Kluge, Kurt
- Lebensdaten
- 1886 – 1940
- Geburtsort
- Lindenau bei Leipzig
- Sterbeort
- Eben Emael bei Lüttich
- Beruf/Funktion
- Dichter ; Bildhauer ; Erzgießer ; Bildgießer ; Restaurator ; Hochschullehrer ; Schriftsteller
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 118723618 | OGND | VIAF: 12327434
- Namensvarianten
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- Kluge, Kurt
- Kluge, Curt
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Kluge, Kurt
Dichter, Bildhauer, Erzgießer, * 29.4.1886 Lindenau bei Leipzig, † 26.7.1940 Eben Emael bei Lüttich. (evangelisch)
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Genealogie
V Otto (1853–1910), Oberlehrer, Friedensrichter u. Organist in L., S d. Müllers u. Getreidehändlers Friedrich aus Zappendorf b. Eisleben u. d. Leopoldine Emilie Baumgarte;
M Amanda (* 1853), T d. Gutsbes. u. Schmiedemeisters Robert Koch in Nietleben b. Halle u. d. Friederike Emilie Fritzsche;
⚭ Rostock 1915 Carla (* 1894), T d. Amtsgerichtsdir. Constantin Heidensleben u. d. Marta Callies;
1 S (⚔), 1 T. -
Biographie
K., der schon früh eine vielseitige musische Begabung zeigte, besuchte nach dem Abitur in Leipzig das Lehrerseminar in Oschatz und|wurde zunächst Lehrer. 1909/10 studierte er an der Kunst-Akademie in Dresden, dann in Leipzig bei →Max Klinger und →Alois Kolb, um sich als Graphiker, Maler, Bildhauer und vor allem als Erzgießer auszubilden. Es entstanden Porträtbüsten von →Richard Dehmel (1913) und Arthur Nikisch. Bei Kriegsbeginn wurde K. eingezogen und bereits am 21.10.1914 bei Becelaere in Belgien schwer verwundet. Nach seiner Genesung arbeitete er als Zeichenlehrer und richtete in seinem Leipziger Atelier eine Erzgießerei ein. 1921 erhielt er durch Vermittlung von Arthur Kampf in Berlin eine Professur an der Hochschule für freie und angewandte Kunst und leitete hier bis zu seinem Tod eine Klasse für Erzplastik. Zugleich betätigte er sich als „Staatsklempner“, wie er sich ausdrückte, indem er vom Verfall bedrohte deutsche Erzdenkmäler wie Schadows Quadriga auf dem Brandenburger Tor, Rauchs Friedrich II., den heiligen Michael am Koblenzer Tor in Bonn oder Bleifiguren im Park von Herrenhausen bei Hannover wiederherstellte. Er schuf jedoch auch selbst öffentliche Bildwerke, so in Berlin ein Denkmal des Alexander-Regiments auf dem Soldatenfriedhof an der Hasenheide (1923), einen Schildkrötenbrunnen in Marburg/Lahn (1930) und ein Gefallenen-Gedächtnismal zu Güstrow (1932). Ausgedehnte Studienreisen führten ihn nach Island, Italien und in den östlichen Mittelmeerraum; ihr wichtigster Ertrag war das mit Karl Lehmann-Hartleben geschaffene dreibändige Werk „Die antiken Großbronzen“ (1927), auch wies er eine antike griechische Werkstatt in Olympia nach.
Seit etwa 1930 drängte es K. immer mehr zum dichterischen Wort, um das „menschliche Herz zu erreichen“ und etwas von jenem Übergreifenden zu vermitteln, für das Leben und Tod nur Wandelerscheinungen seien. Sein Erstling allerdings, ein unruhvolles Künstlerbekenntnis „Grevasalvas, Die Geschichte eines entfachten Menschen“, fand keinen Verlag und wurde erst postum (1942) gedruckt. Veröffentlicht und sogar im Deutschen Theater zu Berlin uraufgeführt wurde hingegen 1933 sein Schauspiel in 10 Bildern „Ewiges Volk“, das von den Kämpfen der Kärntner um 1918 handelt, und Anfang 1934 erschien sein Handwerkerroman „Der Glokkengießer Christoph Mahr“. Widerhall eigener Erfahrungen mit archäologischen Fachgenossen und griechischem Volksleben sind die Erzählung „Die gefälschte Göttin“ (1935) und das Lustspiel „Die Ausgrabung der Venus“ (1933). Doch erst 1938 kam es zum literarischen Durchbruch mit K.s Hauptwerk „Der Herr Kortüm“, einem Roman in 5 Büchern, in den „Die silberne Windfahne“ (1935) und „Das Flügelhaus“ (1937) eingeschmolzen waren. Zu der Gestalt von Kortüm, einem schrullig weisheitsvollen Hamburger Kapitän und Weltfahrer, der als Gastwirt ins Thüringer Bergland verschlagen ward und der hier seine Umwelt ständig überrascht und erregt, hat ein seinerzeit in Ilmenau als Original bekannter Schöffenwirt Wollener manchen Anstoß gegeben. Im Geiste von →Wilhelm Raabe und →Jean Paul entstand so auf eigentümlich obersächsisch-thüringische Weise ein Hauptwerk unserer humoristischen Literatur. K. selbst erklärte: „… ich habe die Unüberwindlichkeit eines von schöpferischen Händen bewegten Kosmos deutlich machen wollen … und die Tiefe des deutschen Herzens … und das unerschütterliche Primat des schöpferisch Lebendigen vor dem starren Haben“. In seinem letzten Roman „Die Zaubergeige“ (1940, 1976 circa 450 Tausend), dessen Erscheinen er noch erlebte, ist das Thema „Leben und Leiden des Geistigen im Irdischen“, sein musikalisches Motiv: Mozarts Rondo in a-Moll; als Fabel schildert er einen armen Musiklehrer, der mit einer im Museum „gefundenen“ Stradivari eine märchenhaft romantische Irrfahrt durchmacht. Der Erfolg dieses bald auch verfilmten Werkes war – gerade während der Kriegsnöte – außerordentlich. K. starb auf einer Autoren-Reise an die Westfront. 1941 erschienen noch von ihm selbst ausgewählte „Gedichte“, geprägte Zeugnisse seines Unsterblichkeitsglaubens: „Du mußt dich nicht fürchten/Denn unsere Augen werden sehender/Von Tod zu Tod“.
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Werke
Weitere W Die Gestaltung d. Erzes u. ihre techn. Grundlagen, 1928;
Der Nonnenstein, 1936, wieder u. d. T. Der Gobelin, 3 Novellen, 1942;
Das Gold v. Orlas, Drama, 1937;
Nocturno, 1939;
Der höhere Befehl, Film, 1935;
Joh. Seb. Bach, Hörspiel, 1935;
Werke, 2 Bde., 1948;
Lebendiger Brunnen, Eine Briefausw. v. Carla Kluge (Ehefrau) u. M. Wackernagel, 1952 (P);
Die Sanduhr, Erzz., Funk- u. Filmtexte, Essays, Aufzeichnungen, hrsg. v. Carla Kluge u. H. Grothe, 1966. -
Literatur
Dank an K. K., Bll. z. Gedächtnis d. Dichters, 1940;
H. Günther, in: Die Lit., Nov. 1940;
R. Pechel, in: Dt. Rdsrh., Sept. 1940;
Joh. Granau (d. i. S Wolfg. Kluge), in: Die Neue Lit., 1942, H. 8/9 (Bibliogr. v. E. Metelmann, P);
M. Wackernagel, Der Bildhauer K. K., 1930 (mit 66 Abb.);
H. Poepping, Der Typus d. Deutschen im Werke K. K.s, 1942;
M. Zirnig, K. K., Die Gestaltung v. Kunst u. Künstlertum in s. Werken, Diss. Wien 1943 (ungedr.);
H. Lauer, K. K., Der Herr Kortüm: Weltbild u. humorist. Lebensgefühl, Diss. Münster 1947 (ungedr.);
P. Fechter, in: Menschen u. Zeiten, Begegnungen aus 5 J.zehnten, 1948, S. 216-30;
ders., in: Gesch. d. dt. Lit., 1952, S. 635-39;
Karl O. Schmidt, Die Sprache K. K.s, in: Die Muttersprache, 1951, H. 1;
A. Krüger, Der|humorist. Roman mit gegensätzl. verschränkter Bauform, →Jean Paul, →Wilhelm Raabe, K. K., 1952;
V. Sommer, Der Künstler K. K. u. d. schöpfer. Mensch in s. Dichtung, Diss. Bonn 1953 (ungedr.);
K. K. z. 70. Geb.tag, 1956;
Hermann Meyer, K. K., Der Herr Kortüm, in: Der Sonderling in d. dt. Dichtung, 1963;
ThB;
Rhdb. (P). - Kurt Kluge Archiv, Berlin-Nikolassee, Krottnaurerstr. 64. -
Autor/in
Karl August Kutzbach -
Zitierweise
Kutzbach, Karl August, "Kluge, Kurt" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 142-144 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118723618.html#ndbcontent