1. Startseite
  2. Lokales
  3. Garmisch-Partenkirchen

Ehrenbürger-Grab - ein Schandfleck

Kommentare

Schockierend: So sah vor wenigen Tagen noch die letzte Ruhestätte von Hermann Levi auf dem Grundstück des FDP-Gemeinderats Ecko Eichler aus. Die Grabplatte ist mit Laub bedeckt.
Schockierend: So sah vor wenigen Tagen noch die letzte Ruhestätte von Hermann Levi auf dem Grundstück des FDP-Gemeinderats Ecko Eichler aus. Die Grabplatte ist mit Laub bedeckt. © www.antikfotos.de

Garmisch-Partenkirchen - Trister geht’s kaum: Die letzte Ruhestätte von Hermann Levi sieht völlig verwahrlost aus. „So geht also die Gemeinde mit ihrem jüdischen Ehrenbürger um“, meinen Corinna Strebert und Joachim Sproll von der Aktion „Pro Hindenburgstraße“. Pikanterweise liegt das Grab auf dem Privatareal von FDP-Gemeinderat Ecko Eichler.

Die Fotos sind erschreckend: Eine umgekippte Holzabdeckung, dahinter ein Depot mit Dachziegeln und eine Holzlege. Die Grabplatte von Hermann Levi (1836 bis 1900) wird von einer Laubschicht bedeckt. Alles öde, überwuchert und völlig verwahrlost. Die letzte Ruhestätte des Garmisch-Partenkirchner Ehrenbürgers „als Müllhalde verkommen“, urteilen Corinna Strebert und Joachim Sproll von der Aktion „Pro Hindenburgstraße“.

Die schockierenden Fotos samt Begleittext haben die beiden nun in einer Rundmail an zahlreiche Entscheidungsträger und Institutionen im Ort verschickt. Für Strebert und Sproll steht fest, dass die Gemeinde von dem „schändlichen Zustand“ des ehemaligen jüdischen Mausoleums weiß, aber nichts dagegen getan hat. Nun aber werde genau jener Levi, „der bereits seit Jahren unter unwürdigen Bedingungen unter Müll und Baustoffresten begraben liegt“, von Lokalpolitikern für ihre Zwecke instrumentalisiert, „um Hindenburg aus dem Ort zu tilgen“. Denn ausgerechnet jener Levi, dem seit Jahrzehnten vergessenen und ignorierten Ehrenbürger, soll nun ein Teil der Hindenburgstraße gewidmet werden.

Ecko Eichler: Auf seinem Grundstück liegt das Levi-Grab.
Ecko Eichler: Auf seinem Grundstück liegt das Levi-Grab. © Thomas Sehr

Für ausreichend Sprengstoff vor der heutigen Sitzung des Gemeinderats ist also gesorgt. Dieser wird vermutlich mit großer Mehrheit den Namen des Reichspräsidenten, der eine lange Straße in Partenkirchen ziert, endgültig zu Grabe tragen. Was Strebert und Sproll unter allen Umständen verhindern wollen - im äußersten Fall mit einem Bürgerbegehren. In ihrem Kampf pro Hindenburg, der den Antisemiten Adolf Hitler zum Reichskanzler berufen hatte, führen die zwei den Juden Levi ins Feld. Dessen vielzitiertes Grab liegt pikanterweise auf dem Privatgrundstück von Ecko Eichler. Dieser ist nicht irgendjemand. Seit 2008 sitzt der Architekt für die FDP im Marktgemeinderat. Somit darf der Liberale heute auch über das Schicksal der Hindenburgstraße mitentscheiden. Zu Levi wolle er sich allerdings nicht äußern. „Ich denk’ gar nicht dran.“

Dass Eichler, der Ende der 1980er Jahre das riesige Areal oberhalb von Partenkirchen erwarb, ausgerechnet in der Ecke seine Dachziegel und sein Brennholz stapelt, wo die Grabstätte des Ehrenbürgers liegt, findet der Architekt nicht weiter schlimm. Bei der umgekippten Grababdeckung hingegen spricht er von einem „unglücklichen Zusammenspiel“. Denn zwecks Filmaufnahmen sei das Holzkonstrukt des Bauhofs kurzerhand umgeworfen worfen.

Inzwischen soll laut Rathaus-Sprecher Florian Nöbauer der - nicht minder unschöne - Urzustand wieder hergestellt sein. Er weist weiterhin auf den Denkmal-Charakter des einstigen Levi-Mausoleums hin. Nichts darf verändert werden, geschweige denn das Grab aufgelöst werden. Dies widerspreche der jüdischen Tradition.

Doch liegt nach zwölfjähriger Nazi-Barbarei Levi überhaupt noch in seiner letzten Ruhestätte? „Wir gehen davon aus, aber sicher wissen wir es nicht“, antwortet Nöbauer. In Allgemeinplätze flüchtet sich das Bürgermeister-Sprachrohr bei der Frage, warum die Gemeinde das Levi-Grab von Eichler nie erworben habe, um es dann gepflegt der Öffentlichkeit zu präsentieren. „Wir bleiben dran“, teilt Nöbauer mit.

Ein Ansturm am Levi-Denkmal wäre wohl nicht zu erwarten. Denn laut Eichler hat noch kein einziger Passant jemals bei ihm geklingelt, um das Grab zu sehen.

Christof Schnürer

Auch interessant

Kommentare

Teilen