Silbendauer
Die Silbendauer (gelegentlich auch als Silbenlänge bezeichnet) ist die Zeit, die ein Sprecher benötigt, um eine Silbe auszusprechen. Sie wird in Millisekunden gemessen.
Faktoren der Silbendauer
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Silbendauer ist von mehreren Faktoren abhängig:
- von der Zahl und Art der Laute, aus denen die Silbe besteht, und deren jeweiliger Lautdauer;
- von dem Sprechtempo, das der Sprecher einschlägt;
- von der Umgebung, in der die Silbe vorkommt.
Mit Umgebung ist hier die Tatsache gemeint, dass eine Silbe Teil eines Sprechtaktes oder Wortes ist. Dabei gilt ein seit langem erkanntes Prinzip: Eine bestimmte Silbe wird umso kürzer gesprochen, je mehr Silben das Wort hat, in dem sie vorkommt. Dieser Zusammenhang ist heutzutage als eine der Formen des Menzerathschen Gesetzes in der quantitativen Linguistik bekannt.
Abhängigkeit der Silbendauer von der Wortlänge
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hier geht es um die Hypothese, dass die Dauer einer Silbe von der Länge des Wortes abhängt, in dem die Silbe vorkommt, und dass diese Abhängigkeit dem Menzerath-Altmann-Gesetz folgt: Je länger ein Wort ist, desto kürzer sind seine Silben.
Beispiele für die Abhängigkeit der Silbendauer von der Wortlänge (Zahl der Silben pro Wort) hat Weber in drei Stilen untersucht und getestet.[1] Erneute Tests zu den Daten einer ihrer Versuchspersonen kamen zu nur geringfügig anderen Ergebnissen. In diesen Fällen wurde das Menzerathsche Gesetz in seiner einfachsten Form: getestet.[2]
Silbendauer bei Wörtern unterschiedlicher Silbenzahl: 1. Lesen isolierter Wörter:
Zahl der Silben pro Wort | durchschnittliche Silbendauer in Millisekunden beobachtet |
durchschnittliche Silbendauer in Millisekunden berechnet |
---|---|---|
1 | 388,51 | 387,35 |
2 | 288,87 | 287,11 |
3 | 234,55 | 240,98 |
4 | 210,80 | 212,81 |
5 | 193,93 | 193,26 |
6 | 178,52 | 178,62 |
7 | 172,54 | 167,11 |
Der Tabelle ist zu entnehmen, dass die Silben einsilbiger Wörter durchschnittlich eine Dauer von 388,51 Millisekunden aufweisen. Passt man das oben genannte Modell an die Beobachtungswerte der ein- bis siebensilbigen Wörter an, so erhält man für die einsilbigen Wörter einen Wert von 387,35.
Ergebnis: a = 387,7482; b = -0,4320; D = 0,9978. Das Testergebnis ist mit einem Determinationskoeffizienten von D = 0,9978 sehr gut; er kann im besten Fall den Wert D = 1,00 erreichen.
Silbendauer bei Wörtern unterschiedlicher Silbenzahl: 1. Lesen eines Textes:
Zahl der Silben pro Wort | durchschnittliche Silbendauer in Millisekunden beobachtet |
durchschnittliche Silbendauer in Millisekunden berechnet |
---|---|---|
1 | 257,38 | 254,85 |
2 | 214,26 | 215,52 |
3 | 189,86 | 195,39 |
4 | 179,43 | 182,25 |
5 | 175,89 | 172,68 |
6 | 169,26 | 165,23 |
Ergebnis: a = 254,8542; b = -0,2419; D = 0,9868. Das Testergebnis ist mit einem Determinationskoeffizienten von D = 0,9868 wieder sehr gut.
Silbendauer bei Wörtern unterschiedlicher Silbenzahl: 3. Freie Rede:
Zahl der Silben pro Wort | durchschnittliche Silbendauer in Millisekunden beobachtet |
durchschnittliche Silbendauer in Millisekunden berechnet |
---|---|---|
1 | 255,97 | 251,65 |
2 | 208,34 | 211,49 |
3 | 186,83 | 191,04 |
4 | 167,42 | 177,75 |
5 | 168,06 | 168,07 |
6 | 177,94 | 160,56 |
7 | 150,79 | 154,47 |
Ergebnis: a = 251,6503; b = -0,2508; D = 0,9362. Das Testergebnis ist mit einem Determinationskoeffizienten von D = 0,9362 auch in diesem Fall sehr gut. Die beobachteten Abweichungen bei den fünf- und sechssilbigen Wörtern ändern an diesem generellen Trend nichts.
Der Trend, dass mit zunehmender Wortlänge die Dauer der Silben der Wortes abnimmt und dabei dem Menzerath-Altmann-Gesetz folgt, wird in allen drei Fällen sehr deutlich.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Gabriel Altmann, Michael Schwibbe: Das Menzerathsche Gesetz in informationsverarbeitenden Systemen. Mit Beiträgen von Werner Kaumanns, Reinhard Köhler und Joachim Wilde. Olms, Hildesheim, Zürich, New York 1989, ISBN 3-487-09144-5, S. 60–62.
- S. Geršić, Gabriel Altmann: Laut – Silbe – Wort und das Menzerathsche Gesetz. In: Frankfurter Phonetische Beiträge 3, 1980, S. 115–123.
- Paul Menzerath, J.M. de Oleza: Spanische Lautdauer. Eine experimentelle Untersuchung. Walter de Gruyter, Berlin/ Leipzig 1928, S. 71f.
- Eduard Sievers: Grundzüge der Phonetik zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. 4., verbesserte Auflage. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1893, S. 240.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Sabine Weber: Das Menzerathsche Gesetz in gesprochener Sprache, Magisterarbeit, Trier, 1998.
- ↑ Laila Asleh, Karl-Heinz Best: Zur Überprüfung des Menzerath-Altmann-Gesetzes am Beispiel deutscher (und italienischer) Wörter. In: Göttinger Beiträge zur Sprachwissenschaft 10/11, 2004/2005, Seite 9–19. Tabelle S. 16.