Deutsches Fremdwörterbuch | |
subaltern |
1. Aufl.
Band 4 (Kirkness u. a. 1978)
Adj., seit Anfang 17. Jh. nachgewiesen, zurückgehend auf gleichbed.
spätlat. subalternus (〈 lat. sub ‘unter’ und alternus ‘abwechselnd’, zu alter ‘der andere
(von zweien)'); in der Bed. ‘untergeordnet, untergeben; zweitrangig’, vorwiegend
auf die soziale Stellung bezogen, speziell auf die hierarchische Rangordnung beim Militär und im Beamtenwesen (Subalternbeamter, -offizier), daneben das Subst. Subaltern
M. (-en; -en), Pl. früher auch -e und -s, ‘Untergeordneter, Untergebener’; seit Mitte
18. Jh. auch übertragen verwendet im Sinne von ‘(geistig) abhängig, unselbständig;
von unterwürfiger, niedriger Gesinnung, von Untertanengehorsam geprägt’, meist
von menschlichen Verhaltens- und Denkweisen; dazu seit spätem 18. Jh. vereinzelt,
erst seit frühem 20. Jh. häufiger die subst. Ableitung Subalternität F. (-; selten -en)
‘Untergeordnetheit, Untergebenheit’ und ‘Unterwürfigkeit’.
Belege
Meteren 1614 Beschr. d. ndl. Kriegs I
124b
sie [die Stadtbewohner] wiesen sie [die
Franzosen] zu den bundtgenossen desz adels
als zu ihrem subalternen magistrat, dasz sie
mit denen verhandelten wegen entsetzung [der
belagerten Stadt] (DWB);
1706 Erlöstes Brabant
14
von dero Generals und subalternen Officiers;
1717 Ausführl. Relation v. Belgrad 4
Ober- und
subalterne Officier;
Fleming 1726 D. vollk. teutsche Soldat 148
was seine [des Corporals] subalternen
wissen und thun sollen, musz er ... verstehen ...
und seinen untergebenen in allen stücken mit
gutem beispiel vorgehen (DWB);
Rohr 1728
Zeremoniellwissenschaft I 77
in Abwesenheit oder
bey Kranckheit eines Obristen mit Ruhm cammandirt von seinen Subalternen oder auch von
andern;
Ludewig 1744 Gel. Anzeigen II 400
Wie
dann ie ausgelassener manchmal die vornehme
Bediente, in Kränkung der Unterthanen oder
subalternen, hierunter sich erweisen;
Lessing 1755
Br. I 45
[der König von Polen war] ein subalterner
Held, der sich in die Krone vergafft hatte;
Justi
1758 Staatswirthschaft II 737
Die einzeln subalternen Bedienten;
Rabener 1759 Satiren III 109
Sie
stehn sehr oft unter der Vormundschaft ihrer
Weiber, oder ihrer Kinder, oder ihrer Subalterne;
Moser 1759 Herr u. Diener 51
Die Pünktlichkeit
des Diensts den man im Kriegsstande von den
Subalternen fordern kann und muß;
ders. 1766
Reliquien 227
Bey einem subalternen Officier heißt
es: Steh und stirb!;
Lessing 1767 Dramaturgie (9)
286
je subalterner Cecil und Salisbury gespielt
werden, desto mehr raget Essex hervor;
Michaelis
1773 Raisonnement III 165
wenn der Staat zu
militärisch, und der Studierende zu subaltern;
Goethe 1774 Werther (19) 101
auch mir nie aufgefallen ist, daß wir Subalternen nicht hinein gehören;
Müller 1787 Waldheim II 184
wenigstens so
lange er Gemeiner oder Subaltern ist;
1788 Journal
d. Moden III 15
von subalternen fürstlichen Beamten;
Hermes 1789 Für Eltern I 52
dass die
Ungerechtigkeit, mit welcher man die allergewönlichsten Menschen mir vorzieht, wenns auf
Beamtung ankommt, mich gegen die Menschen
erbittern werde, besonders gegen die, welche ich
nie sehr liebte, die subalternen Grossen!;
Knigge
1789 Umgang II 204
Es müssen mehr subalterne
als Herrscher-Genies unter den Erdensöhnen seyn;
1790 Journal v. u. f. Deutschland I 210
Dass man
doch die Künstler jederzeit unter die niedrige
Subalternenclasse versetzen muss, um ihnen Brod
zu verschaffen;
Nicolai 1790 Anekdoten H. IV 36
die noch fehlenden Subalternenofficiere;
Herder
1795 Br. (17) 356
er [Merkur] ist aber ein erdgebohrner, der Maja Sohn, subaltern an Dienst und
Charakter;
1797 Berl. Archiv d. Zeit II 533
Jedem
Staabsoffizier sagte er etwas Verbindliches; den
Subalternen empfahl er sich;
Goethe 1798 Prop.
Einleitg. o. S.
Arbeit einer subalternen, obgleich
nicht gering zu schätzenden Kunstart;
1801 Parole-Buch 126
entweder Compagniechefs oder Subalterns;
Fichte 1805 Wesen VI 429
zu den subalternen und untergeordneten Verrichtungen der
Studirten;
ebd. (1806) 148
durchaus nicht der
Zweck der Gelehrten-Bildung, Subalterne zu erziehen, und Niemand soll auf den Subalternen-Dienst hinstudieren;
Aster 1819 Festungskr. 4
dem Einfluß geschickter Subaltern-Offiziere [unterworfen];
Goethe 1823 Br. (W. XXXVII 133)
doch muss man sich in den Rath der Ärzte wie in
ein subalternes Fatum schicken und fügen;
Friederich 1834 Ebrard 169
bei den Staatsbehörden ...
Überhäufung mit Arbeit, die die armen Subalternen zu Boden drückt;
Ranke 1838 Briefwerk 293
dass die Stellung, die ich einnehmen soll, völlig
unhaltbar ist, – dem Ministerium gegenüber prekär und subaltern;
Fontane-Lepel 1849 Briefw. I 211
obschon ich gar nicht wählerisch bin, obschon
ich all und jede Subaltern-Stellung ... mit Freuden annehmen würde;
1852 Prutz’ Museum II 457
Schreiber, sagten zwar die Römer, Registraturrath ... müssen wir sagen, um uns die von dem
Verfasser fein und eingehend geschilderte Stellung
dieser höheren Subalternbeamten klar zu machen;
Wickede 1854 Soldaten-Leben III 140
Ein Subaltern-Officier hat weiter nicht zu fragen, wie stark
der Feind sei;
Riehl 1861 Ges. 387
Es ist eine furchtbare Ironie auf unsre Staatseinrichtung, wenn
man erwägt, wie im Jahre 1848 Subalternbeamte ... in Masse für die Zerstörung der historischen Gesellschaft wühlten;
1865 Stadtfraubas
187
vom obersten Staatsdienste bis herab zum
bescheidensten Subalternbeamten;
Scheibert 1879
Offizier-Brevier 56
Wer nicht den subalternen
Geist besitzt, dass es ihm wahrhaften Genuss
macht, sich um jedes Loch in Stiefel und Hose
eingehend selbst zu kümmern;
Derblich 1889
Militärarzt I 87
[die] subalternen, nicht graduirten
Militärärzte;
Paulsen 1891 Abhandlungen 94
Die
„akademische Bildung“ ist es, was vom „Subalternen“ scheidet; daher wird die Schule, welche
Vorstufe der Universität ist, auf nicht absehbare
Zeit alles anziehen, was den Makel des Subalterr
nen flieht, nicht am wenigsten die Kinder de-Subalternen selbst;
Behr 1898 Armee-Humor 51
man liebt es, beim Militär in Übertreibungen zu
reden, namentlich als Vorgesetzter, um dem „subalternen Unterthanenverstande“ des Untergebenen seine Dummheit recht klar zu machen;
Bach 1903 Abschied 15
die höheren Subalternämter, als beispielsweise Obersteuer-Kontrolleur
oder Garnisons-Verwaltungsdirektor;
Hahn 1905
Alter 208
wenn ein unterster Subalternbeamter
sagt: Ich kenne nur meinen Dienst und mein
Reglement und darüber hinaus kenne ich nichts;
Schmitz 1911 Brevier 126
Ein Mann in subalternem
Beruf ist fast immer subaltern;
Meinecke 1915
Erhebung 36
die kleinen und subalternen Züge
unseres Lebens;
1916 Deutschland 211 Anm.
Zur
Geschichte des Preußischen Subalternbeamtentums;
Schmitz 1926 Dämon 24
ein Kreis von meist
subalternen jungen Burschen ohne Schwung, ohne
Geist;
Friedell 1927 Kulturgesch. I 351
der subalterne Tretmühlenfleiss des Kanzlisten, der sich
Selbstzweck ist;
Fischer 1927 Schlemmer 6
Keineswegs gesellst du dich denen bei, denen der Bauch
ihr Gott ist. Sie sind armselige Handwerker,
Subalternbeamte, Maulwürfe des Genusses;
Friedell 1928 Kulturgesch. II 424
Ludwig XVI., ein
subalterner phlegmatischer Geist von kindlichem Umfang;
Film-Magazin 3. 3. 1929
mit zwei
entschlossen blickenden Herren mit bedrohlichen
Schnurrbärten und subalternen Beamtengesichtern;
Lerchenfeld-Köfering 1935 Erinn. 158
Vorliebe für subalterne Persönlichkeiten;
Süddtsch. Ztg.
5. 6. 1951
Dr. Hans Globke ist ... dem Kanzler
ein sehr nützlicher, im Grunde subalterner Beamter;
Greiner 1953 Biedermeier 19
Lakaien- und
Subalternperspektive;
Unruh 1958 Novellen 120
dass jeder subalterne Geist sich eines solchen
Wortes [Vaterland] bemächtigen darf;
Adorno
1960 Reden 63
[die] subalternen Aktennotizen.
Musäus 1781 Reisen III 31
nach
den Gesetzen der Subalternität;
Goethe 1827–42
(W. XXVI 315)
Der Satan Miltons bleibt immer in dem Nachtheil der Subalternität, indem
er die herrliche Schöpfung eines oberen Wesens
zu zerstören sucht; (KEHREIN)
1916 Deutschland I 79
Neigung zur Subalternität;
Kolb 1925
Wera 143
Rathenaus Ehrgeiz war ohne eine
Spur von Subalternität;
Bäumer 1936 Band 88
die
ekelhafte Subalternität, die ... der eigentliche
„Feind“ ist;
1954 Begegnungen 110
[Heuss] blieb
der Überzeugung, dass die Fütterung mit Subalternität im Geistigen dieses deutsche Volk,
dem im Politischen so viel vorgesetzt werden darf,
nicht lange aushalten wird;
Stuttgarter Ztg.
21. 4. 1969
Durch diese persönliche menschliche
Angelegenheit verletzt er die unpersönlichen,
abstrakten Gesetze des sterilen Reiches von Stechuhr und Subalternität und muß dafür mit dem
Tod bezahlen.