Ellen Widder: Elisabeth von Bayern († 1408), erste Ehefrau Friedrichs IV. - Leben und Sterben einer Fürstin, in: Herzog Friedrich IV. von Österreich (1403-1439). Akten der internationalen Tagung Landesmuseum Schloss Tirol, 19./20. Oktober 2017, hg. v. Gustav Pfeifer, Bozen/Bolzano 2018, S. 209-239., 2018
English/German: Elisabeth of Bavaria (1381-1408), daughter of King Ruprecht of the Palatinate and... more English/German: Elisabeth of Bavaria (1381-1408), daughter of King Ruprecht of the Palatinate and Countess Elisabeth of Nuremberg, wife of Duke Friedrich IV of Austria and Count of Tyrol, left few traces in the sources. Nevertheless, fragments of a short life cycle could be reconstructed from them. She probably spent the longest time in the Upper Palatinate. Her father came from the region, himself the son of a subsequent count palatine, and was only appointed as her successor late in life. Her mother was also at home in the area. Elisabeth's life became dynamic when her father not only inherited his estate, but also the German royal crown shortly afterwards. Thus she became his (sovereign) instrument and served his Italian plans as well as a pledge for the Habsburgs' attachment to his royalty. In this Elisabeth did not differ much from other princely daughters of her time. She had already completed the second decade of her life when the negotiations for the marriage with Frederick IV. of Austria, who was about the same age, began and dragged on for many years with interruptions. The marriage itself, on the other hand, lasted only one year and came to a tragic end. There is much to suggest that the couple felt affection for each other. To be mentioned are the generous regulations of her morning gift, the rapid pregnancy and the great grief of the surviving husband. Especially the days before her death make much of her life appear as if in a focal lens. This concerns the death of the child and its circumstances, the groups of people who surrounded her and, finally, the parties who later fought over her inheritance. This conflict was conducted by all legal means. It is doubtful whether the Habsburgs would have had any chance of winning it at that time. Only a generation later this already looked quite different.
Elisabeth von Bayern (1381-1408), Tochter König Ruprechts von der Pfalz und Burggräfin Elisabeths von Nürnberg, Ehefrau Herzog Friedrichs IV. von Österreich und Graf von Tirol, hat wenige Spuren in den Quellen hinterlassen. Dennoch ließen sich daraus Bruchstücke eines kurzen Lebenswegs rekonstruieren. Die längste Zeit dürfte sie in der Oberpfalz verbracht haben. Aus der Region stammte ihr Vater, selbst Sohn eines nachgeborenen Pfalzgrafen und erst spät zur Nachfolge berufen. Auch ihre Mutter war in der Gegend beheimatet. Elisabeths Leben bekam Dynamik, als ihrem Vater nicht nur sein Erbe zufiel, sondern kurz darauf auch die deutsche Königskrone. Damit wurde sie zu seinem (Herrschafts-)Instrument und diente seinen Italienplänen sowie als Faustpfand für die Bindung der Habsburger an sein Königtum. Darin unterschied sich Elisabeth nicht sonderlich von anderen Fürstentöchtern ihrer Zeit. Sie hatte bereits das zweite Lebensjahrzehnt vollendet, als die Verhandlungen für die Ehe mit dem etwa gleichaltrigen Friedrich von Österreich begannen und sich mit Unterbrechungen über viele Jahre hinzogen. Die Ehe selbst dagegen währte nur ein Jahr und nahm ein tragisches Ende. Vieles spricht dafür, dass die Ehepartner Zuneigung füreinander empfunden haben. Zu nennen wären die großzügigen Regelungen ihrer Morgengabe, die rasche Schwangerschaft und die große Trauer des hinterlassenen Ehemannes. Besonders die Tage vor ihrem Tod lassen vieles aus ihrem Leben wie im Brennglas erscheinen. Dies betrifft den Tod des Kindes und seine Umstände, die Personengruppen, die sie umgaben und schließlich die Parteien, die später um ihren Nachlass stritten. Dieser Konflikt wurde mit allen juristischen Mitteln geführt. Ob die Habsburger damals überhaupt eine Chance gehabt hätten, ihn zu gewinnen, darf bezweifelt werden. Nur eine Generation später sah dies bereits ganz anders aus.
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Papers by Ellen Widder
The couple had married in Rottenburg am Neckar at the end of November 1407. The region lay midway between the residences of Heidelberg and Innsbruck and had only been in Habsburg possession for a few decades at the time. Real estate and income in the region on the upper Neckar was also intended to serve as material security for Elisabeth's marriage property and her later provision as a widow. As part of the marriage contract, her father King Rupert, together with his sons and forty other persons from his entourage, had undertaken to pay the bride 40,000 florins 'Zugeld'; these were to be paid to the Austrian side in two annual instalments on 23 April 1407 and 1408 and supplemented by the husband's family in the same amount.
Together with the morning gift, they formed the so-called marriage property (lat. dos), the material basis of the wife (and later widow), who, with her marriage, also left her family of origin in terms of property law and entered into a new family relationship with her husband. The formal conclusion of this transaction was the renunciation of inheritance by the spouses to the female family of origin, which in this case took place on 23 November 1407.
This article discusses and edits a register listing the income accruing to Elisabeth from Rottenburg am Neckar and the surrounding area. It was compiled in the course of investigations and measures taken by an Electoral Palatine commission of enquiry that visited the region on the upper Neckar in the spring of 1408 because of the dowry to be paid. This rare document provides an insight into the practice of such commissions, on the other hand, it provides a glimpse into the economic structure and efficiency of the landscape on the upper Neckar in the period shortly after 1400, showing the diversity of its taxes and levies and the forms of their availability. First, the actors are introduced, then the register is analysed in its context of origin and its potential for expression, and finally edited and commented on. In addition, a document from the Electorate of Palatinate from 1429, which is now in the Austrian House, Court and State Archives in Vienna, is consulted, which provides important information on the immediate conditions of its creation and sheds light on the purpose of the undated document.
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Im Jahr 1408 starb im Kindbett Elisabeth von Bayern († 1408), Pfalzgräfin bei Rhein. Sie war eine Tochter des deutschen König Rupert (reg. 1400-1410) und die erste Ehefrau Herzog Friedrichs IV. von Österreich († 1439), Grafen von Tirol. Elisabeth diente mit dieser Heirat der Politik ihres Vater als Faustpfand für die Bindung der Habsburger an sein Königtum und für seine Italienpläne hinsichtlich der anstehenden Kaiserkrönung.
Das Paar hatte Ende November des Jahres 1407 in Rottenburg am Neckar geheiratet. Die Region lag mittig zwischen den Residenzorten Heidelberg und Innsbruck und war damals erst wenige Jahrzehnte im Besitz der Habsburger. Liegenschaften und Einkünft in der Region am oberen Neckar sollte auch als materielle Absicherung von Elisabeths Heiratsgut und ihrer späteren Versorgung als Witwe dienen. Im Rahmen des Ehevertrages hatte sich ihr Vater König Rupert gemeinsam mit seinen Söhnen und vierzig weiteren Personen aus seinem Umfeld zur Zahlung von 40.000 Gulden ‚Zugeld‘ an die Braut verpflichtet; diese sollten in zwei Jahresraten am 23. April 1407 und 1408 an die österreichische Seite gezahlt und von der Familie des Ehemannes in gleicher Höhe ergänzt werden.
Mitsamt der Morgengabe bildeten sie das sogenannte Heiratsgut (lat. dos), die materielle Basis der Ehefrau (und späteren Witwe), die mit ihrer Heirat auch vermögensrechtlich ihre Herkunftsfamilie verließ und mit ihrem Ehemann in einen neuen familiären Zusammenhang trat. Den formalen Abschluss dieser Transaktion bildete der Erbverzicht der Eheleute gegenüber der weiblichen Herkunftsfamilie, was im hier vorliegenden Fall am 23. November 1407 geschah.
Dieser Beitrag diskutiert und ediert ein Verzeichnis mit der Aufstellung über die Elisabeth zufließenden Einkünfte aus Rottenburg am Neckar und Umgebung. Sie entstand im Zuge von Ermittlungen und getroffenen Maßnahmen einer kurpfälzischen Enquete-Kommission, die die Gegend am oberen Neckar wegen der zu zahlenden Mitgift im Frühling des Jahres 1408 besuchte. Das seltene Dokument liefert einen Einblick in die Praxis solcher Kommissionen, andererseits verschafft es in Form eines Streiflichtes einen Einblick in die wirtschaftliche Struktur und Leistungsfähigkeit der Landschaft am oberen Neckar in der Zeit kurz nach 1400. Es zeigt die Vielgestaltigkeit ihrer Steuern und Abgaben und die Formen ihrer Verfügbarkeit. Dabei werden zunächst die Akteure vorgestellt, anschließend das Verzeichnis in seinen Entstehungskontexten und seinem Aussagepotential analysiert und schließlich ediert und kommentiert. Ergänzend hinzugezogen wird eine heute im Österreichischen Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien liegende kurpfälzische Urkunde aus dem Jahre 1429, die wichtige Informationen zu den unmittelbaren Entstehungsbedingungen liefert sowie den Zweck des undatierten Schriftstückes beleuchtet.
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Außerhalb einer Ehe geborene Kinder tragen ebenso wie ihre ‚ledigen‘ Mütter heute allgemein nicht mehr das soziale Stigma, das ihnen noch bis vor etwa zwei Generationen anhaftete. Illegitimität war daher in der bürgerlich geprägten Geschichtswissenschaft lange auch kein attraktives, d. h. als wissenschaftlich ‚wertvoll‘ geltendes Thema. Allerdings tun sich auch moderne Historiker damit schwer, die Zahl der Geliebten und unehelichen Kinder Kaiser Friedrichs II. (gestorben 1250) anders zu rechtfertigen als mit einer ‚süditalienischen Mentalität‘. Dass Friedrich sich durchaus zeitüblich verhielt, lässt sich belegen. Dies soll am Beispiel des illegitim geborenen Kaisersohns Enzio und mit einem Blick auf seine Geschwister unternommen werden. Damit verbunden ist die Frage nach seiner Stellung in seiner Herkunftsfamilie, seinen Handlungsmöglichkeiten sowie dem Kreis seiner Vertrauten und Nachkommen.
Contrary to what one might assume, the orders do not represent modern quality management by means of documentation of work processes, formulation of target agreements and accompanying controlling. They were also not permanent, but normative ad hoc decrees in mostly politically difficult situations. Therefore, they do not regulate everything, but rather very specific things. Above all, it was a matter of restricting the princely regiment, controlling the higher officials and clarifying the important question of to whom the latter were bound by instructions. In addition, questions of cost containment and control also played a role, but this does not seem to have been the essential moment.
Chancery regulations were issued especially in situations where there was a need for action. As soon as the pressure eased, the chancery also returned to a normal state, which was characterised by routines, but which can also be demonstrated in other contexts and which were mastered by public notaries or could be mastered by them.
This article deals with the rich findings of an anthology on sovereign chanceries in Central Europe in the late Middle Ages in the field of tension between "old tradition and new ways". Not only are the research results presented, but also the resulting perspectives are discussed.
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Der Beitrag behandelt die reichen Erträge eines Sammelbandes zu Landesherrlichen Kanzleien Mitteleuropas im Spätmittelalter im Spannungsfeld von „alter Tradition und neuen Wegen“. Dabei werdem nicht nur die gewonnenen Forschungsergebnisse präsentiert, sondern auch die sich daraus ergebenden Perspektiven diskutiert.
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L'article traite des riches résultats d'une anthologie sur les chancelleries souveraines d'Europe centrale à la fin du Moyen Âge dans le domaine de la tension entre "ancienne tradition et nouvelles voies". Les résultats de la recherche sont non seulement présentés, mais les perspectives qui en découlent sont également discutées.
Elisabeth von Bayern (1381-1408), Tochter König Ruprechts von der Pfalz und Burggräfin Elisabeths von Nürnberg, Ehefrau Herzog Friedrichs IV. von Österreich und Graf von Tirol, hat wenige Spuren in den Quellen hinterlassen. Dennoch ließen sich daraus Bruchstücke eines kurzen Lebenswegs rekonstruieren. Die längste Zeit dürfte sie in der Oberpfalz verbracht haben. Aus der Region stammte ihr Vater, selbst Sohn eines nachgeborenen Pfalzgrafen und erst spät zur Nachfolge berufen. Auch ihre Mutter war in der Gegend beheimatet. Elisabeths Leben bekam Dynamik, als ihrem Vater nicht nur sein Erbe zufiel, sondern kurz darauf auch die deutsche Königskrone. Damit wurde sie zu seinem (Herrschafts-)Instrument und diente seinen Italienplänen sowie als Faustpfand für die Bindung der Habsburger an sein Königtum. Darin unterschied sich Elisabeth nicht sonderlich von anderen Fürstentöchtern ihrer Zeit. Sie hatte bereits das zweite Lebensjahrzehnt vollendet, als die Verhandlungen für die Ehe mit dem etwa gleichaltrigen Friedrich von Österreich begannen und sich mit Unterbrechungen über viele Jahre hinzogen. Die Ehe selbst dagegen währte nur ein Jahr und nahm ein tragisches Ende. Vieles spricht dafür, dass die Ehepartner Zuneigung füreinander empfunden haben. Zu nennen wären die großzügigen Regelungen ihrer Morgengabe, die rasche Schwangerschaft und die große Trauer des hinterlassenen Ehemannes. Besonders die Tage vor ihrem Tod lassen vieles aus ihrem Leben wie im Brennglas erscheinen. Dies betrifft den Tod des Kindes und seine Umstände, die Personengruppen, die sie umgaben und schließlich die Parteien, die später um ihren Nachlass stritten. Dieser Konflikt wurde mit allen juristischen Mitteln geführt. Ob die Habsburger damals überhaupt eine Chance gehabt hätten, ihn zu gewinnen, darf bezweifelt werden. Nur eine Generation später sah dies bereits ganz anders aus.
The couple had married in Rottenburg am Neckar at the end of November 1407. The region lay midway between the residences of Heidelberg and Innsbruck and had only been in Habsburg possession for a few decades at the time. Real estate and income in the region on the upper Neckar was also intended to serve as material security for Elisabeth's marriage property and her later provision as a widow. As part of the marriage contract, her father King Rupert, together with his sons and forty other persons from his entourage, had undertaken to pay the bride 40,000 florins 'Zugeld'; these were to be paid to the Austrian side in two annual instalments on 23 April 1407 and 1408 and supplemented by the husband's family in the same amount.
Together with the morning gift, they formed the so-called marriage property (lat. dos), the material basis of the wife (and later widow), who, with her marriage, also left her family of origin in terms of property law and entered into a new family relationship with her husband. The formal conclusion of this transaction was the renunciation of inheritance by the spouses to the female family of origin, which in this case took place on 23 November 1407.
This article discusses and edits a register listing the income accruing to Elisabeth from Rottenburg am Neckar and the surrounding area. It was compiled in the course of investigations and measures taken by an Electoral Palatine commission of enquiry that visited the region on the upper Neckar in the spring of 1408 because of the dowry to be paid. This rare document provides an insight into the practice of such commissions, on the other hand, it provides a glimpse into the economic structure and efficiency of the landscape on the upper Neckar in the period shortly after 1400, showing the diversity of its taxes and levies and the forms of their availability. First, the actors are introduced, then the register is analysed in its context of origin and its potential for expression, and finally edited and commented on. In addition, a document from the Electorate of Palatinate from 1429, which is now in the Austrian House, Court and State Archives in Vienna, is consulted, which provides important information on the immediate conditions of its creation and sheds light on the purpose of the undated document.
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Im Jahr 1408 starb im Kindbett Elisabeth von Bayern († 1408), Pfalzgräfin bei Rhein. Sie war eine Tochter des deutschen König Rupert (reg. 1400-1410) und die erste Ehefrau Herzog Friedrichs IV. von Österreich († 1439), Grafen von Tirol. Elisabeth diente mit dieser Heirat der Politik ihres Vater als Faustpfand für die Bindung der Habsburger an sein Königtum und für seine Italienpläne hinsichtlich der anstehenden Kaiserkrönung.
Das Paar hatte Ende November des Jahres 1407 in Rottenburg am Neckar geheiratet. Die Region lag mittig zwischen den Residenzorten Heidelberg und Innsbruck und war damals erst wenige Jahrzehnte im Besitz der Habsburger. Liegenschaften und Einkünft in der Region am oberen Neckar sollte auch als materielle Absicherung von Elisabeths Heiratsgut und ihrer späteren Versorgung als Witwe dienen. Im Rahmen des Ehevertrages hatte sich ihr Vater König Rupert gemeinsam mit seinen Söhnen und vierzig weiteren Personen aus seinem Umfeld zur Zahlung von 40.000 Gulden ‚Zugeld‘ an die Braut verpflichtet; diese sollten in zwei Jahresraten am 23. April 1407 und 1408 an die österreichische Seite gezahlt und von der Familie des Ehemannes in gleicher Höhe ergänzt werden.
Mitsamt der Morgengabe bildeten sie das sogenannte Heiratsgut (lat. dos), die materielle Basis der Ehefrau (und späteren Witwe), die mit ihrer Heirat auch vermögensrechtlich ihre Herkunftsfamilie verließ und mit ihrem Ehemann in einen neuen familiären Zusammenhang trat. Den formalen Abschluss dieser Transaktion bildete der Erbverzicht der Eheleute gegenüber der weiblichen Herkunftsfamilie, was im hier vorliegenden Fall am 23. November 1407 geschah.
Dieser Beitrag diskutiert und ediert ein Verzeichnis mit der Aufstellung über die Elisabeth zufließenden Einkünfte aus Rottenburg am Neckar und Umgebung. Sie entstand im Zuge von Ermittlungen und getroffenen Maßnahmen einer kurpfälzischen Enquete-Kommission, die die Gegend am oberen Neckar wegen der zu zahlenden Mitgift im Frühling des Jahres 1408 besuchte. Das seltene Dokument liefert einen Einblick in die Praxis solcher Kommissionen, andererseits verschafft es in Form eines Streiflichtes einen Einblick in die wirtschaftliche Struktur und Leistungsfähigkeit der Landschaft am oberen Neckar in der Zeit kurz nach 1400. Es zeigt die Vielgestaltigkeit ihrer Steuern und Abgaben und die Formen ihrer Verfügbarkeit. Dabei werden zunächst die Akteure vorgestellt, anschließend das Verzeichnis in seinen Entstehungskontexten und seinem Aussagepotential analysiert und schließlich ediert und kommentiert. Ergänzend hinzugezogen wird eine heute im Österreichischen Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien liegende kurpfälzische Urkunde aus dem Jahre 1429, die wichtige Informationen zu den unmittelbaren Entstehungsbedingungen liefert sowie den Zweck des undatierten Schriftstückes beleuchtet.
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Außerhalb einer Ehe geborene Kinder tragen ebenso wie ihre ‚ledigen‘ Mütter heute allgemein nicht mehr das soziale Stigma, das ihnen noch bis vor etwa zwei Generationen anhaftete. Illegitimität war daher in der bürgerlich geprägten Geschichtswissenschaft lange auch kein attraktives, d. h. als wissenschaftlich ‚wertvoll‘ geltendes Thema. Allerdings tun sich auch moderne Historiker damit schwer, die Zahl der Geliebten und unehelichen Kinder Kaiser Friedrichs II. (gestorben 1250) anders zu rechtfertigen als mit einer ‚süditalienischen Mentalität‘. Dass Friedrich sich durchaus zeitüblich verhielt, lässt sich belegen. Dies soll am Beispiel des illegitim geborenen Kaisersohns Enzio und mit einem Blick auf seine Geschwister unternommen werden. Damit verbunden ist die Frage nach seiner Stellung in seiner Herkunftsfamilie, seinen Handlungsmöglichkeiten sowie dem Kreis seiner Vertrauten und Nachkommen.
Contrary to what one might assume, the orders do not represent modern quality management by means of documentation of work processes, formulation of target agreements and accompanying controlling. They were also not permanent, but normative ad hoc decrees in mostly politically difficult situations. Therefore, they do not regulate everything, but rather very specific things. Above all, it was a matter of restricting the princely regiment, controlling the higher officials and clarifying the important question of to whom the latter were bound by instructions. In addition, questions of cost containment and control also played a role, but this does not seem to have been the essential moment.
Chancery regulations were issued especially in situations where there was a need for action. As soon as the pressure eased, the chancery also returned to a normal state, which was characterised by routines, but which can also be demonstrated in other contexts and which were mastered by public notaries or could be mastered by them.
This article deals with the rich findings of an anthology on sovereign chanceries in Central Europe in the late Middle Ages in the field of tension between "old tradition and new ways". Not only are the research results presented, but also the resulting perspectives are discussed.
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Der Beitrag behandelt die reichen Erträge eines Sammelbandes zu Landesherrlichen Kanzleien Mitteleuropas im Spätmittelalter im Spannungsfeld von „alter Tradition und neuen Wegen“. Dabei werdem nicht nur die gewonnenen Forschungsergebnisse präsentiert, sondern auch die sich daraus ergebenden Perspektiven diskutiert.
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L'article traite des riches résultats d'une anthologie sur les chancelleries souveraines d'Europe centrale à la fin du Moyen Âge dans le domaine de la tension entre "ancienne tradition et nouvelles voies". Les résultats de la recherche sont non seulement présentés, mais les perspectives qui en découlent sont également discutées.
Elisabeth von Bayern (1381-1408), Tochter König Ruprechts von der Pfalz und Burggräfin Elisabeths von Nürnberg, Ehefrau Herzog Friedrichs IV. von Österreich und Graf von Tirol, hat wenige Spuren in den Quellen hinterlassen. Dennoch ließen sich daraus Bruchstücke eines kurzen Lebenswegs rekonstruieren. Die längste Zeit dürfte sie in der Oberpfalz verbracht haben. Aus der Region stammte ihr Vater, selbst Sohn eines nachgeborenen Pfalzgrafen und erst spät zur Nachfolge berufen. Auch ihre Mutter war in der Gegend beheimatet. Elisabeths Leben bekam Dynamik, als ihrem Vater nicht nur sein Erbe zufiel, sondern kurz darauf auch die deutsche Königskrone. Damit wurde sie zu seinem (Herrschafts-)Instrument und diente seinen Italienplänen sowie als Faustpfand für die Bindung der Habsburger an sein Königtum. Darin unterschied sich Elisabeth nicht sonderlich von anderen Fürstentöchtern ihrer Zeit. Sie hatte bereits das zweite Lebensjahrzehnt vollendet, als die Verhandlungen für die Ehe mit dem etwa gleichaltrigen Friedrich von Österreich begannen und sich mit Unterbrechungen über viele Jahre hinzogen. Die Ehe selbst dagegen währte nur ein Jahr und nahm ein tragisches Ende. Vieles spricht dafür, dass die Ehepartner Zuneigung füreinander empfunden haben. Zu nennen wären die großzügigen Regelungen ihrer Morgengabe, die rasche Schwangerschaft und die große Trauer des hinterlassenen Ehemannes. Besonders die Tage vor ihrem Tod lassen vieles aus ihrem Leben wie im Brennglas erscheinen. Dies betrifft den Tod des Kindes und seine Umstände, die Personengruppen, die sie umgaben und schließlich die Parteien, die später um ihren Nachlass stritten. Dieser Konflikt wurde mit allen juristischen Mitteln geführt. Ob die Habsburger damals überhaupt eine Chance gehabt hätten, ihn zu gewinnen, darf bezweifelt werden. Nur eine Generation später sah dies bereits ganz anders aus.
This book explores communication practices in German, French, Italian, Tyrolian, and Gorizian chanceries, as well as at diets from the tenth to the sixteenth century. Its chapters examine royal, monastic, princely, and communal chanceries. For the early and high Middle Ages, a close analysis of documents will reconstruct negotiation and communication from within the documents themselves. For the later Middle Ages, focus will turn to the chancery, with the appearance of chancery orders and chancery annotations that provide explicit insight in communication between the chancellors, secretaries, and political authorities. The growing amount and variety of documents issued in the late Middle Ages allows us to retrace conflicts resulting from differing chancery practices as well as attempts to reorganise the chancery into a political instrument for the prince. The processes of political communication will be followed in three parts. Part I focuses on the rules within documents. Part II looks at administrative processes within specific chanceries, while Part III explores forms of exchange between the chancery and other political actors.
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Der Begriff "Dynastie" lässt an Herrschergeschlechter vergangener Zeiten denken. Doch bis heute streben Menschen überall in der Welt danach, Besitz, Macht und Status an die nächste Generation weiterzugeben. Die Beiträger dieses Bandes untersuchen, wie Akteure zu verschiedenen Zeiten und in unterschiedlichen Räumen auf Bedrohungen dynastischer Ordnungen reagieren und wie sich diese dadurch wandeln.
The contributions in this volume illustrate the potential of the theme "City between the Preservation of Memory and the Loss of Memory"; they stimulate not only further research, but also in-depth reflection on the historicity of our culture, on how it deals with history, memory and oblivion, and on the specific role of cities within these processes.
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Städte sind nicht nur Ballungsräume mit hoher sozialer und wirtschaftlicher Verdichtung, sondern auch Orte der Konstruktion, der Bewahrung und gelegentlich sogar der Beseitigung von Erinnerung. Sie sind nicht zuletzt Gegenstand der historischen Forschung selbst. Gerade in der Gedächtniskultur und ihren »Erinnerungslücken« lassen sich spezifische städtische Identitäten und Praktiken vom Mittelalter bis in die Zeit der Nationalstaaten und darüber hinaus nachweisen sowie erforschen.
Die Beiträge dieses Sammelbandes verdeutlichen das Potential der Thematik »Stadt zwischen Erinnerungsbewahrung und Gedächtnisverlust«; sie regen nicht nur zu weiteren Forschungen an, sondern auch zu vertieftem Nachdenken über die Geschichtlichkeit unserer Kultur, über ihren Umgang mit Geschichte, Erinnerung und Vergessen sowie über die spezifische Rolle von Städten innerhalb dieser Prozesse.
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Am Beispiel der Kurpfalz untersucht Ellen Widder das spätmittelalterliche Kanzleiwesen. Hierbei widerlegt sie zahlreiche ältere Ansichten. Stellte man sich früher die spätmittelalterlichen Kanzleien in Deutschland als institutionalisierte, fest gefügte und hierarchisch strukturierte, ortsfeste Behörden vor, so zeigt Widder mit ihrem neuen, multiperspektivischen Ansatz, dass dies nicht zutrifft. Über lange Zeit hinweg bediente man sich der vor Ort verfügbaren und daher vielfach wechselnden öffentlichen Notare. Erst allmählich wurden die Kanzleiaufgaben an universitär ausgebildete Juristen übertragen. Starke Impulse für eine Entwicklung des Kanzleiwesens in der Pfalzgrafschaft waren der Aufstieg der Pfalzgrafen zur Kurwürde (1356), das Königtum Ruprechts (1400-1410) und die Herrschaft Friedrichs des Siegreichen (1451-1476).
Two elements justified the judgement of the great Italian researcher of the second half of the 19th century: on the one hand the disdain for Charles, on the other hand the idea that in the Late Middle Ages the monarchical top of the empire in Italy, in contrast to the heyday of the High Middle Ages, no longer played a role.
The negative image of Charles IV as "Pfaffenkönig" has been largely revised in the meantime, which is by no means a claim for the second element. The Italian policy of the late medieval Roman-German rulers is still a little cultivated field of research with many open questions and problems.
Unlike in the High Middle Ages, especially among the Ottonians and Staufern, this country played only a marginal role in imperial politics since the interregnum around the middle of the 13th century. This is the prevailing opinion. The rulers usually only visited it once for the coronation of the emperor, and apparently they no longer pursued long-term political concepts there. Even the Italian trains themselves are difficult to see through. Continuities, parallels and sometimes fascinating insights only emerge on closer inspection.
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„Die tiefste Entwürdigung der Reichsautorität zu einem leeren Titel durch die Zusagen ihres Hauptes, vor seinem Eintritt in Italien die Billigung seiner Person durch den Papst nachzusuchen, in Rom nur einen Tag lang zur Krönung zu erscheinen, dann aber die Stadt zu verlassen und kein Land der Kirche jemals wieder zu betreten, erregte die Verachtung aller noch großdenkenden Menschen“, so vernichtend resümierte Ferdinand Gregorovius vor über 100 Jahren die Ergebnisse der Italienpolitik Karls IV.
Zwei Elemente haben das Urteil des großen Italienforschers der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begründet: zum einen die Geringschätzung Karls, zum anderen die Vorstellung, im Spätmittelalter habe die monarchische Spitze des Reichs in Italien im Gegensatz zu den Glanzzeiten des Hochmittelalters keine Rolle mehr gespielt.
Das Negativbild Karls IV. als „Pfaffenkönig“ ist inzwischen weitgehend revidiert, was man für das zweite Element keineswegs behaupten kann. Die Italienpolitik der spätmittelalterlichen römisch-deutschen Herrscher ist nach wie vor ein wenig beackertes Feld der Forschung mit vielen offenen Fragen und Problemen.
Anders als noch im Hochmittelalter, besonders unter den Ottonen und Staufern, spielte dieses Land seit dem Interregnum um die Mitte des 13. Jh. in der Reichspolitik nur noch eine marginale Rolle. So lautet die herrschende Meinung. Die Herrscher suchten es meist nur ein einziges Mal für die Kaiserkrönung auf, langfristige politische Konzeptionen verfolgten sie dort scheinbar nicht mehr. Auch die Italienzüge selbst bergen sind schwer zu durchschauen. Erst bei näherer Betrachtung ergeben sich Kontinuitäten, Parallelen und bisweilen faszinierende Einblicke.
Africa is still considered a "continent without history" and thus "in need of development" in every respect. This perspective is characterised by prejudices that have a long tradition and require closer scrutiny. A lecture on medieval history can certainly not do this comprehensively. However, on the basis of contemporary sources and the current state of research, it can very well take an in-depth look at the diverse cultures and interconnections of Africa with the rest of the world at that time, which since the 15th century also included the Atlantic, its islands and the so-called New World. This lecture will focus on the connections and interdependencies between Europe and Africa and treat them exemplarily in the long perspective of half a millennium.
Aujourd'hui encore, l'Afrique est considérée comme un "continent sans histoire" et donc "en manque de développement" à tous égards. Cette perspective est façonnée par des préjugés qui ont une longue tradition et qui doivent être examinés de plus près. Une conférence sur l'histoire médiévale ne peut certainement pas le faire de manière exhaustive. Toutefois, sur la base des sources contemporaines et de l'état actuel de la recherche, elle peut très bien examiner en profondeur les diverses cultures et les interconnexions de l'Afrique avec le reste du monde de l'époque, qui, depuis le 15e siècle, comprenait également l'Atlantique, ses îles et ce qu'on appelle le Nouveau Monde. Cette conférence se concentrera sur les liens et les interdépendances entre l'Europe et l'Afrique et les traitera de manière exemplaire dans la longue perspective d'un demi-millénaire.
Bereits in der Perspektive des (europäischen) Mittelalters verband das Mittelmeer die drei damals bekannten Kontinente Asien, Europa und Afrika miteinander, wobei Asien der Vorrang gebührte.
In dieser Vorlesung soll es nicht nur um Weltbilder und Sinnzuschreibungen gehen, sondern auch um historische Phänomene und Ereignisse. Von daher wird die Vorlesung einen Überblick über den Mittelmeerraum in der Zeit von 1000 bis 1500 bieten und seine Anrainer, deren Entwicklungen, Religionen, Verflechtungen und Konfrontationen beleuchten.
The Mediterranean Sea has a descriptive name, which already has a predecessor in Latin with the designation Mare Mediterraneum. Both emphasise the central position between different countries or spaces.
Already in the perspective of the (European) Middle Ages, the Mediterranean connected the three continents known at that time - Asia, Europe and Africa - with Asia taking primacy.
This lecture will not only deal with world views and attributions of meaning, but also with historical phenomena and events.
Therefore, the lecture will provide an overview of the Mediterranean region in the period from 1000 to 1500 and illuminate its neighbours, their developments, religions, interconnections and confrontations.
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The lecture deals with the manifold relations that connected medieval Europe with Asia. One focus will be on the period from the 12th to the 15th century. The aim is to understand medieval Europe not as an isolated "centre of history" - as is generally assumed without question - but in the field of tension of a multitude of connections to "the outside world". If you look at the world on a globe, it quickly becomes clear that Europe - from an Asian perspective - is extremely peripheral far to the west. It is therefore worthwhile to change one's perspective in order to look at our continent, including its culture (and nature), with different eyes and to get to know and understand a multitude of "European" phenomena in their interwoven relationships better.
„Herbst des Mittelalters“ oder Beginn des „Langen 16. Jahrhunderts“? Die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts befindet sich nach klassischer Epocheneinteilung an der Schnittstelle zwischen Mittelalter und Neuzeit. Neben der Frage nach dem Sinn und Zweck solcher Epochenteilungen und -bezeichnungen soll in dieser Vorlesung der Fokus auf beharrende und zukunftsweisende Faktoren in diesem Zeitraum gelegt werden. Dabei werden neben der politischen Geschichte Grundzüge von Politik, Verfassung, Gesellschaft, Wirtschaft, Kirche und Kultur im Mittelpunkt stehen.
Literatur:
Abbattista, Guido: Europäische Begegnungen im Zeitalter der Expansion, in: Europäische Geschichte Online (EGO), hg. vom Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz 2011-03-14. URL: https://www.ieg-ego.eu/abbattistag-2011-de URN: urn:nbn:de:0159-2011020117 [20. 02. 2019].
Coatsworth, John [u. a.]: Global Connections. Politics, Exchange, and Social Life in World History, Bd. 1 (bis 1500), Cambridge 2015.
The New Cambridge Medieval History, Bd. 7: C. 1415-c. 1500, hg. v. Christopher Allmand, Cambridge 1998.
Die Welt 1250 – 1500, hg. v. Thomas Ertl und Michael Limberger, Wien 2009 (Globalgeschichte. Die Welt 1000 – 2000, Bd. 2).
Weltdeutungen und Weltreligionen. 600 bis 1500, hg. v. Johannes Fried und Ernst-Dieter Hehl, Darmstadt 2010 (WBG Weltgeschichte 3).
In der deutschen Wissenschaftstradition steht das 13. Jahrhundert an der „Schnittstelle“ zwischen Hoch- und Spätmittelalter. Wie stark hier perspektivische Verengungen bestehen, zeigt ein vergleichender Blick auf die europäischen Entwicklungen in derselben Zeit. Die Vorlesung will einen chronologischen und strukturgeschichtlichen Überblick über das „europäische“ 13. Jahrhundert vermitteln. Dabei sollen - neben der politischen Geschichte - Grundzüge und Wandlungen von Verfassung, Wirtschaft, Gesellschaft, Kirche und Kultur im Mittelpunkt stehen.
Recommended reading: The New Cambridge Medieval History, Vol. 5: c. 1198-c. 1300, edited by David Abulafia, Cambridge 1999; Wolfgang Stürner: 13. Jahrhundert 1198-1273, Stuttgart 2007 (Bruno Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte 6); Michael Menzel: Die Zeit der Entwürfe (1273–1347). Stuttgart 2012 (Bruno Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte 7a).
Die Geschichtswissenschaft unterscheidet bekanntlich drei grundsätzliche Quellentypen, die über die Vergangenheit Auskunft zu geben in der Lage sind, nämlich Schrift-, Bild- und Sachquellen. Doch galt als „klassischer“ Quellentyp lange Zeit ausschließlich die Schriftquelle, während Bildquellen der Kunstgeschichte und die Sachquellen – sofern nicht kunsthistorisch bedeutsam – der Archäologie und der Volkskunde bzw. der Empirischen Kulturwissenschaft, der Technikgeschichte oder der Museologie zugewiesen wurden. Nach ersten Anstößen im 19. und 20. Jahrhundert und in einer Gegenwart, in der Bilder und Sachquellen immer stärker als Kommunikations- und Informationsmedien in den Vordergrund rücken, hat man sich ihnen auch im Fach Geschichte verstärkt zugewandt. In dieser Vorlesung sollen in interdisziplinärer Perspektive die materielle Kultur des Spätmittelalters gesichtet und Methoden und Erkenntnischancen ihrer Erforschung diskutiert werden.
Unsere heutige Welt ist eine Welt der (großen) Städte. Der weltweit vernetzten „Global City“ gehört die Zukunft. Weniger bekannt ist, dass die meisten Städte Europas im Mittelalter entstanden sind. Seit dem 12. Jahrhundert bilden sie auch im Hinblick auf das Quellenmaterial ein wesentliches Element der abendländischen Kultur. Die Vorlesung wird sich in Form eines Überblickes mit zentralen Aspekten (Topographie, Gesellschaft, Wirtschaft und Verfassung) des europäischen Städtewesens von der Spätantike bis ins späte Mittelalter sowie mit neueren Forschungsansätzen in interdisziplinärer Perspektive und methodischen Zugangsweisen befassen.
Literatur:
Vgl. die einschlägigen Artikel in den einzelnen Bänden der New Cambridge Medieval History.
Yves Esquieu: La ville au Moyen Age. L’exemple français, Tours 2001.
Felicitas Schmieder: Die mittelalterliche Stadt, Darmstadt 2005.
Frank Hirschmann: Die Stadt im Mittelalter, München 2009 (Enzyklopädie deutscher Geschichte 84).
Krieg ist ein Thema, das in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten in Deutschland eine unerwartete Aktualität erhalten hat. In dieser Vorlesung soll es um eine große militärische Auseinandersetzung des Spätmittelalters gehen, die von der Geschichtswissenschaft als ‚Hundertjähriger Krieg‘ bezeichnet wird. Ursprünglich veranlasst durch einen dynastischen Erbfolgestreit zwischen Frankreich und England, zeigten sich in dieser Auseinandersetzung tieferliegende strukturelle Probleme und Wandlungsprozesse in zwei ‚fortschrittlichen‘ Königreichen des Spätmittelalters. Nicht nur den militärischen Großereignissen soll daher in dieser Vorlesung Beachtung geschenkt, sondern ebenso nach Voraussetzungen, Wandlungsprozessen und Ergebnissen dieser Auseinandersetzung in Verfassung, Gesellschaft und Wirtschaft gefragt werden.
Literatur:
The Hundred Years War. A wider focus, hg. v. L.J. Andrew Villalon and Donald J. Kagay, Leiden 2005 (History of Warfare 5).
Wagner, John A.: Encyclopedia of the Hundred Years War, Westport 2006.
Contamine, Philippe : La guerre de Cent ans, Paris 2007.
Joachim Ehlers: Der Hundertjährige Krieg, München 2009.
Italien gilt als eine der höchstentwickelten europäischen Regionen des Mittelalters: Als Städtelandschaft, Drehscheibe des europäischen und außereuropäischen Handels, Wiege des Humanismus und der Renaissance sowie frühmoderner Staatlichkeit. Es wird in der Vorlesung danach zu fragen sein, woher es seine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Dynamik bezog. Ferner soll den Entwicklungen und Veränderungen von Herrschaft und Herrschaftsträgern von der Wende vom 12. zum 13. bis zur Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert nachgegangen werden.
Literatur:
Vgl. Die Italien betr. Artikel in den Spätmittelalterbänden von: The New Cambridge Medieval History, Bd. 5-7.
Jehel, Georges: Les villes d'Italie du XIIe au milieu du XIVe siècle. Sociétés, pouvoirs, économies, cultures, Paris 2004.
Seit dem 19. Jahrhundert hat man in der Geschichtswissenschaft die Kulturgeschichte als eigenen Forschungsbereich parallel zur (vorherrschenden) Politik- und Verfassungsgeschichte verstanden und betrieben. Seit den 1960er Jahren kam die Alltagsgeschichte als historisches Forschungskonzept hinzu, anfänglich verstanden im Sinne einer „Geschichte von unten“, dann aber mit einer Annäherung an kulturwissenschaftliche Fragestellungen. In jüngerer Zeit wird im Fach Geschichte ein Kulturgeschichtsbegriff propagiert, der sich in Abgrenzung von den älteren Konzepten als „Neue Kulturgeschichte“ versteht. Diese bezieht sich nicht mehr auf bestimmte Sachverhalte, sondern richtet eine kulturgeschichtliche Perspektive auf alle historischen Gegenstände, darunter auch „klassische“ wie eben Recht, Verfassung und Politik. Diese werden verstanden als Ergebnisse kommunikativer Prozesse und konkurrierender Geltungsansprüche, sind daher alles andere als statisch, sondern historisch veränderlich. In dieser Vorlesung sollen für die Zeit des Spätmittelalters (13.-15. Jahrhundert) ältere und neuere Konzepte behandelt und an ausgewählten Beispielen (Hof, Stadt, Land, Gesellschaft, Kirche u.a.) aufgezeigt und diskutiert werden.
Literatur:
Landwehr, Achim/Stockhorst, Stefanie: Einführung in die Europäische Kulturgeschichte, Paderborn 2004.
Landwehr, Achim: Kulturgeschichte, Stuttgart 2009.
Maurer, Michael: Kulturgeschichte. Eine Einführung, Köln 2008.
Schorn-Schütte, Luise: Karl Lamprecht. Kulturgeschichtsschreibung zwischen Wissenschaft und Politik, Göttingen 1994.
Schubert, Ernst: Alltag im Mittelalter. Natürliches Lebensumfeld und menschliches Miteinander, Darmstadt 2002.
Spätmittelalter am Oberrhein. Alltag, Handwerk und Handel 1350-1525. Katalogband, hg. v. Harald Siebenmorgen; Aufsatzband, hg. v. Sönke Lorenz und Thomas Zotz, Stuttgart 2002.
1. Introduction and literature review.
2. The rural world (farmers, nobility).
3. Cities and economy
4. Media and media change
5. Germany
6 Burgundy & the Swiss Confederation
7. France & England
8. Italy & Ottoman Empire
9. The age of discoveries.
Inhalt:
1. Einführung und Literaturüberblick.
2. Die ländliche Welt (Bauern, Adel)
3. Städte und Wirtschaft
4. Medien und Medienwandel
5. Deutschland
6. Burgund & die Eidgenossenschaft
7. Frankreich & England
8. Italien & Osmanisches Reich
9. Das Zeitalter der Entdeckungen
Die Zeit um und nach 1400 gilt als Fortsetzung der „Krise des 14. Jahrhunderts“. Es wird in dieser Vorlesung zu diskutieren sein, inwieweit diese Sicht modernen Ansprüchen genügt oder ob dem nicht eine differenziertere Betrachtungsweise vorzuziehen wäre. Erinnert sei nur daran, dass ein Großteil der Überlieferung noch unerschlossen in den Archiven ruht. Die Vorlesung will versuchen, einen strukturgeschichtlichen Überblick über die Zeit zu geben. Dabei sollen - neben der politischen Geschichte - Grundzüge und Wandlungen von Verfassung, Wirtschaft, Gesellschaft, Kirche und Kultur im Mittelpunkt stehen.
Klimaverschlechterung, Schwarze Pest, demographischer Rückgang, Krise des Spätmittelalters. Unter diesen Schlagworten wird das 14. Jahrhundert gemeinhin subsummiert. Allerdings darf man sich fragen, ob dies ausreichend ist. Die Vorlesung will einen chronologischen und strukturgeschichtlichen Überblick über das „ferne“ 14. Jahrhundert vermitteln. Dabei sollen neben der politischen Geschichte Grundzüge und Wandlungen von Verfassung, Wirtschaft, Gesellschaft, Kirche und Kultur behandelt werden.
Was ist eine Stadt und was ist ein Dorf?
Ist Tübingen eine Weltstadt? – oder: Was sind eigentlich ganz große Städte?
Seit wann gibt es Dörfer?
Woher kommen die Städte?
Warum gab es nicht immer Städte?
Wofür sind Städte eigentlich gut?
Content:
What is a city and what is a village?
Is Tübingen a cosmopolitan city - or: What are really really big cities?
Since when have there been villages?
Where do the cities come from?
Why haven't there always been cities?
What are cities actually good for?
Changes of rulers could lead to critical constellations and situations in the dynastically organised rule of the Middle Ages. The succession to power by the eldest son or by the eldest male member of the family group did not always succeed without conflict. A special situation could arise if a son intended to succeed was a minor at the time of the death of the previous ruler. In this case, a regency was often established. The regency could be shaped by various regulations and traditions. In some cases, it was taken over by male relatives of the deceased ruler. In many cases, the widow of the deceased ruler and mother of the minor successor was in a position to take over the regency, which could be advantageous in the interest of a later uncontested assumption of the regency. This conference is devoted to the options available to these women, their successes, but also the limits of their power. The focus will be on the Central and Eastern European kingdoms and principalities, which will be placed in a larger context. German: Herrscherwechsel konnten in den dynastisch organisierten Herrschaftsbildungen des Mittelalters zu kritischen Konstellationen und Situationen führen. Die Herrschaftsnachfolge durch den ältesten Sohn oder durch das älteste männliche Mitglied des Familienverbandes gelang nicht immer konfliktfrei. Eine besondere Situation konnte sich ergeben, wenn ein zur Nachfolge vorgesehener Sohn zum Zeitpunkt des Todes des bisherigen Herrschers minderjährig war. In dem Fall wurde vielfach eine Regentschaft eingerichtet. Die Regentschaft konnte durch verschiedene Regelungen und Traditionen gestaltet sein. In manchen Fällen wurde sie von männlichen Verwandten des verstorbenen Herrschers übernommen. In vielen Fällen war die Witwe des verstorbenen Fürsten und Mutter des minderjährigen Nachfolgers in der Lage, die Regentschaft zu übernehmen, was im Interesse einer späteren unstrittigen Übernahme der Herrschaft von Vorteil sein konnte. Die Handlungsoptionen dieser Frauen, ihren Erfolgen, aber auch den Grenzen ihrer Macht widmet sich diese Tagung. Den Schwerpunkt bilden dabei die mittel- und osteuropäischen Königreiche und Fürstentümer, die hier in einen größeren Kontext gestellt werden.
Nach dem weitgehenden Wegfall der gesetzlichen Einschränkungen findet die (ursprünglich auf 2020 terminierte) wissenschaftliche Tagung „Pfalzgraf Ludwig III. bei Rhein. Kurfürst – Konzilsprotektor – Landesherr“ vom 23.-25. März 2023 in Neustadt an der Weinstraße statt. Kleinere Modifikationenen des ursprünglichen Programmes haben sich dabei ergeben.
Despite his rank and political importance, the Elector and Count Palatine Louis III († 1436) is still an insufficiently studied personality on the imperial political stage of the early 15th century. This conference aims to remedy this deficit in the history of the Holy Roman Empire as well as in the history of the Palatinate. Louis was already of advanced age when he came to power in 1410 after the death of his father, the Roman-German King Rupert. However, he did not succeed him as king, but only in the Rhine Palatinate, one of the seven electorates of the Holy Roman Empire. The conference will address three major areas of his political activity from different perspectives. First, what scope and possibilities for action did Louis have as an elector, that is, in the circle of the seven royal electors? Second, what role did he play at the Council of Constance, where he acted as King Sigmund's representative? Third, what was his capacity to act in his own domain, the Palatinate? Here he found novel conditions due to the testamentary dispositions of his father, since the territory had been divided between him and his brothers. At the same time, the conference will shed new light on structures and actors in the Holy Roman Empire in the early 15th century.
After the extensive removal of legal restrictions, the scientific conference (originally scheduled for 2020) "Pfalzgraf Ludwig III. bei Rhein. Kurfürst – Konzilsprotektor – Landesherr" will take place in Neustadt an der Weinstraße from March 23-25, 2023. Minor modifications of the original program have resulted.
Die Ringvorlesung will die kulturelle Vielfalt von Orientierungsweisen zeigen. An europäischen wie außereuropäischen Beispielen von der Antike bis in die Gegenwart wird untersucht, wie sich der Mensch im Raum bewegt, welche kognitiven Prozesse dem zugrunde liegen und welche gesellschaftlichen und politischen Wirkungen davon ausgehen können. Historische Orientierungskulturen und ihre schriftlichen, bildlichen und ideellen Zeugnisse werden ebenso behandelt wie Kognitionsmuster aus geographischer, medizinischer und medienwissenschaftlicher Sicht.
Die Reihe verbindet drei Themenkreise:
· Historische Orientierungspraktiken, Semantik des Raumes und Kartenkulturen
· Räumliche Kognition als neurologische und psychische Leistung
· Gegenwärtige Digitalisierung der Raumkognition und ihre Folgen