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„Dog Whistling“: Subtile Botschaften für Insider

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27.09.2024 10:00

Dog Whistling könnte man mit dem Nutzen einer Hundepfeife übersetzen. Das klingt zunächst nicht problematisch. Mit einer Hundepfeife ruft man schließlich nur sein Haustier herbei. Doch das Dog Whistling als rhetorische Taktik hat es in sich. Es handelt sich hier um versteckte Botschaften, die nur von der Zielgruppe richtig verstanden werden, während andere sie für harmlos halten. Was es damit auf sich hat und wie man Dog Whistles erkennen und angemessen auf sie reagieren kann, erfahren Sie in diesem Artikel.

Wenn Worte verschleiern
Eine Hundepfeife ist auf den ersten Blick ein nützliches Utensil. Sie dient dazu, einem abgerichteten Hund einen Befehl zu geben – zu seinem Herrchen oder Frauchen zu kommen. Dabei kann sie Töne erzeugen, die für das menschliche Gehör nicht wahrnehmbar sind. Der Hund reagiert aber darauf. Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Dog Whistling. Die Gruppe der Nicht-Eingeweihten hat keinen Einblick in die Bedeutung bestimmter Begriffe oder Sprüche, während die Insider die Botschaft deutlich und auf die richtige Art und Weise verstehen. Nämlich so, wie sie gemeint war. Gegenüber den anderen kann sich derjenige, der diese Hundepfeifen-Taktik benutzt, im Fall eines Falles auch gut herausreden. Immerhin handelt es sich vordergründig ja nur um neutrale oder sogar positiv besetzte Wörter.

(Bild: APA/dpa/Sebastian Kahnert)

Dog Whistling im Online-Diskurs
Erstmals Verwendung fand der Begriff des Dog Whistlings als Taktik 1988 durch den Reporter Richard Morin. Besonders gern wird diese von politischen Akteurinnen und Akteuren verwendet. Einerseits, um ein Gruppengefühl zu erzeugen (das berühmte „Wir“ gegen „die anderen“), andererseits, um Feindbilder zu markieren. Das funktioniert besonders online sehr gut; mit dieser Technik lassen sich Diskurse leiten oder „Shitstorms“ provozieren. In der rechten und rechtsextremen Szene ist das Dog Whistling beispielsweise sehr verbreitet. Dadurch werden fremdenfeindliche Botschaften codiert, sodass sie für alle außerhalb dieser Filterblasen nicht direkt erkennbar sind. Beliebte abwertende Ausdrücke für Flüchtlinge oder Migranten wie „Goldstück“, „Facharbeiter“ oder „Neubürger“ mögen erst einmal nicht problematisch und sogar euphemistisch wirken, haben aber in gewissen Kreisen eine ganz klar rassistische Bedeutung.

Das kann im Grunde mit allen Wörtern passieren, nicht einmal Emojis sind davor gefeit. Man nehme als Beispiel den Begriff „Remigration“: eigentlich sozialwissenschaftlicher Jargon, der das Phänomen beschreibt, wenn Menschen aus einem anderen Land nach einer gewissen Zeitspanne in ihre alte Heimat zurückkehren. Dieser wird von Rechtsextremen gern verwendet und entsprechend umgedeutet. Hier geht es dann um die staatlich gesteuerte und unter Umständen zwanghafte Außerlandesbringung von nicht erwünschten Migrantinnen und Migranten. Auch bewusst doppeldeutige Begriffe oder Sätze fallen in diesem Kontext unter Dog Whistling, etwa wenn ein Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der Schande“ bezeichnet wird.

(Bild: stock.adobe.com, krone.at-Grafik)

Dog Whistling ist damit auch eng mit Verschwörungserzählungen verknüpft. Durch die Nutzung scheinbar harmloser Begrifflichkeiten, die in anderen Kontexten keine negative Bedeutung haben, schreckt man gemäßigte Personen nicht gleich von vornherein ab. Da spricht man dann zum Beispiel im Kontext antisemitischer Verschwörungserzählungen von einer „Elite“, der „Ostküste“ oder den „Globalisten“ und stellt damit für alle Wissenden klar heraus, welche Feindbilder man transportiert, während arglose Menschen außerhalb dieser Gruppe solche Bezeichnungen als rein deskriptiv interpretieren können. Zudem umgeht man auf diese Weise die Kritik, mit der man durch die Äußerung extremistischer, rassistischer oder verschwörerischer Aussagen rechnen muss. Und schlussendlich kann man immer noch sagen, dass man ja um diese „Codewörter“ gar nicht gewusst und es daher gar nicht so gemeint habe.

(Bild: APA/AFP/Alex HALADA)

Der richtige Umgang mit Dog Whistling
Es ist gar nicht so einfach, diese Taktik zu erkennen und dagegen vorzugehen, gerade in den sozialen Medien. Allgemein ist es wichtig, die Medienkompetenz der Menschen zu fördern und Aufklärungsarbeit zu leisten. Auch die Moderation von Inhalten und Algorithmen und KI können dabei helfen, Dog Whistling zu entlarven und nicht weiterzuverbreiten. Doch wie können Sie persönlich am besten mit dieser Thematik umgehen?

  • Erkennen Sie die Taktik: Informieren Sie sich über bekannte und beliebte Dog Whistles. Bleiben Sie außerdem wachsam und achten Sie auf verwendete Begriffe, besonders in Themenbereichen, in denen die Wogen schnell hochgehen können. Wenn Ihnen Wörter in bestimmten Kontexten immer wieder auffallen, informieren Sie sich bei vertrauenswürdigen, offiziellen Quellen über deren mögliche weitere Bedeutungen.
  • Benennen Sie Dog Whistles: Wenn Sie Dog Whistles entlarvt haben, weisen Sie auf diese hin und erläutern Sie deren versteckte Bedeutung. So helfen Sie auch aktiv mit, ein Bewusstsein für diese Taktik zu schaffen.

  • Achten Sie auf Ihre eigene Sprache: Achten Sie bei sich selbst darauf, welche Begrifflichkeiten Sie in welchem Bezugsrahmen verwenden. Seien Sie in Ihrer Sprache möglichst präzise und transparent. So vermeiden Sie auch Missverständnisse. 

  • Gehen Sie in einen offenen Diskurs: Durch offene und inklusive Diskussionen werden Dog Whistles ausgebremst und verlieren an Bedeutung.

  • Unterstützen Sie Betroffene: Wenn Ihnen Personen auffallen, die durch Dog Whistles direkt oder indirekt angegriffen werden, unterstützen Sie diese und halten Sie dagegen. Gemeinsam ist man immer stärker.

Dog Whistling setzt ein gewisses Lagerdenken voraus. Die verschiedenen Gruppen einer Gesellschaft verstehen damit Äußerungen auch auf unterschiedliche Art. Das machen sich Personen, die auf die Hundepfeifen-Taktik zurückgreifen, zunutze und können damit einen Diskurs auf mehrere Arten vergiften. Lassen wir das nicht zu und bleiben wir möglichst auf allen Ebenen sachlich. Auf diese Weise kommen nämlich die fruchtbarsten Gespräche zustande.

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