letzte Aktualisierung | 19.08.2008
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Die Ausgrabungen in Wetzlar-Dalheim 2002/2003

Nach der Ausgrabung des ersten keltischen Schmiedeplatzes Hessens in Lahnau-Atzbach im Jahr 2000 fanden in 2002 und 2003 bei Wetzlar-Dalheim im Rahmen des Projekts gezielte archäologische Untersuchungen zur Erforschung frühmittelalterlicher Eisenverhüttung in der Region statt.

Das Areal bei Dalheim war für die Ausgrabung ausgewählt worden, da hier im Rahmen des Forschungsprojektes ein altes Eisenrevier lokalisiert worden war, an dem sich, wie sich mittlerweile gezeigt hat, die Geschichte und Technik der Eisengewinnung von den Anfängen bis zu den Hochöfen der Firma Buderus untersuchen und nachvollziehen lässt.


Abb. 5

 

Innerhalb einer großen, über mehrere Perioden besiedelten Fläche mit zahlreichen Gruben, Grubenhäusern und vermuteten metallurgischen Anlagen erbrachte die Grabungsfläche in der Tat die erwarteten Relikte antiker Eisengewinnung- und Schmiedetätigkeit (Abb. 5,6).

 

Dicht gepackt fanden sich in einer großen Grube die Bruchstücke eines oder mehrerer Schmelzöfen der Rennfeuerverhüttung und Schmiedeherde. Keramikfunde und 14C-Daten aus den Holzkohlen der Grubenfüllung zeigen, dass hier am Ende der Merowingerzeit bzw. der frühen Karolingerzeit (7./8. Jahrhundert n. Chr.) eine Eisenproduktionsstätte bestanden hatte. Die Grube enthielt vermutlich die Schlacken und Ofenbruchstücke einer kompletten Betriebseinheit, was wichtige Einblicke in das Aussehen, die Funktion und den Produktionsumfang der Ofenanlagen erlauben wird.

Dieses 2002 erzielte Grabungsergebnis erlaubt bereits, den Beginn der frühmittelalterlichen Eisenproduktion in der Region vorzuverlegen, denn nach der historischen Überlieferung (Lorscher Kodex) ließ sich bisher erst seit dem 9. Jahrhundert lokale Eisengewinnung nachweisen.

 


Abb. 6


Abb. 7

Eine große Überraschung barg zudem der unmittelbar neben der frühmittelalterlichen Grube gelegene Befund 10006 (Abb. 7). Bereits 2002 zeichnete sich ab, dass hier die Spuren einer weitaus älteren Besiedlung dieses Platzes erfasst worden waren. Was zunächst wie ein Brunnenschacht aussah, entpuppte sich im Laufe der Grabungskampagne 2003 als eine über 2,5m tiefe Grube, die sich nach unten sackförmig verbreitert. Derartige Gruben sind aus der Bronze- und Eisenzeit bestens bekannt. In keltischer Zeit kennen wir Vertreter dieser Befundgattung von Großbritannien bis Ungarn. Sie werden meist als Gruben zur Vorratshaltung für Getreide und andere Nahrungsmittel interpretiert, die Dalheimer Grube gehört mit einem Fassungsvermögen von z.B. über 3 Tonnen Getreide zu den sehr großen Beispielen. Keramik und 14C-Untersuchungen bestätigen eine Datierung in die jüngere Eisenzeit, also in die Zeit, als das keltische Oppidum auf dem Dünsberg in voller Blüte stand. Diente die Dalheimer Grube tatsächlich der Getreidelagerung, dürfen wir für die zugehörige Siedlung eine beachtliche Größe und Bevölkerungszahl annehmen, die die Anlage derart großer Gruben notwendig machte. Was hier ursprünglich eingelagert wurde, lässt sich aber noch nicht sagen. Erst die Analyse von Erdproben aus der Einfüllung, die am Landesamt für Denkmalpflege in Wiesbaden auf botanische Reste untersucht werden, lassen hierüber genauere Aussagen erwarten.

Doch die eigentliche Überraschung wurde auf dem Boden der Grube entdeckt. Offensichtlich bevor oder während der Zufüllung der Grube in keltischer Zeit wurden verschiedene Tierteile nahe der Grubensohle in die Einfüllung eingebracht; Überreste mindestens dreier junger Schweine konnten teilweise noch im Skelettverband identifiziert werden (Abb. 8). Unmittelbar auf der Sohle fand sich zudem ein mächtiger Schlackenklotz von 30 kg Gewicht (Abb. 9), bei dem es sich um die basale Füllung eines Rennfeuerofens handelt. Er wurde zusammen mit den Tierteilen wohl gleichfalls als Opfer beim Zuschütten der aufgelassenen Grube deponiert. Gänzlich unerwartet schließt sich damit der Kreis zur Eisenverhüttung. Der Ofen, in dem diese Schlacke entstanden war, dürfte in der unmittelbaren Umgebung gestanden haben. Mit diesem unerwarteten Fund ist nun auch für die keltische Zeit eine lokale Eisenproduktion bei Dalheim nachgewiesen.
Abb. 8


Abb. 9

Die als Testgrabung angesetzte archäologische Untersuchung in Wetzlar-Dalheim erbrachte kaum erhoffte Ergebnisse für die frühe Besiedlung dieses Raumes. Im Verbund mit den umliegenden archäologischen Fundstellen zeichnet sich mittlerweile ein einmaliges kompaktes Eisenrevier ab. Deutschlandweit ist kein Fundplatz bekannt, an dem sich keltische (4.-1. Jahrhundert v. Chr.), römerzeitliche (1.-4. Jahrhundert n. Chr.), frühmittelalterliche (5.-9. Jahrhundert n. Chr.) sowie hoch- und spätmittelalterliche Relikte (10.-14. Jahrhundert n. Chr.) der Eisenproduktion auf einem Areal von nur wenigen 100m Ausdehnung nebeneinander erhalten haben. Die Region besitzt damit ein kulturgeschichtliches Denkmal ersten Ranges.

Literatur:

A. Schäfer, New Evidence of Early Iron Production in the Central Highlands of Germany. In: E. Hjärthner-Holdar, Chr. Risberg (Hrsg.), The Introduction of Iron in Eurasia. International Conference Uppsala 4.-8. 10. 2001 (im Druck).
A. Schäfer/ B. Schroth, Eisen für den Dünsberg? Nachweis keltischer Verhüttungsanlagen in Wetzlar-Dalheim, Lahn-Dill-Kreis. Hessen Arch. 2003 (2004) 49-51.
M. Doll, Schweine in der Grube - keltische Funde aus Wetzlar-Dalheim. Unpubl. Bericht zu den Tierknochenuntersuchungen der Ausgrabung Dalheim 2003. Tübingen 2004.
A. Schäfer, Produktionsstandort Wetzlar-Dalheim. 2000 Jahre Eisengewinnung am Ostrand des Rheinischen Schiefergebirges. Berichte der Kommission für archäologische Landesforschung in Hessen 7, 2002/2003, 194-207.
A. Schäfer/ N. Buthmann/ B. Zickgraf, Wetzlar-Dalheim vor Buderus. Zu den Anfängen der Eisengewinnung im Lahntal. Hessen Archäologie 2001 (2002), 120-123.
A. Schäfer/ B. Schroth, Testgrabungen an einem mehrperiodigen Verhüttungs- und Schmiedeplatz im Eisenrevier an der mittleren Lahn. Hessen Archäologie 2002 (2003), 145-148.
A. Schäfer/ Th. Stöllner, Frühe Metallgewinnung im Mittleren Lahntal. Vorbericht über die Forschungen der Jahre 1999-2001. Mit Beiträgen von N. Buthmann/B. Zickgraf, G. Gassmann, A. Kreuz und K. Röttger. Berichte der Kommission für archäologische Landesforschung in Hessen 6, 2000/2001, 83-111.

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