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18.06.2021

Experiment in der Dorfmitte

Wohnhaus in Goldern von Almannai Fischer Architekten


Wie kann zukunftsfähiges Bauen auf dem Land aussehen? Almannai Fischer Architekten beantworten diese Frage mit einem Wohnhaus, das sich irgendwo zwischen traditionellem Bauernhaus, modernistisch anmutender Villa und Vierseithof bewegt, wie das Büro mit Sitz in München und Goldern im sehr ausführlichen Text zum Projekt NeoGoldern mitteilt. Das Resultat sei weder Einfamilien- noch Mehrfamilienhaus, sondern ein Wohngebäude aus Mauerwerk, Stahl- und Sichtbeton, das sich unproblematisch an unterschiedliche Nutzungsszenarien anpassen lässt und bis zu vier Wohneinheiten, ein Gästeapartment und eine Gewerbeeinheit im Erdgeschoss integriert. Aktuell als Mehrfamilienhaus mit Atelier und kollektivem Hof angelegt, könnte demnach künftig genauso gut eine Teilung in zwei Doppelhaushälften erfolgen oder eine Alters-WG einziehen. Freisitz und Dachterrasse ließen sich bei Bedarf zu zusätzlichen Räumen ausbauen.

Realisiert wurde das Projekt im Zentrum der Gemeinde Goldern, unweit von Landshut gelegen. Almannai Fischer führten dabei die Leistungsphasen 1 bis 8 aus. Der Neubau mit einer Bruttogrundfläche von 830 Quadratmetern ersetzt ein früheres Bauern- und Gasthaus, das nach 20-jährigem Leerstand akut einsturzgefährdet war. Die Bauherren kommen aus dem familiären Umkreis der Architekt*innen, was die Möglichkeit des Experiments eröffnete. Nicht ohne einen gehörigen Schuss persönlicher Romantik habe man dabei eine Vielzahl von Motiven versammelt, erklärt das Büro, und sich dabei von den im Dorf ablesbaren Zeitschichten inspirieren lassen.

Insbesondere orientierten sich die Architekt*innen an der Typologie des regionaltypischen Bauernhauses mit dem sogenanntem Fletz, einem breiten Mittelflur in Gebäudequerrichtung, in dem auch die Haupttreppe untergebracht ist. Darum herum spannen sie einen „ambivalenten Umgang mit Raum und Grundriss“, der vom loftähnlichen Studio über ein Gästeapartment bis zur zweigeschossigen Wohneinheit mit interner Treppe reicht. Die Küche im Erdgeschoss lässt sich über Faltschiebetüren zum Hof öffnen.

Die liegenden zweiteiligen Fenster wollen Almannai Fischer als Referenz auf die Architektur der 70er Jahre gelesen wissen, das Übereck-Fenster im ersten Obergeschoss als modernistisches Zitat. Die unterschiedliche Gestaltung der Fassaden bezeichnen sie als „kraftvoll-archaisch“ zur Straße hin, „poetisch-nebensächlich“ nach Osten, offen und zum Hof orientiert im Westen. Die Rückfassade mit wenig Fenstern im Norden gebe dem Gebäude „echten, auch physischen Halt“. Auch wenn das Haus bereits bezogen wurde, sei es längst noch nicht fertig, resümieren Almannai Fischer mit selbstkritischem Blick. Das rohe Erscheinungsbild sei gewöhnungsbedürftig, das Dachgeschoss im Ausbau begriffen. Ein Projekt also wie gemacht für künftiges „Weiterbauen“. (da)

Fotos: Sebastian Schels (The PK. Odessa Co)


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