Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache

Zwitter, der

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GrammatikSubstantiv (Maskulinum) · Genitiv Singular: Zwitters · Nominativ Plural: Zwitter
Aussprache  [ˈʦvɪtɐ]
Worttrennung Zwit-ter
Wortbildung  mit ›Zwitter‹ als Erstglied: Zwitterbildung · Zwitterblüte · Zwitterdasein · Zwitterding · Zwitterform · zwitterhaft · Zwitternatur · Zwitterstellung · Zwittertum · Zwitterwesen · zwittrig / zwitterig
ZDL-Vollartikel

Bedeutungen

1.
Lebewesen mit sowohl männlichen als auch weiblichen Geschlechtsorganen und Geschlechtsmerkmalen, als individuelle Abweichung oder typisches Individuum einer Spezies
Synonym zu Hermaphrodit, Oberbegriff zu Intersexuelle
In Bezug auf Menschen wird diese Bezeichnung heute oft als unangemessen und diskriminierend empfunden.
Beispiele:
Regenwürmer sind Zwitter, jedes Tier besitzt Hoden und Eierstöcke. [Der Tagesspiegel, 16.01.2024]
Was bei Wirbeltieren fast ausnahmslos vorkommt, ist bei Blütenpflanzen eher eine Seltenheit: Nur etwa sechs Prozent der rund 250.000 bekannten Blütenpflanzenspezies weisen getrennte Geschlechter auf (Diözie). Alle anderen Blütenpflanzen sind Zwitter mit Fortpflanzungsorganen beider Geschlechter entweder in einer einzelnen Blüte oder zumindest an einer Einzelpflanze. [Der Standard, 12.10.2014]
Früher ging es noch nicht um fluide Identitäten, sondern um genetische Uneindeutigkeiten, also um »Zwitter«, wie man damals sagte. [Neue Zürcher Zeitung, 25.11.2022]
Intersexuelle Menschen (gebräuchlich sind auch die Begriffe Hermaphroditen und Zwitter), also Personen, deren körperliche Geschlechtsmerkmale dem männlichen oder weiblichen Geschlecht nicht eindeutig zugeordnet werden können, werden in ihrer Geschlechtsuneindeutigkeit nicht anerkannt. Das Personenstandsgesetz (PStG) verpflichtet zur Geburtsanzeige binnen einer Woche nach der Geburt und zur eindeutigen Festlegung des Geschlechts. [Deutscher Bundestag: Menschenrechte in Deutschland schützen, respektieren und gewährleisten, 06.04.2011, aufgerufen am 12.12.2023]
Die Kreuzbefruchtung ist […] in der gesamten Natur oberstes Gesetz und so kommt es, daß auch bei den Zwittern fast stets zwei Tiere zur Fortpflanzung notwendig sind. [von Buddenbrock, Wolfgang: Das Liebesleben der Tiere. Bonn: Athenäum 1953, S. 179]
2.
übertragen Sache, die Merkmale zweier sehr unterschiedlicher, oft eigentlich miteinander unvereinbarer Identitäten aufweist
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: ein eigenartiger, merkwürdiger, seltsamer, unglücklicher Zwitter
Beispiele:
Unter dem Titel »Mitläufer« fand im Marstall die Uraufführung dieses interessanten Zwitters aus Dokumentation und Fiktion statt. [Mittelbayerische, 21.11.2023]
Die Brandenburgische Technische Universität Cottbus‑Senftenberg (BTU), die einst als Zwitter von Fachhochschule und Universität gegründet wurde, soll zu einer reinen Universität werden. [Der Prignitzer, 14.03.2024]
Das Polohemd trägt sich lässig wie ein T‑Shirt, vollzieht mit seinem Kragen aber die Silhouette des Oberhemds nach. Seine Kernbotschaft: So lässig geht Korrektheit! Das Polo steht als Zwitter zwischen Shirt und Hemd. [Neue Osnabrücker Zeitung, 17.07.2023]
Während reine Elektroautos nach wie vor eher ein Schattendasein auf den internationalen Märkten führen, sagen Experten den »Zwittern«, die sich sowohl in der Verbrennertriebwerk‑ als auch in der E‑Motor‑Welt im wahrsten Sinne des Wortes bewegen, eine große Zukunft voraus. [Allgemeine Zeitung, 01.08.2015]
Gustav Adolf runzelte die Stirn und sagte, er verwundere sich, daß er in Deutschland so oft das Wort Neutralität vernehmen müsse. Was denn das für ein Ding sei? Das sei nicht kalt, nicht warm; nicht weiß, nicht schwarz; nicht gut, nicht böse; ein unaufrichtiger, unbrauchbarer Zwitter; damit wolle er sich nicht abgeben. [Huch, Ricarda: Der Dreißigjährige Krieg, Wiesbaden: Insel 1958 [1914], S. 563]

letzte Änderung:

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)

Etymologie

Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Zwitter m. ‘Lebewesen mit männlichen und weiblichen Geschlechtsmerkmalen, Hermaphrodit’, ahd. zwitarn ‘außereheliches Kind (von einander nicht ebenbürtigen Eltern), Bastard’ (9. Jh.), mhd. zwitarn, zwitorn ‘Bastard, (vermeintlich) zweigeschlechtiger Mensch’ enthält als ersten Wortbestandteil wie entsprechendes schwed. (mundartlich) tveto(r)na sowie isl. tvítóli, tvítóla, schwed. (mundartlich) tve-, tvätola, dän. tvetulle ‘Hermaphrodit’ das unter zwie- (s. d.) behandelte Kompositionsglied mit der Bedeutung ‘zweifach, doppelt’. Die Herkunft des zweiten Wortteils von ahd. mhd. zwitarn ist ungeklärt. Für die nord. Formen kann dagegen anord. tōl ‘Werkzeug’, aschwed. tōl ‘Werkzeug, Genitale’, aengl. tōl ‘Werkzeug, Waffe’, engl. tool ‘Werkzeug’ als Grundwort angenommen werden, so daß sich vielleicht eine Anknüpfung an die unter 2Tau n. (s. d.) behandelte Wortgruppe ergibt und isl. tvítóli usw. als ‘zweifach Geschlechtsglieder Aufweisender’ gedeutet werden könnte (vgl. mnd. mannes tow, sīn manlīke touwe ‘Penis’). Zwitter bedeutet im Dt. zunächst ‘Abkömmling von zwei Wesen unterschiedlicher Art’ (besonders von einander nicht ebenbürtigen Eltern), ‘Kebskind’ (besonders von einer Mutter fremden Stammes), erst danach ‘zweigeschlechtiges Wesen’, sowohl von Menschen (13. Jh., in Mythos und Sage sowie bei scheinbarer, auf Mißbildung beruhender Doppelgeschlechtigkeit) wie (mit zum Teil echter Zwitterbildung) von niederen Tieren und Pflanzen (18. Jh.). Echte Zwitterbildung bei Menschen, also Zeugungs- und Gebärfähigkeit nebeneinander, gibt es nicht.

Bedeutungsverwandte Ausdrücke

Gynander · Hermaphrodit · Intersex · Zwitter

Typische Verbindungen zu ›Zwitter‹ (berechnet)

Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Zwitter‹.

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Zitationshilfe
„Zwitter“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Zwitter>.

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