Er hielt nicht viel von bürgerlichen Konventionen. Jetzt ist der Komponist Jost Meier gestorben

Der Schweizer Jost Meier war praktizierender Musiker, als Mitbegründer des Sinfonieorchesters Biel-Solothurn eine prägende Dirigentenpersönlichkeit und nicht zuletzt ein politisch engagierter Komponist. Nun ist der Vielseitige im Alter von 83 Jahren gestorben.

Martina Wohlthat
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Jost Meier (1939–2022).

Jost Meier (1939–2022).

PD

Allüren waren ihm fremd. Er komponierte Orchester- und Kammermusik und entdeckte dabei für jedes Instrument stets eine eigene Klangqualität. In seinen Bühnenwerken machte er schon früh die Ausgrenzung des Individuums und die Zerstörung der Natur zum Thema.

Jost Meier war Solothurner mit einer besonderen Beziehung zu Biel, ab 1980 lebte er in Basel. 1939 in Solothurn geboren, begann er schon mit sechzehn Jahren ein Musikstudium bei Rolf Looser in den Fächern Komposition und Violoncello am Konservatorium Biel. Daneben studierte Meier einige Semester Mathematik und Physik an der ETH Zürich. 1964 erwarb er das Konzertdiplom als Cellist am Konservatorium Bern. Anschliessend setzte er seine Ausbildung als Komponist bei Frank Martin in den Niederlanden fort. Dieser durchaus eigenwillige Bildungsweg prägte auch den Verlauf seines weiteren Lebens.

Opern über politische Themen

Ab 1964 spielte Jost Meier zunächst als Cellist im Tonhalle-Orchester Zürich und in der Camerata Bern. Zwischen 1969 und 1979 wirkte er dann ein Jahrzehnt lang als Mitbegründer und Chefdirigent des Sinfonieorchesters Biel-Solothurn und hatte als musikalischer Impulsgeber grossen Einfluss auf das dortige Musikleben. Von 1980 bis 1983 war er unter Armin Jordan als Kapellmeister am Theater Basel tätig. Von 1983 an arbeitete er als freischaffender Komponist und Dirigent. Von 1985 bis 2004 war er Dozent an der Hochschule für Musik der Musik-Akademie Basel und wirkte zugleich am Schweizer Opernstudio Biel.

Angeregt durch die langjährige Theaterpraxis, schuf Jost Meier in den 1980er Jahren eigene Opern mit sozialen Themen. 1982 komponierte er die Oper «Sennentuntschi» nach Hansjörg Schneiders gleichnamigem Schauspiel. Die Uraufführung 1983 in Freiburg im Breisgau machte wegen ihrer unverblümten sozialen Thematik im Alpenmilieu Schlagzeilen.

1994 kam an der Deutschen Oper Berlin Meiers Oper «Dreyfus – die Affäre» auf ein Libretto von George Whyte heraus. Das Stück zeigte Meier als politisch engagierten Komponisten, der von der Bewegung der 1968er Jahre geprägt war und zeit seines Lebens wenig von bürgerlichen Konventionen hielt. Im November 2017 fand seine letzte Oper «Marie und Robert» am Theater Orchester Biel Solothurn viel Beachtung.

Feines Ohr für das Zusammenspiel

Jost Meier war als Komponist kein Avantgardist oder Bilderstürmer. Er komponierte für Stimmen, Ensembles und Orchester mit dem feinen Gespür des Kenners und Könners und mit einem feinen Ohr für das Zusammenspiel. Zuletzt in seinem Konzert für Violoncello und Orchester, das im November 2019 in Biel uraufgeführt wurde. Damit schloss sich der Kreis zu Meiers eigenen Anfängen als Cellist und als Dirigent am Theater Orchester Biel Solothurn.

Jost Meiers mit grafischer Sorgfalt geschriebene Partituren befinden sich seit 2018 in der Vera-Oeri-Bibliothek der Musik-Akademie Basel. Er war ein akribischer Arbeiter und ein überaus liebenswürdiger, bescheidener Mensch, der einem im Gespräch mit leisem Humor und grosser Offenheit begegnete. Wie jetzt bekanntwurde, ist Jost Meier am 5. Dezember 2022 in Basel im Alter von 83 Jahren gestorben.

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