nur in etwa 5 % symptomatisch waren, aber vermutlich nicht rückgängig zu machen sind. Sie treten unabhängig von der Dosis, der Dauer der Therapie, dem Lebensalter, der Dauer der Epilepsie und der antiepileptischen Begleitmedikation auf. Zwar kommt es nur selten zu einem wirklich beeinträchtigenden „Tunnelsehen“, dennoch hat diese Nebenwirkung dazu geführt, Vigabatrin nach anfänglich breiterer Anwendung nur noch in ausgesuchten, wohlabgewogenen Fällen einzusetzen.

Vigabatrin ist chiral, enthält also ein Stereozentrum. Es gibt somit zwei Enantiomere, die (R)-Form und die (S)-Form, von denen nur das (S)-Enantiomer pharmakologisch aktiv ist.[7] Die Handelspräparate enthalten den Arzneistoff als Racemat (1:1-Gemisch der Enantiomere).

Für Vigabatrin sind in der Literatur mehrstufige Synthesen beschrieben, die entweder von Malonsäurediethylester oder 1,4-Dichlor-2-buten ausgehen.[8]

Einzelnachweise

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  1. a b The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage. 2006, ISBN 0-911910-00-X, S. 1715–1716.
  2. a b Datenblatt Vigabatrin bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 25. April 2011 (PDF).
  3. B. Lippert, B.W. Metcalf, M.J. Jung, P. Casara: 4-aminohex-5-enoic acid, a selective catalytic inhibitor of 4-aminobutyrate aminotransferase in mammalian brain. In: European Journal of Biochemistry, 1977, Nr. 74, S. 441. doi:10.1111/j.1432-1033.1977.tb11410.x
  4. Kigabeq – Opinion. EMA, Pressemitteilung, 26. Juli 2018; abgerufen am 5. August 2018.
  5. Meeting highlights from the Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) 23.-26. Juli 2018. EMA, Pressemitteilung, 27. Juli 2018; abgerufen am 5. August 2018.
  6. Kigabeq (vigabatrin). (PDF) European Medicines Agency; abgerufen am 18. August 2020
  7. K. D. Hägele, P. J. Schechter: Kinetics of the enantiomers of vigabatrin after an oral dose of the racemate or the active S-enantiomer. In: Clinical Pharmacology and Therapy, 1986, 40, S. 581–586.
  8. Axel Kleemann, Jürgen Engel, Bernd Kutscher, Dietmar Reichert: Pharmaceutical Substances. 4. Auflage. Thieme-Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 1-58890-031-2.