Unmittelbar zwischen Haus Bitz und der katholischen Heilig-Geist-Kirche in Frechen-Bachem befindet sich in der Hubert-Prott-Straße eine Backsteinplastik, die – zumindest aus der Vogelperspektive von Luft- oder Satellitenbildern – deutlich die Form eines Hakenkreuzes erkennen lässt. Es handelt sich hierbei allerdings nicht um ein Relikt aus der NS-Zeit oder gar ein diesbezügliches Denkmal jüngerer Zeit, sondern um die künstlerische Darstellung eines stilisierten Sonnenrads, einer Swastika.
Ein Hakenkreuz im öffentlichen Raum? Neben der nachfolgend beschriebenen Backsteinplastik in Frechen-Bachem sind weitere Hakenkreuze im öffentlichen Raum bekannt, so z.B. ein 1938 in Hakenkreuzform angelegtes Wäldchen bei Zernikow in der Uckermark, das auch zu DDR-Zeiten noch je nach Jahreszeit aus der Luft erkennbar blieb und erst nach dem Jahr 2000 durch Fällung von einzelnen Baumreihen unkenntlich gemacht wurde. Eine Hauswand von 1933 in Spenrath (Gemeinde Jüchen) im Tagebaugebiet Garzweiler zeigte ein gemauertes Hakenkreuz, das erst mit dem Abriss der Ortschaft zwischen 2007 und 2011 verschwand (wikipedia.org, Swastika). Ferner sind in den USA zwei Gebäude bekannt, deren Grundrisse als Hakenkreuze erkennbar sind: Das Altersheim „Wesley Acres Retirement Home“ in Decatur (Alabama) und ein Militärgebäude der US-Marine in Kalifornien, die „Naval Amphibious Base“ der National University (spiegel.de, rp-online.de und maps.google.de).
Hakenkreuz, Swastika, Sonnenrad… Gerade in Deutschland provoziert und irritiert ein Hakenkreuz im öffentlichen Raum natürlich, stand doch die fürchterliche Herrschaft des Nationalsozialismus unter diesem Zeichen. Das auf der Spitze stehende und nach rechts gewinkelte Hakenkreuz wurde 1920 als angebliches Symbol der „arischen Rasse“ Parteizeichen der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und war von 1935-1945 als „nationales Symbol“ und Hoheitszeichen Bestandteil der Flagge des Deutschen Reiches. Eine öffentliche Verwendung und Verbreitung wird in Deutschland als Straftat im Sinne von § 86a des Strafgesetzbuchs („Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“) mit Geld- oder sogar Freiheitsstrafe bestraft.
Vom NS-Kontext abgesehen, ist ein Hakenkreuz seiner Form nach zunächst nichts weiter als ein Kreuz, dessen vier Arme in einer Richtung eckig oder in runder Form abgewinkelt bzw. gebogen dargestellt werden. Der Begriff „Swastika“ für diese Form stammt aus der alt-indischen Sprache Sanskrit, die ein entsprechendes Kreuzsymbol als Glücks- und Heilsbringer kennt. Auch andere zeitliche oder geographische Kontexte weisen dem Hakenkreuz unterschiedlichste Bedeutungen zu – insbesondere sind entsprechende Traditionen bereits seit den Metallzeiten bis ins frühe 20. Jahrhundert für Skandinavien und den Ostseeraum nachweisbar, hier meist als Ornament im Sinne eines Sonnenrads.
Die Frechen-Bachemer Backsteinplastik „Huset“ von Per Kirkeby Das Kunstwerk „Huset“ (von dänisch hus für Haus) in Frechen-Bachem wurde 1992 von dem weltbekannten dänischen Maler, Bildhauer, Architekten und Dichter Per Kirkeby (1938-2018) geschaffen, der seit den 1980er-Jahren monolithische Backsteinplastiken anfertigte. Die Präsenz des Künstlers in Frechen wurde durch das Galeristenpaar Jule und Michael Kewenig (heute Köln und Palma de Mallorca) gefördert, das seinerzeit in Haus Bitz eine Kunstgalerie führte. Die öffentliche Einweihung der nach ihrer Errichtung umstrittenen Plastik – die innere Struktur war im Vorhinein nicht bekannt – erfolgte erst 1993.
„Anfangs war die Plastik sehr umstritten, da die innere Struktur von vier Wänden aus rotem Backstein mit jeweils einem langen Fenster von oben gesehen eine spiegelverkehrte Hakenkreuzform darstellt. Diese ist das Ergebnis der Raum- und Lichtstrategie des Künstlers. Der quadratische Grundriss des Kunstwerkes korrespondiert mit dem quadratischen Kirchturm der gegenüber gelegenen Heilig-Geist-Kirche. Die Innenkonstruktion der Plastik versinnbildlicht die Idee eines Labyrinths und nimmt gleichzeitig Bezug auf die ursprüngliche, in vielen Kulturen verbreitete, positive Bedeutung des Symbols als eines stilisierten Sonnenrads.“ (naturpark-rheinland.de)
Ein Mahnmal zum Gedenken an NS-Opfer? Obgleich die Swastika-Form der Plastik „Huset“ im Vergleich zum bekannten NS-Hakenkreuz spiegelverkehrt ist (nämlich nach links gewinkelt), interpretiert selbst der Frechener Geschichtsverein einen entsprechenden Bezug: „Interessant ist auch ein kleines Backsteindenkmal in Richtung des Pfarrheims; von oben betrachtet ist es ein Hakenkreuz und mahnt an die Opfer des Nationalsozialismus.“ (frechener-geschichtsverein.de) Möglicherweise ist infolge der Diskussionen 1992/93 eine spätere Nachdeutung oder Erweiterung der Bedeutung der Plastik erfolgt, doch erwähnt weder der hier maßgebliche Gedenkstätten-Führer von Hesse/Purpus (2008) ein Mahn- oder Gedenkmal an diesem Ort, noch findet sich ein entsprechender Hinweis am Objekt. Von außen ist die Backsteinplastik – auch von erhöhten Standpunkten in der unmittelbaren Umgebung aus – nicht als Hakenkreuz erkennbar.
Internet www.spiegel.de: „USA: Altersheim in Hakenkreuzform soll umgebaut werden“ (Artikel vom 14.03.2008, abgerufen 20.03.2013) www.rp-online.de: RP-online, „Das Hakenkreuz-Gebäude in San Diego“ (undatierter Artikel, abgerufen 20.03.2013) maps.google.de: Satellitenbild-Ansichten von „Acres Retirement Home, Cedar Lake Road Southwest, Decatur, Alabama, Vereinigte Staaten“ und „Tulagi Road, Coronado, CA 92118, Vereinigte Staaten“ (abgerufen 20.03.2013) de.wikipedia.org: Swastika (abgerufen 27.02.2013) de.wikipedia.org: Per Kirkeby (abgerufen 17.01.2013) einestages.spiegel.de: „Gepflanzte NS-Symbole – Das Hakenkreuz im Wald“ (Artikel vom 03.07.2013, abgerufen 04.07.2013, Inhalt nicht mehr verfügbar 13.12.2022) www.wdr3.de: Vom Gero-Kreuz zum Bayerkreuz: Fünf Kreuze aus Nordrhein-Westfalen (WDR 3 Mosaik, Autor: Detlev Arens, 08.-11.04.2014, abgerufen 14.04.2014, Inhalt nicht mehr verfügbar 31.05.2017) www.naturpark-rheinland.de: Backsteinplastik von Per Kirkeby (abgerufen 17.01.2013, Inhalt nicht mehr verfügbar 18.02.2020) www.frechener-geschichtsverein.de: Eigentlich zwei Dörfer: Bachem (abgerufen 17.01.2013, Inhalt nicht mehr verfügbar 31.05.2017) www.frechener-geschichtsverein.de: Eigentlich zwei Dörfer: Bachem (unter anderer Internet-Adresse abgerufen 31.05.2017, Inhalt nicht mehr verfügbar 18.02.2020)
Gedenken und Erinnern im Rhein-Erft-Kreis. Ein Führer zu Mahnmalen, Denkmälern und Gedenkstätten des Ersten Weltkriegs und zur NS-Zeit (sowie des Zweiten Weltkriegs). (Schriftenreihe der Kunst- und Museumsbibliothek der Stadt Köln, 3.) Essen.
Wensky, Margret (1978)
Frechen. (Rheinischer Städteatlas, Lieferung IV, Nr. 22.) Köln.
Backsteinplastik „Huset“ von Per Kirkeby in Bachem
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Möchten Sie dieses Objekt in der Kuladig-App öffnen?
Wir verwenden Cookies
Dies sind zum einen technisch notwendige Cookies,
um die Funktionsfähigkeit der Seiten sicherzustellen. Diesen können Sie nicht widersprechen, wenn
Sie die Seite nutzen möchten. Darüber hinaus verwenden wir Cookies für eine Webanalyse, um die
Nutzbarkeit unserer Seiten zu optimieren, sofern Sie einverstanden sind. Mit Anklicken des Buttons
erklären Sie Ihr Einverständnis. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Datenschutzseite.