Nach dem Crash zieht VW die Notbremse

Veröffentlicht am 30.10.1997Lesedauer: 3 Minuten

Banker begrüßen Verschiebung der geplanten Kapitalerhöhung - "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben"

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tw.

Berlin - Börsenexperten haben die Verschiebung der Kapitalerhöhung der Volkswagen AG begrüßt. "VW hatte gar keine andere Wahl", sagte Analyst Peter Seppelfricke vom Bankhaus M.M. Warburg. "Sonst hätte man gegen den Markt handeln müssen." Auch bei der Deutschen Bank, die zusammen mit der Dresdner Bank das etwa 20 Banken umfassende Emmissionskonsortium anführt, wurde der Schritt positiv aufgenommen. "VW hat eine gute Entscheidung getroffen", erklärte ein Sprecher. Die Konsortialmitglieder können aufatmen. Denn in der Regel garantieren sie dem Emittenten den Bezugspreis und die Zeichnung der Aktien. Die Deutsche Bank erklärte, VW habe die Entscheidung nach Beratungen mit den Banken selbständig getroffen. Der weltweite Börsensturz vom Dienstag hat Europas größtem Autokonzern zunächst einen Strich durch die Rechnung gemacht, sich auf hohem Kursniveau mit frischem Kapital zu versorgen. Der Kurs der VW-Stammaktie war auf 995 DM gefallen und lag damit 15 DM unter dem auf 1010 festgesetzten Bezugskurs. Am Nachmittag desselben Tages zog VW deshalb die Notbremse. Die bis zum 13. November geplante Ausgabe von zunächst drei Millionen jungen Aktien im Nennwert von 50 DM wurde zurückgestellt. Ebenso eine zweite Tranche über weitere drei Millionen Stück, die unter Ausschluß eines Bezugsrechts weltweit plaziert werden sollten. Insgesamt wären sieben Mrd. DM in die Kasse des Konzerns gespült worden. VW-Sprecher Kurt Rippholz beeilte sich gestern zu erklären: "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben". Die Ausgabe der jungen Aktien werde von der Entwicklung der Finanzmärkte abhängen. Vorstandsmitglied Robert Büchelhofer sagte, er gehe von einer Konsolidierung an den Börsen aus, so daß eine Kapitalerhöhung noch in diesem Jahr denkbar sei. Unterdessen erholte sich der Kurs der VW-Stammaktie gestern wieder deutlich. Zum Börsenschluß notierte das Papier in Frankfurt bei 1080 DM. Nach Ansicht von Peter Seppelfricke, dessen Bank nicht zum Ausgabe-Konsortium gehört, würde allerdings auch dieses Kursniveau nicht ausreichen, um alle Aktien am Markt plazieren zu können. Er erwartet deshalb, daß VW den Ausgabekurs senken wird. Er müsse zehn bis 15 Prozent unter dem Kurs der Altaktien liegen. Anstelle mit einem Preisabschlag könnte VW allerdings ebensogut abwarten, bis der Kurs wieder alte Höhen erreicht hat (Höchstand: 1497 DM). Denn das Unternehmen braucht das frische Kapital nicht sonderlich dringend. "Wir stehen nicht unter Zeitnot, wir haben keinen Liquiditätsengpaß", sagte Vorstandsmitglied Robert Büchelhofer. Wenn dies so ist, stellt sich allerdings erneut die Frage, was VW mit der Kapitalerhöhung eigentlich bezweckt. Aus Wolfsburg heißt es seit Wochen beharrlich, das Geld werde langfristig für den Ausbau der Produktpalette benötigt. Auch das mit einer Quote von 12,8 Prozent geringe Eigenkapital (branchenüblich sind 20 Prozent) wird angeführt. Rechnet man allerdings das Finanzgeschäft heraus, wird dieser Schnitt bereits erreicht. Spekulationen, das Geld werde für den Kauf von Porsche, Rolls-Royce oder MAN gebraucht, sind stets zurückgewiesen worden. Doch selbst dafür bräuchte VW kein frisches Geld, da die Kasse gut gefüllt ist.


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